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Der ambitionierte Hauptkommissar Bertoni (Enrico Maria Salerno) ist in seinem Job nicht gerade zu beneiden. Während er und seine Männer vom Morddezernat versuchen, die Straßen von Rom für ihre Bürger halbwegs sicher zu machen, schwappt eine ungeahnte Welle der Gewalt über die Stadt herein. Anstatt die Verbrecher ordnungsgemäß hinter Schloss und Riegel bringen zu können, muss Bertoni hilflos mit ansehen, wie die abgebrühte Gauner das hoffnungslos überforderte Rechtssystem hemmungslos ausnutzen und mittels Tricks und gefinkelten Rechtsanwälten schneller wieder auf freien Fuß sind, als sie festgenommen werden. Und weil das alles noch nicht reicht, erschwert auch die sensationslüsterne Presse mit Negativ-Schlagzeilen das Leben der Ordnungshüter.
Als eines Tages von zwei Gangstern ein kleines Juweliergeschäft überfallen wird und dabei zwei Personen eiskalt ermordet werden, heftet sich das Morddezernat auf die Spuren der beiden jugendlichen Verbrecher. Eine Handvoll Verdächtige sind auch rasch gefunden, während der eigentliche Mörder, der gewaltbereite Michele (Jürgen Drews) auf seiner Flucht ein junges Mädchen namens Anna (Laura Belli) als Geisel nimmt. Durch das Verschwinden der jungen Friseurin und der Aufmerksamkeit eines Verkehrspolizisten kommt Bertoni dem Verbrecher auch auf die Spur.
Zur gleichen Zeit beschäftigt die Polizei und Presse jedoch auch eine mysteriöse Mordserie, in der Prostituierte, Kriminelle, Homosexuelle und auch Extremisten die Opfer sind. Da die Leichen auch stets vor politischen Plakaten platziert werden, geht Bertoni von einem bestimmten Hintergrund aus und stellt über die Journalistin Anna (Marianela Melato) eigene Nachforschungen aus, die den Gerechtigkeitsfanatiker schon bald auf die Schliche eines ominösen Geheimbundes kommen lässt. Als Bertoni mit seinen Vermutungen zunehmend ins Visier von Politik und Presse gerät, ahnt der Beamte, dass er mit seiner Vermutung nicht falsch liegt.
Als weitere Kriminelle von den gnadenlosen Mordkommandos ermordet werden, beginnt auch ein Rumoren in der römischen Unterwelt und selbst gestandene Verbrecher beginnen sich aus Angst um das eigene Leben bei der Polizei zu stellen. Auch Michelle, der sich noch immer auf der Flucht befindet, handelt über einen dubiosen Anwalt seine eigene Verhaftung durch Bertoni aus, die jedoch von einem Killerkommando beinahe verhindert wird. Als der Beamte auch noch entdeckt, dass auch Polizisten hinter der Sache stecken und die Hinrichtungen in den eigenen Reihen durchaus Zustimmung finden, setzt der Hauptkommissar alles auf eine Karte…
Der 1972 entstandene Streifen „Das Syndikat“ des italienischen Regisseurs Stefano Vanzina, der später unter dem Namen Steno hauptsächlich Komödien verfilmte, ist in mehrfacher Hinsicht ein außergewöhnlicher Film. Nicht nur, dass der dramatische Streifen quasi die Geburtsstunde des italienischen Polizeifilms, dem sogenannten „Poliziesco“ darstellt, der fortan fast zwei Jahrzehnte Erfolge feierte, sondern er bietet auch noch den deutschen Schlagerbarden Jürgen Drews in jungen Jahren und in seiner ersten größeren Rollen als skrupellosen Verbrecher.
Italienische Polizeifilme erfreuen sich ja in Fankreisen allergrößter Beliebtheit und wer hätte gedacht, dass das Genre mit einer italienisch-deutschen Koproduktion eigentlich ihren Ursprung nahm. Während andere Werke aus der Kiste ja aber oftmals etwas trashig und teils auch humorig daherkommen, hat Stefano Vanzina jedoch einen überraschend grimmigen, düsteren und auch sehr politischen Film geschaffen, der die kritische Lage Italiens nach dem Ende des Faschismus auch recht drastisch portraitiert und einen Einblick in die Arbeitsweise der Polizei bringt, die in der damaligen Zeit durch mehrere Faktoren beeinträchtigt war.
Die Geschichte des Streifens beginnt ja auch sehr vielversprechend und ausgehend von einem Kriminalfall werden die Arbeit von Polizei und Presse näher beleuchtet. Später geschehen dann weitere Morde und der gewissenhafte Hauptkommissars, stößt bei seinen Ermittlungen durch verschiedenste Indizien auf einen rechten Geheimpunkt, dessen Mitglieder auch bis in die höchsten Kreise verwickelt sind. Doch weder die eigenen Leute, noch der Staatsanwalt und Politiker glauben dem Mann und so begibt er sich alleine in die Höhle des Löwens um die hochrangigen Mitglieder des Geheimbundes mit ihrem finsteren Plan, das Land wieder in eine Polizeidiktatur zu stürzen, ein für alle Mal zu enttarnen.
Die Stimmung des Streifens wird im Verlauf der Handlung immer düsterer und das pessimistische Ende wird viele Zuschauer sicher am falschen Fuß treffen. Wenn man sich die politische Lage in Italien mit Regierungschef Berlusconi und zahlreichen Parteien wie die Lega Nord so ansieht, dass muss man Steno und Lucio de Caro für das Drehbuch zum Film auch Weitsicht und eine gute Beobachtungsgabe attestieren. Die konservativen und rechten Kräfte, die sich in diesem Fall die antifaschistische Stimmung in wirtschaftlich schlechten Zeiten zu Nutze macht um diese für ihre Zwecke zu missbrauchen ist ja auch ein Thema, dass heutzutage in abgewandelter Form aktueller denn je ist.
Aber auch abgesehen von der politischen Komponente ist „Das Syndikat“ ein verdammt guter Streifen geworden, der alle Zutaten enthält, die sich der Fan von einem Polizeifilm erwartet. Neben Ermittlungsarbeit, brutalen Polizeialltag und investigativem Journalismus gibt es in dem 1972 gedrehten Werk packende Verfolgungsjagden und sogar ein bisschen Sleaze. Die Mordszenen sind relativ herb und der unfreiwillige Abgang von Laura Belli ist sogar ein richtig fieser kleiner Schocker, der einem kurzfristig die Nackenhaare aufstellen lässt.
Darstellerisch gibt es ebenfalls nichts zu meckern und mit Enrico Maria Salerno hat man auch den idealen Hauptdarsteller gefunden. Den sieht man als Fan italienischer Werke ja ohnehin immer gerne und auch in „La Polizia Ringrazia“ ist der werte Herr wieder einmal eine Bank. Ihm zur Seite steht Mario Adorf als Staatsanwalt, der ebenfalls wie üblich sehr glaubwürdig agiert. Die Rolle des noch sehr jungen Jürgen Drews ist zwar vielleicht nicht so groß, wie am Cover angepriesen, aber dafür ungewöhnlich brutal, was man von „Onkel Jürgen“ bzw. dem „König von Mallorca“ vielleicht nicht erwarten würde. Auf der weibliche Seite gibt es mit Mariangela Melato vielleicht nicht die hübscheste, aber eine der interessantesten Darstellerinnen aus dem Land des Stiefels, die als toughe Journalistin überzeugt und als Eye-Candy Laura Belli, die sich Jahre später auch noch für den „Playboy“ ausgezogen hat.
Auch die DVD aus dem Hause Colosseo Film ist absolut wunderbar und lässt eigentlich keinerlei Wünsche offen. Neben dem Hauptfilm in Deutsch, Italienisch und Englisch und guter Qualität gibt es auch noch optionale Untertitel, die an manchen Szenen eingeblendet werden, da der Film wohl nur in der gekürzten Fassung synchronisiert wurde. Neben einer hübschen Verpackung im Schuber inklusive Wendecover gibt es auch noch einen zweiten Silberling mit allerlei Intereviews, wobei Jürgen Drews recht unterhaltsam aus dem Nähkästchen plaudert und allerlei lustige Anektdoten zum Besten gibt, sowie ein Featurette namens „The Way we were“ in dem Co-Produzent Dieter Geissler, Mario Adorf, Jürgen Drews und Autor Berling interessantes über die ewige Stadt zu berichten haben.
Unterm Strich bleibt ein spannender Streifen aus der Italo-Kiste, der mit einer packenden Geschichte aus dem Polizei-Milieu, tollen Darstellern und coolem Soundtrack punkten kann. Dass es sich mit „Das Syndikat“ auch noch um dem allerersten Poliziesco handelt, der noch dazu mit deutscher Beteiligung entstanden ist, macht den Streifen ebenso unverzichtbar. Die ganze Sache rockt, schockiert und das bitterböse Ende ist so herrlich europäisch, dass man Regisseur Steno am liebsten dafür umarmen möchte. Neben „Libido Mania“ und "Mondo Candido" von „Camera Obscura“ ist „Das Syndikat“ für das italophile Publikum dann auch eine der schönsten Veröffentlichungen des heurigen Jahres und daher kann es an dieser Stelle dann auch nur eine absolut ausdrückliche Empfehlung geben. 9,5/10
Beitrag geändert von jogiwan (10.November 2011 20:02:59)
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8186
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