project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Der junge Kaplan Don Giorgio (Maurizio Bonuglia) ist aufgrund seiner lockeren Art nicht nur bei den Schulkindern seines Klosters beliebt, sondern verdreht mit seinen attraktiven Äußeren auch der Frauenwelt gehörig den Kopf. So unterhält der Seelsorger und Musiklehrer auch Beziehungen mit der Medizinerin Orchidea (Bedy Moratti), der Gattin des Architekten Aristide, der sich der Renovierung des Konvents verschrieben hat, sowie auch deren besten Freundin Giulia (Eva Czemerys), die von dem jungen Geistlichen nicht genug bekommen kann und den Mann drängt, seinen Berufung als Priester aufzugeben.
Als sich Don Giorgio nicht nur zunehmend dem Druck der Öffentlichkeit und dem Klatsch der Leute ausgesetzt sieht, sondern auch von seinem beiden Affären in der Öffentlichkeit zunehmend bedrängt wird, versucht der Mann seinen Glauben mit Selbstgeißelung wieder zu festigen und beendet kurze Zeit später seine Beziehung zu Orchidea. Diese reagiert fassungslos und versucht den Kaplan wieder für sich zu gewinnen und als er auch die Affäre mit Julia lösen möchte, setzt diese den Mann ganz unverhohlen unter Druck.
Wenig später wird Don Giorgio während dem Orgelspiel in der Kirche mit einem spitzen Gegenstand ermordet und die Tat von dem jungen Waisen Ferruccio (Arturo Trina) beobachtet, der sich darüber jedoch ausschweigt. Niemand im Kloster kann sich so recht erklären, warum der gütige Seelsorger ermordet und der Ermittler Boito (Renzo Montagnani) und seine Männer verdächtigen auch rasch den Hausbesorger Anselmo (Adolfo Belleti), der bereits einige Jahre im Zuchthause verbracht hat und in Untersuchungshaft genommen wird, obwohl er seine Unschuld beteuert.
Im Zuge der Ermittlungen präsentieren sich Boito von fremdgehenden Frauen, gehörnten Ehemännern und zugeknöpften Nonnen auch zahlreiche Tatverdächtige, die allesamt ein Motiv haben und für die fragliche Tatnacht jedoch kein Alibi vorweisen können. An der charismatischen Orchidea hat Boito jedoch erhöhtes Interesse und der Ermittler verliebt sich in die Frau, die ebenfalls Interesse an dem forschen Polizisten erkundet. Während sich die beiden näher kommen, geschieht jedoch ein weiterer Mord im Umfeld der hübschen Frau, die ihre Unschuld ebenfalls nicht beweisen kann…
Mit seinem einzigen Werk „Die Waffe, die Stunde, das Motiv“ hat Regisseur Francesco Mazzei einen Streifen abgeliefert, der zwar allgemein unter dem Titel „Giallo“ gelistet wird, aber der im Verlauf seiner Handlung auch noch andere Genres wie „Nunploitation“ und Drama streift und sich auch in anderer Weise von üblichen Giallo-Strickmustern abhebt. Leider jedoch für mein Empfinden nicht in unbedingt positiver Weise und anstatt eine übliche „Whodunnit“-Geschichte zu erzählen und im hübschen Ambiente zu schmissiger Musik den Verdacht geschickt von einer Person auf die andere zu lenken, lässt der Regisseur den Zuschauer weitgehend etwas zu sehr im Dunkeln tappen.
Statt der etwas konstruiert-wirkenden Kriminalgeschichte, die sich mit dem ersten Mord auch recht lange Zeit lässt, stehen auch eher die dramatischen Figuren und ein Szenario im Vordergrund, dass man durchaus als religionskritisch bezeichnen könnte und symptomatisch für seine Entstehungszeit gilt, in der Autoritäten zunehmend moralisch hinterfragt wurden. Das Kloster und die geistlichen Figuren werden ja als durchaus seltsame Wesen präsentiert, die sich fleischlichen Genüssen hingeben oder sich selbst auf blutige Weise kasteien. Letztere Szenen passen dann auch irgendwie nicht so recht zu einem Werk aus der Giallo-Kiste und irgendwie wirkt „Die Stunde, die Waffe, das Motiv“ auch stets wie eine etwas unglücklicher Genre-Mixtur, die nie so recht weiß, was es denn eigentlich sein möchte.
Der ganze Streifen ist dann auch eher systemerhaltend ausgefallen und richtige Begeisterung wollte sich bei meiner Sichtung auch nicht wirklich ausgefallen. Zwar ist „Die Stunde, die Waffe, das Motiv“ nicht unbedingt schlecht ausgefallen, aber das Genre und auch die Drama-Kiste bieten doch dutzende Vertreter, die allesamt besser ausgefallen sind, auch wenn es nach untenhin auch noch viel Luft gibt. Irgendwie fehlt aber der Charme vergleichbarer Werke und die lahme Erzählweise, die unspektakulären Setting, das Fehlen von bekannten Gesichtern und der spärliche Einsatz von Musik machen Mazzeis Streifen dann auch eher zu einem Werk für fortgeschrittene Italo-Fans, während Giallo-Neueinsteiger so wohl eher weniger dem gelben Virus erliegen werden.
In der Hauptrolle agiert Renzo Montagnani als Kommissar und Sympathieträger, der trotz etwas enger und nicht immer funktionaler Kleidung stets eine recht gute Figur abgibt. Auch Bedy Moratti mit ihren großen und traurigen Augen ist in ihrer tragischen Rolle recht glaubwürdig und Claudia Gravy sorgt trotz Nonnentracht für den erotischen Aufputz. Das bekannteste Gesicht ist aber sicherlich Maurizio Bonuglia als Don Giorgio, der mit „Der schwarze Tag des Widders“ und „The Perfume of the Lady in Black“ aber in zwei Gialli mitgespielt hat, die allesamt wesentlich besser ausgefallen sind und dennoch hierzulande noch nicht auf DVD veröffentlicht wurden.
Die Bildqualität im Rahmen der „Koch Media Giallo Collection“ ist ebenfalls eher nicht so prickelnd, wirkt farblos mit leichtem Rotbraun-Stich und lässt sich wohl am besten mit dem Prädikat „Grindhouse“ beschreiben. Die deutsche Sychnro, die wohl von einer DDR-Ausstrahlung herrührt ist recht passabel und wer sich „L’arma, l’ora, Il movente“ lieber im Original anschauen möchte, hat samt optionaler Untertiteln in Deutsch auch die Möglichkeit dazu. Abgerundet wird der mit einer FSK-18-Freigabe auch viel zu hoch versehene Silberling mit einem elfminütigen Interview mit Nebendarsteller Salvatore Puntillo (und nicht dem am Cover angegebenen Francesco Mazzei) und einem Poster mit einem längeren Text von „Amer“-Regisseuren Héléne Cattet und Bruno Forzani.
Unterm Strich ist „Die Waffe, die Stunde, das Motiv“ ein eher durchschnittlicher Giallo und durchwachsenes Vergnügen, das im Vergleich zu den beiden anderen Filmen der Box auch der schwächste Vertreter der hier präsentierten Dreierpackung darstellt. Mit seiner Mischung aus Krimi und arthousigem Drama, sowie Anleihen beim „Nunpolitation“-Genre und Satire hat Francesco Mazzei auch meinen Geschmack nicht gänzlich getroffen und der Charme von sonstigen Genre-Highlights ist hier auch nur beschränkt vorhanden. Zwar muss man mittlerweile über jede neue Giallo-VÖ dankbar sein muss, aber für den Auftakt einer hoffentlich noch zahlreich fortgesetzt werdenden Reihe ist der etwas behäbige Gialli dann sicher nicht die perfekte Wahl.
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=9279
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