project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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In einem abgelegenen Waldstück erwacht eines Nachts ein Mann (Rio Dewanto), der halb vergraben wurde und keine Ahnung hat, wie er in diese missliche Lage gekommen ist. Nachdem der Mann eine Zeit lang verstört durch die dunklen Wälder irrt, gelangt er zu einer hell erleuchteten und verlassenen Hütte, wo jemand eine grausige Videobotschaft für den Mann hinterlassen hat, der laut Personalausweis auf den Namen John Evans hört. Auf dem Band wird vor den Augen des schockierten Mannes eine schwangere Frau von einem Maskierten brutal ermordet, die sich als seine Frau entpuppt und deren Leichnam sich ebenfalls in der Hütte befindet.
Als der unbekannte Killer auch John bedroht, flüchtet er weiter und gelangt an eine andere Hütte, in der er wenig später von dem Killer fast bei lebendigen Leibe verbrannt wird. Dennoch kann sich John neuerlich flüchten und durch ein Foto erfährt er auch, dass er noch zwei weitere Kinder hat, die sich offensichtlich noch in der Nähe befinden. Die Beiden haben sich auch im Unterholz versteckt und suchen ebenfalls nach ihrem Vater. Um diese zu finden kehrt der kampfbereite Mann zurück und mit einer Machete bewaffnet sucht er die Konfrontation, wobei die Motive des Killers weiter im Dunkeln bleiben…
In der Kiste der doppelbödigen Thriller haben sich ja schon einige, auch sehr hochrangige Regisseure versucht und sind dabei eher gescheitert und auch der indonesische Horrorthriller „Modus Anomali“ ist ein Beispiel dafür, dass eine interessante und spannende Ausgangsidee nicht zwangsläufig zu einem rundum gelungenen Ergebnis führen muss. Was sich ja anhand der Inhaltsangabe und auf dem Cover ja noch ganz vielversprechend ankündigt, kann in der ersten Stunde ja nicht wirklich überzeugen und statt Spannung und Terrorfeeling, gibt es ein eher dröges Verfolgungs-Szenario, dass – wie der aufmerksame Zuschauer aber schon längst ahnt - in der letzten halben Stunde dann genüsslich demontiert wird.
Der durchaus grimmige und teils auch brutale Streifen beginnt ja wie ein handfester Backwood-Slasher ohne jeglicher Einleitung, dafür mit einem Paukenschlag und der durchaus sympathische Titelheld wird von einem unbekannten Killer durch die dunklen Wälder gehetzt. Dieser scheint dem schockierten und erinnerungslosen Mann dabei auch in Punkto Gewaltbereitschaft immer einen Schritt voraus und scheut auch vor keiner Brutalität zurück. Die Geschichte entwickelt sich im großen und ganzen recht unvorhersehbar und dennoch krankt der Psychothriller an seiner etwas trägen und oberflächlichen Inszenierung, bei der dem Zuschauer – der Geschichte geschuldet - nur sehr wenig über seine Figuren verraten wird, was sich aber dahingehend rächst, dass einem das Geschehen auf der Leinwand auch größtenteils egal ist.
Nach der ersten Stunde kommt es dann ja wie angekündigt zu einem groben Plottwist, der hier natürlich nicht verraten wird und dann auch die vorangegangene Spielzeit in einem gänzlich neuen Licht erscheinen lässt. Dennoch verzettelt sich Regisseur Joko Anwar in seinem vierten Spielfilm etwas zu sehr auf den unterschiedlichen (Zeit-)Ebenen seiner Geschichte und schafft es aufgrund erwähnten Charakterzeichnung, unglaubwürdiger Ereignisse und etwas holpriger Inszenierung ohne jeglicher oder erklärender Rückblenden danach auch nicht gänzlich, dass der Zuschauer die Puzzle-Stücke zusammensetzen mag.
Anwar hat offensichtlich große Freude daran, eine Stunde lang ein bestimmtes Szenario zu entwickeln um dieses dann im Finale grundlegend anders darzustellen und auch das Verhältnis der Protagonisten zueinander ist dabei nicht immer wie es auf den ersten Blick scheint. Dennoch startet der Streifen meines Erachtens einfach viel zu träge und krankt neben dem komischen Verhalten seiner Darsteller auch daran, dass in der ersten Stunde außer Herumirren in einer düsteren Waldlandschaft auch nicht viel passiert. Dabei rumpelt es ganz ordentlich im Drehbuch und der Wechsel von Ich-Perspektive und herkömmlicher Inszenierung dient leider hauptsächlich dazu der lahmen Sause noch rasch ein paar sogenannte „Jump-Scares“ zu verpassen. Sich mit einem Scheinwerfer vor einem Killer zu verstecken ist wohl ebenso sinnvoll, wie in einer derartigen Situation ein Handy zurückzulassen, einen Leichnam in einem beleuchteten Raum nicht zu entdecken und erst irgendwann mal in seinen Hosentaschen nachzuschauen, ob sich da vielleicht etwas Hilfreiches finden lassen könnte.
Wie erwähnt, ergibt dann zwar alles irgendwie einen Sinn und für jede noch so seltsame Szene gibt es eine logische Erklärung und dennoch schafft es der indonesische Regisseur und bekennende David-Lynch-Fan nicht, den Zuschauer auf Dauer seines Streifens entsprechend bei Laune zu halten und torpediert auch mehrfach etwaige Erwartungen. „Modus Anomli“ wäre ja eigentlich einer der Filme, die man sich im Anschluss gleich nochmals anschauen müsste und dennoch erscheint die Lust dazu nicht gerade groß, da der Streifen doch etliche Längen entwickelt und sich vor allem die erste Halbzeit als etwas quälende Angelegenheit entwickelt, die zwar mit der zweiten Halbzeit wieder etwas relativiert wird, aber dennoch arg verbesserungswürdig erscheinen.
„Modus Anomali“ ist dann wie „The Raid“ sehr augenscheinlich auch für den internationalen Markt konzipiert und bietet neben englischen Rollennamen ein Wald-Settting, dass extra für den Film geschaffen würde, weil derartige Vegetation im Entstehungsland nicht zu finden wäre. Das wirkt dann auch recht gelungen und sieht man den 2012 entstandenen Streifen würde man wohl niemals ahnen, dass dieser mit relativ geringem Budget in Thailand und Indonesien entstanden ist. Trotzdem ist es etwas schade, dass man in der Indie-Produktion nicht mehr auf Lokalkolorit gesetzt hat und so ein doch etwas austauschbares Setting erzielt hat.
Die DVD aus dem Hause Mad Dimension bringt den Horrorthriller ungekürzt und mit FSK18-Freigabe in guter Qualität und der englischen Originalversion und einer passablen deutschen Sychro. Neben einem Wendecover ohne Plakette gibt es auch noch den Trailer, sowie ein etwas seltsames Interview mit dem Regisseur Joko Anwar, dass augenscheinlich mit einem Simultan-Übersetzter stattgefunden hat und in dem Anwar etwas seltsames Zeugs von sich gibt und das in Punkto Untertitel, gesprochenes Wort und Ton nicht ganz zusammenpasst.
Unterm Strich bleibt ein passabler, aber nicht gänzlich geglückter Psycho-Horrorthriller über die Abgründe der menschlichen Seele in Form einer etwas langatmigen Schnitzeljagd durch ein Waldstück, dass jedoch in seiner Auflösung doch auch arg konstruiert wirkt. Zwar ergibt der Streifen in seinem Kontext durchaus Sinn und auch der Plottwist scheint gelungen, aber das dämliche Verhalten der Figuren und die lahme erste Stunde, in der uns Regisseur Anwar sprichwörtlich an der Nase herumführt, trüben das Gesamtbild doch maßgeblich. Irgendwie wird man auch das Gefühl nicht los, dass mit der originellen Grundidee und einem anderen Aufbau der Geschichte dann auch wesentlich mehr möglich gewesen wäre.
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=9338
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