project: equinoX Forum

geschrieben von jogiwan am 12.01.06

Die Psychologin Christina Ruiz (Susana Dosamantes) macht gemeinsam mit ihrem namenlosen Mann und ihren beiden kleinen Kindern Nino und Pelé Urlaub in einem luxuriösen Haus auf dem Lande. Leider ist ihr Mann körperlich durch ein Gipsbein und stilistisch durch einen grau-melierten Pyjama-Trainingsanzug etwas gehandicapt, sodass sich Christina alleine mit den Kindern im hauseigenen Pool tummeln muss. Doch beim Tennisspielen und anschließenden Bier ist der Ehemann wieder voll in seinem Element. Doch wie es im Leben nun mal so läuft, geht jeder noch so schöne Urlaub irgendwann einmal zu Ende. Bevor die Familie jedoch wieder zum normalen Alltagstrott zurückkehrt, soll noch schnell der Bruder des Mannes am Lande besucht werden. Christina fährt den Van, während es sich der Mann mit jeder Menge Obst, einer Zeitung und den Kindern am Rücksitz gemütlich macht.

Szenenwechsel: ein Geldtransporter mit drei Sicherheitsleuten ist auf einer einsamen Landstrasse unterwegs. Pepe, ein Mann mit etwas schlechtem Nervenkostüm beschwert sich noch über die unübersichtliche Strecke, als die drei auch schon mit einem geschickt-inszenierten Motorrad-Stunt in einen bösen Hinterhalt gelockt werden. Das es sich eventuell um eine Falle handeln könnte, kommt natürlich keinem der Wachleute in den Sinn und so werden arglos die Wagentüren geöffnet. Auf diese Gelegenheit haben die bösen Gangster natürlich nur gewartet und entführen den Transporter samt Insassen auf eine einsame Waldlichtung. Doch der Geldtransporter ist von innen verschlossen und Tonio, der im hinteren Teil des Wagens sitzt, macht keine Anstalten, diesen zu öffnen. Doch Oberbösewicht Julius (Eleazar Garcia Jr.) ist es durchaus Ernst um die Erlangung des Geldes und dieses stellt er auch gleich eindrucksvoll unter Beweis, in dem er den etwas theatralischen Pepe kurzerhand vor den Augen der anderen erschießt. Tonio ist angesichts dieser kleinen Demonstration kriminalistischer Energie ordentlich beeindruckt und ist nun bereit, das eigentlich sichere Auto zu verlassen. Dumm gelaufen, denn er und sein Kollege bereuen dieses bereits wenig später - wenn auch nur kurz.

Unsere harmonische Familie ist immer noch unterwegs und wie es sich die Drehbuchautoren nicht besser ausdenken könnten, stoßen sie natürlich prompt auf unsere Kriminellen, als diese gerade auf der besagten Lichtung den Geldtransporter ausräumen. Julius und seine Kumpanen sind natürlich wenig von den Zeugen begeistert, da sie nun auch die ganze Familie entsorgen müssen. Omar (Andres Garcia Jr.), ein Nachwuchskrimineller versucht noch Julius von seinem Vorhaben abzuhalten, doch zu spät. Gewehrsalven durchdringen den Van und die treffen Christina, ihren Gatten, Nino und Pelé. Als der junge Omar die tote Familie im Van sieht, ist er am Boden zerstört. Seinen ersten Einsatz hat er sich wohl etwas anders vorgestellt.

Wenig später ist auch schon die Polizei vor Ort. Kommissar Gallardo (Pedro Armendariz) und sein Kollege nehmen die Ermittlungen auf. Und auch der schmierige Reporter Adrian (Hugo Stiglitz) ist am Tatort angekommen, da er eine gute Story wittert. Zufälligerweise entdeckt Gallardo, dass Christina noch am Leben ist und sie wird schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. Seltsamerweise hat Christina die Gewehrsalven und einen Schulterschuss jedoch anscheinend körperlich beinahe unbeschadet überstanden und nur eine leichte Gehirnquetschung erlitten. Doch der Tod ihrer Familie hat Spuren in der Seele hinterlassen und sie trägt ihr Haar fortan mit ernster Miene nur noch streng nach hinten gezöpfelt. Wie ihr jedoch der behandelnde Arzt bestätigt, muss das Leben weiter gehen. Wenig später ist auch schon Reporter Adrian mit Billigsdorfer-Blumenstrauss zur Stelle, der sich fortan wohl nicht ganz uneigennützig für die Geschichte der Frau Dr. Ruiz interessiert.

Ein Jahr später: Christina kehrt nach einem Aufenthalt bei ihrer Schwester in Miami mit allerlei geschmackloser Mitbringseln nach Mexiko zurück und stürzt sich auch gleich in ihre Arbeit. Frau Dr. Ruiz engagiert sich sehr für die Jugend und der erste Problemfall lässt auch nicht lange auf sich warten. Armando Gomez (Raul Araiza Jr.) ist ein 16jähriger Straftäter, der dank schlechten Umgangs in wieder einmal in Polizeigewahrsam genommen wurde. Doch Christina kümmert sich um diese sogenannten "Produkte unserer Gesellschaft" und mit bonbonfarbener Strickjacke samt scheußlichen Muster schafft sie es auch, dass Armando nochmals mit einer Verwarnung davon kommt und aus dem Gefängnis entlassen wird. Als sie ihn mit ihrer wenig ärztetauglichen Karre zuhause abliefern möchte, warten vor dessen Haus allerdings schon einige obskure Subjekte, die sich auch gleich im Drogenrausch an die attraktive Ärztin ranschmeißen möchten. Doch Christina weiß sich mit Hand(tasche) und Fuß zu wehren und liefert Armando bei seiner Mutter ab. Als sie zu ihrem Golf-Imitat zurückkehrt, hat dieses jedoch einen Platten und Christina sieht sich von notgeilen Subjekten umzingelt. Doch sie hat Glück, Adriano der Reporter ist ihr gefolgt und im Gegensatz zu einem Stunt-Koordinator nun glücklicherweise anwesend um das Schlimmste zu verhindern.  Adrian schafft es dann auch nahezu mühelos mit den knapp 12 Angreifern fertig zu werden. Doch das war nicht alles, er wechselt auch noch den defekten Reifen und ladet Christina zum Essen ein.

Wenig später empfängt Christina in ihrer Praxis einen neuen Patienten, der ihr von einem anderen Psychologen aufgrund ihrer Kompetenz in Sachen Jugendarbeit an sie verwiesen hat. Es ist bereits erwähnter Omar, einer der Mörder ihrer Familie der mit den Erlebnissen vor einem Jahr nicht fertig wird. Die Bilder der toten Kinder verfolgen ihn seitdem und verursachen Angstzustände und Schlaflosigkeit. Christina erkennt Omar natürlich sofort anhand seines Anhängers und erfährt von ihm unter Drogeneinfluss auch gleich die Namen der damaligen Komplizen. Da sie anscheinend wenig Vertrauen in das mexikanische Rechtssystem hat, entschließt sie sich die Bestrafung selbst in die Hand zu nehmen. In einer Kirche entschuldigt sich Christina bei Jesus bereits im vorhinein, für ihre unentschuldbaren Taten, die sie begehen wird.

Das erste Opfer ist auch gleich gefunden: der junge Johny (Rojo Grau) im geschmacksicheren Garfield-Shirt unterwegs ist das erste Bandenmitglied, welches mittels unscheinbarem New-Wave-Punk-Domina-Leder-Outfit inklusive passender Perücke in die Falle gelockt wird. Statt der erwarteten Fummelei in einem Non-Stop-Kino wird dem arglosen Jungen jedoch mittels Schraubenzieher der Garaus gemacht. Die Polizei tappt wie üblich im Dunkeln und verdächtig zuerst eine ortsbekannte Straßennutte Monika (die anscheinend den gleichen Stylingberater wie Frau Dr. Ruiz auf Mordlust verfügt) bzw. einen Transvestiten. Als Kommissar Gallard besagte Monika in dem Lokal "Argus" zur Rede stellt, werden die Beiden von Julius und seiner Clique beobachtet. Dieser verdächtigt Monika bei der Polizei als Spitzel zu agieren und erschießt sie. Als jedoch wenig später ein weiterer bestialischer Mord an einem weiteren Bandenmitglied nach dem gleichen Muster geschieht, geraten die Bösewichte in Panik. Sie haben jedoch nun ihrerseits den Verdacht, dass die unheimliche Mordserie mit dem Überfall vor einem Jahr zusammenhängen könnte. Was liegt also näher als die Vermutung, dass irgendjemand das Massaker überlebt haben könnte. Kurz in den Archiven der örtlichen Zeitung gestöbert entdecken sie, dass es sich dabei um die Psychologin handelt, in dessen Behandlung sich Omar befindet. Julius ist natürlich stinkesauer und was mit dem armen Omar daraufhin geschieht, kann sich wohl jeder ausmalen. Der Rest der verbliebenden Bande macht nun ihrerseits Jagd auf die Ärztin. Es kommt zu einer nervenzerfetzenden Verfolgungsjagd inklusive bombastischer Stunts und zu einem atemberaubender Baustellen-Showdown, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt...

Also, eines gleich vorweg: Hut ab vor CMV! Was die mit "eine Frau kennt keine Gnade" bzw. "el placer de la venganza" für eine mexikanische Trash-Perle aus dem Jahre 1986 ausgegraben und nun veröffentlicht haben, ist beinahe unglaublich. Wer mich kennt weiß, dass ich mit den Achtzigern ja nicht unbedingt etwas anfangen kann und in der Vergangenheit hab´ ich mich ja auch schon mehrmals abfällig über diese Epoche der modischen Todsünden geäußert. Diese DVD war somit wohl meine gerechte Strafe. "Eine Frau kennt keine Gnade" ist in jeder Filmsekunde so dermaßen Achtziger, dass es eine wahre Freude ist. Bei der ersten Sichtung konnte ich mich vor lauter schlechten Frisuren, Klamotten und Inneneinrichtungen ja beinahe nicht auf die Handlung konzentrieren und wollte am liebsten mehrmals schreiend meinen DVD-Player aus dem Fenster schmeißen. Ein absolut herrlicher Spass. Die ersten Minuten des Films erinnern an ein drittklassiges Werbefilmchen für ein Urlaubsdomizil und vor allem in den Szenen, wo Frau Dr. Ruiz und ihr Gatte direkt in die Kamera sprechen sind absolut zum Schreien. Doch bald ist Schluss mit der überzeichneten Harmonie und der Film mutiert spätestens beim Überfall auf den Geldtransporter und der Ermordung der Familie zum blutigen Action-Kracher. Zugegeben, richtig spannend wird’s zwar nicht wirklich, aber wenn interessiert das schon, wenn man angesichts der zahlreichen Nebenplots und überzeichneten Figuren überhaupt nicht zum Luftholen kommt. Die Geschichte der Psychologin die nach dem tragischen Verlust ihrer Familie zum Rachengel mutiert und erst nach dem Tod von ca. 15 Personen ihren inneren Frieden und Ruhe wieder findet, mag jetzt nicht bahnbrechend innovativ daherkommen, ist aber auf jeden Fall obere B-Movie-Klasse.

Das Gleiche gilt für die Hauptdarsteller. Susana Dosamantes spielt die Rolle der Psychologin durchaus glaubwürdig und die Verwandlung von der lebenslustigen Familienfrau zum umbarmherzigen Racheengel mit finsterer Miene ist nicht nur anhand ihrer Frisur, sondern auch tatsächlich aufgrund schauspielerischer Leistungen ersichtlich. Jupp, die Frau kommt ziemlich cool und ich hoffe, dass ich die sympathische Schauspielerin nicht zum letzten Mal in einem Film gesehen habe. Susana Dosamantes wurde übrigens am 9. Jänner 1948 als Susana Rue Riestra in Mexico City geboren. Berühmt wurde sie vor allem durch ihre zahlreichen Rollen für sogenannte Telenovelas. Diese vorwiegend spanischsprachigen Serien sind vor allem in Spanien, Portugal, Mexiko und im lateinamerikanischen Raum äußerst beliebt und garantieren Ruhm, Prime-Time-Einsätze und ein stetes Einkommen. Telenovelas haben sich jedoch im deutschsprachigen Raum nie wirklich durchgesetzt. Bei uns dürfte die gute Dame noch am ehesten durch ihren mandeläugigen Auftritt neben John Wayne in dem Western "Rio Lobo" von Howard Hawks aus dem Jahre 1970. Aus der 1974 geschiedenen Ehe mit dem Rechtsanwalt Enrique Rubio entstanden 2 Kinder, darunter ihre Tochter Paulina Rubio, die mittlerweile als lateinamerikanischer Popstar große Erfolge feiert.

Trotz eifriger Internet-Recherche meinerseits habe jedoch auch aufgrund meiner mangelnden Spanisch-Kenntnisse nur zu zwei weiteren Darstellern überhaupt irgendwelche Informationen finden können. Hugo Stiglitz, der am 28. August 1940 ist Mexico City geborene B-Movie-Darsteller glänzt in "eine Frau kennt keine Gnade" als schmieriger Reporter Adrian, auch wenn er doch immer irgendwie zerrupft daherkommt. Stiglitz hat seit 1969 in über 160 mehr oder minder erfolgreichen Filmen mitgewirkt und war in den 70er und 80er Jahren ein sehr populärer Action- und Horrorfilm-Darsteller. Im Gegensatz zu seinen meisten mexikanischen Schauspieler-Kollegen hat Stiglitz jedoch auch in zahlreichen englischsprachigen Filmen mitgewirkt. Zu seinem bekanntesten Film zählt sicherlich "Grossangriff der Zombies" des italienischen Plagiat-Filmers Umberto Lenzi aus dem Jahre 1980. In diesem Film darf Herr Stiglitz in der Hauptrolle als Reporter gegen verstrahlte Zombies und ein schlechtes Drehbuch ankämpfen.
Der nicht minder fleißige Pedro Armendáriz Jr. (Kommissar Gallard) ist ebenfalls im gleichen Jahr und in der gleichen Stadt wie Herr Stiglitz geboren bringt es seit 1966 auf über 190 Filme, wobei er auch durchaus bekannte und aktuellere Filme wie "Die Legende des Zorro", "Amistad", "die Versuchung des Padre Amaro" oder auch "Mexican" an der Seite von Brad Pitt und Julia Roberts aufzuweisen hat. Westernfans dürfte sein markantes Gesicht ohnehin aus zahlreichen Genre-Highlights der letzten dreißig Jahre bekannt vorkommen.

Über Hernando Name, dem umtriebigen Regisseurs dieses Revenge-Filmchen, war leider auch nicht sonderlich viel herauszufinden. Hernando Name begann seine Filmkarriere Mitte der Siebziger als Stunt-Koordinator. Später war er als Schauspieler sehr aktiv, bevor er sich Mitte der Achtziger als Regisseur von zahlreichen Action-Filmen einen Namen machte. Seinen bisher letzten Film drehte er 2002. Leider sind vermutlich die wenigsten seiner Filme bzw. Regie-Arbeiten im deutschsprachigen Raum erschienen.
Übrigens für alle die es interessiert, der Film der in dem Kino läuft, in dem das erste Bandenmitglied ermordet wird, heißt "La Maquina de matar" bzw. "Die Killermaschine" und ist ebenfalls eine spanisch/mexikanische Produktion des Regie-Kollegen Jose Antonio de la Loma aus dem Jahre 1984. Dieser Film stammt vom gleichen Produzenten, Carlos Vasallo, der auch für das Budget von "eine Frau kennt keine Gnade" verantwortlich war. Hugo Stiglitz hat witzigerweise auch in diesem Film eine Rolle.

Die DVD von CMV, die ihm Rahmen der Trash-Collection als Nr. 19 veröffentlicht wurde, bietet diese filmische Rarität aus Mexiko in der deutsch-synchronisierter Fassung mit mittelmäßiger Ton- und Bildqualität, was aber durchaus ok geht und vermutlich auch am Ausgangsmaterial liegen wird. Soweit ich in Erfahrung bringen konnte, gab’s bisher ohnehin nur ein amerikanisches VHS-Tape. Leider gibt es diese Trash-Perle jedoch nicht in der spanischsprachigen Originalversion inklusive Untertitel, welches sicherlich auch spaßig gewesen wäre. Als Bonusmaterial gibt es auf der durchaus empfehlenswerten Scheibe noch eine animierte Bildergalerie, die mit dem äußerst schmissigen Titel-Theme von Carlos Torres unterlegt ist, sowie zahlreiche Trailer aus dem CMV-Programm.
So bleibt zu sagen, dass "eine Frau kennt keine Gnade" ein furchtbar trashiger, dafür umso spaßigerer Action-Film ist, der zwar nicht über seine ganze Laufzeit sein Tempo halten kann und auch gegen Ende etwas abfällt, aber ein paar grandiose Momente schlecht-choreographierter Action-Sequenzen, unlogische Handlungsabläufe und die schlechtesten Frisuren seit langem aufzuweisen hat. Ein Party-Film par excellance und Freunde gepflegter Achtziger-Settings und -Klamotten, sowie Schnauzbart-Fetischisten kommen ohnehin voll auf ihre Kosten. Zu wünschen bleibt, dass noch zahlreiche weitere interessante Achtziger-Streifen aus der von mir bisher sträflich vernachlässigten mexikanischen Filmindustrie folgen werden. Und auch wenn es nicht immer einfach ist, an die Veröffentlichungen aus dem Hause CMV zu kommen, nach dieser Scheibe Ausschau zu halten, lohnt sich auf jeden Fall. Sehr sympathisch!