project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Die etwas schusselige und rothaarige Hexe Zora (Chantal Neuwirth) lebt mit ihren sprechenden Tieren in einer Pariser Wohnung und hat über die Jahre ihre Zauberkraft eingebüßt. Diese beschränken sich auch nur noch auf den etwas zweifelhaften Einsatz in ihrem chaotischen Haushalt und daher beschließt Zora eines Tages die Wahrsagerin Mischinka (Myriam Mézieres) zu besuchen, um mit der Hilfe der Hexenkollegin ihren ehemaligen und spurlos vom Erdboden verschwundenen Lehrmeister Krishmoon (Jean-Luc Bideau) zu finden, der die Zauberkräfte von Zora wieder auf Vordermann bringen soll.
Während der Fahrt zu Mischinka kommt es auf einer Kreuzung jedoch zu einem schicksalhaften Aufeinandertreffen und Beinahe-Autounfall der Hexe mit dem Fernsehtechniker Pierre (Eric Colin), der sich gerade auf dem Weg zur Arbeit befindet und der hübschen Marie (Bee Michelin), die eigentlich ihre Kinder abholen möchte. Nachdem Marie und Pierre die Hexe für den Beinahe-Crash verantwortlich machen, nutzt die etwas erzürnte Zora den letzten, ihr verbliebenen Zaubertrick und vertauscht Körper und Geist der Beiden und lässt die verdutzen Magie-Opfer zurück, während sie sich rasch vom Acker macht.
Den Beiden bleibt daher neben einer abgefallenen Nummerntafel als Hinweis auf die Verursacherin nichts anderes übrig, als sich mit der neuen Lage zu arrangieren und während Pierres Freundin Lucy (Danißele Gueble) relativ gut mit dem neuen Körper ihres Freundes zurechtkommt, stellt das neue Aussehen seiner Frau Marie den ohnehin sehr eifersüchtigen Gatten Marc (Jean-Francois Devaux) auf eine schwere Probe. Dennoch findet man sich mit dem Schicksal ab und nutzt die Gunst der Stunde, sich einmal am eigenen Leibe mit dem anderen Geschlecht zu beschäftigen. Damit dieser Zustand aber dennoch nicht von Dauer ist, heuern die beiden Paare nach einer Krisenbesprechung den Privatdetektiv Hector (Alain Flick) an, der mit seinem Partner Datsun (Mario D´Alba) den Aufenthaltsort von Zora herausfinden soll, damit diese rasch wieder in ihre alten Körper zurückkehren können.
Doch das ist alles andere als einfach und die Suche nach Zora führt Hector und Datsun als eine Art Schnitzeljagd in die dubiose Welt der Wahrsager, Hellseher, Hexen und Scharlatane, die sich mit allerlei Befindlichkeiten ihrer zahlenden Kundschaft herumschlagen müssen. Dennoch gelingt es den Beiden die Hexe ausfindig zu machen und während einer Kostümfeier zu stellen. Doch Zoras Zauberkraft reicht nicht mehr aus, das Geschehene rückgängig zu machen und nur noch die Magie des ins Exil verschwundenen Krishmoon kann die Beiden wieder in die richtigen Körper zu transferieren. Also bleibt der Truppe nichts anderes übrig, als sich ans Ende der Welt aufzumachen, wo bereits die nächste Überraschung auf sie wartet…
Mit seinem Streifen „Verdammt nochmal… wo bleibt die Zärtlichkeit“ bzw. seiner augenzwinkernden Mischung aus Report-Film, Sexklamotte und europäischem Autorenkino traf der französische Regisseur Patrick Schulmann den Nerv einer Generation und der episodenhafte Streifen wurde zum großen Erfolg. Ein Jahr später folgte mit „Gib mir meine Haut zurück“ dann bereits der nächste Streich, in dem abermals eine intellektuelle Betrachtung mit einer spaßigen Geschichte über vertauschte Körper kombiniert wird, die auf lustige Weise neben allerlei Geschlechter-Klischees und der daraus entstehenden Situationskomik auch Religionsgemeinschaften, Sekten, Aberglauben und die Suche nach Spiritualität und alternativer Erlösung aufs Korn nimmt.
Die Story über die chaotische Hexe Zora, die auf einer Kreuzung die Körper zweier mittelständischer Menschen vertauscht ist ja der Auftakt zu einer wunderbar skurrilen Reise in die Welt der Vorurteile und der Wahrsager, Hexen und Scharlatane, die in rasanten Tempo immer absurder wird und die illustre Runde am Ende sogar bis in die Tropen führt, wo Großmeister Krishmoon als Guru seine Sekte mit billigen Taschenspielertricks unter Kontrolle hält und sich auch über die Manipulierbarkeit seiner Anhänger lustig macht. Alles in dem spaßigen Film wird dabei mit einer unwahrscheinlichen Selbstverständlichkeit präsentiert und so amüsant durch den Kakao gezogen, so dass man Schulmann seine Geschichte gerne abnimmt und auch ein paar geschmackliche Ausreißer gerne verzeiht.
Die Gag-Dichte ist ja wie im Vorgänger und Nachfolger auch sehr hoch und die ganze Sause wird in einem hohen Tempo präsentiert und aneinander montiert, sodass man als Zuschauer ja ohnehin kaum zum Durchatmen kommt. Neben allerlei Situationskomik über gängige Vorurteile ging es Schulmann aber wohl auch darum, der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten, die sich zu der Zeit wohl Ratschläge und Lebensweisheiten in immer okkulteren Dingen und seltsamen Glaubensgemeinschaften suchte. Dabei zeigt Schulmann auch auf eine überspitze Weise, wie absurd mancherlei Dinge sind und welche Ausmaße die Suche nach Erleuchtung und Wahrheit auch so annehmen kann. Jedoch vermeidet Schulmann entgegen seinem Nachnamen einen schulmeisterlichen oder destruktiven Ton und paart leise Kritik mit viel Humor, was in diesen Dingen ja bekanntlich auch am besten funktioniert.
Technisch gibt es ja auch wieder nicht viel zu meckern und für „Rendez-moi ma peau…“ ist zwar ein typisch-französisches Produkt seiner Entstehungszeit und es stand augenscheinlich auch ein größeres Budget als beim Vorgänger zur Verfügung, welches auch für zahlreiche Locations genutzt wird. Leider ist nicht überliefert, wie das Publikum auf den Streifen reagiert hat, aber ich kann mir gut vorstellen, dass die Religionsthematik vor knapp 35 Jahren wohl wesentlich kontroverser aufgenommen wurde. Auch schauspielerisch überzeugt das Werk trotz eher unbekannter Gesichter, von denen Jean-Luc Bideau - der Phallokrat aus „Verdammt nochmal… wo bleibt die Zärtlichkeit“ wohl noch das bekannteste ist und auch der Rest des Cast agiert mit viel Spielfreude, die sich auch auf den Zuschauer überträgt.
In Zeiten von HD mag die Bildqualität der Scheibe aus dem Hause CMV-Laservision zwar nicht so ganz überzeugen und auch der Ton klingt manchmal etwas dumpf, aber für die Art und Weise von Nischenfilm geht das durchaus klar und offensichtlich wurde das Bild von einer doch etwas benutzten Kinorolle genommen, mir der eine ordentliche Portion Retro-Kino-Flair auf den heimischen Flatscreen gezaubert wird. Als Bonus gibt es neben der französischen Sprachfassung, die leider nicht untertitelt wurde auch noch drei amüsante Kurzfilme in Originalfassung zwischen 8 und 13 Minuten, die teils ohne Dialoge daherkommen, sowie die obligatorische Bildergalerie, eine Wendecover ohne FSK12-Logo und die Trailer zu Schulmanns Filmen „Verdammt nochmal… wo bleibt die Zärtlichkeit“ Teil 1 und 2.
Unterm Strich ist Patrick Schulmanns „Gib mir meine Haut zurück“ wieder ein spaßiges Vergnügen in dem menschliches Rollenverhalten und und Denkweisen sympathisch aufs Korn genommen werden und dem Zuschauer Schlag auf Schlag aberwitzige Ereignisse und Ideen präsentiert werden. Bei dem unfreiwilligen Körpertausch bleibt naturgemäß kein Auge trocken und nebenher wird auch noch die Welt der Esoterik und Glaubensgemeinschaften ein bisschen aufgemischt. Alles in allem wieder ein kurzweiliger, wie amüsanter Streifen der viel Wahrheit und treffende Beobachtungen auf unterhaltsame Weise verpackt und auch nach über drei Jahrzehnten wenig von seinem Charme verloren hat. Wer sich daher so wie ich bei „Verdammt nochmal… wo bleibt die Zärtlichkeit?“ schon herrlich amüsieren konnte, wird unter Garantie auch bei dieser ironischen Komödie voll auf seine Kosten kommen.
Beitrag geändert von jogiwan (19.May 2014 20:10:28)
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=9756
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