project: equinoX Forum

Bei den Dreharbeiten zu dem erotischen Film „Scenes Intimes“ wird die weibliche Regisseurin Jeanne (Anne Parillaud) mit allerlei Hindernissen konfrontiert. Nicht nur, dass die sommerliche Szene bei frostigen Temperaturen gedreht werden soll und weder Licht, noch Statisten so tun, wie es die Beteiligten hinter der Kamera gerne hätten, auch die beiden Hauptdarsteller (Gregoire Colin & Roxane Mesquida) agieren wenig kooperativ und die Regisseurin hat alle Hände voll zu tun, alle Beteiligten bei Laune zu halten. Als dann auch noch Regen einsetzt ist das nur der logische Abschluss eines nicht ganz gelungenen Drehtages.

Wenig später gibt es Innendrehs und der Kontrollfreak Jeanne lässt sich trotz eingegipsten Fußes nicht davon abhalten, alle Requisiten selbst zu kontrollieren, die Leutchen hinter der Kamera auf trapp zu halten und mit ihrem getreuen Assistenten mögliche Varianten durch zu besprechen. Dennoch ist trotz angenehmerer Temperaturen im Studio das Verhältnis der beiden Hauptdarsteller noch immer frostig und abgesehen von geringer Wertschätzung untereinander fühlen sich diese auch von der tyrannischen Jeanne schlecht behandelt fühlen, sind auch die Ergebnisse der erotischen Drehs noch immer nicht wie gewünscht.

Die Penis-Prothese rüttelt am Ego des Hauptdarstellers und auch dessen Partnerin pocht auf ihren Vertrag, der eigentlich keine Nacktszenen vorsieht. Dennoch kämpft die Regisseurin wie ein Raubtier um ihr Projekt, räumt gewitzt mit weiblichen Charme und Eloquenz auch alle Hürden aus dem Weg und bewältigt trotz teils chaotischer Umstände alle Unzulänglichkeiten. Als es aber um den Dreh einer Schlüsselszene von „Scenes Intimes“ geht, werden alle Beteiligten nochmals gefordert, ihr Bestes zu geben um die hohen Erwartungen der Regisseurin zufriedenzustellen...

In meinem Text zu dem Streifen „Meine Schwester – Ihr erstes Mal“ habe ich ja geschrieben, dass es etwas schade ist, dass auf der Scheibe von Pierrot Le Fou kein Bonusmaterial auf der Scheibe zu finden ist, da bei dem kontroversen Werk ein Zusatzmaterial bzw. nähere Erläuterungen der Regisseurin Catherine Breillat ja durchaus interessant gewesen wären. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich aber noch nicht, dass man mit dem semi-dokumentarischen Spielfilm „Sex is Comedy“ ja quasi eine Art „Making-of“ präsentiert bekommt, in dem es um die Entstehung eines erotischen Streifens geht.

Und dieses Werk ist auch recht unschwer als „Meine Schwester“ zu erkennen und beschreibt auch mit Strand- und Entjungferungsszene wohl zwei Abschnitte im Film, deren Entstehung allen Beteiligten wohl auch einiges abgefordert hat. Breillats Alter-Ego Jeanne hat in „Sex is Comedy“ auch alle Hände voll zu tun und Probleme mit Statisten, unerwarteten Gezeiten und schlechtem Wetter, sowie egozentrischen Darstellern, die einerseits umgarnt und verhätschelt werden wollen und auf der anderen Seite auch zu Höchstleistungen angetrieben werden sollen, sind ja nur einige Dinge, mit denen sich Regisseurin und ihr getreuer Assistent auseinandersetzten müssen.

Dabei erfährt der Zuschauer auch mehr über die Figuren des vorangegangenen Streifens und wie Breillat bzw. die Regisseurin sie gerne in ihrem Film positioniert hätte. Allerdings ist bei „Sex is Comedy“ der Name nicht Programm und eine Komödie sollte man sich bei der eher dokumentarisch-angehauchten Persiflage trotz einer humorvoller Momente nicht erwarten. Viel eher ist der Streifen eine Art Bestandsaufnahme der täglichen Herausforderungen an einen Regisseur, die sich durch die Arbeit ergeben und bei dem sich gerade die erotischen Szenen als Minenfelder entpuppen, die höchstes Fingerspitzengefühl erfordern um nicht hölzern oder unglaubwürdig zu wirken und auch nicht die Darsteller bloßzustellen.

Als eigenständiger Film funktioniert der episodenhafte „Sex is Comedy“ aber dann aber bei aller Liebe zu Breillats sonstigen Werken eher bedingt und mit Kenntnis von „Meiner Schwester“ ist der Film auch sicherlich interessanter ausgefallen als ohne. Ein Spannungsbogen ist ja nicht wirklich auszumachen und eine großartige Geschichte im herkömmlichen Sinn wird ebenfalls nicht erzählt. Viel eher ist der Streifen ein Zeugnis von den Schwierigkeiten des Filmemachers, der jedoch bis auf die Regisseurin und ihrem getreu ergebenen Assistenten fast alle in einem etwas schlechten Licht darstellen lässt.

Fast etwas  zu auffällig ist dabei die fast schon abfällige Art und Weise, wie das Alter-Ego von Breillat mit den Darstellern umgeht, die als egozentrische, selbstverliebte und überschätze Schauspieler präsentiert werden, die von der Regisseurin auch erst durch mehr oder weniger subtile Manipulation und Überredungskunst fähig sind, das gewünschte Ergebnis abzuliefern. Die Regisseurin hingegen ist stets etwas zu ruhig und besonnen, lässt sich weder von Widrigkeiten, mangelnden Talent, noch körperlicher Verletzungen entmutigen und hält so auch als „Mutti für alles“ stets alle Fäden zusammen um das Projekt letztendlich gut über die Bühne zu bringen.

Dennoch ist „Sex is Comedy“ mit unaufgeregter Erzählweise über weite Strecken durchaus systemerhaltend ausgefallen und bietet einen Einblick in die Welt des Filmemachens, dass manchmal auch großartige Momente beinhaltet, wenn Breillat von der Totale zweier Gesichter, die ein intimes Gespräch führen, die Szene als inszeniert an einem Set voller Menschen entlarvt. Das sind dann auch die Momente die zeigen, was eigentlich möglich gewesen wäre, wenn Breillat eine neutralere Sichtweise gewählt hätte, die nicht das hauptsächliche Augenmerk auf die Figur des eigenen Alter-Egos gelegt hätte.

Diese wird auch von Anne Parillaud, die man seit ihrem Erfolg in „Nikita“ auch in viel zu wenigen Produktionen wie z.B. den französischen Thriller „Home Invasion – Der Feind in meinem Haus“ gesehen hat. Ihre fast schon mütterliche Darstellung hat mir jedenfalls sehr gut gefallen und trägt den Streifen auch über weite Strecken. Die restlichen Figuren sind ja eher nicht so positiv gezeichnet, auch wenn die von mir sehr geschätzte Roxane Mesquida wie immer bezaubernd ist. Abgesehen von Gregoire Colin als männlicher Darsteller setzt sich der Rest des Casts dann auch Laien zusammen, die ansonsten auch hinter der Kamera agieren.

Die DVD aus dem Hause Pierrot Le Fou bringt das mit einer FSK16-Freigabe versehene  Werk aus dem Jahre 2001 in guter Qualität mit französischen und deutschen Ton, wobei hier außer ein paar Trailer zu weiteren Filmen aus der französischen Erotikdrama-Küche kein weiteres Bonusmaterial zu finden ist. Und so bleibt letzten Endes ein doch etwas zwiespältiger Eindruck, der ohne vorrangegangener Sichtung von „Meine Schwester“ wohl noch etwas schlechter ausgefallen wäre. Als eigenständiger Film ist Catherine Breillats (Selbst-)Portrait einer getriebenen Filmemacherin dann wohl etwas zu episodenhaft und unspektakulär ausgefallen - im Doppel mit dem Vorgängerfilm ist die Film-im-Film-Szenerie aber durchaus interessant ausgefallen und Fans der Regisseurin kommen bei dem persönlichen Werk sicher ebenfalls auf ihre Kosten.