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Als Sam Childers (Gerard Butler) aus dem Gefängnis entlassen wird, scheint sich an seiner Lebenseinstellung als krimineller Biker wenig geändert zu haben. Er kritisiert, dass seine Frau Lynn (Michelle Monaghan) zu Gott gefunden hat und lieber einem normalen Job nachgeht, als zu strippen und landet nach einem Streit wieder einmal in seiner Stammkneipe um gemeinsam mit seinem Freund Donnie (Michael Shannon) Alkohol und Drogen zu konsumieren. Als die beiden eines Nachts einen Anhalter mitnehmen und Sam diesem beinahe im Drogenrausch tötet, scheint er endgültig die Kontrolle über sein Leben verloren zu haben.
Das ändert sich jedoch, als er am nächsten Tag mit seiner Familie einen Gottesdienst besucht und daraufhin ebenfalls zu Gott findet. Er lässt sich taufen, sucht sich einen Job als Handwerker und versucht fortan nicht nur ein guter Ehemann und Vater zu sein, sondern auch Donnie von den harten Drogen wegzubringen. Als er eines Tages von einem Gastprediger von dem Schicksal von Christen in Uganda und Sudan erfährt, beschließt er recht spontan nach Afrika zu fliegen um dort den Menschen vor Ort zu helfen und findet katastrophale Zustände vor.
Durch den Freiheitskämpfer Deng (Souleymane Sy Savane) erfährt Sam mehr von den schlimmen Verhältnissen des Gebietes und den erbitterten Kämpfen zwischen der SPLA und der LRA, bei denen Dörfer angegriffen werden und wie so oft vor allem die Kinder die Leidtragenden sind. Sam ist erschüttert und beschließt im Süden des Sudans mitten im Kriegsgebiet ein Waisenhaus zu bauen, in dem die Kinder vor den brutalen Übergriffen geschützt sind. Doch auch das Waisenhaus wird eines Tages von den Rebellen überfallen und bis auf die Grundmauern niedergebrannt, was Sam jedoch nicht von seinem Vorhaben aufhält.
Mit Spenden aus den USA und der tatkräftigen Unterstützung vor Ort baut der das Heim wieder auf und versucht auch bald mit anderen Mitteln, gewaltsame Übergriffe zu vereiteln, in dem er selbst zur Waffe greift und in den Kampf zieht. Doch sein gewaltsames Einschreiten stößt nicht überall auf Verständnis und sorgt schon bald dafür, dass der „weiße Prediger“ regionale Bekanntheit erlangt und immer mehr Kinder zu ihm kommen. Doch der Kampf scheint aussichtslos und auch von seiner Familie hat sich Sam durch die Jahre immer mehr entfremdet…
Ein bekanntes Sprichwort besagt, dass die besten Geschichten noch immer das Leben schreibt und im Falle des Ex-Bikers scheint sich das im ersten Augenblick auch zu bewahrheiten. Dieser hat sich nicht nur selbst aus einem Sumpf von Drogen und Alkohol gezogen und ist zum Christentum konvertiert, sondern hilft mittlerweile im Sudan den Waisenkindern und Opfern des erbitterten Krieges zwischen der Sudanesischen Volksbefreiungsarmee und der Lord’s Resistance Army, die vor allem durch den Kurzfilm „KONY 2012“ und einer viralen Internetbewegung zu zweifelhaften Ruhm gekommen. Die LRA wurde 1987 unter der Führung von Joseph Kony gegründet und kämpft mit brutalen Mittel für die Errichtung eines Gottesstaates und schreckt dabei auch vor grauenvollen Folterungen und Genozid nicht zurück. Dörfer werden überfallen, Erwachsene ermordet und die Kinder verschleppt und zu Soldaten ausgebildet.
Obwohl die Geschichte von „Machine Gun Preacher“ auf der realen Lebensgeschichte des Sam Childers passiert und auch den Fokus auf den Konflikt in Afrika lenkt, ist der Streifen von Marc Foster („Ein Quantum Trost“) leider kein sonderlich guter Film geworden und krankt gleich an mehreren Ecken und bietet auch eine recht holprige Dramaturgie und zwei geografisch konträre Schauplätze und Handlungsstränge, die nicht sonderlich stimmig mit einander verknüpft sind. Das man nach zwei Stunden Laufzeit nur weiß, dass der gute Herr Childers recht bestimmt zu Werke geht und gerne auch handfester wird um Klarheit zu schaffen ist außerdem recht dürftig für ein Biopic, bei dem das Augenmerk offensichtlich nicht auf das Seelenleben der Figur gelegt ist.
Die Figur Sam Childers wirkt nicht greifbar und der Wandel vom Säufer und Schläger zum braven Christen mit höherer Mission dauert gerade einmal ein paar Filmminuten. Das Marc Foster hier in 10 Minuten seine Protagonisten gleich einmal in das denkbar schlechteste Licht rückt ist ebenfalls kein sonderlich geschickter Schachzug. Im weiteren Verlauf macht sich der Streifen dann leider auch gar nicht die Mühe, den Konflikt und die Verhältnisse in Afrika zu erklären, sondern begnügt sich scheinbar damit, die Gräuel des Krieges zu präsentieren. Im Verlauf des Streifens bleibt vor allem dieser Punkt mit Fragezeichen behaftet und die Mittel, die Sam Childers gegen Ende des Streifens einsetzt, sind wohl genauso fragwürdig, die die seiner Gegner. Eine friedliche Lösung des Konfliktes scheint ohnehin nicht möglich, aber ein bisschen mehr politische und gesellschaftliche Hintergrundinformation für den Zuschauer hätte sicher nicht geschadet. So bleibt der ganze Konflikt etwas im Dunkeln und ein seltsamer Beigeschmack zurück, das der Film auf recht plumpe Weise versucht, den Einsatz von Waffen und Gewalt zu rechtfertigen.
Ebenfalls seltsam ist die Tatsache, dass man es mit den Fakten laut Aussage des Regisseurs nicht so genau genommen hat, was ebenfalls einer amerikanischen Unart der letzten Jahre entspricht, reale Begebenheiten für Filme heranzuziehen und diese dann beliebig zu verändern und mit den Zusatz „based on true events“ zu vermarkten. Entweder macht man ein Biopic über eine Person, oder eine fiktive Geschichte, aber doch bitte keine teil-fiktive Geschichte, die mit Action-Sequenzen, CGI und Brutalität aufgepimpt wird und mit S/W-Bildern des richtigen Sam Childers im Abspann als real vermarktet wird.
Technisch ist der Streifen zwar sicher gelungen und routiniert inszeniert, auch wenn es für meine Verhältnisse etwas zu sehr rummst, kracht und scheppert. Mit Raubein Gerard Butler hat man hingegen wohl die Idealbesetzung für „Machine Gun Preacher“ gefunden, auch wenn ich Herrn Butler noch immer für keinen guten Schauspieler halte. Michelle Monaghan, Kathy Baker und Michael Shannon agieren gewohnt souverän, kämpfen aber allesamt gegen die oberflächliche Charakterzeichnung, die ihnen laut Drehbuch vorgegeben ist und sich nahezu auf die Sichtweise des Hauptdarstellers konzentriert.
An der Blu-Ray-Disc aus dem Hause Universum gibt es hingegen nichts zu meckern und bietet gewohnt sehr gute Qualität von Ton und Bild inklusive englischer Originalfassung und optionaler Untertitel. Auch das Bonusmaterial kommt recht üppig daher und bietet ein ausführliches Interview mit Regisseur Marc Foster und ein kleines Making-of der Musik, sowie den Videoclip mit Szenen vom Film zu Chris Cornells „The Keeper“, der bei den Golden Globes für den besten Song nominiert wurde. Abgerundet wird die Schreibe mit der „B-Roll“ und einer ausgiebigen Trailershow mit insgesamt acht Titeln.
Unterm Strich bleibt ein sehr seltsamer Film über einen Mann der auszog um ein fremdes Land und sich selbst zu retten und der wohl sinnbildlich für das etwas seltsame Weltbild der Amerikaner steht. Ein Streifen, der auf wahren Begebenheiten beruht und ein sehr erstes und wichtiges Thema anspricht, daraus dann aber einen brutalen Actionfilm bastelt, der sich prompt zwischen alle Stühle setzt. Für ein Drama zu laut, für einen Actionfilm zu düster und für ein Biopic vermutlich zu wenig authentisch, bietet der recht einseitig erzählte „Machine Gun Preacher“ dann zwischen den Zeilen auch noch eine recht fragwürdige Botschaft. Irgendwie hat man zwar fast ein schlechtes Gewissen, einen derartigen Film schlecht zu finden, aber hier wurde echt (fast) alles falsch gemacht.
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8862
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