project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Da der schüchterne Claudio (Enrico Silvestrin) nach Meinung seiner lesbischen Schwester Francesca (Lucia Virgilio) zu wenig Eigeninitiative zeigt, besorgt die resolute Frau ihrem Bruder an Silvester über einen schwulen Chat kurzerhand ein Date mit dem jungen Adelchi (Lorenzo Balducci), der für diesen Abend in seiner Wohnung eine kleine Party vorbereitet hat. Dieser hat keine Ahnung, dass eigentlich Francesca hinter den stundenlangen Gesprächen steckt und muss sich während seinen Vorbereitungen auch noch mit seiner chaotischen Schwester Silvia (Daniela Virgilio) abärgern, die sich bei ihm einquartiert hat, nachdem sie wieder einmal von ihrem Freund verlassen wurde.
Das erste Zusammentreffen von Claudio und Adelchi ist trotz gegenseitiger Sympathie daher auch etwas unterkühlt, und als sich auch noch herausstellt, dass dessen Begleitung Mara (Elisa Di Eusanio) bereits seit Jugendtagen in die hübsche Silvia verknallt ist, beginnt diese sofort wieder mit sehr forschen Annäherungsversuchen, die Silvia gänzlich überfordern und der allgemeinen Stimmung nicht gerade zuträglich sind. Durch die Ankunft von Adelchis schwuchteligen Freund und Eventmanager Marco (Diego Longobardi) und dessen umtriebigen Freund Nico (Luca Dorigo), der sich sogleich mit den gleichzeitig eintreffenden Francesca und dessen Tussi-Freundin Marina (Micol Azzurro) in die Haare gerät, spitzt sich die Lage wenig später noch weiter zu.
Trotzdem reißen sich schlussendlich alle zusammen und feiern gemeinsam mit Alkohol und guter Laune ins neue Jahr und aus Claudio und Adelchi wird genauso ein Paar, wie aus Mara und Silvia, die zwar nicht lesbisch ist, aber trotzdem die erhöhte Aufmerksamkeit ihrer Freundin genießt. Monate später ist die Situation aber noch immer nicht harmonisch, da Adelchi und Marco auf ihre Partner chronisch – und leider auch berechtigt - eifersüchtig sind, sich Silvia von der besitzergreifenden Mara trennt und auch Franciscas Freundin Marina nicht mehr bereit ist, sich von ihrer dominanten Freundin alles vorzuschreiben.
Und so sind Freud und Leid bei den acht sehr unterschiedlichen Männern und Frauen weiterhin ständige Begleiter und während sich Adelchi und Claudio immer wieder zusammenraufen und gemeinsam Höhen und Tiefen überstehen, trennt sich der emotionale Marco von seinem umtriebigen Freund und kommt dennoch nicht von ihm los. Silvia verliebt sich neuerlich in den falschen Mann und auch bei Francisca bahnt sich eine Überraschung an, die schon bald das Leben aller Beteiligten nachhaltig beeinflusst…
Filme mit homosexuellen Menschen als Mittelpunkt haben ja oftmals ein zentrales Problem: sind sie zu harmlos und Klischee-lastig, stoßen sie auf Kritik bei der Community, sind sie hingegen zu realitätsnah und freizügig, verschrecken sie hingegen das interessierte Hetero-Publikum und stoßen somit wiederum ebenfalls auf Kritik von Seiten der homosexuellen Menschen. Und während mit schwulen und lesbischen Charakteren gerne mal einen Film aufpeppt wird, so sehr hat es beim Mainstream leider den oftmals gegenteiligen Effekt, wenn ein Regisseur versucht, das Leben der Beteiligten allzu authentisch einzufangen.
Auch bei „Good as you“ des italienischen Regisseurs Mariano Lamberti wird der heterosexuelle Mainstream wohl wieder einmal das Problem haben, dass der Film mit seiner überzeichneten Darstellung des homosexuellen Lifestyles inklusive Drogenkonsum und wahllosen Geschlechtsverkehr eher Befremden auslösen wird, während die stark überzeichneten Figuren mangels Identifikationspotential auch in der Community auf Kritik stoßen könnten. Ganz schafft es das für die große Leinwand adaptierte Theaterstück auch nicht den Spagat zwischen allen Klippen und so bleibt unterm Strich ein leider doch etwas seltsamer Streifen zurück, der mich persönlich nicht ganz überzeugt hat.
Der temporeiche Geschichte, in der Männer triebgesteuert und die Frauen durchgehend als boshaft oder manipulativ dargestellt werden, fehlt es irgendwie an Herzlichkeit und der Versuch alle Figuren gleichermaßen in den Fokus zu rücken geht leider etwas zu Lasten einer tiefergehenden Charakterisierung, die eine derartige Story aber dringend notwendig hätte. Die ständigen Streitereien der unterschiedlichen Charaktere und der inflationäre Gebrauch von komischen Zufällen sorgen außerdem nicht für eine erhöhte Glaubwürdigkeit.
Lambertis lobenswerter Versuch dem Publikum eine alternative Familienform zu präsentieren scheitert ja leider auch etwas an der mangelnden Ernsthaftigkeit der Handlung, die mit Themen wie AIDS, künstlicher Befruchtung und partnerschaftlicher Treue recht sorglos umzugehen scheint und auch seine Figuren größtenteils als zutiefst egoistische Wesen präsentiert. Kaum eine der Figuren scheint bei seinem Handeln an seinen Partner oder andere Menschen zu denken, was homosexuelle Menschen wieder einmal als spaßorientiere Spezies präsentiert, denen der nächste Fick und Kick wichtiger ist, als zwischenmenschliche Beziehungen oder Verantwortung.
Den angesprochenen und vielleicht auch nur meinen Befindlichkeiten entspringenden Mängel zum Trotz lief der Streifen aber offensichtlich sehr erfolgreich und war laut Angaben des Labels auch der schwule Überraschungshit des italienischen Kinos im Jahre 2012. Der Streifen war anscheinend sogar so erfolgreich, dass sich die rechtskatholische Gruppierung „Militia Christi“ dazu bemüßigt fühlte, öffentlich zu Protesten gegen den Film aufzurufen, der ihrer Meinung nach ungesunde Lebens- und Beziehungsformen zu sehr propagieren würde. Die Macher des Filmes werden über diese Art der Gratiswerbung sicherlich dankbar gewesen sein.
Technisch und darstellerisch gibt es aber nicht viel zu meckern. Die bunte und überdrehte Optik passt und auch die Darsteller machen ihre Sache recht gut. Enrico Silvestrin überzeugt als schüchterner Claudio, genauso wie Lorenzo Balducci als pedantischer Adelchi, während Diniela Virgilio („Last House in the Woods“) eher vergeblich gegen ihre etwas nervig gestaltete und undankbare Rolle ankämpft. Auch bei Lucia Mascino als „Francisco“ gibt es imho kleinere Glaubwürdigkeitsprobleme, während mir Elisa Di Eusania als impulsives Energie- und Nervenbündel Mara wiederum gut gefallen hat. Eine kleine, aber nicht unwitzige Überraschung hat das Drehbuch hingegen für die hübsche Micol Azzurro vorgesehen, die mich ständig an Fergie von den „Black Eyed Peas“ erinnert hat.
Die DVD aus dem Hause CMV-Laservision präsentiert den Streifen guter Bild- und Tonqualität und im italienischen Original mit optionalen, deutschen Untertiteln, die auch gut zu lesen sind. Der Bonusbereich ist hingegen eher etwas schmal ausgefallen und bietet lediglich den Original-Trailer, sowie eine längere Bildergalerie. Abgerundet wird das Komödienpaket noch mit einem stimmigen Cover, sowie Trailern zu anderen Filmen aus der Gay- und Dramatik-Ecke des durchwegs empfehlenswerten Label-Programms.
Unterm Strich bleibt bei „Good as you – Alle Farben der Liebe“ jedoch leider ein leicht mittelprächtiger Eindruck zurück, bei dem die lobenswerte Idee der glaubwürdigen Präsentation von alternativen Lebens- und Beziehungsformen etwas an den überzeichneten Charakteren und teils haarsträubenden Ereignissen scheitert. Der ganze Film wirkt etwas überfrachtet und ob die ganze Sache auf Theaterbühnen besser funzt ist natürlich schwer zu beurteilen. In der vorliegenden Form bleibt Lambertinis beschwingte Feel-Good-Komödie trotz guter Ansätze hinter seinen eigentlichen Möglichkeiten zurück und ein bisschen weniger Radau, weniger Klamauk und mehr Feingefühl bei den durchaus ernsten Themen hätten bei dem ansonsten unterhaltsamen Streifen jedenfalls nicht geschadet.
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8943
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