project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Nach einer durchzechten Partynacht landet der Schüler Stebbi (Thor Kristjansson) mit einer Anklage wegen schwerer Körperverletzung in der Ausnüchterungszelle einer Polizeistation in Rejklavik. Wieder entlassen trifft Stebbin vor der Station ausgerechnet auf seinem Jugendfreund Tóti (Jóhannes Haukur Jóhannesson), der in den letzten Jahren zu einer lokalen Größe im Suchtgiftgeschäft aufgestiegen ist und dem verdutzen Schüler seine Hilfe anbietet, falls sich dieser seinerseits bereit erklärt, ihm einen Gefallen zu tun.
Die wenig erfreuliche Aussicht auf eine mehrjährige Haftstrafe lassen Stebbi in den zweifelhaften Deal einwilligen und er macht sich für Tóti in einer heruntergekommenen Wohnung auf die Suche nach Drogen, die bei einer Hausdurchsuchung nicht gefunden wurden. Stebbi findet auch tatsächlich das Zeugs, nachdem er die halbe Wohnung auseinandergenommen hat und wird wenig später von einem Gangster gestellt, der ebenfalls hinter dem Suchtgift im Wert von mehreren Millionen her ist. Es kommt zu einem Zweikampf, in dem Stebbi in Todesangst auf seinen Gegner einprügelt und verletzt.
Tóti ist von den gewalttätigen Ambitionen überrascht und beschließt seinen Kumpel zum Partner zu machen und stellt ihn seinen Geschäftspartnern vor. Dieser wird in den darauffolgenden Wochen in die Welt der Drogendealer eingeführt und erfährt zwischen Dauerparty, Drogenkonsum und neu erlangten Reichtum, dass der Markt von zwei Größen geteilt wird, die sich jedoch gegenseitig in Ruhe lassen, während auch der Polizei das steigenden Suchtgiftproblem der Stadt nicht verborgen bleibt.
Diese stillschweigende Übereinkunft ändert sich, als eines Tages der brutale Bruno (Damon Younger) auf der Bildfläsche erscheint, der sich zum Ziel gemacht hat, den Drogenmarkt der Insel gewaltsam an sich zu reißen und dabei Tóti als Partner an seiner Seite haben möchte. Doch Bruno hat nicht nur kriminelle Ambitionen, sondern ist ein Psychopath, der selbst vor sehr drastischen Mitteln nicht zurückschreckt und sein Ziel mit seiner Unberechenbarkeit auch rasch umsetzen kann. Doch dabei bleibt es nicht und Bruno plant immer größere Aktionen, die auch Stebbi immer weiter in die Kriminalität driften lassen…
Die Verlockungen des schnellen Geldes durch Drogendeals auf junge Menschen und die Konsequenzen daraus, sind wohl Themen, die im hohen Norden auf erhöhtes Interesse stoßen. Und so kommt nach dem schwedischen Thriller-Drama „Easy Money – Spür die Angst“ nun mit dem isländischen Beitrag „Black’s Game“ bereits der nächste und auch ähnliche Streifen, in dem ein junger Schüler dem Rausch von Party, Drogen und dem schnellen Geld erliegt und daraufhin zwischen die Fronten bzw. in Teufels Küche gerät.
Bereits das Cover verheißt dem Zuschauer eine rasante Mischung aus „Trainspotting“ und „Goodfellas“ und das trifft es dann auch ganz gut, da der isländisches Streifen mit seiner Inszenierung und hedonistischen Party-Marathon teils an Danny Boyles „Trainspotting“ erinnert, während er inhaltlich auch an Martin Scorseses Aufstieg und Fall eines Kriminellen angelehnt ist, das jedoch auf synthetische Drogen adaptiert wurde. Der von Nicolas Winding Refn („Drive“) mitproduzierte Streifen bietet dann auch temporeiche Hochglanz-Action, brutale Bilder und einen monoton-wummernden Soundtrack, der auch gut zur Handlung passt.
Dennoch ist in dem durchaus stylishen Werk nicht alles gelungen und der Streifen krankt vor allem etwas daran, dass seine Figuren insgesamt gar so unsympathisch ausgefallen sind. Steppi mit seinen gewaltbereiten Tendenzen und Suchtproblem ist ja nicht gerade der ideale Sympathieträger für ein packendes Werk und auch bei den anderen Figuren wird keine Möglichkeit ausgelassen, diese als brutal oder psychopathisch darzustellen, die sich bei Gelegenheit alles reinpfeifen, was an Drogen und sonstigen Dingen verfügbar ist. Auch die bemüht authentisch wirkende Handlung wirkt doch etwas konstruiert, auch wenn der Schriftstellers der literarischen Vorlage Stefán Máni im Bonusmaterial der Scheibe behauptet, dass es sich dabei sogar noch um abgemilderte Version von realen Begebenheiten handelt, die in ihrer ursprünglichen Form „zu unglaubwürdig“ daherkommen würden.
Technisch gibt es an dem Werk ja eigentlich auch nicht viel zu bemängeln und Regisseur Òskar Thór Axelsson beweist in seinem Langfilm-Debüt, dass er seine Hausaufgaben im Vorfeld durchaus gemacht hat. Zwar lässt der Streifen handfeste Action eher vermissen und geht auch eher in Richtung Milieu-Drama, aber die teils tristen und düsteren Bilder und auch die nicht ganz geradlinige Erzählweise des Streifens fand ich durchaus gelungen, auch wenn ich persönlich den etwas zu monoton wummernden Soundtrack abseits der isländischen Elektropopper „GusGus“ und ihrem End-Neunziger-Hit „Ladyshave“ nicht ganz stimmig fand.
Darstellerisch ist „Black’s Game – Kaltes Land“ aber sicherlich top und die Darsteller agieren auch recht passabel. Thor Kristjansson ist in seiner ambivalenten Rolle als Stebbi recht glaubwürdig, auch wenn man ihm den Wandel von Slacker zum Kriminellen nicht ganz abnimmt. Johannes Haukur Johannesson als selbstverliebter Tóti ist mindestens so gruselig wie Damon Younger, der auch im Bonusmaterial den absoluten Psycho gibt. Maira Birtas Rolle der hedonistischen Dagný hingegen bleibt wie auch der Rest der Rollen eher blass und krankt daran, dass der Film psychologisch eher an der Oberfläche bleibt.
Die Blu-Ray-Disc aus dem Hause Koch bringt den Streifen in guter Bild- und Tonqualität und für Freunde von nordischen Sprachen hat man auch den isländischen Originalton samt optionaler Untertiteln auf die Scheibe gepackt. Das Bonusmaterial ist jedoch weniger ergiebig und bringt ein „Making-of“ in Form eines Werbeclips und seltsamerweise zwei kurze Interviews mit Darstellern, deren Szene es gar nicht in den fertigen Film geschafft hat. Auch bei der Cover-Gestaltung hat man sich nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert und präsentiert den Streifen fälschlicherweise als Werk des Regisseurs von „Drive“, der hier jedoch nur als Produzent aufscheint.
Unterm Strich bleibt ein nicht uninteressantes Drogen-Drama, das aber für meinen Geschmack zu sehr an der Oberfläche bleibt und das Geschehen auch etwas zu einseitig und plakativ präsentiert. Für Action-Fans wird das Werk auch zu nordisch unterkühlt sein und statt nachvollziehbarer Ereignisse gibt es eine Story, die zunehmend auf die Spitze getrieben wird und in einem unausgegorenen Finale gipfelt, bei dem schon die Glaubwürdigkeit auf der Strecke bleibt. Alles in allem ein Streifen mit guten Darstellern, schönen Bildern und isländischen Lokalkolorit aufweist, aber letzten Endes aufgrund seines Inhalts doch nur mittelprächtig ausgefallen ist.
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=9171
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