project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Als der dickliche Shecker (Miles Chaplin) eines Tages von seinem berühmten Vater in das „Box Canyon Boys Camp“ gebracht wird, trifft dieser dort auf Cotton (Barry Robins), Teft (Bill Mumy), Goodenow (Darel Glaser) und die beiden rivalisierenden Brüder Lally 1 (Bob Kramer) und Lally 2 (Marc Vahanian), die von ihrem überforderten Eltern ebenfalls in das exklusive Feriencamp gebracht wurden. Dort sollen die rebellischen Jungs unter Gleichaltrigen und bei unterschiedlichen Aufgaben lernen, sich wie richtige Männer zu benehmen um am Ende des Sommers bessere Menschen sein.
Doch anstatt sich wie der Rest in Gruppen zu integrieren, bleiben die sechs Jugendlichen auch im Ferienlager eher Außenseiter und werden von den restlichen Camp-Besuchern aufgrund ihres Aussehens oder ihrer Macken eher gemieden. Auch bei den sportlichen Bewerben landen die sechs Jungs stets am letzten Rang und werden von ihrem Aufseher Wheatie auch als Verlierer beschimpft. Als zu allem Überfluss auch noch der nächtliche Diebstahl eines Camp-Maskottchens danebengeht, die Jungs auf frischer Tat ertappt und danach von der restlichen Gemeinschaft bestraft werden, werden die Jungs von einer Wanderung durch den Grand Canyon ausgeschlossen.
Stattdessen werden sie von ihrem Aufseher Wheaties zu einer Veranstaltung mitgenommen, bei denen Sportschützen gegen Geld auf eingezäunte Büffel schießen und diese erlegen. Die Jungs sind von diesen Praktiken und den Jägern bestürzt und beschließen spontan, gemeinsam etwas gegen das brutale und sinnlose Treiben zu unternehmen. Wenige Tage vor Ende des Sommers wird der Plan dann auch in die Tat umgesetzt und während Wheaties abgelenkt wird, flüchten die sechs unterschiedlichen Jungs aus dem Camp um die wehrlosen Tiere zu befreien und so vor dem sicheren Tode zu bewahren.
Der Weg zu den Büffeln ist jedoch weit und die gemeinsame Reise und das gemeinschaftliche Ziel schweißt die Jungs immer enger zusammen. Während der abenteuerlichen Tour stehlen die Jugendlichen neben Pferden auch ein Auto und treffen auf wilde Gesellen, bevor sie am Ende ihres Weges frühmorgens tatsächlich am Gehege ankommen, in dem die Büffel in aller Ruhe grasen. Als sich jedoch die Befreiung als nicht so einfach entpuppt und als sich auch die Jäger und Camp-Aufsicht an die Fersen der Ausreißer heften, steuert alles auf eine Katastrophe zu, die das Leben der jugendlichen Außenseiter für immer verändern wird…
Die 1971 entstandene und packende Roman-Verfilmung „Bless the Beasts & Children“ des gleichnamigen Buches von Glendon Swarthout bietet wieder einmal die beliebte Thematik des heranwachsenden Außenseiters, dieses Mal in Form von sechs emotional-durcheinandergewirbelten Jugendlichen, die von ihrer Umwelt als „gestört“ bzw. „nicht normal“ empfunden werden. Doch diese Jungs aus reichen Hause sind oftmals nur das Produkt fehlgeleiteter Elternliebe, Desinteresse und Unterdrückung und als sie sich zusammenraufen um als vermeintliche Tierrechtsaktivisten eine Horde von Büffeln zu befreien, wird dieses einem der Jungen zum Verhängnis, der als Sinnbild für die eigene Existenz bis zum bitteren Ende für die Freiheit der geschützten Tiere kämpft.
Die Art und Weise, wie die Geschichte von Regisseur Stanley Kramer erzählt wird, ist durchaus interessant und während die Handlung des Streifens mit dem Ausbrechen aus dem Camp beginnt, wird in Rückblenden die Ereignisse aus der Vergangenheit, sowie die Schicksale der unterschiedlichen Jugendlichen gezeigt. Diese sind dann auch ganz unterschiedlicher Natur und haben doch eines gemeinsam: das Unverständnis der Erwachsenwelt über die Tatsache, dass mancher Jugendlicher in jungen Jahren und darauffolgender Pubertät halt nicht in ein vorgegebenes Schema passt und mitunter schwierig ist.
Diese Tatsache ist dann auch heute leider aktueller denn je, in denen ein natürlicher Entwicklungsprozess von Jungen als „gestört“ empfunden wird und diesem mittels Mode-Diagnose „ADHS“ (Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung) und der Verabreichung von Ritalin entgegengetreten wird. Denn ein Arzthonorar und Rezeptgebühr ist schneller bezahlt, als sich um den Nachwuchs zu kümmern und vielleicht die Leistungsgesellschaft, die dafür sorgt, dass Erziehungsfragen an die Schule abgewälzt werden und keiner der Elternteile mehr für ihre Kinder Zeit haben, als Ursache dieser vermeintlichen Störung zu identifizieren.
Doch das ist nur eines der Themen, die in dem interessanten Film präsentiert werden und neben dem Heranwachsen wird auch das Verhalten von manchen Amerikanern näher beleuchtet, die in dem Gebrauch einer Waffe, den Inbegriff der Freiheit sehen und auch nicht davor zurückschrecken , die eigentlich geschützten und wehrlosen Tiere in ihrem Gehege einfach abzuknallen. Bei seinerzeitigem Kinostart führte das kritische zur Schau stellen von Waffennarren auch zu einer handfesten Kontroverse mit den Waffenlobby, welche auch in dem Originaltrailer ansatzweise zu sehen ist. Das Thema Tierschutz stand Anfang der Siebziger ebenfalls noch in der Kinderschuhen und die Buchvorlage aus dem Jahre 1970 war einer der ersten zeitgenössischen Literaturwerke, die dieses thematisierten.
Technisch gibt es jedenfalls nicht viel zu meckern und die Mischung aus Abenteuerfilm, Außenseiterdrama und „Coming-of-Age“-Film mit der Extraportion Gesellschaftskritik ist auch sehr packend inszeniert. Die Darsteller machen ihre Sache sehr gut und vor allem Barry Robins als Cotton ist wirklich sehr mitreißend. Daher ist es fast ein wenig verwunderlich, dass man mit Ausnahme von Bill Mumy als Teft von den restlichen, jugendlichen Schauspielern nicht mehr viel gehört hat. Wenig überraschend ist es hingegen, dass der Streifen mehrfach ausgezeichnet wurde. Das von der tragischen Popgruppe „The Carpenters“ intonierte Titellied wurde sogar für den Oscar nominiert und auch auf der Berlinale wurde der Streifen mehrfach ausgezeichnet.
Trotzdem ist der Streifen hierzulande wohl nicht so populär und auch ich hab bis vor kurzen von dem Streifen noch nichts gehört. Das der wunderbare Film jetzt jedoch erhältlich ist liegt an dem sympathischen Label CMV-Laservision, die den „Coming-of-Age“-Streifen unter dem etwas nichtssagenden deutschen Titel „Denkt bloß nicht, dass wir heulen“ unter die Leute bringt. Die Bild- und Tonqualität ist jedenfalls sehr gut und auch die Synchro ist sehr gelungen. Als Bonus gibt es neben dem Originaltrailer jedoch nur eine Bildergalerie, was angesichts der Kontroverse um den Film fast etwas schade ist. Abgerundet wird das dennoch sehr positive Gesamtbild dann noch mit weiteren Trailern aus dem Programm.
Unterm Strich bleibt ein sehr packender Streifen über jugendliche Außenseiter, die von ihren Eltern in ein Erziehungscamp abgeschoben werden, auch dort keinen Anschluss finden. Auch wenn „Denkt bloß nicht, dass wir heulen“ mittlerweile schon über 40 Jahre am Buckel hat, so sind seine Themen wie vermeintliche Problemkinder und Tierschutz aktueller denn je und auch dank der ungewöhnlichen Erzählweise hat der Streifen nichts von seiner Anziehungskraft verloren. Sicherlich einer der ganz großen Vertreter von Filmen über Heranwachsende, dem man auch gerne einen größeren Bekanntheitsgrad wünschen würde. Aber das ändert sich ja vielleicht nun mit der wunderbaren Scheibe. Ganz groß!
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8348
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