project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Während sich seine Klassenkameraden geborgen in einer Familie heranwachsen lebt der 14jährige Nathan (Branden Nadon) größtenteils auf der Straße und verkauft seinen Körper an ältere Männer um seiner Mutter (Carrie Schiffler) Drogen zu kaufen. Als sich diese ausgerechnet an seinem Geburtstag den goldenen Schuss setzt, landet Nathan in einem Polizeirevier und ein festgenommener Mann namens Boon wird Zeuge, wie dieser zwei Beamten von seinem Schicksal erzählt. Als Nathan jedoch der Fürsorge übergeben werden soll, nimmt dieser Reißaus und trifft wenig später in einem Diner neuerlich auf Boon, der sich gerade auf dem Weg nach Vancouver befindet.
Mit einer kleinen Erpressung heftet sich der junge Ausreißer an die Seite des mysteriösen Fremden und nötigt diesen, ihn nach Vancouver zu bringen um dort nach seinem Vater zu suchen. Boon ist zwar anfangs wenig begeistert, will den schweigsamen und ausgehungerten Jungen aber auch nicht im Diner zurück lassen und die beiden raufen sich schlussendlich zusammen. Als Boon auf dem Weg in die Großstadt in seinem Heimatort seinen todkranken und komatösen Vater besucht, trifft er zufällig auch wieder auf seine verwitwete Jugendliebe Erin (Kelly Rowan), die mit ihrem Sohn Loyd (Jordan Weller) in einem Haus am Stadtrand lebt.
Während Nathan mit Loyd sofort Freundschaft schließt, kommt auch Boon seiner ehemaligen Freundin wieder näher und obwohl Boon verschlossen bleibt, beginnen die beiden ihre Beziehung wieder aufzuleben. Als die beiden Jugendlichen aber eines Tages durch zwei ältere Freunde in Schwierigkeiten kommen ist es neuerlich Boon, der sich um die beiden Jugendlichen kümmert. Als Boon jedoch entdeckt, dass Nathan seinen Körper verkauft hat und dabei auch misshandelt wurde, kommt es zum Streit und Nathan landet neuerlich am Strich. Da jedoch auch Boon in der Vergangenheit nicht mit offenen Karten gespielt hat, kommt es jedoch bereits wenig später zu einem unerwarteten Wiedersehen…
Ganz schön starker Tobak, mit dem Regisseur und Drehbuchautor Dave Schultz in seinem 2001 entstandenen Film „Jet Boy“ aufwartet. Ein minderjähriger Stricher, der nach dem Drogentod seiner Mutter vor der Fürsorge flüchtet und dabei auf einen geheimnisvollen Mann trifft ist sicher keine gewöhnliche und massenkompatible Thematik für einen TV-Film, der aber zum Glück nicht zu sehr auf die Tränendrüse drückt oder polemisch ausgefallen ist, sondern trotz seiner ganzen Dramatik und tristen Ausgangslage auch immer optimistisch bleibt.
Die Geschichte von „Jet Boy“ ist ja durchwegs interessant und bietet mit dem Schicksal des Jungen eine eigentlich sehr traurige Grundlage, die sicherlich betroffen macht. Als dieser auf den vermeintlichen Kriminellen Boon trifft, sieht er in ihm die Vater-Figur, die ihm in seinem Leben bislang fehlte. Doch der geheimnisvolle Boon hat selbst genug Baustellen in seinem Leben und kümmert sich daher zu Beginn auch eher widerwillig um den Jungen. Nur langsam schaffen beide auf der gemeinsamen Reise durch Kanada das gegenseitige Vertrauen zu erlangen und in eine bessere Zukunft zu blicken, in der der Junge ein besseres Leben führen kann.
Dabei muss man aber zweifelsfrei akzeptieren, dass die Geschichte doch auch etwas konstruiert und nicht immer hundertprozentig glaubwürdig wirkt. Manche Entwicklungen wie das oftmalige und dennoch zufällige Aufeinandertreffen von Protagonisten, sind vielleicht nicht unbedingt so authentisch, aber das verzeiht man dem sympathischen und unaufgeregt-erzählten Drama mit seinen tragischen Figuren aber trotzdem gerne. Auch das positive Ende vergönnt man seinen Protagonisten und lässt den Streifen auch eher zu einer lebensbejahenden Sache werden, in dem der tägliche Kampf der handelnden Personen auch belohnt wird.
Minderjährige Stricher und sexuelle Misshandlungen sind ja auch eher sehr sensible Themen, die im Falle von Schultz dezent und mit der notwendigen Rücksicht und Respekt behandelt werden. Der Film verurteilt auch seine Figuren nicht und lässt auch ihre Taten moralisch größtenteils unkommentiert. Das in Kombination mit den relativ nüchternen Bildern verleiht „Jet Boy“ auch die notwendige Authentizität, um entsprechend gut zu funktionieren und beim aufgeschlossenen Publikum einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Für einen TV-Produktion mit relativ geringen Budget und größtenteils unbekannten Gesichtern funktioniert „Jet Boy“ dann auch überraschend gut und wird Fans von dramatischeren Werken aus der Ecke der „Comig-of-Age“- Filmen und Roadmovies kaum enttäuschen. Zwar müssen aufgrund der Produktionsbedingungen in Punkto Optik gewisse Abstriche gemacht werden, aber dank der Chemie der beiden Hauptdarsteller werden kleinere Mankos wieder wettgemacht.
Die durchaus komplexe Rolle des Nathan war für Branden Nadon auch sicherlich eine schwierige Herausforderung, die der Nachwuchsschauspieler in seinem Debüt aber größtenteils mit Bravour gelöst hat. Bekanntestes Gesicht ist aber sicherlich Dylan Walsh, der dem TV-Serienfreund aus der Erfolgsserie „Nip/Tuck“ bekannt sein dürfte. Seine Rolle als harter Boon mit weichem Kern ist zwar aufgrund des Drehbuchs nicht immer ganz glaubhaft, aber durchaus passabel gespielt. Auch die vielbeschäftigte Serien-Darstellerin Kelly Rowan („O.C., California“) agiert glaubwürdig und trägt so ihren Teil zum Gelingen des interessanten Filmes bei.
Auch die DVD aus dem Hause CMV-Laservision ist sehr gelungen und bietet die kanadische Produktion wahlweise in deutscher, englischer und französischer Sprache. Die Bildqualität ist okay und auch das Bonusmaterial ist durchaus überzeugend. So gibt es einen informativen Audiokommentar, entfallene Szenen und ein „Making-Of“ in Form einer Fotostrecke. Das obligatorische Wendecover (ohne fragwürdige FSK-Freigabe) und zahlreiche Trailer aus dem Programm des Berliner Labels runden das Gesamtbild harmonisch ab.
Unterm Strich bleibt ein interessanter und ruhig erzählter Streifen über ein kontroverses Thema, das jedoch zu keiner Sekunde reißerisch oder plakativ ausgefallen ist. Viel mehr verlegt Regisseur Dave Schultz das Augenmerk auf einen Jungen, dessen Wunsch es ist, ein normales Leben zu führen und einen Einzelgänger, dem das Leben mitunter ebenfalls nicht gut mitgespielt hat. Und auch wenn das Drehbuch mitunter nicht ganz glaubwürdig ausgefallen ist, so bleibt dennoch ein empfehlenswerter, trauriger und zugleich optimistischer Film, der Fans von dramatischeren „Coming-of-Age“-Filmen auch nicht enttäuschen wird.
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8700
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