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Weihnachten ist für Harry (Brandon Maggart) nicht nur die schönste Zeit des Jahres, sondern bestimmt als Mitarbeiter der Spielwarenfabrik „Jolly Dreams“ auch die restlichen Monate des vereinsamten Mannes, der in jungen Jahren Zeuge wurde, wie sein als Weihnachtsmann verkleideter Vater und seine Mutter fleischlichen Genüssen nachgingen. Doch das seinerzeit sehr traumatisierende Erlebnis hat den sonderbaren Einzelgängern über die Jahre nur darin bestärkt, sich noch mehr dem Fest der Liebe und der so positiv besetzten Figur des Weihnachtsmannes zu widmen. Dieser schenkt Kindern und Erwachsenen viel Freude und so gleicht auch Harrys Wohnung einem Museum für Weihnachtsartikel und er verbringt seine Zeit wie auch sein großes Vorbild mit dem Beobachten der Kinder seiner Umgebung, um gute und böse Taten in einem großen Buch zu notieren.
Doch nicht jeder in seiner Umgebung hat denselben Bezug zu dem christlichen Fest und vor allem von seinen Arbeitskollegen wird die Gutmütigkeit von Harry gnadenlos ausgenutzt und auch das Verhältnis zu seinem Bruder Phil (Jeffrey DeMunn) und seiner Familie könnte besser sein. Als er eines Nachts die Schicht eines vermeintlich erkrankten Kollegen übernimmt, den er später kerngesund und feiernd in einer Bar entdeckt, keimt in dem äußerlich so herzensgut erscheinenden Mann große Wut, die einen neuen Höhepunkt erlebt, als er auf dem Weihnachtsfest seiner Firma erfahren muss, dass die Marketingabteilung seiner Familie eine vermeintlich karitative Aktion gnadenlos über den Rücken benachteiligter Kinder hinweg für ihre Zwecke nutzt.
Am Weihnachtsabend beschließt er daher die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und macht sich mit einer Ladung teils gesammelter, teils aus seiner Firma gestohlenem Spielzeugs auf den Weg um selbst in einem Krankenhaus für benachteiligte Kinder Weihnachtsmann zu spielen. Sein unerwarteter Auftritt als Wohltäter im Santa Claus-Kostüm ist nach kleineren Startschwierigkeiten auch ein voller Erfolg und die positiven Eindrücke und Zuspruch fremder Menschen bestärken Harry in seinem Bestreben, die Welt ein bisschen besser zu machen. Doch neben braven Kindern begegnen Harry leider auch noch andere Menschen, die das Fest der Liebe nicht entsprechend würdigen können, doch auch für diese Menschen hat Harry ein Mittel, das schon bald die gesamte Stadt in Angst und Schrecken versetzt.
Obwohl Weihnachten generell als besinnliche Zeit gilt, in der man sich mit seinen Lieben eine schöne Zeit verbringen soll, wissen wohl die meisten von uns aus eigener Erfahrung, wie viel Konfliktpotential die Feiertage so mit sich bringen. Nicht selten endet das Fest im Kreis der Familie dank verdrängter Emotionen im Streit und man ist froh, dass der ganze Zirkus trotz Geschenke und Völlerei nur einmal im Jahr ist. Auch zahlreiche Drehbuchautoren dieser Erde beflügelte in den vergangenen Jahrzehnten die großartige Idee, die eigentliche Intention von Weihnachten ins Gegenteil zu verkehren und dem Zuschauer statt Friede, Freude, Eierkuchen unschöne Überraschungen und deftige Morde zu servieren.
Der Genre-Klassiker „Black Christmas“ aus dem Jahr 1974 war ja neben dem eher unbekannten „Silent Night, Bloody Night“ meines Wissens der erste Slasher mit X-Mas-Thematik und man glaubt es kaum, wie viele Genre-Filme mit Weihnachtsthematik überhaupt existieren. Mit „Silent Night, Deadly Night“ gibt es sogar eine ganze Reihe mit bislang fünf oder sogar mehrTeilen samt Remake und Streifen wie „Rare Exports“, „Santa’s Slay“, sowie der erst kürzlich sogar mit Kinoeinsatz belohnte Horrorstreifen „Krampus“ von Michael Dougherty beweisen, dass Geschichten mit blutigen Familienfesten und bösen Weihnachtsmännern samt Gehilfen noch lange nicht zu Ende erzählt sind.
Lewis Jackson „Christmas Evil“ a.k.a. „Böse Weihnacht“ oder auch “Teuflische Weihnacht” bzw. „You better watch out“ aus dem Jahr 1980 ist ebenfalls ein recht sympathischer und passabler Slasher mit Schwerpunkt Weihnachten, der sich über die Jahre seine kleine Fangemeinde auch redlich verdient hat. Der Streifen handelt von einem eher unscheinbaren Angestellten, dessen Bezug zu Weihnachten nach einem traumatischen Erlebnis in jungen Jahren immer mehr auf eine höchst ungesunde Weise verändert, bis er am Ende als Wutbürger bzw. selbst als Weihnachtsmann verkleidet im wahrsten Sinne des Wortes über die Häuser zieht und Leutchen ermordet, die den friedlichen Charakter des Festes nicht entsprechend zu würdigen wissen.
Dabei hat der Streifen entgegen der Covergestaltung der deutschen Blu-Ray auch weniger mit finster dreinblickenden Monstern zu tun, sondern erzählt eher auf ruhige und bisweilen unaufgeregte Weise die langsame Wandlung eines von allen ausgenutzten Einzelgängers und Sonderlings zu ein psychopathischen Mörder, der den Bezug zur Realität gänzlich verliert. Dieser von Brandon Maggot nachvollziehbar gespielter Charakter hat sich eine weihnachtlich dekorierte Wohnung und Fantasiewelt als privates Rückzugsgebiet geschaffen um so einer leistungs- und gewinnorientieren Welt zu entfliehen, in der seiner Meinung nach weihnachtliche Tradition, gegenseitige Fürsorge und Menschlichkeit fast gänzlich abhanden gekommen ist.
Neben Geschenken in hübschen Verpackungen hat Harry auf seinen Streifzügen als Weihnachtsmann aber auch todbringendes Spielzeug und eine Axt im Gepäck und schreckt auch nicht davor zurück, dieses einzusetzen, wenn sich jemand über die vermeintlich ruhigste Zeit des Jahres lustig macht. Allerdings halten sich die brutale Momente eher in Grenzen und wer sich einen gorigen Weihnachtsfilm erwartet ist mit der trashigen und etwas später entstandenen Weihnachtsslasher-Serie „Silent Night, Deadly Night“ sicher besser beraten, als mit Lewis Jackson sympathischen kleinen Film mit seinem Möchtegern-Weihnachtsmann, der sich berufen fühlt, die Welt vom Schmutz und Ungläubigen zu befreien.
Wer etwas psychologische und eher dramatisch angehauchte Slasher aus der Achtziger-Kiste mag, wird mit Lewis Jacksons Streifen jedenfalls recht passabel bedient, auch wenn „Christmas Evil“ sicherlich nicht mit den bekannteren Krachern des Slasher-Genres mithalten kann und auch knapp die Hälfte seiner Laufzeit benötigt um überhaupt erst einmal in die Puschen zu kommen. Dennoch hat der sympathische Streifen international eine große Fangemeine und Trash-Papst und Regie-Legende John „Pink Flamingos“ Waters hält „Christmas Evil“ immerhin für den besten Weihnachtsfilm aller Zeiten“, der mit seinem unerwarteten Ende so lahme Mainstream-Werke wie „Kevin allein zu Haus“, „Tatsächlich… Liebe“ oder „Schöne Bescherung“ natürlich weit hinter sich lässt.
Nachdem der Streifen auch schon mehrfach von unterschiedlichen Labels auf Video und DVD veröffentlicht wurde, steht nun mit der Blu-Ray-Disc des Berliner Labels „CMV Laservision“ nun die bislang wohl schönste VÖ des Filmes ins Haus. Der Streifen sah jedenfalls nie besser aus und die Bild- und Tonqualität ist angesichts der Produktionsumstände wirklich sehr schön geworden und als Bonus gibt es auch noch massig Audiokommentare von Regisseur Lewis Jackson, Darsteller Brandon Maggart und den bereits erwähnten John Waters. Daneben gibt es auch noch berühmt-berüchtigte Troma-Interviews mit bekannten Zaungästen, entfallene Szenen, Casting-Videos und natürlich auch noch jede Menge Trailer als Sorglos-Rundumpaket.
Unterm Strich ist „Christmas Evil“ ein funktionaler, kleiner Slasher aus der Achtziger-Kiste, der idealerweise natürlich rund um das Weihnachtsfest konsumiert werden solle, aber als kleine Genre-Perle natürlich auch den Rest des Jahres ganz gut funktioniert. Ein unterhaltsamer Streifen über einen sonderbaren Einzelgänger als wahlweise gutmütiger oder tödlicher Aushilfs-Weihnachtsmann, der zwar etwas Anlaufzeit braucht, aber in der zweiten Hälfte alles bietet, was man sich von einem derartigen Streifen erwartet. Mit seinem ungewöhnlichen Protagonisten und polarisierenden Ende schafft es „You better watch out“ auch heutzutage noch mühelos die Meinungen seiner Zuschauer spalten und von den vielen Genre-Streifen mit Weihnachtsthematik ist „Christmas Evil“ dann auch sicher einer der Besseren, der Slasher-Fans mit oder ohne Weihnachts-Affinität seit knapp 35 Jahren auf nicht ganz so besinnliche Weise bestens unterhält.
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