project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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In der Walpurgisnacht des Jahres 1492 verlässt die junge Tanja (Miriam Giovanelli) das sichere Heim ihrer Mutter um sich im Schutze der Dunkelheit außerhalb des beschaulichen Ortes Passburg in einem Schuppen im Wald mit ihrem verheirateten Liebhaber Milos (Christian Burruano) zu treffen. Als sich die junge Frau jedoch danach von seltsamen Geräuschen verunsichert mit ihrem Liebhaber überwirft und sich allein auf den Weg zurück ins Dorf macht und verängstigt bei dem beleuchteten Haus von Zoran (Giuseppe Lo Console) Schutz sucht, wird sie jedoch von einem Wesen aus der Luft angegriffen. Dieses verwandelt vor den entsetzten Augen der jungen Frau sich in einen Menschen und saugt Tanja mit einem beherzten Biss das Blut aus der Halsschlagader.
Während im Dorf die Runde macht, dass die junge Frau von einem Wolf attackiert wurde, erreicht auch der Bibliothekar Jonathan Harker (Unax Ugalde) nach einem abenteuerlichen Ritt durch die Wälder den Ort um am nächsten Tag eine Stelle in der entlegenen Burg des Grafen Dracula (Thomas Kretschmann) anzunehmen. Doch zuvor besucht er noch Lucy (Asia Argento), die Tochter des örtlichen Bürgermeisters, die ihm nicht nur den lukrativen Posten besorgt hat, sondern auch mit seiner Gattin Mina (Marta Gastini) eine innige Freundschaft pflegt und auch wenig darüber erfreut ist, dass ihre geliebte Freundin aufgrund eines Termins nicht gemeinsam mit ihrem Mann nach Passburg reisen konnte.
Noch in derselben Nacht verabreden sich Milos und einige andere Männer aus dem Ort um am Friedhof den Sarg von Tanja auszugraben und stoßen am Leichnam auch auf die erwartete Wunde am Hals, die beweist, dass die junge Frau Opfer des Vampirs geworden ist, der Passburg und Umgebung bereits seit langer Zeit in Angst und Schrecken versetzt. Bevor die Männer jedoch Lucys Leichnam mit einem Pfahl durchbohren können werden sie von dem durchgeknallten und gewaltbereiten Renfield (Giovanni Franzoni) überrascht, der Milos mit einer Schaufel ermordet und von den anderen nur mühevoll gebändigt und hinter Gitter gesteckt werden kann.
Jonathan bekommt von alledem jedoch nichts mit und als er am nächsten Tag die Burg betritt scheint diese verlassen und erst am Abend zeigt sich der Graf persönlich mit einer jungen und etwas seltsam agierenden Frau, die er dem Bibliothekar als seine Nichte Tanja vorstellt. Bei einer gemeinsamen Tour durch das Schloss entdeckt Harker, dass im Schloss nicht alles mit rechten Dingen zugeht und als Tage darauf Mina am mit der Bahn den Ort erreicht, kann Jonathan aufgrund einer angeblichen Verpflichtung seine Gattin nicht selbst am Bahnhof abholen. Als sie daraufhin bei Lucy unterkommt und diese wenig später auf mysteriöse Weise erkrankt, ist das erst der Auftakt einer Reihe von sehr seltsamen und blutigen Begebenheiten, die alle im Zusammenhang mit dem ominösen Grafen zu stehen scheinen…
Als ich im April 2013 zum ersten Mal etwas über Dario Argentos „Dracula“ schrieb, bezeichnete ich das Werk als Genre-Unterhaltung der eher billigen Machart, dass seinen Regisseur im Vergleich zum titelgebenden Grafen als nicht minder tragische Figur präsentiert, dem über die Jahre Kreativität, hohe Budgets und große Namen abhanden gekommen sind. Das waren damals doch ziemlich harsche Worte als spontane Reaktion auf eine sehr mittelprächtige und freie Adaption des klassischen Gruselstoffs, das sich dem Zuschauer auch auf sehr zwiespältige Weise präsentiert und mit dem Charme und künstlerischen Qualitäten von Argentos Werken aus vergangenen Jahrzehnten auch nur bedingt noch etwas zu tun hat.
Es ist als Fan zahlreicher seiner Werke auch zweifelfrei auch etwas traurig mitanzusehen, wie es dem italienische Regisseur mit jeder seiner aktuellen Produktionen stetig und scheinbar mühelos gelingt, die Qualität vorangegangener Werke unterbieten und mittlerweile in Gefilden angekommen ist, die man sonst eher von amerikanischen Billig-Produktionsschmieden kennt. Wenn sich die Leutchen von „Asylum“ bzw. die Köpfe hinter „Sharknado“ Bram Stokers klassischem Gruselstoff annehmen würden, käme vermutlich auch kein viel schlechteres Werk dabei heraus und so ist „Dracula“ auch ein um seine 3D-Effekte herumgestricktes Horror-Trash-Abenteuer mit ein paar lustigen Ideen und kostengünstiger Ausstattung, dass wohl entgegen der eigentlichen Intention der Macher statt oldskooligen Grusel eher zum Schmunzeln und/oder Fremdschämen einladen.
Selbst losgelöst vom bisherigen Output des italienischen Regisseurs ist „Dracula“ bestenfalls durchschnittlich ausgefallen und alle Ideen und/oder Variationen, die Argento mit seinen Drehbuchautoren der Geschichte hinzugefügt hat, kann man wahlweise als originell, peinlich oder schlicht und ergreifend entbehrlich bezeichnen. So materialisiert sich der Graf statt der bekannten Fledermaus wahlweise aus einem Wolf, Eule oder eine Horde Fliegen und verwandelt sich auch in eine übergroße Gottesanbeterin, aber auch dank eher billiger CGI-Ausführung wirkt das im Kontext eher erheiternd, als irgendwie gruselig. Auch das übliche Figurenkabinett von Stoker wird über den Haufen geworfen und neu zusammengesetzt, was die Geschichte aber auch nicht besser macht.
Selbst wo der Look in vorangegangenen Werken noch halbwegs ansprechend war, ist dieser mittlerweile einer fast schon steril wirkenden Diskont-Optik gewichen, die sich neben Kostümen und spärlichen Einrichtungsgegenständen auch zu sehr auf Computer-generierte Szenen verlässt und der animierte Flug durch die Gassen von Passburg und die Ankunft Harkers am Bahnhof stehen exemplarisch dafür, wie man es als Regisseur, der bekannt ist für seine langen Kamerafahren über Plätze, Häuser und Baumwipfel besser nicht machen sollte. Da der Streifen auch auf 3D gedreht wurden, wirken die Kontraste ohne Brille auch durch die sehr punktuelle Ausleuchtung extrem hart, was in der 2D-DVD-Version durch einen helleren Schwarzwert etwas entschärft wurde.
Auch darstellerisch wirkt „Dracula“ nicht so wirklich gelungen und man wird das Gefühl nicht los, dass sich bei den stets traurig und sehr verzweifelt wirkenden Figuren darauf verlassen wurde, dass diese beim Zuschauer auch hinlänglich bekannt sind. Der spanische Darsteller Unax Ugalde wirkt als Jonathan Harker seltsam unbeholfen und Thomas Kretschmann wollte als Graf Dracula wohl besonders die tragische Seite seiner ansonsten sehr machtvollen Figur herausarbeiten. Auch die Darbietung von Marta Gastini, der das Verschwinden ihres Gatten nicht sonderlich nahe geht, fand ich nicht sonderlich packend und Asia Argento als Lucy wirkt ebenfalls immer eine Spur zu lustlos und hat vor kurzem ohnehin verlautbaren lassen, nur noch hinter der Kamera zu agieren. Und wenn nach knapp 70 Minuten erstmalig Rutger Hauer als Abraham van Helsing den Schirm bereichert, kann das den Streifen mit seinem unspektakulären Finale ebenfalls nicht mehr vor dem Mittelmaß retten.
Nachdem es lange unklar war, wann, wie und ob der Streifen hierzulande erscheinen wird, hat sich Koch Media die Rechte an dem polarisierenden Werk geschnappt und in drei Optionen auf den Markt gebracht. Neben der mir vorliegenden DVD mit der etwas augenschonenden Fassung mit weniger harten Kontrasten gibt es auch noch zwei Blu-Ray-Disc-Veröffentlichungen mit oder ohne 3D-Version. Auf der DVD gibt es neben einem knapp einstündigen „Making-Of“ noch ein von Interview mit Markus Keuschnigg, welches anlässlich von Argentos Besuch und Österreich-Präsentation von „Dracula“ beim Wiener /Slash-Filmfestival gemacht wurde. Abgerundet wird das Paket dann noch mit dem Musikvideo „Kiss me Dracula“ vom Claudio Simonetti Project, bei dem Gabriele „Last House in the Woods“ Albanesi Regie geführt hat.
Objektiv und ohne Fanbrille betrachtet bleibt eine mittelprächtige Dracula-Adaption, auf die die Welt wohl nicht gewartet hat und die der ganzen Geschichte abgesehen von ein paar skurrilen Ideen auch nicht viel Neues oder sonderlich Herausragendes hinzu zu fügen hat. Im Kontext von Argentos Schaffen ist „Dracula“ auch ein neuerliches Highlight in die falsche Richtung und selbst als eigenständiges Werk betrachtet erreicht der Streifen trotz bekannter Gesichter maximal durchschnittliche Gefilde, dem auch nur zugute kommt, dass man Werke wie „Sharknado“ mittlerweile in bestimmten Kreisen als popkulturelle Trash-Feuerwerke abfeiert und sich neuere Generationen an Genre-Fans an filmischen und dramaturgischen Unzulänglichkeiten mittlerweile scheinbar besonders erfreuen kann. Ob das in der Intention des Machers lag, darf dabei wohl dennoch bezweifelt werden.
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=9861
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jogiwan schrieb:
was mich noch interessieren würde... wie findest du/ihr den eigentlich?
Also bislang habe ich mich noch nicht an den Film herangetraut, wird aber definitiv demnächst mal nachgeholt. Seine letzten Filme waren allesamt so lala. Den "Mother of Tears" hatte ich letztens mal wieder angeschaut, aber meine Meinung dazu ist nach wie vor relativ schlecht. Den "Giallo" war etwas besser, aber nichts im Vergleich z.B. zu "Sleepless" - den ich nach wie vor richtig gut finde.
Aber ich gebe Dir auf jeden Fall Bescheid, sobald der "Dracula" gesichtet worde .
Schöne Grüße
cu Sven
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