project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Der Streifen „Zeitgeist – der Film“ des amerikanischen Regisseurs und Verschwörungstheoretiker Peter Joseph aus dem Jahre 2007 ist eine auf Krawall gebürstete und ziemlich reißerische und für den amerikanischen Markt zugeschnittene Dokumentation, die sich das Christentum, das Bankensystem und den CIA als Feind außerkoren hat und für diese in einer undifferenzierten Sichtweise auch nur Spott und Häme übrig hat und letztendlich zur Erkenntnis kommt, das die Verdummung der Menschheit durch Politik, Medien und sonstige Institutionen bewusst gefördert wird um leichter lenkbar zu sein.
In Form eines Dokumentarfilms bietet der Streifen dann zwar keine bahnbrechend neuen Erkenntnisse über die Welt in der wir leben - dafür aber einen eher kruden Mix aus tendenziös aufbereiteten Wahrheiten, Halbwahrheiten, Verschwörungstheorien und spöttischen Kommentaren, der mit seinen grundfalschen Mitteln und dem Deckmantel einer vermeintlicher Aufklärung auch nie das angepeilte Publikum erreichen wird, sondern auch noch den Eindruck vermittelt, als wäre der Großteil der westlichen Welt mittlerweile ohnehin nicht mehr fähig, sich eine eigene Meinung über gesellschaftliche Entwicklungen und Institutionen zu bilden.
Dennoch traf der gratis zur Verfügung gestellte Internet-Streifen den Nerv seines angepeilten Zielpublikums und avancierte trotz weitgehender Negierung der Medien und eher negativer Rezeption zu einem der erfolgreichsten für das Internet produzierten Streifen, der auf der IMDB auch eine User-Bewertung hat, von dem andere Streifen nur träumen können. Daher ist es auch wenig verwunderlich, dass Regisseur Peter Joseph, der sich auch hinter einem Pseudonym versteckt, ein Jahr später einen weiteren Streifen mit dem Titel „Zeitgeist II - Addendum“ (Addendum = Nachtrag, Ergänzung) produzierte, der das bereits im Vorgänger behandelte Thema Finanz und gesellschaftliche Entwicklung neuerlich aufgreift und tiefergehender behandelt.
„Zeitgeist II - Addendum“ ist dann auch weit weniger spöttisch und reißerisch wie sein Vorgänger und verzichtet weitgehend auf tendenziöse Bildermontagen in Kombination mit unpassender Musikuntermalung, die ich teils unerträglich fand. Die Herangehensweise an die komplexe Materie wirkt in dem Streifen auch wesentlich sachlicher, obwohl auch diese Doku von einer ausgewogenen Berichterstattung weit entfernt ist und bietet sogar so etwas wie alternative Denk- und Lösungsansätze, die es sich teils zwar sehr einfach machen, aber in der Gesamtheit zumindest weniger ärgerlich als in „Zeitgeist – Der Film“ ausgefallen sind.
Im ersten Teil des Streifens widmet sich Peter Joseph dem amerikanischen Bankenwesen und der Erschaffung von neuen Geld durch Kredite und zeigt auf, dass Geld verliehen und somit in Rechnung gestellt wird, welches tatsächlich gar nicht existiert und so neben stetig steigender Inflation auch nur unter bestimmten Voraussetzungen aufrecht erhalten werden kann und neben wenigen Gewinnern natürlich noch viel mehr Verlierer kennt. Eine auch auf Europa übertragbare Situation, die dem Europäer in der Vergangenheit auch durch die Vorgänge in Griechenland und Spanien sehr eindringlich vor Augen geführt wurde.
Darauf aufbauend erzählt im zweiten Teil der Aufdecker John Perkins über seine Rolle als „Economic Hitman“, eine vom CIA angeheuerte Privatperson, die in wirtschaftlich lukrative Länder geschickt werden um mit Lobbyismus und Korruption bestimmte gesellschaftliche und wirtschaftliche Änderungen zu erreichen. So werden Länder bewusst in Schulden gestürzt um so eine Art moderner Lohnsklaverei zu errichten, in denen es den ausgebeuteten Menschen erst gar nicht klar wird, welche Rolle sie in diesem perfiden Spiel der Globalisierung spielen. Erläutert werden seine bisweilen schauerlichen Thesen dabei von Praxisbeispielen aus der Vergangenheit bzw. Ländern wie Panama, Ecuador, Venezuela und anderen Rohstoff-reichen Ländern, in denen teils dubiose und nicht näher geklärte Aktionen Vorgänge eingeleitet haben, bei denen vor allem der amerikanische Staat oder staatsnahe Betriebe profitiert haben.
Im dritten Teil erläutert der amerikanische Autor und Sozial-Architekt Jacque Fresco über seine Vision einer „resourcenbasierten“ Gesellschaft, in denen die Fortschritte der Technologie die Menschheit zu einer besseren und nachhaltigeren Gesellschaft verhelfen sollen, in der nicht der Profit im Vordergrund steht, sondern das friedliche Miteinander mit Augenmerkt auf ein größtmögliches Gleichgewicht. Seiner Sichtweise wird jedoch nicht widersprochen, obwohl ich als Zuschauer bei dem Gedanken an eine vollkommen technisierte und technisch durchorganisierte Welt ohne menschliche Fehleranfälligkeit, wie sie von Frecso in Gedanken entworfen wird, schon so meine berechtigten Zweifel habe.
Als Abschluss erfährt der geneigte Zuschauer dann noch etwas pauschaliert und in Kurzform zusammengefasst, was in unserer Gesellschaft so alles falsch läuft und welche Mittel tagtäglich von Politik und sonstige Institutionen aufgewendet werden, damit die scheinbar vollkommen verkehrte Welt, wie wir sie größtenteils kennen, aufrecht erhalten und die Bürger unterdrückt werden können. Außerdem werden Lösungsansätze für Amerikaner präsentiert, die entweder nicht einer gewissen Komik entbehren oder altbekannte Tatsachen präsentieren, wie im täglichen Leben auf Nachhaltigkeit oder alternative Energieformen zu achten, mit offenen Augen durchs Leben zu gehen und nicht blindlings allen Informationen zu vertrauen, mit denen wir tagtäglich konfrontiert werden.
Alles schön und gut und dennoch macht es sich der Streifen auch etwas einfach, wenn es darum geht, menschliche Gier als gemeinsamer Nenner für alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verfehlungen zu präsentieren. Sicherlich stimmt das zu einem überwiegenden Teil und dennoch gibt es noch genug andere Faktoren, die mitentscheidend sind und bei denen sich auch jeder Einzelne an der Nase nehmen kann, wenn in heutigen Zeiten einfach von allen Seiten suggeriert wird, dass Konsum und Reichtum das einzige Ziel im Leben sein soll und dieses mit neuesten Smartphones, Markenklamotten, Fernreisen und dicken Autos tagtäglich so gelebt wird.
Unerwähnt bleibt auch die Tatsache, dass sich jeder, der diesen Streifen sei es im Internet oder auf DVD ansehen kann, ja sowieso zu den Gewinnern des angeprangerten Systems zählt, auch wenn hier der Eindruck entstehen soll, dass dieses natürlich nicht der Fall ist und wir alle in der Falle stecken. Neben den durchaus richtigen und wichtigen Informationen, die aufrütteln und nachdenklich stimmen sollen, haben sich aber auch hier wieder zahlreiche schräge Informationen eingeschlichen, die im Verlauf der Doku eingestreut werden und unkommentiert und unreflektiert bleiben, was abermals dazu führt, dass nach den etwas lang erscheinenden, zwei Stunden doch auch ein schaler Nachgeschmack zurückbleibt.
Optisch ist der für das Internet produzierte Streifen im Vergleich zum Vorgänger wesentlich unspektakulärer, was dem Streifen aber sehr zugute kommt. Statt greller Bild-Montagen und Informations-Reizüberflutung legt „Zeitgeist II – Addendum“ mehr Wert auf längere Interview-Passagen, in denen die Gesprächspartner wie John Perkins, Roxanne Meadows und Jacque Fresco auch ausführlich über ihre Sichtweise und Erlebnisse referieren können und statt zahlreiche Themen schnellstmöglich und breit im Akkord abzuhandeln, wird dieses Mal auch wesentlich mehr in die Tiefe gegangen. Untermalt wird das Ganze dann noch mit simplen Info-Grafiken und Bildern aus dem Netz, die jedoch nicht sonderlich anspruchsvoll gezaubert sind.
CMV-Laservision bringt die „Fortsetzung des provokativen Zeitdokuments“ wie schon den Vorgänger als Info-Programm gem. § 14 JuSchG wahlweise im englischen Originalton samt optionaler Untertiteln bzw. mit deutschem Voice-Over-Kommentar. Die Bild- und Tonqualität ist angesichts des Inhalts auch eher nebensächlich und spielen für eine Bewertung auch keine Rolle. Neben einem Wendecover und dem Trailer zum Film, gibt es als Bonus noch den Trailer zum Vorgänger und Nachfolger, sowie weiteren Filmen aus dem Programm des Berliner Labels.
Obwohl „Zeitgeist II – Addendum“ zwar weit besser als sein bisweilen haarsträubender und ärgerlicher Vorgänger ist, kann ich mich so gar nicht mit dieser Art von tendenziöser Berichterstattung und einseitiger Darstellung anfreunden. So wichtig die Botschaft auch sein mag – die Umsetzung ist leider ziemlich daneben und so sehr das Internet auch dafür geeignet sein mag, korrupte Machenschaften und Lügen der Medien und Medien aufzudecken – so ist es leider auch Sammelbecken für verschrobene Geister und Verschwörungsfanatiker, die hinter jeder noch so kleinen Begebenheit sofort böse Energien wittern und indirekt den Rest der Menschheit für fremdbestimmt und einfältig erklären.
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=9617
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