project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Die beiden homosexuellen Nachwuchs-Schauspieler Jason (Carlos da Silva) und Chad (Ryan White) teilen sich im Herzen von New York zwar ein Apartment, aber könnten eigentlich unterschiedlicher nicht sein. Während der extrovertierte Jason sein Leben in vollen Zügen genießt und sich im Schwulen-Chat die Sexpartner ständig wechselnde Sexualpartner an Land zieht, wartet der introvertierte und katholisch erzogene Chad lieber auf die große Liebe mitsamt der ewigen Treue. Doch während das Leben von Jason zunehmend von der Sucht nach anonymen Sex und wechselnden Partnern geprägt ist, hat Chad schon längst ein Auge auf seinen sportlichen Mitbewohner geworfen, der aber aufgrund seiner Getriebenheit ständig „online“ zu sein gar nicht bemerkt, mit welchem netten Typen er da eigentlich zusammenwohnt.
Die Tage vergehen und während Jasons soziale Kontakte immer mehr abnehmen, weil er ständig Zeit vor dem Computer verbringt um seinen vermeintlichen Traummann zu finden, wird auch Chad von seinem besten Freund Sammy in die Welt des Gay-Chats eingeführt. Eine Welt, in der man es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt und in der allesamt attraktiv, sportlich und natürlich auch gut bestückt ist. Kaum ist Chad mit seinem virtuellen Alter-Ego „New NYC Boy“ online trifft er auch schon auf einen Kerl mit dem Namen „Hook up Boy“, mit dem sich trotz oder gerade wegen der Anonymität auch rasch ein nettes Gespräch entwickelt. Doch auch in der realen Welt läuft es für den schüchternen Chad mittlerweile ganz gut und aus seinem WG-Partner ist so etwas wie ein guter Freund geworden, der allerdings noch immer keinen blassen Schimmer hat, das Chad in ihn heimlich verknallt ist.
Jason beginnt zu erkennen, dass schnelle Sexualkontakte nicht das Wahre sind und er beginnt sich zunehmend nach einer fixen Beziehung zu sehnen. Statt ständig die Partner zu wechseln hat er mit seiner Chat-Bekanntschaft „New NYC Boy“ auch einen Seelenverwandten gefunden, mit dem er sich über alle Dinge des Lebens austauschen kann, ohne zu ahnen, dass dahinter sein Mitbewohner steckt, der ebenfalls keine Ahnung hat, mit wem er da eigentlich ständig chattet. Als Chad jedoch bemerkt, wer hinter „Hook up Boy“ steckt und dieser gerade wieder dabei ist, sich jemanden aufzureißen, nimmt er all seinen Mut zusammen und schickt seinem Gegenüber eine eindeutige Message, die auch für die beiden Männer nicht ohne Folge bleibt…
Das Internet hat mit seinen schier unendlichen Möglichkeiten der Kommunikation nicht nur das Leben aller Menschen mit Computerzugang nachhaltig verändert, sondern hat auch für die homosexuelle Welt, die früher oftmals im Verborgenen stattgefunden hat, vollkommen neue Perspektiven eröffnet. Wo man früher noch Dark-Room-Lokale oder schäbige Cruising-Plätze zur Kontaktaufnahme für schnellen Sex aufsuchen musste, sitzt man heutzutage im heimischen Wohnzimmer bequem mit Kaffee vor dem Rechner und pickt sich aus dem Online-Angebot die vermeintlichen Rosinen aus. Da aber viele mit diesem neuen Medium eher überfordert sind und auch nicht allzu sehr mit der Gabe der Selbstreflektion gesegnet sind, birgt diese Form der Kontaktknüpfung aber auch immer wieder die Gefahr der Enttäuschung und wo man früher wenigstens noch einen Abend unter Gleichgesinnten verbracht hat, so gibt es heute eher durchwachte Nächte und lange Gesichter, weil wieder mal so gar nichts geklappt hat.
Doch von diesen Enttäuschungen handelt der 2002 entstandene „Breaking the Cycle“ von Regisseur Dominick Brascia natürlich nicht, sondern eher von dem Glück, dass man nicht erkennt, obwohl – oder gerade weil - es einem ständig vor der Nase herumtanzt. Auch unsere beiden Titelhelden in dem knapp sechzigminütigen Streifen namens Chad und Jason sind natürlich im Grunde wie für einander gemacht und dennoch braucht es etwas länger, bis unser getriebener Internet-Junkie Jason erkennt, dass er gar nicht länger in den Chatrooms des WWW nach seinem vermeintlichen Traumtypen suchen muss, da er ja schon passenderweise mit ihm zusammenlebt.
Dabei bergen derartige Filme, in denen auch ein technischer Aspekt des Internets vorkommt auch immer die Gefahr, dass sie schneller antiquiert wirken, als es den Macher lieb ist und solche anonymen und bilderlosen Chatrooms, wie sie im Film vorkommen verwendet meines Wissens ja auch schon seit Jahren niemanden mehr. Diese Kommunikationsmöglichkeit mit Chatrooms und Co aus den Anfangstagen des Internets wurden mittlerweile auch von längst von anderen Dating-Plattformen und Video-Chat abgelöst und wer will kann sich heutzutage auch schon die entsprechende Dating-App fürs Handy runterladen, die dann auch mobil anzeigt, wer den gerade in der Nähe für pikante Dinge aufgeschlossen und verfügbar ist.
Die Geschichte des Boy-meets-Boy-Streifens ist dann auch nicht sonderlich originell und der Zuschauer weiß auch relativ bald, worauf die Sache natürlich rauslaufen wird. Bis zum Happy-End der Beiden dauert es aber ein wenig und bietet Platz für andere Aspekte des schwulen Lebens. Die Sache mit den zahlreichen Sexpartnern wird jedenfalls überraschend offen, freizügig und dennoch augenzwinkernd präsentiert und es zahlt sich auch immer wieder aus, die Shirts der Protagonisten etwas genauer anzuschauen. Für eine Komödie ist „Breaking the Cycle“ aber dennoch etwas zu lahm geraten und warum der Streifen bei der IMDB unter „Drama“ gelistet ist, entzieht sich ebenfalls meiner Kenntnis, da außer den Abgründen der Chatsucht und der damit verbundenen Vereinsamung die negativen Dinge doch eher ausgeklammert werden.
Wie bei kleinen Low-Budget-Film aus der Homo-Ecke üblich, darf man sich natürlich auch von der Art der Inszenierung nicht wirklich Großartiges erwarten. Die Mischung aus unbeschwerter Komödie und Softsex-Szenen ist zwar durchaus solide ausgefallen und bietet auch ein paar Außenaufnahmen, aber ansonsten gibt’s eher systemerhaltende Kost als irgendwelche Auffälligkeiten. Die Dialoge wirken etwas hölzern und bieten ein, zwei Lacher, während am Ende wieder einmal „Der Zauberer von Oz“ bemüht wird, was bei solchen Filmen aber schon etwas zu oft der Fall ist. Die Darsteller sind zweifelsfrei sympathisch, aber auch nicht wirklich herausragend und haben zumindest mit freizügigeren Szenen keine Probleme.
Die DVD aus dem Hause CMV-Laservision bringt die Indie-Produktion dann in durchschnittlicher Qualität, was jedoch mit der Entstehungsweise des Filmes zu tun hat. Da sich eine Synchronisation für diese Art von Film ja nicht rentieren würde, gibt’s den englischen Originalton und optionale deutsche Untertitel, die wohl auch von Kennern der Materie angefertigt wurden und den Internet-Slang auch gut ins Deutsche transferieren. Auf Bonusmaterial muss man jedoch verzichten und außer einer ausgiebigen Trailershow aus der Queer-Ecke des sympathischen Labels und dem Wendecover ohne FSK16-Logo gibt es keine weiteren Zugaben.
Unterm Strich ist „Breaking the Cycle“ ein durchschnittlicher Vertreter seiner Zunft, der neben seiner kostengünstigen Inszenierung auch darunter leidet, dass die Art der Internet-Kommunikation auch schon wieder längst überholt ist und auch die Geschichte der zwei Jungs nicht sonderlich überraschende Wege geht. Wer selbst aktiv bei diesen Chat-Zeiten dabei war, wird sich aufgrund des Streifens sicherlich wieder augenzwinkernd an diese Art der zwischenmenschlichen Kommunikation erinnern und alle anderen bekommen einen Einblick, wie es zu den Anfangstagen des Internets so abgegangen ist. Bis zum Happy End gibt es nebenher noch ein paar nackte Tatsachen, die auch überraschend unverkrampft daherkommen und so ist „Breaking the Cycle“ dann auch ein schwuler Film mit sympathischer Botschaft, der auch eindeutig besser ist, als die Verrisse auf der IMDB vermuten lassen und an einem verregneten Nachmittag auch durchaus im Player landen kann. 5/10
Beitrag geändert von jogiwan (05.February 2012 15:37:27)
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8250
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