project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Der Polizist Gerry Boyle (Brendan Gleeson) ist ein Zyniker vor dem Herrn und schiebt in der irischen Ortschaft Connemare zwischen schroffen Klippen, schrulligen Bewohnern und unberührten Landstrichen eine eher ruhige Kugel. Das ändert sich, als eines Tages nicht nur den jungen Aidan (Rory Kennan) aus Dublin als Kollegen an seine Seite bekommt, sondern auch noch ein erschossener Mann in einem Ferienhaus gefunden wird. Während die Identität des Ermordeten vorerst unklar ist, erfährt Gerry und seinen Kollegen von dem FBI-Agent Wendell Everett (Don Cheadlle) aus den USA, dass die regionale Küstengegend der vermutete Schauplatz eines gigantischen Drogendeals sein soll, bei dem neben dem Toten auch noch drei weitere Tatverdächtige ihre Finger im Spiel haben.
Während der ruppige Gerry während der Präsentation gleich einmal gehörig bei dem schwarzen FBI-Beamten aneckt und von seinen Vorgesetzten zurechtgewiesen wird, stößt Aidan am selben Tag bei einer Routinekontrolle auf die restlichen Verbrecher und wird heimtückisch erschossen. Während Gerry den FBI-Agenten jedoch munter weiter provoziert, entdeckt Wendell, dass sich hinter der sehr rauen Schale des vermeintlichen Idioten ein durchaus fähiger Polizeibeamter befindet, der trotz unkonventioneller Methoden und Ansichten auch im vorliegenden Fall immer wieder mit entscheidende Ideen zur Stelle ist.
Wenig später stellt sich heraus, dass die Kriminellen für ihren Deal bereits den gesamten Polizeiapparat bestochen haben und auch bei Gerry wird versucht, mit eindeutigen Fotos dessen Stillschweigen zu erpressen. Doch der denkt gar nicht daran, den Verbrechern den Vortritt zu lassen und beschließt, nachdem seine Kollegen nach einer gezielten Falschinformation abgezogen werden, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Als er auch noch Opfer eines Mordversuches wird, erkennt Gerry jedoch, dass er für die Umsetzung seines Ziels jedoch einen unbestechlichen Partner an seiner Seite benötigt und findet diesen in Form des zuvor geschmähten FBI-Agenten…
Filme in denen unterschiedliche Kulturen aufeinander prallen haben derzeit ja wirklich Hochsaison und egal ob man bei den „Sch’ties“ (Dany Boon) willkommen geheißen wird, es „Nichts zu verzollen“ gibt oder aus zwei unterschiedlichen Personen „Ziemlich beste Freunde“ werden – je größer der kulturelle Unterschiede im Vorfeld, desto höher ist auch die Möglichkeit aus den vermeintlichen Unterschieden einen unterhaltsamen Film zu zaubern, der dann auch Masse und Kritiker gleichermaßen anspricht.
Auch in dem irischen Streifen „The Guard“ treffen in Form eines störrischen und irischen Polizeibeamten und einem erfolgreichen, amerikanischen und schwarzen FBI-Agenten zwei Kulturen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Während der launische Gerry eigentlich nur seine Ruhe haben möchte und Störungen in seinem beschaulichen Alltagstrott mit bissigen Zynismus kommentiert, ist der amerikanische Agent der Inbegriff eines erfolgreichen Menschen, der in der irische Einöde auf einmal mit wenig kooperativen Partnern und Sprachproblemen zu kämpfen hat.
Liest man die Kritiken im Netz, so kommt der Streifen sowohl beim Publikum, als auch bei den Kritikern gut an und Hauptdarsteller Brendan Glesson war für seine Rolle des mürrischen Iren auch für bei den „Golden Globes“ in der Kategorie bester Hauptdarsteller nominiert. Auch bei der Berlinale und Sundance lief die schwarzhumorige Mischung aus Thriller und Komödie von Regisseur John Michael McDonagh sehr erfolgreich und selbst bei der ansonsten so kritischen Internet-Gemeinde wird der Film größtenteils abgefeiert.
Die Ausgangslage von „The Guard“ ist ja dann auch ganz gelungen und schon in den ersten Minuten wird die Figur des Gerry als absolut miesepetriger Zyniker eingeführt, der überall aneckt und auch ansonsten durch recht seltsame Aktionen auffällt. Im Verlauf des Filmes wendet sich aber das Blatt und die Figur des Polizisten wird von Minute zu Minute menschlicher und hinter der rauen Schale und der Fassade des vermeintlichen Idioten steckt ein Kerl mit Verstand, der noch dazu das Herz am rechten Fleck und für seine Ideale auch vor Konfrontationen nicht zurückschreckt.
Der Rest der ganzen Sache fand ich dann aber im Vergleich zum Hauptdarsteller nur mäßig gelungen und die Geschichte mit dem gigantischen Drogendeal und den Figuren dahinter ist mir dann doch etwas zu sehr an das „Insider-cooles Laber-Zitate-Kino“ eines Quentin Tarantino angelehnt. Berufsmüde Verbrecher in der Krise mit Hang zur höheren Philosophie hat man in den letzten Jahren auch schon einen Tick zu oft auf der Leinwand gesehen, als dass ich mich aufs Neue daran begeistern könnte. Und auch die bitterbösen Wortduelle, sind in der deutschen Synchro auch nicht so spaßig, wie angekündigt.
Sicherlich ist der Streifen unterhaltsam und die ganze Sause nimmt im Verlauf des Filmes auch immer groteskere Züge an und bietet auch die ein oder andere böse Szene, aber irgendwie ist der Funke bei mir nicht richtig übergesprungen. Ich hätte mir angesichts der Lobeshymnen im Vorfeld auch ein bisschen mehr erwartet, als irische Starrköpfigkeit in Vollendung, die auf Verbrecher und andere sonderbare Menschen trifft und dabei immer wieder bitterböse und trockene Kommentare von sich gibt.
Bei der Besetzung ist aber alles richtig gemacht und Brendan Gleeson („Brügge sehen und sterben“) als mürrischer Irre ist dann auch die Idealbesetzung für diesen Streifen. Die Rolle des zynischen Polizisten ist ihm dann auch auf den etwas dicklichen Leib geschrieben und Gleeson hat auch sichtlich Spaß den vielschichtigen Charakter auf die Leinwand zu bringen. Ihm zur Seite steht Don Cheadle („Hotel Ruanda“) der angesichts der Leinwandpräsenz von Glesson natürlich chancenlos bleibt. Liam Cunningham mimt wie auch Mark Strong wieder einmal die andere Seite des Gesetzes und als weiblicher Aufputz dient die slowenische Schauspielerin Katarina Cas.
Die Blu-Ray aus dem Hause Ascot bringt den irischen Überraschungserfolg in guter Bild- und Tonqualität und auch der Bonusbereich überzeugt durch eine Fülle an Extras. So gibt es nicht nur den Kurzfilm „The Second Death“ und ein „Making of“, sondern auch zahlreiche entfallene oder erweiterte Szenen, die es nicht in den knapp 90minütigen Film geschafft haben. Zahlreiche Interview, ein „Behind the Scenes“ , sowie zahlreiche Trailer runden das Gesamtbild harmonisch ab.
Unterm Strich bleibt eine etwas skurrile Mischung aus Komödie und Thriller, der voll und ganz von seiner schrulligen Hauptfigur lebt, die sich im Verlauf der Geschichte in die Herzen der Zuschauer spielt. Dass die Geschichte dabei nicht sonderlich glaubwürdig ist und auch die Thematik des „philosophischen Verbrechers“ in letzter Zeit vielleicht doch etwas überstrapaziert wurde, muss man dabei wohl oder übel akzeptieren. Für mein Empfinden bleibt der Film aufgrund seiner vollkommen überzeichneten Charaktere wie schon im Falle von „Four Lions“ hinter meinen eigentlichen Erwartungen zurück und ist auch ansonsten etwas zu sehr auf Arthouse/Mainstream-Konsens-Komödie mit Teil-Anspruch gebürstet. Der Erfolg des Streifens spricht dann jedoch eine andere Sprache und in diesem Falle ist das dann auch gut so.
Beitrag geändert von jogiwan (01.April 2012 13:47:59)
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8564
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