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geschrieben von jogiwan am 27.12.05
Ein Mädchen liegt am Bett und zeichnet mit einem Zirkel wahllos Kreise auf ein Blatt. Es ist Katja (Katya Berger), welches seit einem Unfall mit Lähmungserscheinungen mittels Korsett an ein Bett gefesselt ist. Wir erfahren von ihrer Mutter, dass Katja eigentlich schon längst wieder laufen könnte, wenn sie es nur wolle. Aber wir alle wissen ja, wie zickig Mädchen in der Pubertät sein können. Da bedarf es schon etwas Dramatischeres um ein Umdenken zu erwirken. Wenig später wäre es dann fast soweit, stolpert doch ein gewisser Mikos Stenopolis (George Eastman) ins Haus. Der ist gerade auf der Flucht vor einem weiteren Unbekannten und hat sich beim Versuch den Gartenzaun zu überqueren an den Zaunspitzen etwas den Bauch aufgeschlitzt. Dumm gelaufen sozusagen, doch er schafft es sogar noch bis in den Eingangsbereich, bevor im seine Gedärme und ein paar Innereien sehr publikumswirksam entweichen.
Im Krankenhaus versucht eine ambitioniertes Ärzteteam auch sofort die Gedärme wieder ordnungsgemäß zurecht zu räumen. Gleichzeitig findet im Operationssaal, der jedoch nicht wie einer aussieht, aber anscheinend auch eine Scheren-Inventur statt. Das schockiert sogar Mikos, der daraufhin aus der Narkose erwacht. Das kann schon mal passieren, stört aber niemanden sonderlich. Was die Ärzte noch mehr verblüfft, ist die Tatsache, dass Mikos über sensationelle Selbstheilungskräfte verfügt. Da die Schulmedizin dieses Phänomen wie üblich nicht schlüssig nicht erklären kann, muss eine Anomalie des lymphattischen Systems herhalten. Doch auch die Polizei ist ratlos, das der Verletzte weder Papiere noch sonstiges Zeug, die zu einer Identifizierung beitragen könnten, bei sich trägt. Schwester Thelma, die übrigens Single ist, brüskiert sich noch über das finstere Aussehen des Unbekannten. So was ist natürlich böse und strotzt vor Vorurteilen und bleibt auch nicht ohne Folgen. Als der erwachte Mikos sie in den Schwitzkasten nimmt, kann sie sich diese Tatsache nochmals kurz durch den Kopf gehen lassen - wenig später tut dieses ja ein Bohrer.
Mittlerweile gerät aber auch der mysteriöse Verfolger Mikos´ selbst ins Visier der Polizei. Dabei handelt es sich um einen Priester, der sich nebenbei noch mit Molekularforschung zu beschäftigen scheint. Der Zuschauer erfährt, dass es sich bei Mikos um einen Griechen handelt, der mit radioaktivem Material gearbeitet hat. Dieses hat seine Zellstruktur verändert, sodass sich rote Blutkörperchen dreimal so schnell bilden können als normal. Dadurch auch die tollen Selbstheilungskräfte, die ihn nahezu unverwundbar machen. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: dummerweise hatte das Material auch Auswirkungen auf den Geist und Mikos zu einer Killermaschine gemacht, die - nachdem sie aus dem Krankenhaus entflohen ist - nun wahllos Leute niedermetzelt. Dieses erfährt auch gleich ein Stallbediensteter, der von Mikos unter Zuhilfenahme einer Tischsäge einen neuen Mittelscheitel gezogen bekommt.
Aber Mikos Lust auf Morden ist noch lange nicht gestillt. Auf seinem Weg durch die Nacht begegnet er einer Gruppe von Mopedfahrern, von denen auch prompt einer ins Jenseits befördert wird. Kurz davor wird er noch von einem Auto gestreift, dass zufälligerweise von Katjas Vater gelenkt wird. Doch auch dieses Erlebnis verkraftet Mikos Immunsystem ohne gröbere Probleme. Später kehrt Mikos wieder zum Ausgangspunkt der Geschichte zurück: dem Haus der Familie Bennet, wo er natürlich sofort das Auto des Vaters wieder erkennt und den Laden nun ordentlich aufmischen möchte.
Katja liegt noch immer festgeschnallt im Bett, während ihr kleiner Bruder Billy lustigen Schabernack mit dem Kindermädchen Emily treibt. Die Eltern sind jedoch außer Haus. Das am Morgen ein Einbrecher seine Eingeweide im Flur verteilt hat, ist ja auch noch lange kein Grund am Abend zuhause bei den Kindern zu bleiben. Doch bald ist Schluss mit lustig, als Billy in der Küche den eingedrungenen Mikos entdeckt und ihn als "schwarzer Mann" identifiziert. Emily glaubt kein Wort macht aber wenig später die Bekanntschaft mit dem griechischen Gast oder besser gesagt, mit einer Hacke aus dessen Hand. Von alle dem bekommt natürlich weder Trotzkopf Katja bzw. die angekommene Peggy etwas mit. Diese ist eine ambitionierte, junge Ärztin mit flottem Kurzhaarschnitt und kümmerst sich ein bisschen um Katja.
Nach dem genre-üblichen Licht aus/Licht an-Spielchen bemerkt Peggy jedoch, dass etwas nicht stimmen kann. Als sie auch noch die tote Peggy samt Hacke entdeckt ist auch ordentlich Feuer am Dach. Der quengelige Billy wird kurzerhand vor die Türe gesetzt und innerhalb des Hauses kommt es zu einer spannenden Verfolgungsjagd. Leider hat Peggy gegen unseren 2-Meter-Helden keine großen Chancen und endet kurzerhand mit dem Gesicht voraus in Ofen. Die in ihrer Nachtruhe gestörte Katja hat nun aber endgültig genug und beschließt ihren bisherigen, eher teilnahmslosen Performance ein Ende zu bereiten. Sie befreit sich kurzerhand von ihrem Korsett um ihrerseits Jagd auf den Eindringling zu machen. Im großen Finale spielt auch noch ein Zirkel, ein ankommender Priester, Katjas schlechter Musikgeschmack und eine Hackebeil eine ziemlich große Rolle...
Ein Jahr bzw. 10 Filme (!!!) nach "Man-Eater" brachte Joe D´Amato einen sogenannten Nachfolgefilm auf den Markt. Allerdings hat "Antropophagus II" mit dem namensgebenden ersten Teil außer George Eastman nicht viel gemeinsam. Auf eine kannibalisitische Thematik, wie durch den Titel impliziert, wird gänzlich verzichtet. D´Amato gab auch zu, dass er diesen Titel nur deswegen verwendet hat, weil sich der erste Teil so gut verkauft hat. Während hingegen "Man-Eater" jedoch noch über zumindest ein paar stimmige Momente und zumindest sympathische Schauspieler verfügte, ist "Antropophagus II" ein Rohrkrepierer in jeglicher Hinsicht. Die Story (für das Drehbuch zeichnet sich George Eastman mit einem weiteren Synonym verantwortlich) wirkt von vorn bis hinten lieblos zusammengeschustert, sämtliche Charaktere wirken konstruiert und können leider in keinerlei Hinsicht überzeugen. Auch die technische Umsetzung wirkt genauso wie die lieblosen Sets - gelinde gesagt - bestenfalls durchschnittlich. Das über den Film überhaupt gesprochen wird, ist der Tatsache zu verdanken, dass Joe D´Amato wieder einmal auf ein paar grausige Tötungsmethoden zurückgegriffen hat, die - ausgiebig zelebriert - der Zensur wieder einmal ordentlich ein Dorn im Auge war. Aber wie macht man eine Sache besonders interessant? Klar, man verbietet es.
Von der schauspielerischen Seite betrachtet bietet der Film, trotz einem mordlüsternen George Eastman mit extrem irren Blick und stylischen Schuhwerk - wie bereits erwähnt - über keinerlei sonstige Höhepunkte. Bis auf Annie Belle als Emily wurde auch auf bekannte Gesichter aus anderen Italo-Exploitation-Streifen mit Wiedererkennungswert für den Genre-Freund leider verzichtet. Frau Belle hatte ein Jahr zuvor einen Auftritt in Deodatos "house on the edge of the park". Es scheint, als wäre schauspielerisches Talent beim Casting ohnehin nicht sonderlich großgeschrieben worden. Die Eltern von Katja wirken dermaßen eindimensional, dass man eigentlich darüber lachen könnte. Von der Nervensäge Billy mal ganz abgesehen - dem wünscht man ja gerne eine mordlüsterne Bestie an den Hals. Und so blieb "Antropophagus II" für die meisten Darsteller zu unserem Glück auch einer der wenigen Ausflüge in die (versuchte) Schauspielerei.
Die DVD aus dem Hause Astro, die auf dem Cover als weltweit längste Fassung angepriesen wird, bringt den Film im deutschen Ton mit einigen neu eingefügten Szenen, die über deutsche Untertitel und eine saumäßig-schlechte Bildqualität verfügen. Wirklich besser oder atmosphärisch dichter machen sie den Film jedoch auch nicht. Generell ist das Bild sehr farblos geraten, was aber irgendwie auch dem lieblosen Charakter und der Atmosphäre des ganzen Films entspricht. Über den selbstgebastelten Trailer verliere ich jetzt mal besser kein Wort. Als Highlight der Scheibe kann daher zweifelsohne die halbstündige Dokumentation über das filmische Schaffen Joe D´Amatos gesehen werden, welche zahlreiche Szenen aus seinen Filmen, unter anderem auch seinen Hardcore-Produktionen versammelt. Dabei wurde anscheinend vorwiegend auf Material zurückgegriffen, dass der deutschen Zensur zum Opfer fiel, wie z.B. eine Tiersex-Szene bzw. die berüchtigte Snuff-Szene aus "Emmanuel in Amerika" aus dem Jahre 1976. Dabei ist auch zu sehen, wie D´Amato begann, Mitte der 70er Jahre, Horror-Elemente in seine Softerotik-Filme einzubauen. Als diese Szenen nach Abschwellen der Horrorwelle jedoch kommerziell nicht mehr verwertbar waren, wandte er sich wieder der Erotik zu, bis er letztendlich komplett im Hardcore-Bereich endete. Auch wenn der Sprecher im Off vermutlich ein großer Fan des umtriebigen Regisseurs ist, so ist sein Enthusiasmus jedoch für den Zuschauer nur zu erahnen. Die Antwort auf die wichtigste Frage, was der beim Einsprechen des Kommentars wohl geraucht hat, die bleibt jedoch leider ungeklärt...
So bleibt zu sagen, dass "Antropophagus II" wohl einer der langweiligsten und uninspiritesten Beiträge zum Horror-Genre aus dieser Zeit darstellt. Dass es D´Amato wesentlich besser kann, hat er jedoch bei einigen seiner Vorgängerfilmen unter Beweis gestellt. Okay, von ambitioniert oder innovativ sind die Werke von D´Amato ohnehin weit entfernt. Wäre "Antropophagus II" mein erster D´Amato gewesen, hätte ich wohl auf die Sichtung weitere Filme gerne verzichtet. Angesichts solcher billig-abgedrehter Streifen verwundert es dann nicht, dass der Ruf D´Amatos innerhalb der Horrorfilm-begeisterten Kreisen nicht unbedingt der Beste ist. Da die Scheibe jedoch zum halbwegs moderaten Preis in diversen Veröffentlichungen erhältlich ist, kann man ja ruhig einmal ein Auge riskieren.
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