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project: equinoX Forum / Das Haus der lachenden Fenster

project: equinoX Forum

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#1 11.June 2012 16:15:51

jogiwan
drama-princess
Ort: graz (austria)
Registriert: 23.January 2006
Beiträge: 2256

Das Haus der lachenden Fenster

Im Auftrag des kleinwüchsigen Bürgermeisters Solmi (Bob Tonelli) reist der junge Restaurator Stefano (Lino Capolicchio) in eine kleine Gemeinde in der Nähe von Ferrara, um in der dortigen Kirche ein wieder-entdecktes Fresko des verstorbenen Malers Buono Legnani zu restaurieren. Dieser lebte einige Jahre mit seinen Schwestern in dem abgeschiedenen Ort und hat sich als durchgeknallter „Maler des Todes“ einen etwas unrühmlichen Namen gemacht, der nun jedoch touristisch verwertet werden und dem Dorf neue Impulse verleihen soll.

Während es sich Stefano in dem kleinen Ort mit seinen zuvorkommenden Bürgern gemütlich macht und auch sogleich mit der Restaurierung beginnt, trifft er wenig später in der örtlichen Taverne auf seinen Jugendfreund Antonio (Giulio Pizzirani), der ihm von einer bahnbrechenden Entdeckung erzählt. Doch soweit kommt es nicht, da Antonio am selben Abend vor den entsetzten Augen Stefanos aus seinem Hotelzimmerfenster stürzt. Als auch Stefano Drohanrufe erhält wird er mit einer fadenscheinigen Ausrede aus seinem Zimmer ausquartiert und erhält durch den minderbemittelten Messdiener Lidio (Pietro Brambilla) ein Zimmer in der geräumigen Villa einer älteren Frau, die ans Bett gefesselt ihr Dasein fristet.

Doch schon bald geschehen seltsame Dinge, die den jungen Restaurator immer mehr in seinen Bann ziehen. Er entdeckt in dem Haus eine seltsame Tonaufnahme des Malers und auch das Fresko zeigt mit einem bizarren Opferungsritual nicht unbedingt ein Szenario, dass man sich in einer Kirche erwarten würde. Als es wenig später von unbekannter Hand zerstört wird und er durch den Trunkenbold Coppola (Gianni Cavina) weitere Geheimnisse des Malers erfährt, beginnt er weiter über Legnani,  dessen Umfeld und Vermächtnis zu forschen und bringt sich und seine Freudin Francesa (Francesca Marciano) in große Gefahr.

Während andere Regisseure aus dem Land des Stiefels schon längst die entsprechende Anerkennung bei Kritiker und Publikum im Ausland genießen, sind die zahlreichen Werke des 1938 in Bologna geborenen Regisseur und Drehbuchautor Pupi Avati außerhalb Italiens bislang eher vernachlässigt worden. Obwohl er in jüngeren Jahren einige Genre-Filme abgeliefert hat, harren die meisten seiner Werke harren einer entsprechenden Veröffentlichung und auch bei dem empfehlenswerten Streifen „Das Haus der lachenden Fenster“ hat es über 35 Jahre gedauert, bis dieser nun erstmals mit einer deutschen Synchronisation versehen in deutschsprachigen Raum veröffentlicht wird und so nun auch hoffentlich von der breiteren Masse wahrgenommen wird.

Mehr Aufmerksamkeit hätte dieser ungewöhnliche Streifen aus dem Jahre 1976 auch dringend verdient, bietet er doch von der ersten bis zur letzten Sekunden wohligen Horror der subtilen Sorte und eine unaufgeregt erzählte und spannende Geschichte, die letzen Endes in einem grandiosen Finale gipfelt, dass seine Wirkung auch sicher nicht verfehlt. Irgendwie erinnert der Streifen an Werke wie „Wenn die Gondeln Trauer tragen“, „The Perfume of the Lady in Black“ oder auch „Wicker Man“, die sich ebenfalls dem Horror auf eher unkonventionelle Weise nähern und sich dessen Mitteln bedienen um eine ungewöhnliche Geschichte zu erzählen.
„La Casa dalle finestre che ridono“ wird ja allgemein eher dem Giallo-Genre zugeordnet, obwohl in dem Werk weder schwarze Handschuhe, noch Rasiermesser vorkommen und der ländliche Handlungsort mit seinen schrulligen Charakteren hat ebenfalls wenig mit der ansonsten in dieser Gattung von Film omnipräsenten Welt der Reichen und Schönen zu tun. Für mich ist Avatis Streifen dann auch eher eine gelungene Mischung aus Mystery, Thriller und Horror, der am Rande das Giallo-Genre streift und vor allem durch seine unvorhersehbare Geschichte und seine wunderbaren Bilder punktet.

Die Geschichte, bei der Pupi Avati auch als Drehbuchschreiber mitgewirkt hat ist auch sehr originell und bietet mit dem Restaurator Stefano auch eine sympathische Titelfigur, die in der abgelegenen Provinz in den Bann eines mysteriösen Malers und seinem Vermächtnis gezogen wird. Dabei ist das Hauptaugenmerk nicht nur auf die Spannung gelegt, sondern Avati nutzt seine Geschichte auch dazu, um die einfachen Menschen eines heruntergekommenen Dorfes zu zeigen, das im Falle von „Das Haus der lachenden Fenster“ auch aus Kleinwüchsigen, Minderbemittelten, Trunkenbolden und sonstigen Figuren bevölkert ist. Neben seiner originellen Story glänzt der Streifen aber auch durch seine schönen Bilder, die Pupi Avati  in der herbstlich-gefärbten Poebene in der Nähe der Stadt oberitalienischen Stadt Ferrara eingefangen hat.

Darstellerisch ist der Streifen auch gelungen und bietet den ebenfalls unterschätzen Lino Capolicchio in der Hauptrolle, der hier als neugieriger und sympathischer Restaurator auch wunderbar agiert. Obwohl Capolicchio in den Siebzigern ein vielbeschäftigter Mann war und oftmals auf die Rolle des jungendlichen Rebels festgelegt war, hat es mit dem großen und internationalen Durchbruch doch nie so richtig geklappt.  An seiner Seite agiert die zauberhafte Francesca Marciano, die sich danach aber eher auf das Schreiben von Drehbüchern verlegte. Aber auch die restlichen Darsteller sind passen besetzt und wer genau aufpasst erlebt auch noch die junge Zora Kerova („Cannibal Ferox“ und „New York Ripper“) in ihrer womöglich ersten, aber unerwähnten Filmrolle als Tavernen-Kellnerin.

Pupi Avati ist ja auch heutzutage noch  als Regisseur aktiv  und seine Liste an derzeit 44 Regiearbeiten umfassen auch nahezu alle möglichen Genres, für die er meist auch die entsprechenden Drehbücher verfasste. Für den Genrefreund interessant sind aber sicherlich seine früheren Werke wie eben „Das Haus der lachenden Fenster“, „Neun Leichen hat die Woche“ oder auch „Zeder“ über den ich demnächst auch noch ein paar Zeilen tippen werde.  Allesamt auch etwas polarisierende und ungewöhnliche Werke, die innerhalb von Fankreisen dennoch einen guten Ruf besitzen und die es auch zu entdecken gilt.

Vor allem „Das Haus der lachenden Fenster“ hat sich über die Jahre den Ruf als Insider-Tipp erhandelt, was auch daran liegt, dass der Streifen auch nur über Umwege zu erhalten war und bislang auch nie in deutscher Sprache veröffentlicht wurde. Doch das hat sich jetzt geändert und CMV-Laservision hat in Kooperation mit „’84 Entertainment“ den Streifen neu synchronisieren lassen, was ich anfänglich doch mit gewissen Skepsis vernommen habe. Doch diese war unberechtigt und das Endergebnis ist schlichtweg sehr gelungen und sehr professionell und liebevoll gemacht, sodass es im Verlauf des Filmes zu keiner (!!!) Sekunde auffällt, dass es sich dabei um keine originale Synchro aus den Siebzigern handelt. 

Der etwas erhöhte Preis ist dann angesichts der Mühen, die man für diesen Veröffentlichung gemacht hat auch durchaus gerechtfertigt und die Bildqualität ist ebenfalls besser als die der bisher erhältlichen Ami-DVD. Neben einem Audiokommentar von Marcus Stiglegger und Kai Nauman gibt es auch noch ein Booklet mit einem interessanten Text von Christian Kessler, eine selbstlaufende Bildergalerie, den Originaltrailer, sowie ein Postkarte mit Motiv aus dem Film. Neben zwei Covervarianten in wahlweise deutscher oder italienischer Ausführung gibt es den Streifen auch noch in der Retro-Edition, wobei alle drei Varianten meines Wissens auch limitiert sind.

Unterm Strich ist „La Casa dalle finestre che ridono“ einer der ungewöhnlichsten Vertreter des italienischen Horrorfilms aus den Siebzigern und ein Werk, dessen Veröffentlichung auch über die Jahre von vielen Filmfans vollkommen zu recht herbeigesehnt wurde. „Das Haus der lachenden Fenster“ setzt zwar weniger auf Blut oder krasse Effekte, sondern verlässt sich auf seine unvorhersehbare Geschichte und seinem langsamen Erzählfluss, der den Zuschauer mit auf eine Reise in die Abgründe der menschlichen Seele nimmt und in einem erinnerungswürdigen Finale gipfelt, das man sicherlich nicht so schnell vergisst. Pupi Avatis wohl außergewöhnlichstes und auch  schönstes Werk nun sogar auf Deutsch genießen zu können, ist eigentlich eine mittlere Sensation, die sich dann auch kein Genre-Freund entgehen lassen sollte. Toller Film, tolles Mediabook und zwei freudenstrahlende Daumen nach oben!


It´s fun to stay at the YMCA...

*** Gretl... the prince !!! ***

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#2 20.June 2012 14:01:49

chilidog
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Re: Das Haus der lachenden Fenster

@ Jochen,

vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8721

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