project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
Sie sind nicht angemeldet.
Da in Finnland das analoge TV abgedreht wird, legt die hübsche Inari (Pamela Tola) ihrem arbeitslosen Freund Janne (Jussi Vatanen) an einem Freitagmorgen einen 50 Euro-Schein auf das Nachtkästchen, damit dieser im Laufe des Tages im örtlichen Elektrowaren-Laden einen DBTV-Receiver kaufen kann. Doch der antriebslose Janni kommt zuerst nicht aus den Federn und hängt nachmittags auch lieber mit seinen Freunden Kalle und Ralle im Pub ab und als er sich wieder seines Auftrages besinnt, reicht die Kohle nicht mehr, um den Digitalempfänger zu kaufen. Als Janne daher mit Kalle und Ralle, dafür jedoch ohne Receiver nach Hause kommt ist Inari fuchsteufelswild, setzt die drei Männer vor die Tür und stellt ihrem Freund ein letztes Ultimatum. Entweder er besorgt bis am nächsten Morgen ein entsprechendes Gerät, oder Inari packt ihre Sachen und verlässt ihren Loser-Freund ein und für alle mal.
Dieser versucht zuerst noch im näheren Umfeld einen Receiver zu besorgen, doch auch diese Versuche schlagen fehl, sodass sich die drei mit dem aufgetunten Auto von Ralles Mutter auf den Weg nach Rovaniemi zu Jannes Schwiegervater machen, der dort ebenfalls einen Elektroladen besitzt. Doc die drei kommen nicht weit und die Fahrt ist bereits wenige Kilometer später mangels Benzin zu Ende. Da der Wagen nicht unweit von Mikkies Haus, einem Ex-Freund von Inari zum Stillstand gekommen ist, beschließt Janne aus dessen Van Benzin abzuzapfen und wird von dem Intimfeind auch prompt dabei überrascht.
Mikkie reagiert zunächst fair und bietet Janne an, seinen gebrauchten, jedoch erst vier Wochen alten Receiver zu nehmen, was dieser jedoch aus Stolz ablehnt. Als Mikkie von Inaris Ultimatum erfährt ist sein Interesse geweckt und während die drei ihre Fahrt mit dem geborgten Benzin fortsetzen, wittert dieser seine Chance, wieder bei der hübschen Inari zu landen. Davon bekommt Janne jedoch nicht mit, der in der Nähe eines Hotels versucht, sich ein paar Euro zu verdienen und später in den Händen eines weiblichen Unterwasser-Rugby-Teams landet.
Das ist jedoch erst der Auftakt zu einer sehr turbulenten Nacht, in der die drei Freunde teils verschuldet, teils unverschuldet von einer skurrilen Situation in die nächste geraten. Janne fasst den Plan um seine Liebe zu kämpfen und alles daran zu setzen um Inaris Aufgabe auch mit Bravour zu lösen. Doch die ganze Welt scheint sich gegen die drei Jungs und ihren Plan verschworen zu haben, die sich jedoch weder von Polizei, noch der sibirischen Kälte und einem Schneesturm unterkriegen lassen.
Im Gegensatz zu amerikanischen Komödien, die inflationär und oftmals pubertär im Wochentakt auf den Zuschauer losgelassen werden, tun sich europäische Produktionen oftmals etwas schwer, ihr Publikum zu finden. Vor allem, wenn diese statt glattgebügelten Mainstream, bekannten Gesichtern und halblustigen Witzen auch noch auf Regionalität, eine herzliche Geschichte und unverbrauchte Gesichter setzen. Anders ist es wohl nicht zu erklären, dass die sympathische Loser-Komödie „Helden des Polarkreises“ fast zwei Jahre gebraucht hat, um überhaupt erst in die deutschen Kinos zu kommen und wenige Monate darauf nun auf Silberling veröffentlicht zu werden.
Der empfehlenswerte Streifen über drei antriebslose Freunde und ihre beispiellose Odyssee durch das nächtliche Lappland ist auch erfrischend anders und überzeugt neben seiner netten Geschichte, die in einer einzigen Nacht spielt, vor allem durch seinen trockenen Humor und bitterböse Momente. Auch die Tatsache, dass der Film seine skurrilen Charaktere nicht zur Schau stellt, sondern auf eine liebenswerte Art und Weise mit all ihren Stärken und Schwächen portraitiert, lässt die „Helden des Polarkreises“ auch aus der Masse von vergleichbaren Werken herausstechen.
Die drei Verlierertypen sind auch recht sympathische Wesen, die allesamt mit unterschiedlichen Problemen des männlichen Geschlechts zu kämpfen haben. Während Janne seinen Job verloren hat und dadurch antriebslos geworden ist, hat der jungfräuliche Ralle unter seiner dominanten Mutter zu leiden, während Kalle erblich vorbelastet ist, da alle Männer der Familie vorangegangener Generationen durch eigene Hand aus dem Leben geschieden sind. Trotz dieser eher nicht so guten Ausgangslage schaffen es jedoch alle drei im Verlauf des Filmes aus ihrer vorgegebenen Rolle auszubrechen und das jeweilige Leben selbst in die Hand zu nehmen und zum Positiven zu verändern.
Und genau das macht die „Helden des Polarkreises“ dann auch zu einem höchst kurzweiligen Vergnügen, dass neben seiner liebenswerten Geschichte dann auch noch jede Menge spaßiger Momente bietet, die auch gerne darüber hinwegsehen lassen, dass einiges doch etwas konstruiert daherkommt. Regisseur Dome Karukoski bezeichnet seinen dritten Film ja auch als ein Film über das geringe Selbstwertgefühl der finnischen Männer einer Nation voller starker Frauen und wenn man den Streifen so sieht, scheint es in der Psyche der Männer in dem Land in dem es entweder ständig hell, oder ständig finster zu sein, doch so einiges im Argen zu liegen.
Technisch gibt es an dem 2010 entstandenen Streifen nicht viel zu meckern und abgesehen von ein paar wenigen CGI-Tricksereien bietet der finnische Streifen neben einer soliden Inszenierung jede Menge idyllische Landschaften inklusive Polarlichter, sodass Kälte-resistente Personen wohl sofort Lust auf einen spontanen Urlaub bekommen könnten. Auch darstellerisch ist alles im grünen Bereich und die unverbrauchten Darsteller sind allesamt sehr passend für ihre jeweiligen Rollen gewählt, sodass man das Trio mit zunehmender Laufzeit einfach in sein Herz schließen muss.
Auch die Blu-Ray-Disc aus dem Hause Ascot Elite bietet den vielfachen Festivalpreisträger mit einer FSK-12-Freigabe und sehr guter Bild- und Tonqualität, wobei man sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen sollte, auch die finnische Tonspur zu genießen. Neben einer kurzen Einführung von Regisseur Dome Karukoski bietet der Streifen auch jede Menge Bonus wie z.B. ein „Behind the Scenes“, entfallene Szenen, mehr Infos zu den Charakteren, Musikvideos und weiteren Trailern.
Unterm Strich ist „Helden des Polarkreises“ ein schwer sympathisches Roadmovie über drei finnische Slacker, die in einer ereignisreichen Nacht über sich hinauswachsen und den Zuschauer 90 Minuten lang auf eine spannende Reise durch das nächtliche Lappland mit all seinen skurrilen Menschen entführen. Der trockene und teils schwarze Humor ist genau mein Fall und dass der Streifen nie in Klamauk oder pubertäre Gefilde abdriftet und seine Figuren zu keiner Sekunde vorführt, ist dem kurzweiligen Werk ebenfalls hoch anzurechnen. Sicherlich einer der besten Komödien, die ich in den letzten Zeit gesehen habe. Tipp!
Offline
@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8694
Offline