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Am Morgen des Valentinstages im Jahre 1900 sind die Mädchen der renommierten Appleyard College in der Nähe von Melbourne in heller Aufregung. Zur Feier des heiligen Märtyrers Valentin von Terni dürfen die Schülerinnen der Benimmanstalt in Begleitung von ihrer belesenen Lehrerin Miss McCraw (Vivean Gray) an einem Ausflug zum bekannten „Hanging Rock“ teilnehmen, an dessen Fuße ein Picknick stattfinden soll. Doch nicht allen Mädchen ist diese Vergünstigung erlaubt und die gestrenge Miss Appleyard (Rachel Roberts) bestimmt, dass die introvertierte Sara (Margaret Nelson), die sich zu ihrer Freundin Miranda (Anne-Louise-Lambert) hingezogen fühlt, nicht teilnehmen darf.
Die anderen Mädchen machen sich an den heißen Sommertag jedoch auf den Weg und erreichen mit ihrer Kutschen auch bald dem mystischen Ausflugsort, der besonders auf die hübsche Miranda eine besondere Anziehungskraft zu haben scheint. Gemeinsam mit drei anderen Mädchen bittet Miranda Miss McCraw sich nach dem gemeinsamen Mittagessen von der Gruppe entfernen zu dürfen um in dem Gesteinsmassiv nach etwas zu forschen. Während Miranda immer weiter die Felsen erklimmt und mit den beiden anderen Mädchen wie in Trance dessen Gipfel erklimmt, kehrt eines der Mädchen erschöpft zu den anderen zurück.
Als die Gruppe am Abend in die Schule zurückkehrt sind drei Mädchen und auch Miss McGraw auf mysteriöse Weise verschwunden und die groß angelegte Suche nach den Vermissten bleibt erfolglos. Die Polizei ist ratlos und trotz Hilfe der Bevölkerung bleiben die drei Schülerinnen und ihre Lehrerin wie vom Erdboden verschluckt. Auch als eines der Mädchen eine Woche später mit seltsamen Verletzungen an den Armen wieder auftaucht, kann sich dieses an nichts erinnern und bringt kein Licht in den ungewöhnlichen Kriminalfall, der immer weiter übernatürliche Züge annimmt.
Mit dem Verschwinden der Mädchen beginnt jedoch auch der langsame Niedergang des renommierten Appleyard College. Zahlreiche Gerüchte verbreiten sich und das Verschwinden der Schülerinnen und ihrer Lehrerin wird von den Medien bereitwillig aufgegriffen und als Skandal breitgetreten. Auch das tägliche Leben in der Schule hat sich mit dem Ereignis am Valentinstag verändert und kommt ebenfalls nicht mehr zur Ruhe. Als immer mehr Schülerinnen von dem Internat abgemeldet werden und weiteres Geld ausbleibt, sieht Miss Appleyard ihr Lebenswerk zunehmend bedroht…
Der siebzig Kilometer nördlich von Melbourne gelegene Mount Diogenes, besser bekannt und seiner umgangssprachlichen Bezeichnung „Hanging Rock“ ist dank reichhaltiger Flora und Fauna nicht nur ein beliebtes Ausflugsziel für Erholungssuchende und Sportler, sondern bietet auch den Schauplatz für den australischen Mystery-Spielfilm „Picknick am Valentinstag. Dieser 1975 entstandene Streifen machte nicht nur seinen Regisseur Peter Weir auf der ganzen Welt bekannt, sondern verhalf mit seinem kommerziellen Erfolg auch anderen Filmemachern aus Down-Under zu erhöhter Aufmerksamkeit.
Der unaufgeregt erzählte Film, der laut Überlieferung auf einer wahren Begebenheit basieren soll, obwohl weniger wohlwollende Personen keinen Hinweis darauf finden konnten, ist auch sehr gelungen und erzählt in wunderbaren Bildern eine recht seltsame Geschichte über das Verschwinden einiger Mädchen, welches mit ebenso mystischen Panflöten-Klängen von Gheorghe Zamfir untermalt ist und den Zuschauer dabei vor eine angenehme Herausforderung stellt.
Wer sich eine geradlinige Geschichte oder gar eine plausible Auflösung des Ganzen erwartet ist bei Peter Weir ja auch an der falschen Adresse und obwohl mehrere Hinweise auf eine etwaige Lösung des Rätsels gelegt werden und das Geschehen in vielerlei Hinsicht interpretierbar ist, bleibt dem Zuschaue eine finale Auflösung verwehrt. Die Story ist dabei auch sehr hübsch verpackt und die melancholischen und ruhigen Bilder von jungen Schülerinnen zur Zeit der Jahrhundertwende in weißen Sommerkleidern erinnern am ehesten noch an die Werke des David Hamilton, obwohl in den zurückhaltenden Werk, eine die sexuelle Spannung bei den Mädchen auch nur züchtig angedeutet wird.
Für Peter Weir bedeutete „Picknick am Valentinstag“ nach seiner skurrilen Horrorgroteske „The Cars that ate Paris“ auch der internationale Durchbruch. Zwei Jahre später folgte der Streifen „Die letzte Flut“, der hier ebenfalls demnächst besprochen wird, eher Weir sein Heimatland erfolgreich in Richtung Hollywood verließ. Dort verhalf er nicht nur Harrison Ford und Robin Williams zur ihrem Ruf als ernstzunehmende Schauspieler, sondern auch Paradekomödiant Jim Carry zu einem Golden Globe. Insgesamt hat Peter Weir bereits vier Regie-Oscars am heimischen Kamin stehen und auch zahlreiche andere Preise und kommerzieller Erfolg zeugen von seinem Talent, seine Filme so zu gestalten, sodass Publikum und Kritik gleichermaßen begeistert sind.
Auch darstellerisch gibt es nichts zu meckern und Anne-Louise-Lambert wirkt in ihrer Rolle als Miranda tatsächlich wie ein Botticelli-Engel und auf seltsame Weise entrückt. Fest am Boden der Realität ist hingegen Rachel Roberts als Mrs. Appleyard, die versucht mit Strenge ihren Ruf und ihre Schule zu retten. Auch Helen Morse als Mademoiselle de Poitiers ist eine Augenweide und als Albert gibt es auch noch den bekannten Darsteller John Jarratt, der Genre-Fan aus akutellen Werken wie „Rogue“ oder auch „Wolf Creek“ bekannt sein dürfte.
Die Ende Juli 2012 veröffentliche DVD und Blu-Ray-Disc aus dem Hause Koch-Media bringt diesen interessanten Streifen neuerlich im sogenannten „Directors Cut“, der im Gegensatz zur seinerzeitigen Kinofassung um 8 Minuten an Rahmenhandlung erleichtert wurde. Diese sind laut Angaben der OFDB Szenen, die auf den Beginn einer Liebesbeziehung zwischen der erretteten Irma und Michael hindeuten, aber keinen weiteren Hinweis auf eine Lösung des Mysteriums hindeuten. Die Kinofassung ist neben Tonnen von anderem Bonusmaterial ebenfalls in einer Special-Edition erhältlich, die Anfang August 2012 veröffentlicht wurde. Mir lag für diese Review die Blu-Ray-Disc vor, die in Punkto Bildqualität auch gar keine Wünsche offenlässt.
Unterm Strich bleibt ein ruhiger, mystischer und sehr gelungener (Grusel-)Streifen mit wunderbaren Bildern und einer melancholischen Grundstimmung, der gänzlich oder reißerische Effekte auskommt und den aufgeschlossenen Zuschauer trotzdem mühelos in seinen Bann zu ziehen vermag. Der langsame Erzählfluss wirkt mit mit zunehmender Laufzeit beinahe hypnotisch und die Bilder einer vergangenen Zeit, die melodramatische Entwicklungen und das Verwehren einer Auflösung macht eine Kategorisierung dieses austrailschen Werkes dann auch schlicht unmöglich. Wer „Let´s scare Jessica to death“ und „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ mag, sollte bei diesem gelungenen Werk ohnehin sofort zugreifen. Tipp!
Beitrag geändert von jogiwan (21.August 2012 19:27:59)
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8831
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