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In Zeiten der sexuellen Revolution der Sechziger Jahre ist der Kolumnist Carlo Conti der Star seiner Tageszeitung, in der er seine frivolen Geschichten veröffentlicht, die dem Alltag entnommen scheinen und die er gemeinsam mit seiner hübschen Freundin Gina in seiner Wohnung in der Via Ero(t)ica Nr. 6 verfasst. Leider ist Carlo aber nicht nur begabt, sondern auch schrecklich faul und anstatt das Bett zu verlassen, lässt er sich lieber von seinem Umfeld zu lustigen Geschichten inspirieren, in denen neben Sex und nackten Tatsachen auch die Moral eine große Rolle spielen.
Als er eines Tages von der Redakteurin Marga ein Angebot erhält weitere Geschichten für die „Neue Lebenswoche“ zu schreiben, scheint das auch der Ausweg aus seinem finanziellen Schlamassel zu sein, in dem die beiden Verliebten schon seit geraumer Zeit stecken. Dennoch kann sich Carlo nicht wirklich zur Arbeit motivieren und denkt sich im Bett weitere Geschichten über jungfräuliche Fotografen, liebestolle Gerüstbauer, anzügliche Verwechslungs-Szenarien und eifersüchtige Privatdetektive aus, die von Gina schriftlich festgehalten werden.
Doch nicht überall stoßen seine Geschichten auf Gegenliebe und auch bei der schreibenden Konkurrenz sind die blumigen Artikel über alltäglichen Sex nicht unbedingt gern gesehen. Doch Carlo lässt sich auch kritischen Stimmen nicht beirren und während er sich weitere Kurzgeschichten ausdenkt und Gina tippt, fallen noch und nach weitere Besucher in die Wohnung ein, die ihrerseits die Fantasie des Schriftsteller zu weiteren Geschichten inspirieren, bis der Auftrag der Zeitung für frivole Kurzgeschichten auch bis zu letzten Silbe erfüllt ist.
In den Sechzigerjahren gab es für die erwachsenen Menschen und der Medienlandschaft wohl nur ein bestimmtes Thema: Sex! Unter dem Deckmantel der Aufklärung und sexuellen Befreiung wurden die gelockerten Gesetze zum Vorwand genommen, um dem neugierigen Publikum nackte Tatsachen zu präsentieren, die scheinbar auch nur auf diese gewartet hatten. Oswalt Kolle erklärte den Mensch und dessen Fortpflanzung und kaum eine Publikation kam in der Zeit ohne entsprechende Kolumne über die menschliche Sexualität aus.
Und genau von dieser Zeit handelt die humorvolle Persiflage „Sexkarussell Via Erotica“, in der sich das österreichische Multi-Talent und Erotik-Pionier Frits Fronz über die Befindlichkeiten der damaligen Medienlandschaft, Aufklärungsfilmen und den Begierden der Bevölkerung lustig macht und sich selbst als erfolgreicher Sex-Kolumnist in Szene setzt, der sich frivole Geschichten ausdenkt. Diese werden zwar als Erlebnisse des vermeintlich-umtriebigen Mannes verkauft und sind auch sehr lustig, aber allesamt der blühenden Fantasie eines eigentlich faulen Mannes entsprungen.
Die Art und Weise wie Frits Fronz sein Regie-Debüt als österreichisch-deutsche Koproduktion in Szene setzt ist auch sehr interessant und nimmt bereits vieles vorweg, was wenig später als episodenhafter Reportagen-Film, Sex-Mondo und erotisches Dokutainment die Welt im Sturm eroberte. Neben der losen Rahmenhandlung über den sympathisch-faulen Schriftsteller vermischt sich Realität mit Fiktion und angefangene Erotik-Geschichten werden an anderen Personen fertiggedacht, sodass ein buntes Sammelsurium aus realen und fiktiven Charakteren entsteht, die allesamt recht amüsant ausgefallen sind und dennoch auch die Moral nie aus den Augen verlieren.
Von der Oben-Ohne-Show bis hin zum verantwortungsbewußten Gerüstbauer, der von einsamen Frauen in Versuchung geführt wird, hat auch vieles Platz in dem kurzweiligen Panoptikum der Gelüste in Schwarz-Weiß, dass im Grunde auch wieder fernab jedweder Pornografie recht bieder in Szene gesetzt wird. Angesichts des Entstehungsjahres ist das jedoch wenig verwunderlich und außer ein paar Brüsten gibt es auch nicht viel Nacktheit zu bestaunen. Im Gegensatz zu „Graf Pornos nächtliche Freuden“ , der eher an eine abgefilmte Nummern-Revue erinnert, die bisweilen auch mal etwas ins Stocken gerät, ist das Tempo in „Sexkarussell Via Erotica“ aber recht hoch und die Geschichten überzeugen mit vielen Wendungen, Schauplätzen und Humor, der jedoch nie ins Peinliche abdriftet.
Bislang ist der Streifen meines Wissens noch nie erschienen und erblickt nun als Nr. 95 der allseits beliebten Trash-Collection das Licht heimischer Wohnzimmer im Rahmen des Frits Fronz-Double-Feature gemeinsam mit dem bereits erwähnten „Graf Pornos nächtliche Freuden“. Die Bildqualität ist überraschend gut und auch der Ton kann sich durchaus hören lassen. Das trifft auch auf das Bonusmaterial zu, bei dem man sieben Schlagertitel einen gewissen Frank Roberts zur Gänze hören kann, hinter dessen Pseudonym sich niemand geringerer als Frits Fronz persönlich versteckt und die von Leben, Liebe und materiellen Dingen handeln. Abgerundet wird die ganze Sache mit Bildergalerien und einem Ausschnitt aus einer Doku in der die Witwe des Regisseurs unter anderem auch über die schwierigen Produktionsverhältnisse der Werke ihres verstorbenen Mannes spricht.
Es ist jedenfalls von CMV-Laservision mehr als fair, die beiden vielleicht nicht ganz so begehrten Filme im Doppelpack auf eine Scheibe zu packen und in Zeiten der Mediabook-Hysterie und Verpackungswahn zum fairen Preis und guter Qualität unter die Leute zu bringen. Sicherlich ist die Erotik-Ecke der Trash-Collection bislang eher dünn besiedelt und wird auch nicht jedermanns Geschmack treffen, aber im Kreise des bisherigen Outputs von Ami-Slasher, Mexploitation, Hugo Stiglitz-Madness bis hin zu deutschem Low-Budget-Horror machen sich die „Frits Fronz Collection #1“ jedenfalls sehr gut und angesichts von Gurken wie „Last Slumber Party“ und „The Ripper“ muss man sich für diesen Ausflug ins österreichische Filmgut der frivolen Sorte auch gar nicht genieren.
„Sexkarussell Via Erotica“ ist ein augenzwinkernder Streifen über einen Schriftsteller, der seine erdachten und von realen Begebenheiten inspirierten Figuren in vielen unterschiedlichen Episoden zum humorvollen Leben erweckt und sich nebenher auf sympathische Weise über die Befindlichkeiten der damaligen Bevölkerung und der Gier nach nackten Tatsachen lustig macht. Mit Drehorten in München und Wien bietet Fronz zwar nicht so viel Lokalkolorit wie der ebenfalls mitgelieferte „Graf Pornos nächtliche Freunden“ und auch keine musikalischen Darbietungen, überzeugt aber im Vergleich durch die stimmigere Geschichte(n) und ein ungleich höheres Erzähltempo.
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch endlich Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8945
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