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Dave Brown (Woody Harrelson), der im Jahre 1999 als Straßenpolizist in Los Angeles seinen Dienst schiebt, ist ein Kotzbrocken wie er im Buche steht. Mit seiner überheblich arroganten, voreingenommenen und durchaus gewaltbereiten Art fährt er durch die Straßen der Millionenmetropole und hat es dort auf seinen zahlreichen Feindbilder abgesehen, die seiner Meinung nach für das Übel in der Stadt verantwortlich sind. Wenn ein Verdächtiger nicht spurt, wird er härter angefasst und auch die jüngeren Kollegen lässt der abgeklärte Mann spüren, dass er sich trotz ungewöhnlicher Auffassung seiner eigentlichen Aufgabe doch immer im Recht befindet.
Das ändert sich eines Tages, als sein Streifenwagen eines Tages frontal von einem anderen Auto gerammt wird und Dave den gegnerischen Lenker nach einem kurzen Tumult brutal zusammenschlägt. Eine Aufzeichnung der brutalen Tat landet nämlich in den Medien, Dave in den Schlagzeilen und die gesamte Polizei wieder einmal mit ihren brutalen Verhalten am Pranger. Doch Dave ist sich keiner Schuld bewusst und erklärt bei einer Überprüfung der Fakten durch die interne Revision auch mit einem Lächeln, dass er seines Erachtens richtig gehandelt hat.
Doch schon bald bekommt die harte Fassade des Mannes erste Risse, als er von seinem väterlichen Freund Hartshorn (Ned Beatty) aufgestachelt wird und zur fixen Überzeugung gelangt, mit der Aufnahme in eine Falle getappt zu sein. Neben der internen Überprüfung steht dem Cop jedoch auch eine Zivilklage ins Haus und auch seine Patchwork-Familie reagiert zunehmend mit Unverständnis auf seine bestimmende Art. Er übertreibt seinen Alkoholkonsum und reißt sich Frauen auf, um seine Männlichkeit zu bestätigten und landet bei der Anwältin Linda, der er jedoch nach einiger Zeit ebenfalls eine feindliche Gesinnung unterstellt.
Als der Druck immer größer wird und auch das Geld für seine Anwälte knapp wird, lässt sich Dave zu einer weiteren Straftat hinreißen und erschießt während eines nächtlichen Raubüberfalls auf eine illegale Spielhalle einen Menschen um sich danach mit einem Teil der Beute aus dem Staub zu machen und abermals auf Notwehr zu plädieren. Dave gerät wieder in den Fokus der Medien gerät, die sich angesichts der Geschichte die Hände reiben und als auch seine Vorgesetzten dem egoistischen Treiben des Bullen nicht mehr länger tatenlos zusehen wollen, steuert alles einem unrühmlichen Höhepunkt entgegen…
Der sogenannte „Rampart Skandal“ erschütterte Ende der Neunziger die Polizei der Los Angeles Police nachdem durch interne Ermittlungen bekannt wurde, dass über 70 korrupte Beamte auf der Gehaltsliste von verschiedenen Organisationen wie z.B. dem einflussreichen Hip-Hop-Label „Death Row Records“ standen und diese Personen bzw. deren Umfeld von Banküberfällen, Schießereien bis hin zu Auftragsmorden in so ziemlich alle Möglichkeiten des Strafregisters verwickelt waren, die eigentlich bekämpft werden sollten.
Einen kleinen Einblick in die Welt der korrupten Polizei bietet nun Oren Movermans 2011 entstandener Streifen „Rampart“ in dem das etwas seltsame Weltbild des Polizisten Dave Brown gezeigt wird. Dieser ist Streifenpolizist und übt für sein Empfinden auch die Arbeit mit der notwendigen Härte aus und nimmt die Überschreitung seiner Kompetenzen auch bereitwillig in Kauf und brüstet sich insgeheim mit seinen Taten, ohne über die Konsequenzen seines Handelns weiter nachzudenken.
Wer sich bei „Rampart“ allerdings einen harten Cop-Thriller erwartet ist wohl an der falschen Adresse, da das Augenmerk des Streifens nicht auf Action und Gewalt gelegt ist, sondern das Psychogramm eines innerlich zerrissenen Mannes präsentiert, der einerseits versucht, das Gesetz zu vertreten und ein guter Familienvater zu sein und dabei gar nicht bemerkt, wie sehr er sich eigentlich schon davon entfernt hat. Der als selbstsichere und abgeklärte eingeführte Charakter wird dabei scheibenweise seziert und unter der Fassade des harten Polizisten steckt ein Mensch, der sich seiner Sache wohl gar nicht mehr so sicher ist.
Dabei waren die Absichten des Regisseurs auf den ersten Blick für mich gar nicht so ersichtlich und in Zeiten, in denen das Polizisten-Bashing gerade modern ist und viele „A.C.A.B“ („All Cops are bastards“) Tattoos wieder gehäuft zu sehen sind, ist ein Streifen wie „Rampart“ natürlich Wasser auf den Mühlen von bestimmten Kreisen. Regisseur Movermann vermeidet eine eindeutige Positionierung, macht es dem Zuschauer aber nicht leicht, in irgendeiner Form Verständnis für seine Hauptfigur aufzubringen, obwohl dieser nach und nach seine menschliche Seite offenbart und auch die Sache mit Rassismus und Homophobie relativiert wird.
Es ist aber trotz des schwierigen Charakters und der alleinige Fokussierung auf Dave schon auch irgendwie auch nachvollziehbar, wie die tägliche Arbeit und der vermeintlich aussichtslose Kampf gegen Verbrechern in Kombination mit Bürokratie die Figur des Dave Brown erst zu dem Menschenfeind gemacht hat, den er in „Rampart“ darstellt. Doch auch das kann keine Rechtfertigung darstellen und die Art und Weise der Inszenierung vermeidet in jeglicher Form eine Glorifizierung der Taten.
Verpackt ist die Geschichte in sehr stimmigen Bildern einer hitzigen Großstadt in der die unterschiedlichsten Befindlichkeiten aufeinandertreffen und mittels Handkamerastil und satten Farben wird versucht, möglichst authentische Bilder zu liefern. An mancher Stelle empfand ich dieses Stilmittel allerdings etwas zu übertrieben eingesetzt und vor allem die immer schneller werdende Kamerafahrt beim Verhör fand ich eher irritierend, genauso wie die Tatsache, dann an manche Stelle seltsam sprunghaft gezoomt wird. Aber das ist sicherlich Geschmackssache und andere Personen würden dieses wohl als interessantes Stilmittel erachten.
Gar nichts zu meckern gibt es hingegen an Woody Harrelson, der hier auch mit Haut und Haaren in seiner Rolle aufgeht und wenig unversucht lässt, um seinen Charakter unsympathisch zu präsentieren. Den absteigenden Weg vom selbstgefälligen Kontrollfreak hin zum psychischen und körperlichen Wrack zeichnet er dank einer grandiosen Leistung auch sehr glaubwürdig nach. Auch die Nebenrollen sind sehr bekannt besetzt und neben Sigourney Weaver und Anne Heche, gibt es auch noch Ned Beatty, Cynthia Nixon, Ice Cube sowie Steve Buscemi in einer kleinen Rolle zu betrachten.
Die Blu-Ray-Disc aus dem Hause Ascot Elite ist ebenfalls gelungen und bietet das Drama in sehr guter Bild und Tonqualität. Neben der deutschen Fassung gibt’s die englische Originalfassung samt Untertitel und auch das Bonusmaterial kann sich mit einem „Making-Of“, Interviews mit Cast und Crew, sowie einer Featurette namens „Sh*t Dave Brown says“ durchaus sehen lassen.
Unterm Strich bleibt ein interessantes, aber nicht gänzlich geglücktes Psychogramm eines Gesetzeshüters, der für seine Ideale zu weit geht und dabei gar nicht merkt, wie sehr er eigentlich bereits neben der Spur befindet. Ein Mann der an allen Fronten Bestätigung sucht und als ihm diese zunehmend verweigert wird, langsam an seinen selbst auferlegten Regeln zugrunde geht und Halt bei den falschen Dingen sucht. Ein grandioser Woody Harrelson und bekannte Nebendarsteller können aber nicht gänzlich darüber hinwegtäuschen, dass die Geschichte mit ihren vielen Handlungselementen und Personen doch etwas verfahren wirkt und mit einem strafferen Drehbuch vielleicht sogar mehr möglich gewesen wäre. 6-7/10
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8861
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