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Der Schriftsteller Stefano (Gabriele Lavia) bekommt von seiner bezaubernden Frau Alessandra (Anne Canovas) zum Hochzeitstag eine elektrische Schreibmaschine geschenkt, die diese zuvor in einem Pfandleihaus erworben hat. Als sich der darüber sehr erfreute Stefano an die Maschine setzt und seinen dritten Roman zu beginnen, entdeckt er aus Zufall an den Abdrücken des Farbbands eine Nachricht, die von dem Vorbesitzer geschrieben wurde. Diese beschäftigt sich mit ominösen „K-Zonen“ und dem Versuch, die Schranken des Todes für immer einzureißen.
Stefanos Neugier ist geweckt und er wittert auch sogleich die spannende Story für seinen neuesten Roman. Mit einer Kopie des Textes sucht er den anerkannten Professor Chesi (John Stacy) auf, der sich mit übernatürlichen Dingen beschäftigt und ihm von Orakeln und Mysterien berichtet und dem Versuch eines gewissen Zeder, der überzeugt war, dass man an den bestimmten Orten der Erde, sogenannten „K-Zonen“ von den Toten zurückkehren kann, wenn bestimmte Parameter vorhanden sind.
Durch seinen Freund, den Polizisten Guido erfährt Stefano auch die Adresse des Vorbesitzers, der sich als Priester namens Don Luigi Costa (Aldo Sassi) entpuppt. Als der Schriftsteller diesen in seiner Gemeinde aufsucht, reagiert dieser wenig kooperativ. Eine junge Studentin, die dem Schriftsteller helfen möchte, verschwindet ebenso wie der Brief und das Band aus der Schreibmaschine und selbst der vermeintliche Priester entpuppt sich als falsch, da der echte Costa vor einiger Zeit in einem Spital verstorben ist.
Doch Stefano lässt sich selbst durch Widrigkeiten nicht abschütteln und erfährt von der blinden Schwester des Verstorbenen, dass dieser in den letzten Jahres seines Lebens zunehmend seltsam geworden ist. Das vermeintliche Grab des Bruders ist aber ebenfalls nicht existent und alles deutet darauf hin, dass irgendjemand versucht, die Nachforschungen zu verhindern und alle Beweise über die Existenz der „K-Zonen“ zu vernichten.
Als das Interesse des Schriftstellers auf ein aufgelassenes Feriengelände gelenkt wird, hört dieser nicht nur seltsame Dinge über den abgesperrten und baufälligen Ort, sondern entdeckt auch den Hinweis, dass sich Costa in den letzten Wochen seines Lebens in einer kleinen Pension ganz in der Nähe aufgehalten hat. Stefano betritt das Gelände und stößt nicht nur auf wissenschaftliche Gerätschaften, sondern wenig später auch auf ein Geheimnis, dass sein Blut in den Adern gefrieren lässt…
Anfang der Achtziger boomten in Italien Kannibalen und Horrorfilme, die ihren Schwerpunkt oftmals in breit ausgewalzten Gewaltszenen legten und versuchten, den Zuschauer ordentlich zu schocken. Doch während sich Regisseure wie Umberto Lenzi, Lucio Fulci und Ruggero Deodato gegenseitig mit immer wilderen Streifen zu übertrumpfen versuchten, schaltete Pupi Avati gleich mehrere Gänge zurück und schuf den atmosphärischen Grusler „Zeder“ der mit den sonstigen Werken aus der Schaffensperiode auf den ersten Blick wenig gemeinsam hat.
Obwohl auch in Avatis Werk die Toten auf die Erde zurückkommen ist „Zeder“ natürlich keine Zombie-Streifen im herkömmlichen Sinne und verzichtet auch über weite Teile auf plakative Gewaltdarstellung oder sonstige Zutaten, die man aus der entsprechenden Kiste kennt. Wie schon in „Das Haus der lachenden Fenster“ gibt es ein eher gemäßigtes Erzähltempo, das mit zunehmender Laufzeit spannender wird und in einem unerwarteten Ende gipfelt, dass den Zuschauer zwangsläufig an „Friedhof der Kuscheltiere“ des amerikanischen Horrorschriftstellers Stephen King erinnert.
Doch offensichtlich hatte hier wirklich der Zufall seine Finger im Spiel bzw. sind die beiden Storys unabhängig voneinander entstanden. So wurde der Streifen laut IMDB am 25.08.1983 in die italienischen Kinos gebracht, wobei das Buch erstmalig im November 1983 veröffentlicht wurde. Dass hier also der eine sich vom anderen und umgekehrt bedient hat, ist wohl eher unwahrscheinlich und Avati orientiert sich auch eher an altbekannter Mythologie und hat bis auf eine ähnliche Ausgangsidee und dem Schluss auch erzählerisch wenig mit Kings Roman gemein.
Ich hab „Zeder“ im Rahmen einer Italo-Horror-Welle ja bereits vor Jahren einmal gesehen und aufgrund meiner falschen Erwartungshaltung wollte sich die große Freude nicht so wirklich einstellen. Damals war mir das Werk auch etwas zu lahm und zu sperrig und insgesamt etwas zu sonderbar. Mittlerweile schätze ich es aber, dass Pupi Avatis Streifen nicht nur eine Sonderstellung im italienischen Genre-Kino einnehmen, sondern auch bewusst gegen allgemeine Zuschauererwartungen gebürstet sind. Und so ist auch „Zeder“ wohl ein Streifen, den man erst so richtig schätzen kann, wenn man den Schwerpunkt seiner persönlichen Horrorleidenschaft etwas verlagert hat und auch die gemächlicheren und atmosphärischen Momente dieser Streifen schätzen kann.
Die Story beginnt nach dem Prolog recht ruhig und der Schriftsteller Stefano ist eigentlich recht sympathisch. Je mehr er sich in seine Geschichte verstrickt, desto manischer und aggressiver wird er auch, sodass er letzten Endes alles für seine vermeintliche Story aufs Spiel setzt und es für ihn kein Zurück mehr gibt. Die Inszenierung lässt jedenfalls viel Luft zwischen den einzelnen Szenen und lässt den Zuschauer oftmals wie den Protagonisten im Dunkeln tappen. Richtig spannend wird es dann auch erst im letzten Drittel und das Finale fand ich persönlich auch sehr, sehr gelungen.
Auch die Locations sind sehr passend gewählt und mit der aufgelassenen Ferien-Siedlung „Colonia Provincia Varese“ hat man auch einen mystischen Ort gefunden, der hervorragend zur Geschichte passt. Auch ansonsten gibt es außer ein paar ruppigen Szenen-Übergängen nicht viel an der Regie zu bemängeln und auch darstellerisch kann man wenig bemängeln, auch wenn Gabriele Lavia („Profondo Rosso“) bei aller Liebe wohl nicht die Idealbesetzung von Stefano darstellt.
Wenig zu meckern gibt es hingegen an der Scheibe aus dem Hause CMV-Laservision, die den Streifen aus dem Jahre 1983 auch in solider Bild- und Tonqualität unter die Leute bringt. Neben einem Audiokommentar von dem Filmgelehrten Christian Kessler gibt es auch noch ein kleine Dokumentation, bei der die sogenannte „K-Zone“ bzw. die aufgelassene Feriensiedlung nochmals genauer unter die Lupe genommen wird. Abgerundet wird die schicke, kleine VÖ dann noch mit dem Trailer zu dem ebenfalls sehr wunderbaren „Das Haus der lachenden Fenster“.
Unterm Strich bleibt ein ungewöhnlicher Film über lebende Tote, der aufgrund seiner Machart und seiner Geschichte wohl nicht den Geschmack von durchschnittlichen Horror- und Zombiefans treffen wird. Pupi Avatis Streifen über einen Getriebenen, der einer mysteriösen Sache auf die Spur kommt ist über weite Teile etwas behäbig und atmosphärisch eingefangen und wird dann auch eher Freunden von gepflegten Gruselfilmen gefallen, die sich gängiger Klassifizierungen gekonnt entziehen. Für mich ist „Zeder“ dann sozusagen auch eher Liebe auf den zweiten Blick und ich möchte den Film trotzdem gar nicht mehr in meiner Sammlung missen.
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@ Jochen,
vielen Dank für das Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8697
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