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project: equinoX Forum / In Bloom

project: equinoX Forum

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#1 10.January 2015 16:10:05

jogiwan
drama-princess
Ort: graz (austria)
Registriert: 23.January 2006
Beiträge: 2256

In Bloom

Der junge Kurt (Kyle Wigent) lebt in Chicago in einer Wohngemeinschaft und verdient sich seinen Lebensunterhalt damit, dass er in der Gegend kleine Drogendeals abwickelt. Deswegen ist Kurt auch auf vielen Partys gern gesehener Gast und lebt ein eher ausschweifendes und ungezwungenes Leben mit viel Spaß, Drogen und Alkohol. Eines Tages kommt Kurt mit Paul (Tanner Rittenhouse) zusammen, der in einem Supermarkt jobbt und die beiden verbringen fortan ihre Freizeit zusammen, obwohl der umtriebige und exaltierte Dealer und der eher zurückhaltend und besonnen erscheinende Paul auf den ersten Blick auch gar nicht füreinander geschaffen scheinen.

Aus den Beiden wird ein Paar, das den Sommer in Chicago in vollen Zügen genießt und sich auch nicht von den ominösen „Boystown Butcher“ beirren lässt, der in der Gegend für mehrere Morde an homosexuellen Jugendlichen verantwortlich ist. Doch mit der Zeit verschwinden die berühmten Schmetterlinge im Bauch und rasch holt die tägliche Routine die beiden Verliebten ein. Während sich Paul bereits Gedanken über die gemeinsame Zukunft macht und von einem Leben im fernen Europa träumt, macht Kurt aber keine Anstalten sich im Leben irgendwie einzuschränken und seine zweifelhafte Karriere zugunsten der gemeinsamen Beziehung aufzugeben und immer öfter werden die Beiden mit Momenten konfrontiert, in denen sich die scheinbar unterschiedlichen Interessen offenbaren.

Als Kurt auf einer Party auf den hübschen Kevin (Adam Fane) trifft, der augenscheinlich nicht nur an seinem Gras interessiert ist, beginnt der junge Mann daran zu zweifeln, ob die zunehmend beengende und Höhepunkts-lose Beziehung zu Paul das Richtige für ihn ist. Zu stark sind die täglichen Verlockungen seines hedonistischen Lifestyles und er beginnt im Geheimen einen abenteuerlichen Flirt mit seinem Kunden, der natürlich auch Paul nicht verborgen bleibt. Als dieser seinen Freund zur Rede stellt, reagiert dieser erbost und beendet in einer Kurzschlussreaktion die Beziehung um in den darauffolgenden Tagen erneut in seine Welt aus Partys, Drogen und schnellen Sex abzutauchen.

Paul bleibt allein zurück und die Leere, die das Ende der Beziehung hinterlassen hat, kann er auch mit Alkohol und dem mutige Liebesgeständnis seines etwas sonderbaren Arbeitskollegen Eddie (Jake Andrews) nicht füllen. Doch auch Kurt zweifelt an der spontanen Entscheidung und als er merkt, dass Kevin an einer Beziehung nicht interessiert ist und der Mann auch noch auf dem Heimweg niedergeschlagen und ausgeraubt wird, ist Paul mit seiner ruhigen Art und Hilfsbereitschaft die erste Anlaufstelle, auf die Kurt trotz Beziehungsende noch immer zählen kann. Beide sehnen sich nach den unbeschwerten und unwiederbringlich verlorenen Tagen zu Beginn ihrer Beziehung zurück und bleiben doch getrennt, bis Kurt eines Abends drastisch vor Augen geführt wird, wie schnell man sein Glück endgültig verlieren kann…

Das 2014 entstandene Drama „In Bloom“ des Regisseurs Chris Michael Birkheimer handelt wieder einmal von dem im Film, Funk und Fernsehen beliebten Thema der Beziehung zwischen schwulen Männern, dass sich in den letzten Jahrzehnten für alle Beteiligten doch auch ziemlich geändert hat. Waren es früher außenstehende Faktoren wie Familie, Religion und die feindselige Einstellung der Gesellschaft die größte Bedrohung für ein harmonisches Beziehungsleben nach der ersten Phase des Kennenlernens, ist es in den letzten Jahren eher der homosexuelle Lifestyle mit seiner oftmals auftretenden Oberflächlichkeit, Vergnügungssucht und die durch gesellschaftliche Veränderungen neu gewonnenen Freiheiten, die das längerfristige Zusammenleben von homosexuellen Menschen auf vielseitige Weise bedroht.

Während religiöse Gruppen ja auch nicht müde werden, homosexuelle Beziehungen ohnehin im Licht der Öffentlichkeit herabzuwürdigen und zu betonen, dass eine Beziehung der keine Kinder entspringen können, niemals im Sinne eines bestimmten Gottes sein, so sind wohl jegliche Beziehungsformen im Verlauf denselben Minenfeldern ausgesetzt, denen entsprechend zu begegnen ist. Wenn nicht gerade materielle Interessen oder Kinder die Entscheidungen auf wahlweise vernünftige oder unvernünftige Weise beeinflussen so sollte es im Idealfall so sein, dass sich beide Partner entsprechend ergänzen und so etwaige Unterschiede entsprechend ausbalanciert werden, ohne dass sich einer der Partner übervorteilt vorkommt.

Im Falle von Kurt und Paul sind es gleich mehrere Faktoren, die zusammenkommen und Weiterführung der Beziehung zu einem gewissen Zeitpunkt für einen der Beiden unmöglich macht. So gibt es bei den Männern neben einem unterschiedlichen Umfeld auch charakterliche Unterschiede und während Paul eher an der Beziehung festhalten möchte, erliegt Kurt den Verlockungen einer vergnügungssüchtigen Welt, die aus durchzechten Nächten, Alkohol und Drogen besteht. Als Kurt den jungen Kevin trifft, repräsentiert dieser alles, was durch eine monogame Beziehung erschwert oder verwehrt bleibt und er stürzt sich in eine Affäre, die nicht ohne Folgen bleibt und er beendet in einer spontanen Reaktion die Beziehung. Doch die Suche nach dem Abenteuer ist schnell wieder vorbei und Kurt stellt fest, dass er Dinge, von denen er sich eingeengt fühlt, auf der anderen Seite wieder schätzt und vermisst, wenn sie nicht mehr da sind.

Leider ist Regisseur Chris Michael Birkheimer dabei kein packender Film gelungen und statt universeller Wahrheiten präsentiert „In Bloom“ zwei junge Menschen aus der hedonistischen Gay-Community aus Chicago, die mit fragwürdiger Freizeitgestaltung und Lebensentwürfen im Grund doch unsympathisch bleiben und bei den wenigen Momentaufnahmen, die uns der amerikanische Regisseur präsentiert muss man sich unweigerlich fragen, wie die Beiden überhaupt zueinander gefunden haben. Ein derartiger Streifen steht und fällt wohl mit der Identifikation des Zuschauers mit seinen Figuren und dem Regisseur ist es zumindest bei mir nicht gelungen, mir seine oberflächlich gezeichneten Figuren so nahe zu bringen, dass man mit ihnen mitfiebern mag. Ganz im Gegenteil: die Figur des Kurt ist wohl jemand, bei dem im realen Leben wohl alle Alarmsignale schrillen würde und niemanden der mir nahe stehen würde, möchte ich persönlich in einer Beziehung oder einer Wohngemeinschaft mit einem Dealer samt Drogen- und Alkoholproblemen wissen.

Auch der Rest ist irgendwie eher mau und die leicht wackelige Kameraführung soll der ganzen Sache wohl zusätzlich einen authentischen und realistischen Anstrich geben, was aber mit unreflektierten Umgang mit Drogen und auch mit der scheinbar beiläufig passierenden Mordserie, die auch nur eine untergeordnete Rolle spielt, nicht wirklich funktionieren mag. Auch die lose Erzählweise mit offenem Ende und der Aussicht auf eine gemeinsame Zukunft ist etwas unglücklich gewählt, da man als Zuschauer ja auch schon von Beginn an weiß, dass die Beziehung der Beiden zu einem gewissen Punkt erst einmal gescheitert ist. Aber auch ohne dem Wissen ist es mit etwas Menschenkenntnis ein Leichtes, den unspektakulären Handlungsverlauf und das Scheitern der Beziehung vorherzusehen und auch wenn die Schlussszene sehr schön eingefangen wurde, entschädigt das nicht für die etwas lahmen 85 Minuten davor.

Irgendwie ist es auch schade, dass Regisseur Chris Michael Birkheimer dem Zuschauer inhaltlich eine so unausgegoren wirkende Mischung mit seltsamen Charakteren aus einem fragwürdigen Umfeld  präsentiert, da ich solche Filme aus der Low-Budget- und Queer-Cinema-Ecke ansonsten sehr gerne mag und die beiden Hauptdarsteller ihre Sache durchaus gut machen. Auch die elektronische Musik passt sehr gut zum Charakter des Streifens und dass aufgrund des Budgets keine ausgedehnten Club-Drehs mit vielen Statisten möglich waren, könnte man dem Streifen  sicher verzeihen, wenn der Rest etwas sympathischer und die Beweggründe der Figuren für den Zuschauer ein Stück weit nachvollziehbarer ausgefallen wäre.

CMV-Laservision präsentiert das amerikanische Drama in guter Bildqualität und englischen Original mit optionalen Untertiteln. Die sind manchmal fast etwas zu kurz eingeblendet und etwas gewöhnungsbedürftig übersetzt, aber selbst mit etwas eingerosteten Englischkenntnissen sollte es kein Problem sein, der Handlung mühelos folgen zu können. Als Bonus gibt es jedoch nur en Trailer und eine Bildergalerie, wobei es sicherlich interessant gewesen wäre, warum Herr Birkmeier seine Geschichte gerade mit derartigen Figuren bevölkert hat. Abgerundet wird die Veröffentlichung dann noch mit weiteren Trailern aus dem Programm des Berliner Labels und einem Cover ohne der aufgedruckten und zu hoch angesetzten FSK-18-Freigabeplakette.

Unterm Strich bleibt ein Drama aus der Schwulenecke, dass dem Zuschauer statt den Höhen und Tiefen einer Beziehung auch eher nur Momente präsentiert, in denen ein verliebtes Paar nach einiger Zeit erkennen muss, dass es doch nicht so richtig zueinander passt. Derartige Erfahrungen machen aber fast alle Menschen mal im Laufe ihres Lebens und die eingestreute Kritik an einem oberflächlichen Lebensstil der schwulen Community, der uns tagtäglich aus unterschiedlichsten Richtungen als erstrebenswert präsentiert wird ist ebenso zu vernachlässigen wie der Thriller-Anteil, der im Verlauf von „In Bloom“ ebenfalls nur angerissen wird. Mit seinen seltsam gezeichneten Figuren, seinen unzureichend zu Ende geführten Handlungssträngen und schönen Bildern bleibt der Streifen genauso oberflächlich wie das Szenario, dass er zeichnet und da die Laufzeit des Schwulendramas auch noch ohne nennenswerte Höhepunkte verstreicht kann auch die gute Grundidee und die Darsteller nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Endergebnis alles andere als gelungen zu betrachten ist.

Beitrag geändert von jogiwan (10.January 2015 16:23:31)


It´s fun to stay at the YMCA...

*** Gretl... the prince !!! ***

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#2 11.January 2015 14:26:50

chilidog
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Re: In Bloom

@ Jochen,

vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=9882

big_smile  big_smile  big_smile


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