project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
Sie sind nicht angemeldet.
Der mittellose Madrilene José (Hugo Silva) beschließt eines Tages aus einer Zwangslage heraus mit seinem minderjährigen Sohn Sergio (Gabriel Àngel Delgado) und der Zufallsbekanntschaft Antonio (Mario Casas), sowie weiteren Personen in Straßenkünstler-Tarnung ein Goldgeschäft an der Puerta del Sol auszurauben. Naturgemäß geht der Überfall trotz minutiöser Planung jedoch gründlich schief und obwohl die Räuber noch mit reicher Beute fliehen können wird das bereitstehende Fluchtfahrzeug im letzten Moment von Antonios nichtsahnender Freundin verwendet, sodass dem Trio nichts anderes übrig bleibt, als mit Waffengewalt das Taxi von Manuel (Jaimoe Ordónez) samt Fahrgast zu kapern und die Flucht nach vorne anzutreten.
Während der turbulenten Flucht erfährt Manuel mehr über die Beweggründe der Räuber, die allesamt durch unglückliche Beziehungen zu dieser Verzweiflungstat getrieben wurden, entscheidet spontan sich trotz Protest des entführten Fahrgastes den Räubern anzuschließen und schafft mit gewagten Manövern auch bereits errichtete Straßensperren zu durchbrechen und die Polizei abzuschütteln. Da Sergio in dem ausgeraubten Laden jedoch dummerweise seinen Rucksack mit Schulsachen zurückgelassen hat, ist dank moderner Kommunikationstechnik die geschiedene und erzürnte Ex-Ehefrau Silvia (Macarena Gómez) hinten den Flüchtenden her, die ihrerseits von den beiden Polizeibeamten Calvo (Pepón Nieto) und Pacheco (Secun de la Rosa) verfolgt wird.
José beschließt nach Frankreich zu flüchten und kurz vor der Grenze gelangt die Truppe ausgehungert und erschöpft in die Nähe des kleinen Ortes Zugarramurdi, von dem Manuel zu berichten weiß, dass dort ein Hexenkult sein Unwesen treiben soll. Obwohl José die Befürchtungen des Mannes als Aberglauben abtut, geschehen wenig später jedoch seltsame Dinge und nach dem Besuch eines Wirtshauses von Maritxu (Terele Pavez), in dem sich die Truppe stärkt, überfährt Manuel in einem Moment der Unachtsamkeit die alte Wirtin mit den zauseligen Haaren, die mitten in der Nacht auch gar nicht an diesem Ort sein dürfte.
Wenige Minuten später ist der Leichnam der alten Frau auch von der Straße verschwunden und als die Fahrt weiter fortgesetzt wird, treffen die Gangster auf Graciana (Carmen Maura), die bereits nach ihrer verschwundenen Mutter Marixtu Ausschau hält. Diese lockt die Männer in ihr heruntergekommenes Schloss, wo sie neben der vermeintlich toten Frau auch auf Gracianas hübsche Tochter Eva (Carolina Bang) treffen, die sofort Gefallen an José findet. Doch die Ankunft der Männer an dem geschichtsträchtigen Ort ehemaliger Hexenverbrennungen ist nicht zufällig allmählich wird klar, dass die Männer mitsamt ihre Beute in der Erfüllung einer uralten Prophezeiung eine große Rolle spielen und in dem abgelegenen Ort in die Falle eines kannibalischen Hexenkultes getappt sind…
Als großer Fan von Alex de la Iglesia freut man sich ja natürlich riesig auf jeden seiner Filme und wie kaum ein anderer Regisseur steht der spanische Filmemacher für ein eigenständiges und qualitativ hochwertiges Output an Genre-Filmen, die Fans und Kritik gleichermaßen überzeugen und dabei auch noch einen enormen Unterhaltungswert besitzen. Auch „Las brujas de Zugarramurdi“, der international unter dem Titel „Witching and Bitching“ vermarktet wird, vermengt wie gewohnt wieder einmal schräge Charaktere mit einer turbulenten Geschichte und einer farbenfrohen Inszenierung, die dem Zuschauer mit einer ausgewogenen Mischung aus Witz, Action, Horror und gehörig Tempo auch kaum Zeit zum Durchatmen lässt.
„Witching und Bitching“ erinnert in seinem Plot ja schon etwas an Robert Rodriguez´ „From Dusk till Dawn“ aus dem Jahre 1996 und lässt in einem mystischen Ort namens Zugarramurdi ein paar Hexen auf Nachwuchsgangster los, die sich nach einem gründlich missglückten Raubüberfall schon bald nicht nur mit erzürnten Ex-Ehefrauen und Polizisten, sondern einer noch viel schlimmeren Bedrohung herumschlagen müssen. Die Dialog-lastige und unvorhersehbare Geschichte die eine groteske Szene an die nächste reiht ist dabei nicht nur ziemlich actionreich und wird mit einer großen Prise übernatürlichen Hexen-Horror kredenzt, sondern vor allem auch noch ziemlich amüsant und wird von Alex de la Iglesia wie in seinen Werken üblich mit viel schwarzem Humor und Situationskomik präsentiert.
Zwar erreicht „Witching und Bitching“ nicht die dramaturgische Qualität von de la Iglesias bisherigen Meisterwerk „Mad Circus“ in dem der Regisseur mit dem Konkurrenzkampf zweier ungleicher Personen um das Herz einer hübschen Frau gleich auch noch die nähere Geschichte seines Landes nachzeichnete, aber ist zu jeder Sekunde ein herrlich gut funktionierender Unterhaltungsstreifen für Menschen mit Humor, der auf jede schräge Idee immer noch eine absurdere draufzusetzen weiß und in einem wunderbar grotesken Finale gipfelt, an dem sich andere Genre-Regisseure noch eine Scheibe abschneiden könnten.
Technisch gibt es ja nicht viel zu meckern und die einzigen Mankos, die ich nach einmaliger und sicherlich nicht letzter Sichtung des Streifens feststellen konnte, sind das nicht ganz so witzig wie erwartete Drehbuch, dass sich im Mittelteil bei seinen zu zahlreichen Charakteren etwas verzettelt und die Laufzeit von knapp 114 Minuten, die vielleicht einen Ticken zu lang ausgefallen ist. Ansonsten ist der Film aber natürlich top und obwohl ich kein großer Fan von CGI bin, ist „Witching and Bitching“ auch in diesem Punkt okay. Die zahlreichen Effekte niemals der Geschichte oder den Figuren übergeordnet und auch wenn am Ende die Rechner ordentlich angeworfen wurden, fällt dieses nicht sonderlich negativ ins Gewicht.
Darstellerisch kann de la Iglesia ja auch aus dem Vollem schöpfen und der Cast ist für jeden Freund spanischer Kinokultur natürlich ein absoluten Traum: Hugo Silva kennt man aus dem letzten Almodóvar genauso wie natürlich dessen ehemalige Muse Carmen Maura, die hier als Hexe Graciana auch so richtig aufdrehen darf. De La Iglesias Lebensgefährtin Carolina Bang ist ebenfalls mit von der Partie und auch Enrique Villén, Santiago Segura und Carlos Areces aus dem Stamm-Ensemble des Regisseurs gibt es in teils ungewohnten Rollen. Die ebenfalls aus „El dia de la Bestia“ und „La Communidad“ bekannte Terele Pávez bekam 2014 für ihre Rolle als Maritxu den Goya als beste Nebendarstellerin und auch sonst gibt es noch zahlreiche weitere bekannte Gesichter zu bestaunen, die man aus allerlei anderen Filmen aus dem Land der Tapas kennt.
Auch die Blu-Ray-Disc aus dem Hause „Splendid Film“ überzeugt mit sehr guter Bild- und Tonqualität und präsentiert den ungekürzt mit einer FSK-16-Freigabe versehenen Streifen neben einer gelungenen deutschen Synchro dankenswerterweise auch im spanischen Original mit optionalen Untertiteln in Deutsch und niederländischer Sprache. Das Bonusmaterial ist jedoch etwas spärlich ausgefallen und bietet neben ein paar Trailern nur drei kleine Featurettes, in denen der Regisseur über die Geschichte seines Films, die Darsteller und dem Überfall zu Beginn erzählt. Abgerundet wird die empfehlenswerte Scheibe dann noch mit einem Wendecover ohne FSK-Freigabelogo.
Unterm Strich ist „Witching and Bitching“ genau die Art von Streifen, den man sich als Fan von dem sympathischen Regisseur erwartet und Alex de la Iglesia präsentiert dem Zuschauer auch eine hysterische, grelle, bunte, actionlastige und humorvolle Geisterbahnfahrt in die okkulte Welt der Hexen, der als temporeicher Ritt durch diverse Genres rasant beginnt, im Mittelteil etwas nachlässt und dafür beinahe schon infernalisch endet. Zwar reicht der augenzwinkernde Film nicht ganz an „Mad Circus“ heran, der ja auch gemeinhin als Alex de la Iglesias bisheriges Meisterwerk gehandelt wird, aber „Witching and Bitchting“ ist dennoch ein schwer unterhaltsamer und herrlich schräger Trip mit viel schwarzen Humor, skurrilen Charakteren und grandiosen Ideen und ein Film, den man als aufgeschlossener Genre-Freund und Fan des spanischen Kinos auch gerne in sein Herz schließt.
Offline
@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=9768
Offline