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Am 24.12.1994 steht eine Maschine der Air France am Rollfeld des Flughafens in Algier und Crew und Passagiere machen sich gerade bereit für den Abflug nach Paris, als vier Männer in Anzügen das Flugzeug betreten und sich als Staatspolizisten ausgeben. Als diese beginnen die Ausweise der Passagiere zu kontrollieren, sieht alles nach einer normalen Amtshandlung aus, doch als sich ein zufällig ebenfalls im Flugzeug befindlicher Staatspolizist in die Ermittlungen einschalten möchte und dieser entdeckt, dass die Männer schwer bewaffnet sind, erschießen diese den Polizisten und bringen die Maschine und ihre 240 Insassen in ihre Gewalt.

Während die gewaltbereiten Geiselnehmer die Freilassung von inhaftierten Terroristen in Algerien fordern und diese Forderung mit einem weiteren Mord untermauern bildet die französische Regierung in aller Eile einen Krisenstab, der über die weitere Vorgehensweise entscheiden soll, damit die größtenteils algerischen Staatsbürger und französischen Crew-Mitglieder unbeschadet gerettet werden können. Als die algerische Regierung die Zusammenarbeit verweigert und auch die Zahlung eines Lösegeldes an einen Hintermann scheitert, wird  versucht, die Maschine auf französischen Boden zu bringen um dort ein Eingreifen einer Elitetruppe zu ermöglichen.

Wenig später werden einige Frauen und Kinder freigelassen und mit den übrig gebliebenen 171 Passagieren der Abflug erzwungen und die Maschine landet am Morgen des 26. Dezember in Marseille, wo sich bereits die Männer des GIGN in Stellung gebracht haben. Als die Entführer verlangen, dass die Maschine neuerlich vollgetankt wird und sich die Vorzeichen mehren, dass es sich bei den Entführern um ein Selbstmordkommando handelt, wird die Maschine nach dem Okay des Krisenstabes gestürmt und die vier Geiselnehmer in einem Feuergefecht ermordet.

Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 hat sich nicht nur die Welt nachhaltig verändert, auch derartige Anschläge und der Kampf gegen Terrorismus rücken seitdem vermehrt in das Blickfeld von Filmemachern. Der Lauf der Geschichte bietet dazu leider auch genügend Anlassfälle und so basiert der Streifen „The Assault“ des französischen Regisseurs Julien Leclercq auf Begebenheiten, die an den Weihnachtsfeiertagen im Jahre 1994 die Weltbevölkerung  und vor allem auch die französischen Behörden in Atem hielt.

Wer alt genug ist, bzw. im Vorfeld ein bissl recherchiert wird daher schon wissen, wie die ganze Sache ausgegangen ist und der sehr dokumentarische Inszenierungsstil erzählt den Verlauf der dreitätigen Geiselnahmen mit blutigen Ausgang für die Terroristen auch sehr realitätsnah mit wackeligen Handkamerabildern. Die Perspektive wird ständig gewechselt und zeigt die blutigen Geschehnisse abwechselnd aus der Sichtweise der Terroristen, der Flugzeug-Crew, dem Krisenstab, sowie dem Elitepolizisten Thierry, der im finalen Feuerkampf schwer verwundet wurde.

Die Geschichte bzw. die reale Vorlage ist dabei durchaus spannend, jedoch wirkt der Film für mein Empfinden doch seltsam distanziert und schafft es trotz interessanter Thematik erst im eher Action-lastigen  Finale und dem Feuergefecht den Zuschauer so richtig zu fesseln. Dass die Geschehnisse aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt wird, ist zwar einerseits gelungen, andererseits sucht der Zuschauer eine Identifikationsfigur dadurch eher vergeblich und auch die Hintergründe der Taten und Beweggründe aller Beteiligten werden in der etwas distanzierten Erzählweise wenig bis gar nicht beleuchtet.

Doch das ist vermutlich auch beabsichtigt und auch wenn das Ende der Geiselnehmer für die 240 Geiseln in Anbetracht der der Geschehnisse doch halbwegs unblutig ausgefallen ist, so sind positive oder optimistische Tendenzen in dem Film kaum auszumachen. Regisseur Julien Leclercq liegt statt menschlichen Schicksalen und politischen Hintergründen auch eher die Dramatik der Situation am Herzen, die für alle Außenstehenden zu damaligen Zeitpunkt nicht ersichtlich waren und bringt die brenzligen und teils emotionslos getroffenen Entscheidungsmomente auf den Schirm, die für den weiteren Verlauf der Geiselnahme von entscheidender Bedeutung waren. Der ganze Film wirkt jedenfalls ziemlich düster und beinahe menschenverachtend.

Mir persönlich ist „The Assault“ dann auch einen Tick zu pragmatisch ausgefallen und ich hätte mir angesichts der dramatischen Vorlage doch ein etwas vielschichtigeres Werk erwartet, welches neben tendenziöser Zurschaustellung auch entsprechende Antworten gibt. So aber setzt sich Julien Leclercq mit seinem dokumentarischen Werk etwas zu sehr zwischen die Stühle und wird Actionfans zu ruhig, zeitgeschichtlich Interessierten zu oberflächlich und Freunden von dramatischen Werken zu emotionslos ausgefallen sein. Auch die recht Farb-arme Inszenierung, die bisweilen sogar an ein S/W-Werk erinnert hat mir in Kombination mit den hektischen Handkamerabildern im Doku-Style persönlich nicht ganz so gut gefallen.

Aber das ist mein persönliches Empfinden und die kühle Erzählweise stößt auch an anderer Stelle durchaus auf größere Gegenliebe und in Frankreich wird die ganze Geschichte auch in den Köpfen der Zuschauer noch wesentlich präsenter sein und auch auf mehr Interesse stoßen. Trotzdem ist die geschichtliche Aufarbeitung meines Erachtens nicht ganz gelungen und wirkt teilweise wie ein politischer Propagandaclip, in dem ein Menschenleben nichts wert ist und der gewaltsame Übergriffe und Kollateralschäden gerechtfertigt erscheinen.

Technisch und schauspielerisch gibt es objektiv aber gar nicht viel zu meckern und der Film ist mit Anleihen beim französischen Terrorfilm, Egoshooter-Perspektive und düsterer Politik-Thematik sicherlich auf der Höhe der Zeit. Aber auch wenn das Finale dem Zuschauer förmlich den Atem stocken lässt, so gibt es in Punkto Entführungs- und Terroristenthriller sicherlich bessere Vertreter, die auch die Ausweglosigkeit einer solchen Situation besser vermitteln mögen. Im Falle von „The Assault“ bleibt der Zuschauer hingegen fast etwas ratlos zurück und auch ich wusste nicht so recht, wie ich den Streifen letztendlich einordnen soll.

Die Blu-Ray-Disk aus dem Hause Atlas-Film/Koch-Media bringt den französischen Streifen aus dem Jahre 2010 wie üblich in guter Bild- und Tonqualität, auch wenn der authentisch-inszenierte Streifen aufgrund der Inszenierung mit wackeligen Bildern sicherlich nicht die Vorzüge des neuen Mediums bedienen kann. Leider ist auch das Bonusmaterial eher spärlich ausgefallen und neben zahlreichen Trailern aus dem Programm von Atlas-Film/Koch-Media hat der Silberling neben einer hübschen Verpackung keine weitere Schmankerln an Bord.

Unterm Strich bleibt es etwas zwiespältiger Polit-Actionthriller nach einer realen Begebenheit, der mir persönlich jedoch zu wenig in die Tiefe geht und dadurch über weite Strecken beliebig bleibt. Dass es sich sowohl bei den Terroristen, als auch Passagieren und den Männern der Elitetruppe um Menschen handelt, bekommt der Zuschauen in den düsteren Streifen viel zu selten zu spüren. Eigentlich schade, dass Leclercq aus der Geschichte nicht mehr rausholen konnte und die dramatischen Vorgänge im Jahr 1994 zu einem Action-Feuerwerk verkommen lässt, welches letzten Endes leer wie eine Patronenhülse im zerschossenen Cockpit zurückbleibt. 5/10

Beitrag geändert von jogiwan (16.January 2012 17:18:17)