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Der im Jahre 1924 geborene Edward Davies Wood Jr. , besser bekannt unter Ed Wood gilt gemeinhin als schlechtester Regisseur aller Zeiten, der jedoch seinem mangelnden Talent zum Trotz vor allem durch seinen bizarren Sci-Fi-Streifen „Plan 9 from outer Space“ in Fankreisen absoluten Kultstatus genießt. Um die Figur des Ed Wood, dem nicht zuletzt auch durch Tim Burton ein filmisches Denkmal gesetzt wurde, ranken sich jedoch viele Mysterien und Legenden und das Leben des ambitionierten Mannes war laut überlieferten Infos wohl genauso bizarr und seltsam, wie seine Werke, die er erschuf.
In dem interessanten Buch „Ed Wood – Trash & Ironie“ des Autors Daniel Kulle geht es aber nicht nur um die Figur und die Filme des amerikanischen Regisseurs, sondern im ersten Teil auch um die Frage, wie der oftmals überstrapazierte und schwammige Begriff „Trash“ überhaupt definiert werden kann und wie dieser auch immer im Auge des Betrachters liegt. Danach wir das ökonomische Umfeld näher beleuchtet, in dem die bekanntesten Werke entstanden, bevor diese kategorisiert und näher vorgestellt werden. Im letzten Teil wird dann Ästhetik in den Werken Wood eingegangen und auch auf schauspielerische (Nicht-)Leistungen und sonstige Filmfehler verwiesen.
Ursprünglich schrieb Daniel Kulle den Text über „Trash“ an Hand der Filmbeispiele von Ed Wood als Dissertation, der nun in der überarbeiteten Version und mit zahlreichen Bildmaterial versehen als „Deep Focus 14“ im Bertz + Fischer Verlag veröffentlicht wurde. Und das Buch ist auch sehr interessant ausgefallen, wobei sich Kulle im Gegensatz zu vielen anderen Schreiberlingen auch sehr wertfrei der Materie nähert und sich der Thematik auf unterschiedlichste Weise nähert, die zu keiner Zeit seine Protagonisten verurteilt, sondern sich auf durchaus sympathische Weise auf diverse Dinge beleuchtet, die die Werke des Regisseurs so besonders machen.
Über Ed Wood ist ja auch im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen auch eher wenig bekannt. Ruhm und Reichtum blieben ihm zu Lebzeiten verwehrt und Alkohol war sein ständiger Begleiter. Neben seinen Regiearbeiten schrieb er unzählige Drehbücher und Romane, trug Frauenkleider und lies seine Darsteller oftmals ohne Proben mit „ausgeborgten“ Requisiten und an Orten ohne Drehgenehmigung vor die Kamera. Seinem großen Vorbild Orson Welles folgend galt Wood als großer Idealist, der sich auch von Rückschlägen und MIsserfolg nicht entmutigen ließ und schlussendlich verarmt im Alter von 54 Jahren an den Folgen seiner Sucht verstarb.
Der Kult um den Regisseur entstand schon kurz nach seinem Tod im Jahre 1978 und durch Mitternachtsvorstellungen und dem gesteigerten Interesse an „guten schlechten“ Filmen wurden immer mehr Leute auf die tragische Figur aufmerksam, der im Jahre 1979 dann auch die zweifelhafte Ehre zuteilwurde, laut den Lesers des „The Golden Turkey Awards“ den schlechtesten US-Film aller Zeiten gedreht zu haben. Heutzutage erfreuen sich die Werke ebenfalls großer Beliebtheit, erfreuen sich zahlreicher Veröffentlichungen und sind auch dem kollektiven Bewusstsein der Trashfans auch gar nicht mehr wegzudenken.
Der erste Teil des Buches beschäftigt sich mit mehreren Annäherungsversuchen an den mittlerweile inflationär verwendeten Begriff „Trash“ und versucht auch verwandte Begriffen wie „Kult“, „Exploitation“ und „Midnight Movie“ und deren Ursprung im Lauf der Kinogeschichte zu vermitteln. Das ist zwar imho teils etwas trocken ausgefallen und für meine Begriffe wird auch eine Spur zu weit ausgeholt, aber andererseits ist diese Abgrenzung und Definition auch der ideale Start um sich dem filmischen Kosmos von Ed Wood auf halbwegs seriöse Weise zu nähern.
Interessanter wird es jedoch , wenn sich Daniel Kulle mit der Geschichte Hollywoods beschäftigt und einen Überblick über Produktionsbedingungen, Zensur und Marketingstrategien bietet, die eine Produktion von Ed Wood überhaupt erst möglich machten. So gibt es einen spannenden Einblick in die längst vergangene Welt der „Double Features“, Autokinos und die Antwort auf die Frage, warum in dieser Zeit viele Filme mit niedrigsten Budget und Archivmaterial angefertigt wurden, die sich mit so spannenden Themen wie Horror, Hygiene und Teenager-Kriminalität beschäftigten.
Danach geht es aber ans Eingemachte und neben Einblicke in die Welt der durchaus kontroversen Figur des Regisseurs und Schreiberlings und was von ihm überliefert wurde, widmet sich Kulle auch ausgiebig dem filmischen Schaffen, anhand der bekanntesten Werke und spart dabei auch nicht unschöne Wahrheiten aus, die man in Tim Burtons Biopic ja eher vermisst. Jeder Film wird ausführlich vorgestellt und im Kontext zu vergleichbaren Werken gestellt, während im letzten Teil des Buches dann genauer auf die Ästhetik der Filme mitsamt seinen dramaturgischen Schwächen, darstellerischen Nicht-Leistungen und Filmfehler eingegangen wird.
Unterm Strich handelt es sich bei „Ed Wood – Trash & Ironie“ dann auch um ein empfehlenswertes und interessantes Buch, das dem Leser die Figur, das Umfeld und das Schaffen des Kultregisseurs auf spannende Weise näherbringt und nach einem etwas trockenen Start, der meines Erachtens doch eine Spur zu weit ausholt, auch recht spannend zu lesen ist. Eingefleischte und zukünftige Fans des Regisseurs werden von Daniel Kulles Ausführungen sicherlich nicht enttäuscht und wie auch meine Wenigkeit auf neue Facetten hingewiesen. Dass „Plan 9 from outter Space“ nach dem Lesen sogleich wieder einmal im Player gelandet ist, spricht dann ebenfalls für sich. Tipp!
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8762
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