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project: equinoX Forum / Swades - Heimat

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#1 29.January 2006 17:27:09

chilidog
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Swades - Heimat

geschrieben von jogiwan am 13.12.05

Mohan (Shah Rukh Khan) ist ein sogenannter NRI, ein Non-Resident-Indian. Nach dem Tod seiner Eltern vor 12 Jahren ging er nach Amerika um dort zu studieren. Mittlerweile arbeitet er bei er erfolgreich bei der NASA und ist mit der Entwicklung eines neuen Satellitensystems beschäftigt. Eigentlich hätte Mohan jeden erdenklichen Grund um glücklich zu sein: einen hoch-dotierten Entwickler-Job bei der NASA, eine geräumige Wohnung in Washington und eben hat er gerade auch noch erfahren, dass sein Antrag auf Einbürgerung kurz vor der Vollendung steht.
Doch Mohan ist es nicht: vor 12 Jahren hat er nämlich auch einen geliebten Menschen zurückgelassen. Kaveriamma (Kishori Balal), sein ehemaliges Kindermädchen, die ihn wie eine Mutter großgezogen hat. Anfänglich war zwar der Kontakt noch vorhanden, doch über die Jahre brach dieser immer mehr ab. Das letzte das Mohan von ihr erfuhr ist, dass sie in ein Alterheim in Delhi gezogen ist.

Kurzerhand fasst Mohan den Entschluss, Kaveriamma zu sich in die USA zu holen. Er bittet seinen Vorgesetzten um 2 Wochen Urlaub und setzt sich in den nächsten Flieger nach Delhi. Jedoch im Altersheim angekommen, ist keine Kaveriamma weit und breit. Diese wurde nämlich - so weiß der Anstaltsleiter zu berichten - mittlerweile von einer jungen Frau abgeholt worden, um mit ihr gemeinsam in einem kleinen Dorf namens Charanpur zu leben. Doch so leicht gibt sich Mohan nicht geschlagen, chartert einen ultramodernen Wohnwagen und macht sich auf um im Landesinneren nach seinem ehemaligen Kindermädchen zu suchen. Auf seiner Reise trifft Mohan auch gleich auf einen skurrilen Zeitgenossen, der ihn auf einem Stück der Reise begleitet. Das kleine Dorf ist auch bald einmal gefunden, entpuppt sich jedoch als ärmliches Kaff abseits aller touristischen Pfade. Die Menschen begnügen sich dort mit dem Wenigen, dass ihnen zum Leben bleibt und orientieren sich streng an dem vorherrschenden Kastensystem.

Die Wiedersehensfreude ist natürlich groß. Endlich kann er seine geliebte Kaveriamma in die Arme schließen. Diese lebt mittlerweile mit Gita (Gayatri Joshi) und ihrem Bruder Chikku in einem einfachen Haus. Gleich bei der traditionellen Begrüßung bemerkt Mohan, wie sehr er sich als fortschrittlich-denkender Mensch eigentlich von seinen indischen Wurzeln entfernt hat. Daher kann er auch nicht verstehen, dass Kaveriamma ihm nicht so ohne weiteres in die USA in ein vermeintlich besseres Leben folgen möchte. Sie ist glücklich in ihrem Dorf und bittet Mohan erst einmal ein paar Tage mit ihr gemeinsam im Dorf zu verbringen. Doch er willigt ein und nützt die Zeit um sich mit den Örtlichkeiten und seinem Menschen, die von Dingen wie Internet und Satellitentechnik noch nie etwas gehört haben, näher vertraut zu machen.

Kurz darauf findet auch ein Panchayat, ein sogenannter Bezirksrat statt, an dem Mohan von den täglichen Ängsten und Sorgen der Bevölkerung erfährt. So ist die Stromversorgung mehr als mangelhaft und auch die örtliche Schule soll in ein kleineres Gebäude verlegt werden. Ein schwerer Schlag für Gita, die an der örtlichen Schule unterrichtet und versucht, mit der Vermittelung von Bildung, den Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Als dann Mohan auch noch auf einer Reise in das Landesinnere mit weiteren Problemen und der Armut der indischen Bevölkerung konfrontiert wird, ist Mohan nicht mehr bereit tatenlos zuzusehen – er beschließt etwas zu ändern. Und schon bald findet er sich im Spannungsfeld zwischen Kultur, Tradition und Armut, dem Generationenkonflikt, sowie dem unweigerlichen Fortschritt, der durch das vorherrschende Kastensystem gehemmt wird. Ein Zustand, der ihn selbst dazu zwingt, sein Leben und seine Wurzeln neu zu überdenken. Nach den zwei Wochen ist nichts mehr wie es vorher war, weder für die Dorfbewohner, noch für Mohan oder auch Gita, die sich mittlerweile in den Mann aus Amerika verliebt hat...

"Nicht zu handeln, weil man ein Ziel nicht erreichen könnte oder weil es andere nicht teilen, hemmt jeglichen Fortschritt". Dieser kluge Satz von Ghandi eröffnet "Swades", einem sehr ungewöhnlichen Bollywood-Film von Ashutosh Gowariker, der bereits mit seinem Vorgängerfilm "Lagaan" einen sehr erfolgreichen und Oscar-nominierten Film auf die Reihe gebracht hat. "Swades" verzichtet auf die übliche Leichtigkeit und Fröhlichkeit, die normalerweise bezeichnend für indische Filme sind und legt mehr wert auf eine realere Darstellung Indiens und seinen Problemen, die in Bollywood-Filmen eher weniger angesprochen werden. Einem Land, das mit Armut, Arbeitslosigkeit, Analphabetismus, Kastendiskriminierung, mangelnder Infrastruktur und zögerlicher Gleichstellung der Frau bzw. Kinderehen bitter zu kämpfen hat. Dabei scheut Gowariker auch nicht zurück, dem Zuschauer durchaus kritisch und drastisch mit eindringlichen und berührenden Szenen diese Probleme des "modernen" Indiens vor Augen zu führen. Damit der Film jedoch nicht vollends zum Drama (und vermutlich zum indischen Kassengift) verkommt, wurde doch noch als Zugeständnis an das breite Publikum eine Liebesgeschichte und ein paar Tanznummern eingebaut, auch wenn diese im Vergleich zu sonstigen Produktionen eher zurückhaltend in Szene gesetzt wurden.

Zentraler Ausgangspunkt des Filmes ist es, Indien aus der Sicht eines sogenannten Auslands-Inders (im Film NRI genannt) zu zeigen. Dafür war es auch notwendig, dass ein Teil des Filmes außerhalb des Landes zu drehen. Zugleich sollte die Figur des Mohan einen sehr modernen und technisch-versierten Menschen darstellen. Gowariker Wunschcharakter war ein Entwickler der NASA, allerdings stellte dieses den Regisseur vor das nächste Problem. So ist es ja nicht unbedingt üblich, amerikanische Entwicklungslabore für ausländische Film-Teams als Drehort zur Verfügung zu stellen. Trotzdem schickte Gowariker seinen ersten Drehbuchentwurf an die amerikanische Raumfahrtsbehörde mit der Bitte um Erteilung einer Drehgenehmigung. Dieser Entwurf fiel der Leiterin der Öffentlichkeitsabteilung in die Hände und da es ihr gefiel, erhielt das Team auch tatsächlich die Möglichkeit an den Originalschauplätzen zu drehen. Schlussendlich fiel die Wahl der Locations auf das Goddard Space Flight Centre in Washington, sowie das Kennedy Space Centre in Cape Canerveral.

Die in dem Film angesprochene Kastendiskriminierung gibt es ja noch tatsächlich immer in einigen Ländern der Welt, wie zum Beispiel eben Indien, Nepal oder auch Bali. Dabei handelt es sich um sogenannte Hierarchien, die bis vor Jahrzehnten noch drastische Auswirkungen auf den Einzelnen hatte. So war der berufliche Werdegang bzw. familiäre Entwicklung bereits mit der Geburt vorgegeben. An der Spitze dieser Gesellschaftsform standen meist die geistlichen Gelehrten, danach kamen die Besser-Situierten wie Könige oder hohe Beamter. Danach Landwirte, Kaufmänner sowie Händler, bevor mit Arbeitern und Dienstleistern und der untersten Kaste, den sogenannten "Unberührbaren" das letzte Drittel markiert wird. Wer in einer Kaste geboren wurde, dem wurde der Aufstieg in eine andere Kaste verwehrt. Vermählungen fanden nur innerhalb der jeweiligen Kaste statt. Eine Vermischung bzw. Berührungspunkte mit anderen Kasten war streng untersagt. Dabei muss gesagt werden, dass mittlerweile versucht wird, diesem Problem von staatlicher Seite Herr zu werden. Bei Besetzungen von Posten wird darauf wert gelegt, dass diese nach bestimmten Quoten aus allen Schichten zusammengesetzt werden. Trotzdem lässt sich das Denken in den Köpfen, vor allem in den ländlichen Gebieten nicht von heute auf morgen ändern. Die Klassifizierung der Kasten, wie sie im Film genannt werden, wurden jedoch speziell für den Film zusammengestellt und entsprechen nur teilweise wissenschaftlichen Quellen. Wer sich diesbezüglich weiter informieren möchte, findet auf www.wikipedia.org weitere Informationen.

Nun zu den Darstellern: Zu Shah Rukh Khan muss ja nicht viel gesagt werden, der Mann ist absoluter Superstar und zeigt in "Swades", dass ihm auch Rollen mit ersterem Charakter liegen. Auf Blödeleien und Grimassen wie im sonstigen Filmen durchaus üblich, wird hier größtenteils verzichtet. Schwieriger gestaltete sich jedoch die Besetzung der Gita, da der Regisseur fürchtete, dass eine bereits bekannte Schauspielerin aufgrund vergangener Rollen vom Publikum nicht als modern-denkende, emanzipierte Frau akzeptiert werden würde. Gayatri Joshi wurde schlussendlich von Gowariker auf einer Party gesichtet und nach einigen Vorsprechen auch tatsächlich für die Rolle verpflichtet. Und die Dame macht ihre Sache auch sehr gut. Doch der Film lebt nicht nur von seinen Hauptdarstellern, sondern von der Vielzahl an Kleindarstellern und der wunderschönen indischen Landschaft. Gowariker hat wahrhaft tolle Bilder und Menschen eingefangen. Sei es im vollbesetzten Zug, Bus oder Boot. Indien ist trotz aller Missstände bunt und vielfältig. Selten zuvor wurde dieses schöner präsentiert. Und genau diese Szenen stehen dann auch im krassen Widerspruch zum hoch-technisierten Beginn des Filmes.

Die Tatsache, dass der Film einerseits von der Tradition Indiens, sowie auch vom Fortschritt handelt, spiegelt sich in "swades" auch im Soundtrack wieder. So gibt es zwar weniger Lieder als gewöhnlich, die sind aber sehr interessant ausgefallen. So vereinen die meisten Songs gekonnt moderne Rhythmen und durchaus schränge Sounds mit traditionellem Liedgut und Instrumenten. Besonders hervorzuheben ist hierbei der Song "Saanwariya", da gibt’s dann auch noch als besondere Überraschung in der ersten Hälfte einen ziemlich coolen, wenn auch dezenten Breakbeat samt dazugehöriger Bassline, bevor es in der zweiten Hälfte des Songs traditioneller zu Ende geht. Die besten Songs des Films gibt es wie bei REM üblich auch zum Mitsingen auf der Bonus-DVD.

Wie üblich gibt es den knapp 187 minütigen Hauptfilm im englisch-hindisprachigen Original mit Untertitel, sowie wahlweise für die lesemuffeligen unter uns eine deutsche Synchronisation. Trotzdem sollte man sich den Film aus Authentizitätsgründen wohl doch in der ersteren Variante zu Gemüte führen. Die Bild- und Tonqualität sind sehr gut, allerdings die Optik der Szenen in Amerika etwas gewöhnungsbedürftig. Auf der bereits erwähnten Bonus-Scheibe gibt’s dann noch ein paar "deleted scenes", Bloopers, Dialog-Proben, Kinotrailern und einer Bildergalerie. Trotzdem ist die zweite Disc mit einer Laufzeit von knapp 55 Minuten doch etwas dürftig ausgefallen. Ein Making-Of oder etwa Interviews mit dem Regisseur oder Darstellern vermisst man leider. Interessant wären auch sicherlich die Reaktionen der indischen Zuschauer auf die kritische Botschaft des Filmes. Der Film dürfte ja sehr positiv aufgenommen worden sein und räumte auch bei sämtlichen indischen Fimfestivals Preise in den wichtigsten Kategorien ab.

Abschließend bleibt zu sagen, dass "Swades" ein aufgrund seiner ernsten Thematik und der kritischen Auseinandersetzung nationaler Probleme doch zu den eher ungewöhnlichen Vertretern des modernes Bollywood-Filmes zählt. Ein durch und durch emotionales Filmereignis, dass nahezu ohne den üblichen Kitsch auskommt und bei dem wohl kein Auge trocken bleibt. Das gängige Bollywood-Klischees nicht bedient werden, mag paradoxerweise gleichzeitig Stärke und Schwäche des Films darstellen. Aber das muss wohl jeder für sich entscheiden. Mir hat er trotz einiger Längen und einem – im Vergleich zum Rest des Films – eher schwächeren Ende sehr gut gefallen. Im Mittelteil flossen die Tränchen auch bei der zweiten Sichtung neuerlich bis die Tanks leer waren. Sicherlich hätte man doch einiges besser machen können, allerdings darf man nicht vergessen, dass der Film für indische Verhältnisse doch mehr als unkonventionell daher kommt. Als Einstieg für das Genre würde ich jedoch abermals wohl eher einen anderen Film empfehlen. (In diesem Zusammenhang erwähne ich ja immer wieder gerne den Schmalzbrot-Kracher "sometimes happy -sometimes sad"). Wer sich jedoch aber bisher am zu hohen Kitsch-Faktor gestossen hat, trotzdem mal etwas Bollywood-Luft schnuppern möchte - dem sei "swades" ausdrücklich ans Herz gelegt! Ansehen lohnt sich auf jeden Fall.


"Es gibt keine Grenzen. Nicht für den Gedanken, nicht für die Gefühle. Die Angst setzt die Grenzen!" [Ingmar Bergman]

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#2 29.January 2006 17:27:54

chilidog
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Re: Swades - Heimat

Wow, wieder ein recht großes Review gewurden. Werde es gleich veröffentlichen - melde mich dann nochmal mit dem Link. Kannst es ja anschließend nochmal durchgehen und sobald dein OK kommt wird es öffentlich und ich schicke REM wieder den Link smile.

------------

Guckst du mal hier: http://www.project-equinox.de/index.php?seite=13025  :king:.

Wenn alles OK ist, mache ich dafür eine News und schicke den Link zu REM smile.

PS: Keine Angst, die News ist noch nicht richtig Online - die können derzeit nur die "Member" hier lesen. Brauche sie nach deinem OK nur noch freizuschalten smile.


"Es gibt keine Grenzen. Nicht für den Gedanken, nicht für die Gefühle. Die Angst setzt die Grenzen!" [Ingmar Bergman]

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#3 29.January 2006 17:28:14

chilidog
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Re: Swades - Heimat

jogiwan schrieb am 14.12.05

:meinheld:  Wow - und raus damit!!!

Sieht ja wieder mal sehr schön aus. 

:bravo:  :bravo:  :bravo:


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#4 29.January 2006 17:28:26

chilidog
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Re: Swades - Heimat

jogiwan schrieb am 14.12.2005 (07:23:25): :meinheld:  Wow - und raus damit!!!

Sieht ja wieder mal sehr schön aus. 

:bravo:  :bravo:  :bravo:

Ok, ist nun Online und die e-mail an REM ist auch raus - aber die melden sich dazu eh leider nicht. Ich hoffe mal das in den nächsten Tagen die DVD zu "Sternenkind" bei mir eintrudelt - vielleicht klappt es noch in dein Wichtelgeschenk mit rein - ansonsten bekomste das als Extra per Post.


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