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geschrieben von jogiwan am 27.12.05
Ausnahmsweise beginne ich mein Review mal nicht mit einer Inhaltsangabe in eigenen Worten, sondern mit der damaligen Empfehlung des Film-Verleihs:
Der Film „Man-Eater (Der Menschenfresser)“ enthält extrem starke und nervenbelastende Szenen, die bei sensiblen Zuschauern zu gesundheitlichen Belastungen führen könnten. Wir bitten deshalb nachstehend genannte Personen unbedingt auf den Besuch des Filmes zu verzichten:
Herzkranke, Kreislaufschwache, Magenkranke, Schwangere sowie Personen die unter Schlaflosigkeit leiden und Jugendliche unter 18 Jahren. Dies ist kein Werbegag sondern eine ernst gemeinte Warnung, die sie nach dem Besuch des Filmes bestätigen werden! Der Film „Man-Eater (Der Menschenfresser)“ ist so entsetzlich, dass sie ihn in ihrem Leben nicht mehr vergessen werden!
Ein glückliches Pärchen schlendert mit einem gelben Seesack bewaffnet durch die engen Gassen einer griechischen Stadt. Es wird ein kleines Boot geentert und die beiden Frischverliebten rudern auf einen einsamen Strand, wo ein kleines Hündchen nach ihrer Ankunft auch nicht mehr von ihrer Seite weicht. Während der Mann sich die wohl größten Walkman-Kopfhörer aller Zeiten auf die Löffel knallt, möchte das Mädchen aber noch eine Runde schwimmen. Doch keine Sorge, es handelt es sich hierbei nicht um einen Film D´Amatos aus seiner späteren Schaffensphase und bevor es zu harmonisch werden könnte ist von dem Mädel auch nur noch eine Blutspur im Wasser übrig, das Hündchen ergreift die Flucht und der Typ bekommt eine Hacke im Gesicht...
Szenenwechsel: eine kleine Gruppe von Touristen, bestehend aus Carol (Zora Kerova), Daniel (Mark Bodin) sowie dem Pärchen Arnold (Bob Larsen) und die hochschwangere Mary (Serena Grandi) trifft während einer Bergfahrt auf Julie (Tisa Farrow), welche gerade unterwegs auf eine kleine, griechische Insel ist. Dort soll sie der 15jährigen Tochter einer englischen Familie Sprachunterricht erteilen. Arnold ist leider etwas ungeschickt und zerstört die Kamera von Julie. Doch im Zeitalter von Versicherungen natürlich alles kein Problem. Als sie erfährt, dass die Truppe ebenfalls ein ähnliches Ziel hat und ein Boot besitzen, bittet sie auf eine bestimmte Insel mitgenommen zu werden.
Auf dem Boot kommt es jedoch gleich zu den ersten kleinen Turbulenzen, als sich Daniel mit dem allseits beliebten "magst du eine Cola"-Spruch an Julie heranmacht und Carol, die eigentlich mit dem Draufgänger liiert ist, dementsprechend eifersüchtig reagiert. Doch Carol hat eher Interesse an dem Medizinstudenten Andy und lässt sich von ihm ein bisserl die Navigation des Bootes erklären. Um sich die Zeit ein bisserl zu vertreiben legt Carol wenig später der schwangeren Mary die Tarotkarten. Dummerweise sagen diese Karten zu diesem Zeitpunkt etwas voraus, das der geneigte Zuschauer natürlich schon längst ahnt: der Trip steht unter keinem guten Stern. Und auf die Frage nach Marys Zukunft geben die Karten bereits keine Antwort mehr. Wenig später entsorgt Carol mit besorgtem Blick ihre Karten ins Meer. Wohl deswegen, weil sie zu diesem Zeitpunkt bereits weiß, dass sie diese wohl in Kürze ohnehin nicht mehr benötigen wird.
Bald ist die entsprechende Insel zu sehen. Anstatt Julie einfach abzusetzen entscheidet die Truppe ebenfalls anzulegen und einige Zeit auf der Insel zu verbringen. Mary verstaucht sich den Knöchel und bleibt mit dem Schiffsjungen Jakob zurück. Bald bemerken die restlichen, dass keine Boote im Hafen zu sehen sind. Das keine Inselbewohner zu sehen sind und auch der örtliche Telegraph im Postamt zerstört ist, kann unsere wackeren Helden jedoch nicht erschüttern. Daniel und Carol suchen an einem anderen Platz im Ort und entdecken in einer Wohnung eine Frau. Als sie die Wohnung betreten ist die dunkel gekleidete Frau verschwunden, doch sie hat an einem Fenster eine wenig-gastfreundliche Nachricht für die Ankömmlinge hinterlassen. Als dann auch noch eine angeknabberte Leiche gefunden wird, liegen die Nerven bei Carol blank.
Die Truppe will zurück zu Mary aufs Boot. Doch dieses ist mittlerweile ausgelaufen und von Mary und den Schiffsjungen fehlt jede Spur. Da jedoch Sturmwarnung gegeben wurden und der bereits am aufziehen ist, beschließen die Zurückgebliebenen erst mal sich in dem Haus von Julies verschwundenen Freunden einzuquartieren. Carol teilt den anderen mit, dass es ein tödlicher Fehler war, an dieser abgelegenen Insel anzulegen. Und da zu diesem Zeitpunkt bereits ein finsterer Geselle ums Haus schleicht, scheint sie auch recht zu haben. Nachts wird Julie durch Klaviergeräusche geweckt. Sie beschließt genre-üblich nur mit einer Kerze bewaffnet im Keller nachzusehen, während die anderen friedvoll weiterschlummern. Schon bald findet sich jedoch auch Daniel im Keller ein, vermutlich jedoch mit anderen Hintergedanken. Wenig später entdecken die Beiden auch den Grund für die nächtliche Störung. Es ist ein kleines Kätzchen, dass achtlos auf die Tastatur geworfen wurde. Und noch etwas wird entdeckt. Henriette (Margaret Mazzantini), die blinde Tochter von Julies Freunden, die sich in einem Weinfass (!!!) versteckt hat und nun vermutliche betrunken mit einem Messer auf Daniel los geht und ihn am Rücken verletzt. Henriette steht unter Schock, ist halb tot vor Angst und erzählt verstört eine düstere Geschichte von einem bösen Mann, der nach Blut riecht und alle Dorfbewohner geholt hat. Aber wer glaubt schon einer alkoholkranken Minderjährigen...
Während Arnold und Andy im Dorf nach einer Apotheke suchen um Andys Wunde zu versorgen, ist sich dieser neuerlich nicht zu schade und baggert Julie mit billigen Sprüchen an. Carol entdeckt die beiden und schmeißt Julie diverse Nettigkeiten an den Kopf, bevor sie wutentbrannt aus dem Haus läuft. Julie nimmt die Verfolgung auf, wird jedoch im örtlichen Friedhof eingesperrt. Doch sie kann fliehen und trifft auf ihrem Rückweg auf Arnold und Andy. Zu dritt beschließen sie zum Haus zurückzukehren. Dort hat sich mittlerweile jedoch auch der unheimliche Mann zutritt verschafft und geht sorgt dafür, dass die Medikamente für Andys Wunde schlussendlich umsonst geholt wurden.
Am nächsten Tag verlässt der dezimierte und eingeschüchterte Trupp die Wohnung und sucht Carol, die noch immer verschwunden ist. Sie entdecken die luxuriöse Villa der Familie Karamanlis und beschließen dort nachzusehen. Und tatsächlich, sie finden Carol und die dunkel gekleidete Dame aus dem Ort, diese jedoch baumelnd an einem Strick. Durch ein Tagebuch kommt Julie der ganzen Geschichte auf die Spur. Der Besitzer der Villa, Nikos Karamanlis (George Eastman) hatte vor einiger Zeit mit seiner Familie einen Bootsunfall. Nach ein paar Tagen auf offener See wurde er zum Kannibalen, hautkrank und nebenbei verrückt. Jetzt macht er Jagd auf alles Menschliche auf der Insel und vor nichts und niemanden halt. Währendessen macht sich Arnold auf die Suche nach seiner Mary und findet diese auch tatsächlich in den Katakomben, die sich auf der Insel befinden. Leider endet der kleine Höhlenausflug mit einem ungewollten Schwangerschaftsabbruch bzw. einer der berühmt-berüchtigsten Szene der italienischen Trashfilm-Ära. Immer mehr Leichen werden entdeckt und auch auf Carol wartet ein wahrhaft einschneidendes Erlebnis. Für die Verbliebenen beginnt ein Wettlauf mit dem Tod, den nicht alle überleben werden...
Auf "Man-Eater" hab ich ja persönlich ziemlich lange warten müssen, da ich nicht auf eine gekürzte bzw. überteuerte Version zurückgreifen wollte. Dementsprechend war meine Erwartungshaltung im Vorfeld auch ziemlich hoch. Zum Glück hat die österreichische Firma NSM das Teil im Dezember 2005 nun in einer exklusiven Österreich-Edtion zum moderaten Preis und einigen Extras aufgelegt, sodass ich endlich in den Genuss den Filmes kommen konnte. Und meinen Erwartungen entsprechend wurde ich auch nicht enttäuscht. "Antropophagus" ist ein herrlich-trashiges Italo-Filmchen, wie es sich der geneigte Fulci- und D´Amato-Fan nur wünschen kann. Im Grunde dialog-lastig (weniger wohlwollende Personen würden dieses als langweilig bezeichnen), mit mittelmässigen - aber sympathischen - Schauspielern und unlogischer Story billig in Szene gesetzter Achtziger-Schmodder. Kurzum, ein Film zum Liebhaben.
Seit seinem Kinostart war "Man-Eater" auch immer wieder Ziel weltweiter Zensur und so existieren neben der italienischer Version auch noch eine in Dialog und Gore-Szenen gekürzte, sowie im soundtrack-geänderte, amerikanische Fassung des Films, die auch immer wieder als Master für diverse Veröffentlichungen hergenommen wird. In Deutschland wurden jedoch nicht nur die Video- und DVD-Veröffentlichungen beschlagnahmt, sondern - man höre und staune - auch die damalige Kinoversion. Mittlerweile sind die internationalen Veröffentlichungen so zahlreich wie die Synonyme D´Amatos, wobei man sich vor dem Kauf wohl doch genauer über die jeweilige VÖ informieren sollte.
D´Amatos Hauptaugenmerk lag ja immer auf einer billigen Produktionsweise und so wurde Film mit Ausnahme der in Athen gedrehten Anfangsszenen auch fast zur Gänze in Italien realisiert. Auch das Fischerdorf befindet sich nicht auf einer griechischen Inseln, sondern in einer italienischen Küstenregion. Bei der Suche der Locations wurde jedenfalls ganze Arbeit geleistet. Angeblich handelt es sich bei "Man-Eater" um eine der billigsten Produktionen, die D´Amato jemals abgeliefert hat. Nebenbei war dieses noch der erste Film, den er für seine eigene Produktionsfirma Filmirage abgedreht hat. Bei seinem damaligen Kinostart war "Man-Eater" für damalige Verhältnisse auch eher ein Flop. International war der Film jedoch sehr erfolgreich war, was wohl auch der Grund war, warum kurz danach eine Fortsetzung, abermals mit George Eastman gedreht wurde, die mit dem Original, abgesehen von ein paar weiteren Geschmacklosigkeiten, nichts gemeinsam hat. Apropos: die wohl berühmteste Szene des Films, in dem Mikos der schwangeren Mary den Fötus samt Gebärmutter rausreisst und danach herzhaft hineinbeisst, zählt wohl wirklich zu den geschmacklosesten Szenen, die jemals das Licht der Kinoleinwand erblicken durfte und machen den Film unvergessen. Realisiert wurde die Szene damals angeblich mit einem gehäuteten Kaninchen. D´Amato wollte die Kinobesucher schockieren und das ist ihm bei dem damaligen Kinostart 1981 wohl auch ausreichend gelungen.
Nun zu den Darstellern: In der Hauptrolle als Julie glänzt die sympathische Tisa Farrow, die am 22. Juli 1951 geborene Schwester der ungleich berühmteren Mia Farrow. Ihre erste Rolle spielte sie 1970 in einer amerikanischen Produktion. Nebenbei hat sie auch noch einen Kurzauftritt gemeinsam mit ihrer Schwester in Woody Allens "Manhattan". Später ging sie der Liebe wegen nach Italien, wo sie zwei Filmrollen in allseits einschlägig bekannten Filmen übernahm. Einerseits in Lucio Fulcis "Woodoo - Schreckensinsel der Zombies" im Jahre 1979 und eben "Man-Eater", wobei gesagt werden muss, dass sie wohl eine der wenigen Schauspielerinnen ist, die in zwei italienischen Splatterwerken lebend davonkommen durfte. Ein Schicksal, dass ihrer polnischen Filmkollegin Zora Kerova (in der Rolle als Carol) nicht ereilt hat. Diese hatte ja sowohl in "New York Ripper", "Man-Eater" als auch in "Cannibal Ferox" mehr als drastische Abgänge. Leider waren die beiden Ausflüge in das italienische Exploitations-Cinema wenig von Erfolg gekrönt, sodass sie sich Tisa Farrow kurz danach aus dem Film-Business zurückzog. Heute ist sie angeblich als Krankenschwester im amerikanischen Bundesstaat Vermont tätig.
Bei den weiteren (weitgehend unbekannten) Schauspielern sticht neben Farrow und Kerova eigentlich nur noch George Eastman heraus, der in der Rolle des wahnsinnig-gewordenen Nikos Karamalis eine gute Figur abgibt. Eastman wurde 1942 in Genua unter dem Namen Luigi Montefiori geboren und wurde durch seine imposante Erscheinung, Bart und irren Blick oft als Bösewicht für diverse Filme gecastet. Der gute Herr ist stattliche 2, 04 Meter groß, was für einen Italiener doch mehr als außergewöhnlich erscheint. Seine Karriere begann er wie erwähnt als Darsteller von Bösewichten in diversen italienischen Spaghetti-Western, sowie diversen Fantasiefilmen. Nebenbei war Eastman auch als Drehbuchschreiber sehr aktiv und zeichnet sich für zahlreiche Drehbücher für Kino- und TV-Produktionen verantwortlich. Berühmt wurde Eastman aber wohl durch seine zahlreichen Kooperationen mit Joe D´Amato, mit dem ihm auch eine persönlich Freundschaft verband. Auch wenn er rückwirkend nicht mehr so gut auf diese Schaffensphase zu sprechen ist, so übernahm er nicht nur zahlreiche Rollen, sondern schrieb mit ihm gemeinsam auch die Drehbücher wie zum Beispiel "Man-Eater" und "Antropophagus II" und zahlreichen weiteren Filmen. Mittlerweile ist es zwar schauspielerisch etwas ruhiger geworden, als Drehbuchautor ist er aber noch immer für italienische TV-Sender tätig. Unbestätigten Gerüchten soll Eastmann mittlerweile mit dem Erotik-Starlett und ehemaligen Aushängeschild D´Amatos, Laura Gemser ("Black Emanuelle") verheiratet sein.
Die hübsche Veröffentlichung von dem österreichischen Label NSM bringt den Exploitations-Kracher auf Doppel-DVD in einer schönen Steelbox und einem 32-seitigen Booklet, dass Bilder von Kinoaushang-Fotos und internationalen Filmplakate beinhaltet. Weiters noch eine kurze Inhaltsangabe und ein Fazit, welche jedoch seltsame Stil-Blüten und Rechtschreibfehler beinhaltet. Diesen Text hätte sich wohl besser jemand vorher nochmals durchlesen... Als Highlight der VÖ ist sicherlich der äußerst informative und humorvolle Audiokommentar von Björn Thiele und Udo Schubert, den beiden Betreibern der deutschen, inoffiziellen Antropophagus-Fanpage (http://d-udo.de/antropophagus/frameset.html ), die auch jeden Fan des Films und solche die es noch werden wollen, uneingeschränkt ans Herz zu legen ist. Auf dieser Seite findet sich wohl so ziemlich jede relevante Info über diesen Film, ein Forum sowie diverse Links. Den Film selbst gibts in Deutsch und Englisch, leider-leider jedoch nicht in der italienischen Original-Version. Ich bin zwar kein Bild- und Ton-Experte, allerdings empfinde ich beides als sehr gut. Auch die Szenen, die im Dunkeln spielen, verfügen immer noch über eine ausreichende Schärfe, sodass man Details erkennen kann. Ausserdem darf man nicht vergessen, dass es sich um keine Hochglanzproduktion handelt. Einige Szenen wurden jedoch nie für den deutschen Raum synchronisiert, sodass diese im O-Ton eingefügt wurden. Bei diesen Szenen muss man jedoch die Untertitel selbst hinzuschalten.
Die Bonus-Disk bietet einige Trailer, dem US-Vorspann, Infos, sowie einige Bonus-Szenen. Die erweiterte Szene, dauert entweder nur knapp 1 Sekunde oder hat auf meinem Player nicht richtig funktioniert. Dann gibt’s noch eine Bildergalerie, sowie als absolute Besonderheit die deutsche Super-8-Variante. Vor dem Zeitalter der Videokassette war es ja üblich, Filme als Super-8-Filmrollen auf den Markt zu werfen. Den Älteren von uns ist dieses System vielleicht noch von diversen Schul-Lehr-Filmchen bekannt sein. Berühmt war das Medium jedoch eher für ähm.. Erwachsenenfilme. Dabei wurden die Filme zumeist zweigeteilt und in jeweils 25-Minuten-Blöcke, was der Länge einer Filmrolle entsprach, aufgeteilt. Die Super-8-Variante ist somit die in Dialog-Szenen gekürzte und auf ca. 50-Minuten zusammengeschnittene und zweigeteilte Variante des Films im nostalgisch-blassen Vollbild-Format mit jeder Menge Bildfehler, welches das ganze noch eine Spur schmuddeliger daher kommen lässt. Alles in allem jedenfalls, abgesehen von kleineren Schönheitsfehlern, sehr schöne VÖ dieses umstrittenen Filmes von Joe D´Amato und somit für jeden Italo-Trashfan uneingeschränkt empfehlenswert.
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