project: equinoX Forum

Eines Nachts treffen sich mitten in Berlin die junge Japanerin Juna (Brenda Koo), die Französin Marie (Catherine de Léan) und das Pärchen Denis (Nick Eversman) und Lucia (Nathalie Kelley) um als „Urban Explorer“ an einer nicht ganz legalen Führung durch das unterirdische Tunnelsystem der Millionenmetropole Berlin teilzunehmen. Diese wird von dem jungen Deutschen Kris (Max Riemelt) geleitet, der sich den jungen Leuten zwecks Geheimhaltung jedoch unter falschen Namen vorstellt und die Teilnehmer erst einmal in einen Club schleppt. Von dort steigen die jungen Leute in den Untergrund und landen prompt in Stollen, die von der ehemaligen Stasi als Übungsplatz genutzt wurden. Doch das eigentliche Ziel der Reise ist ein ehemaliger Bunker der Nationalsozialisten, der mittlerweile zugemauert wurde.

Schon bevor die jungen Leute dort ankommen gibt es eine unliebsame Konfrontation mit zwielichtigen Gestalten und als die Teilnehmer beim Rückweg einen Schacht überqueren müssen, kommt es zu einem folgenschweren Unfall. Kris stürzt ab und bleibt mit einem offenen Bruch im am Boden des Schachts liegen und verliert das Bewusstsein. Während Marie und Juna versuchen den Weg zu finden um Hilfe zu holen, verbleiben Denis und Lucia bei dem Schwerverletzten und versorgen diesen notdürftig. Einige Zeit später werden die drei von Armin (Klaus Stieglmeier) entdeckt, der sich auch sofort bereit erklärt, den jungen Leuten zu helfen und mit vereinten Kräften wird der verletzte Kris zu dessen Station gebracht, von der aus Armin auch die Rettung verständigt.

Während sich das Pärchen an einem Eintopf labt, entwickelt sich ein Gespräch in dem Armin erzählt, dass er früher einer ostdeutschen Elite-Einheit angehört hat, die für Sonderfälle zuständig war. Auf weitere Fragen reagiert er jedoch gereizt und schon bald fühlen sich Lucia und Denis nicht mehr wohl in ihrer Haut. Die Angst vor Armin erweist sich auch durchaus berechtigt und während Denis gefesselt wird, beginnt der durchgeknallte Eigenbrötler damit, das junge Mädchen zu foltern. Als sich Denis befreien kann und es ihm gelingt, Armin kurzfristig außer Gefecht zu setzen, flüchtet das Pärchen in Panik und versucht verzweifelt einen Ausweg aus dem Labyrinth zu finden, während der Psychopath sich an ihre Fersen heftet...

Es gibt wohl keine zweite Stadt auf dieser Welt, die sich ständig selbst so feiert wie Berlin. Als Nabel der Welt für elektronische Musik, Fashion, Design und Hartz-IV-Empfänger zieht Berlin schon seit Jahrzehnten Bewohner wie Besucher an und gilt auch bei vielen Leutchen in meinem Bekanntenkreis als die wohl coolste Stadt der Welt. Der Streifen „Urban Explorer“  von Regisseur Andy Fetscher zeigt die Stadt nun aber von einer weniger gastfreundlichen Seite und verlegt den Handlungsort seines 2011 entstandenen Streifens unter die Erde in das weitverzweigte Tunnelsystem unter den Straßen Berlins, dass es auch tatsächlich geben soll..

Die Geschichte der jungen Leute, die unter der Erde an einen gewaltbereiten Psychopathen mit der Extraportion Realitätsverlust geraten ist ja nicht gerade sonderlich innovativ und erinnert inhaltlich an bekannte Streifen wie „Frontier(s)“ oder auch „Territories“ und ähnliche Handlungsorte wurde dem Zuschauer ja ebenfalls schon in Filmen wie „Stag Night“ oder „Creep“ ausgiebig präsentiert. Also nicht gerade die beste Ausgangslage für einen deutschen Film, der uns als „Knallhartes Genre-Kino“ auf der Hülle angepriesen wird. Überaschenderweise  ist  „Urban Explorer“ aber über weite Strecken auch wirklich sehr gelungen und braucht sich hinter vergleichbaren Werke auch gar nicht zu verstecken.

Die Idee mit dem „Urban Exploring“ ist ja auch gar nicht schlecht und offensichtlich wurde in Berlin auch Originalschauplätzen gedreht.  Ein bisschen mehr Lokalkolorit zu Beginn hätte aber vielleicht nicht geschadet und auch die unerwartet sympathischen Charaktere des Streifen, die allesamt von einem unterschiedlichen Kontinent kommen, hätten für mein Empfinden durchaus etwas mehr beleuchtet werden können.  Positiv ist ebenfalls, dass der Streifen nicht wie so oft für das deutsche Publikum zu Tode synchronisiert wurde, sondern zweisprachig belassen wurde. Das Unverständnis der Sprache und die dadurch entstehende Hilflosigkeit ist ja ein wichtiger Teil des Streifens, dessen  erster Teil auf Englisch und danach größtenteils auf Deutsch gedreht wurde.

Leider wandelt das Drehbuch aber im weiteren Verlauf des Filmes doch etwas zu sehr auf ausgetretenen Genre-Pfaden und obwohl sich der Streifen teils sicher Mühe gibt, wirkt in „Urban Explorer“ doch alles sehr, sehr bekannt. Das Verhalten der Protagonisten sollte man wie üblich nicht hinterfragen und auch die Figur des Armin, der von Klaus Stiglmeier zuerst freundlich, dann zunehmend bedrohlich gespielt wird, fand ich jetzt nicht ganz so gelungen. Der Film braucht dann auch etwas zu lange um in die Puschen zu kommen und etwas mehr Terror hätte sicherlich nicht geschadet. Wer die teils etwas zu überschwänglichen Stimmen im Netz liest, könnte da angesichts des Filmes dann doch etwas enttäuscht sein.

Den 1980 geborenen Regisseur Andy Fetscher wird man aber sicherlich im Auge behalten müssen und es ist schön zu sehen, dass er nach seinem Erstling „Bukarest Fleisch“ dem Horror-Genre treugeblieben ist.  Technisch gibt es ja nicht viel zu meckern und der Streifen scheint mit seiner Mischung aus altbekannten Motiven ja durchaus den Nerv des Publikums zu treffen. Dann sahen wohl auch die Besucher und Jury des amerikanischen „Screamfest“, die den deutschen Streifen dann auch in vier Kategorien Preise verlieh.

Auch die Blu-Ray-Disc aus dem Hause Universum ist eigentlich rundum gelungen und bietet den Streifen in sehr guter Bild, die auch auf der Höhe der Zeit ist. Da „Urban Explorer“ zweisprachig gedreht und wie bereits erwähnt auch so belassen wurde, gibt es für das deutsche Publikum die englischen Dialog-Passagen mit deutschen Untertitel.  Der Bonusbereich bietet ein kurzes Making-Of, sowie Trailer zum Film. Ein etwas längerer Einblick in die Dreharbeiten und ein paar Interviews wären dennoch wünschenswert gewesen. Abgerundet wird die Scheibe dann noch mit einem Wendecover, sowie einer längeren Trailershow.

Unterm Strich bleibt mit Fetschers Werk ein systemerhaltender Terrorstreifen, mit Anleihen beim „Torture-Porn“ der zwar zweifelsfrei gut gemacht ist, aber für meine Verhältnisse aber doch etwas zu sehr auf „Nummer sicher“ gestrickt wurde, um dauerhaft im Empfinden des Horrorfans zu bleiben. Ein bisschen mehr Mut und auch ein etwas höherer Härtegrad hätten sicher nicht geschadet, aber wer Filme aus dieser Kiste mag, bekommt mit „Urban Explorer“ einen System-erhaltenden Streifen aus deutschen Landen präsentiert, der sich dank tollem Cast und interessanter Locations auch sicher nicht hinter vergleichbaren Werken verstecken muss. 6-7/10