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Der 35jährige Curtis (Michael Shannon) lebt mit seiner Frau Samantha (Jessica Chastain) und Hund Red in einem Haus in Ohio und seine ganze Sorge gilt seiner taubstummen Tochter Hannah (Tova Stewart), die sich zunehmend von gleichaltrigen Kindern zurückzieht. Um Hannah zu unterstützen, besuchen beide Eltern einen Kurs für Gebärdensprache und auch ansonsten läuft es für den Vorarbeiter einer Bohrfirma eigentlich recht gut. Er versteht sich blendend mit seinem Arbeitskollegen Dewart (Shea Whigham), ist in der Nachbarschaft beliebt und auch das Geld reicht nicht nur für die Raten des Kredites, sondern für ein angenehmes Leben.
Das ändert sich eines Tages schlagartig, als Curtis eine bedrohliche Vision erleidet, in der ein gigantischer Sturm das Leben seiner Familie bedroht. Obwohl eigentlich kein Grund zur besonderen Besorgnis besteht, bleibt bei dem Bauarbeiter doch ein ungutes Gefühl zurück und als sich Schreckensvisionen in unterschiedlicher Form in immer kürzeren Abständen wiederholen, beginnt sich Curtis zunehmend sozial zurückzuziehen und als Vorzeichen einer drohenden Apokalypse zu deuten und hat gleichzeitig die Angst, wie seine Mutter an paranoider Schizophrenie erkrankt zu sein.
Vor seinem näheren Umfeld hält er seine schrecklichen Visionen jedoch vorerst geheim und greift stattdessen lieber zu Tabletten und versucht mit entsprechender Literatur selbst hinter das Geheimnis seiner Sinnestäuschungen zu kommen. Dennoch bleibt sein zunehmend seltsames Verhalten seinem Umfeld nicht verborgen und als Curtis beginnt, einen alten Luftschutzbunker auszubauen und dafür einen Kredit aufzunehmen, kommt es in der bislang harmonischen Ehe zu den ersten Spannungen.
Doch das ist erst der Auftakt einer ganzen Reihe von Problemen, die sich der bislang unbescholtene Mann mit seinem Verhalten einhandelt. Er beginnt seinem Arbeitskollegen zu misstrauen und bittet seine Vorgesetzten um dessen Versetzung und auch das Vertrauen zu seiner Frau Samantha setzt er mit seinem manischen Verhalten zunehmend aufs Spiel. Diese versucht jedoch auch in dieser schwierigen Situation zu ihrem Mann zu halten, doch schon wenig später scheint der Schreckensvisionen gepeinigte Curtis endgültig die Kontrolle zu verlieren…
Eine der großen Ängste eines jeden Menschen ist es wohl, durch eine schicksalhafte Begebenheit, Unfall oder Verlust der Sinne, die Kontrolle über das eigene Leben zu verlieren oder an Lebensqualität einzubüßen. Gerade dann, wenn man für andere Menschen Verantwortung übernimmt und paradoxerweise sind es wohl gerade die Situationen in denen es eigentlich gut zu laufen scheint, in denen sich oftmals dieses unbestimmbare Gefühl einzuschleichen scheint, dass dieses Glück nicht von Dauer und/oder durch irgendetwas bedroht sein könnte.
Im Falle des Bauarbeiters Curtis sind es schreckliche Visionen einer drohenden Apokalypse und der Drang seine Familie davor zu schützen, die das durchschnittliche Leben des Mannes bedrohen und ihn und seine Familie schließlich an den Rand des Abgrunds führen. Die Spannung des durchaus interessanten Streifen entsteht dabei aus der Tatsache, dass es für den Zuschauer nicht ersichtlich ist, ob Curtis tatsächlich seherische Fähigkeiten hat, oder diese schlichtweg einen erkrankten Geist entsprungen sind.
Das stetige Abgleiten in die Hilflosigkeit und der einhergehende Kontrollverlust wird von Regisseur Jeff Nichols dabei in recht ruhig und in schönen Bildern erzählt. Zu Beginn versucht Curtis auch noch alles Mögliche, um seine schrecklichen Visionen und düstere Vorahnungen vor seinem Umfeld geheim zu halten. Doch diese bleiben nicht ohne Wirkung und mit jeder weiteren Vision wird das Vertrauen des Mannes in seine Umgebung zunehmend erschüttert, bis dieses schlussendlich in einer Mischung auch Wut, Hilflosigkeit und Verzweiflung aus ihm herausbricht.
Obwohl über den Streifen bezeichnenderweise ein ganzer Sturm an Auszeichnungen hereingebrochen ist und Nichols u.a. bei den Filmfestspielen in Cannes ausgezeichnet wurde, ist „Take Shelter – Ein Sturm zieht auf“ aber meines Erachtens nicht gänzlich gelungen. Neben seiner etwas zu langen Laufzeit und der etwas zu oft erfolgten Bestätigung, was für ein tolles Leben unser Protagonist doch führt, kann sich Nichols letztendlich doch nicht gänzlich für eine bestimmte Richtung entscheiden und bietet als Abschluss noch eine Szene, die meines Erachtens nicht unbedingt notwendig gewesen wäre und wieder Fragen aufwirft, die eigentlich bereits beantwortet schienen.
Technisch gibt es hingegen an den Werk nicht viel zu meckern und neben den grandiosen Darstellern und stimmigen Locations bietet der Streifen auch ein paar eindrucksvolle Bilder mit düsterer Weltuntergangsstimmung, die zwar zur Gänze aus dem Rechner stammen und sich trotzdem recht harmonisch zum Rest des Indiependent-Werkes einfügen. Nichols verlässt sich auch eher auf die Originalität seiner Geschichte und seinem Ensemble und nicht auf die apokalyptischen Bilder, die zwar zweifelsfrei beeindruckend ausgefallen sind, aber nicht das Herzstück des Filmes darstellen.
Ein Film mit derartiger Thematik steht und fällt dann natürlich auch mit seinem Hauptdarsteller und Michael Shannon liefert in „Take Shelter – Ein Sturm zieht auf“ dann auch eine ziemlich beeindruckende Leistung ab. Seine Darstellung des durchschnittlichen Arbeiters, der zunehmend die Kontrolle verliert und an sich und seiner Umwelt zweifelt ist zu jeder Sekunde glaubwürdig ausgefallen und verdient auch alle bislang erfolgen Auszeichnungen. Auch Jessica Chastain („Eine offene Rechnung“, „Texas Killing Fields“) weiß wie üblich zu gefallen und verkörpert die Rolle der treusorgenden Ehefrau ebenfalls mit der notwendigen Authentizität.
Die Blu-Ray-Disc aus dem Hause Ascot-Elite bringt den empfehlenswerten Streifen mit Produktionsjahr 2011 in gewohnt sehr guter Bild- und Tonqualität, die auf technischer Seite keine Wünsche offenlässt. Neben der deutschen Synchronisation gibt es auch die englische Sprachfassung samt optionaler Untertitel und auch der Bonusbereich überzeugt mit einem kleinen Werbe-„Making-Of“, zahlreichen Interview mit Cast und Crew, entfallenen Szenen und einer ausgiebiger Trailershow.
Unterm Strich bleibt mit „Shelter – Ein Sturm zieht auf“ ein interessantes und sehr intensives Filmerlebnis, dass neben seiner Geschichte vor allem aufgrund der Leistung von Hauptdarsteller Michael Shannon überzeugt. Dessen Darbietung und die teils apokalyptischen Bilder lassen dann auch vergessen, dass die Geschichte aus der Feder von Regisseur Jeff Nichols mit zwei Stunden Laufzeit auch etwas zu lange ausgefallen ist und auch das Ende konsequenter hätte ausfallen können. Dennoch ein düsterer Trip in die Abgründe einer gequälten Seele, den man sich nicht entgehen lassen sollte. 7-8/10
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8883
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