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Der in Sheffield lebenden Omar (Riz Ahmed) und sein Freund Waj (Kavyan Novak) haben einen großen Plan. Gemeinsam mit dem konvertierten Briten, Haßprediger und Fundamentalisten Barry (Nigel Lindsay) wollen sie als Sprengstoffattentäter dem Märtyrertod sterben und damit die Geschichte des - ihrer Meinung nach - moralisch-verkommenen und zu Konsum-orientiertes Landes verändern. Als die beiden die Möglichkeit bekommen in Pakistan eine Ausbildung in einem Terrorcamp zu absolvieren reagiert Barry eifersüchtig und heuert hinter dem Rücken der Beiden den jungen Hassan (Arsher Ali) an, der eigentlich Rapper sein möchte, sich aber von Barry ebenfalls kurzerhand für seine Ideale und den bevorstehenden Freitod und dem damit verbundenen Eintritt ins Paradies begeistern lässt.
Doch in Pakistan läuft es für Omar und Waj anders als geplant und als die beiden irrtümlich ihr eigenes Camp mit einer Bazooka in die Luft jagen, werden die beiden kurzerhand wieder nach Hause geschickt. Dort wird das Missgeschick natürlich verschwiegen und man widmet sich gemeinsam mit Fessal dem Bau einer Bombe aus Bleichmittel und anderen Stoffen, die in wochenlanger Kleinarbeit zuvor besorgt wurden. Doch schon bei der Auswahl des Zieles kommt es innerhalb der Gruppe neuerlich zum Streit, da Barry eine Moschee in die Luft jagen möchte um einen heiligen Krieg zu entfachen, während Omar von der Idee gläubige Moslems in die Luft zu jagen, wenig begeistert ist.
Da die Truppe auch ansonsten eher unklug agiert, sich ständig in die Haare kommt und auch ansonsten kein Fettnäpfchen auslässt, landen die Möchtegern-Märtyrer auch bald im Visier der Polizei, die in einer Nacht- und Nebel-Aktion jedoch den streng-gläubigen Bruder von Omar verhaftet, der Gewalt jedoch von Grund auf ablehnt. Auch sonst geht so einiges schief und während der intensiven Vorbereitungen sprengt sich Fessal irrtümlich selbst in die Luft, als er über ein Schaf stolpert. Doch Omar und seine Kollegen lassen sich selbst von herben Rückschlägen nicht unterkriegen und haben mit dem Londoner Marathon auch schon den idealen Ort für die Umsetzung ihres grausamen Plans gefunden…
Als ich das erste Mal von dem Film „Four Lions“ hörte und auch der erste Trailer die Runde machte, hab auch ich mir die Frage gestellt, ob sich die Thematik der Selbstmordattentäter denn wohl wirklich für eine undbeschwerte Komödie eignet. Und das bestimmte Bevölkerungsgruppen ja nicht gerade im ironischen Umgang mit der eigenen Glaubensrichtung bewandert sind, ist ja auch keine Tatsache, die sich so einfach von der Hand weisen lässt und auch schon die Macher von „South Park“ und skandinavische Karikaturisten zu spüren bekommen haben. Daher war es auch mir nicht ganz klar, wie man diese sensible Thematik in einen humorvollen Film einbauen kann, der nebenher natürlich auch niemanden zu sehr auf den Schlips treten soll.
Regisseur Chris Morris ist die ganze Sache auch recht ausgeklügelt angegangen, in dem er die Glaubensrichtung der unfähigen Selbstmordattentäter dezent in den Hintergrund drängt und die Figuren auch auf beiden Seiten teils so derart überzeichnet, dass sich wohl von Omar und Co auch niemand zu sehr angesprochen fühlen muss, auch wenn er selber sagt, dass die Szenen und Dialoge in den Film natürlich von wahren Begebenheiten inspiriert wurden und durch lange Recherchen entstanden sind. Herausgekommen ist dabei ein Streifen, der zwar anfänglich eher humorvoll daherkommt, bei dem einem aber das Lachen mit fortschreitender Laufzeit zunehmend im Halse stecken bleibt und dessen tiefschwarzer Humor im zweiten Teil sicherlich nicht jedermanns Geschmack treffen wird.
Ich fand es jedenfalls ein bisschen schade, dass im ersten Teil des Filmes keine Gelegenheit ausgelassen wird, die Figuren von Omar und Co inklusive den britischen Hassprediger so derart als unfähig und zutiefst auf die negativste Art und Weise verwestlicht zu zeichnen, sodass der Streifen imho vieles an seiner Glaubwürdigkeit verspielt und teils sogar in den Gewässern von grenzdebilen, amerikanischen Buddy-Movies a la „Ey Mann, wo ist mein Auto?“ schippert. Das mögen zwar manche witzig finden und die Absurdität des eigentlichen Unterfangens zu untermauern, aber meines Erachtens verschenkt hier der Streifen viel von seinen Potential und schafft dieses nur noch beschränkt in zweiten und besseren Teil des Filmes aufzuholen.
Der britische Satiriker Chris Morris lässt es sich ja aber auch nicht nehmen, etwas auf die andere Seite auszuteilen und auch die Arbeit der britischen Sicherheitskräfte, die unbedarfte Bevölkerung und die allgemein herrschende (und leider auch etwas berechtigte) Terror-Hysterie in Großbritannien auf ironisch-kritische Weise zu betrachten. Im Film werden ja kurzerhand nach monatelanger Beschattung harmlose und streng-gläubige Männer als vermeintliche Terrorzelle hops nehmen und im Sinne der öffentlichen Sicherheit auch ohne mit der Wimper zu zucken Unschuldige erschossen, die einfach nur das Pech hatte, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Das sind dann aber die Momente, in denen der provokante „Four Lions“ wirklich zur Höchstform aufläuft und das Finale lässt die Kinnladen dann endgültig nach unten klappen.
Die Figuren wirken allesamt in Punkto inkompetenten Verhalten stark überzeichnet, auch wenn versucht wird, den treusorgenden und des nach außen hin eigentlich sehr westlich-wirkenden Familienvater Omar als eine Art Sympathieträge zu positionieren. Das funktioniert zwar nur bedingt, ist aber immer noch besser als „Waj“, der als hoffnungsloser Spast präsentiert wird und einen IQ im einstelligen Bereich zu haben scheint. Gelungen ist jedoch die Figur „Barry“, der konvertierte Hassprediger, der keine Gelegenheit auslässt, seine Ideologie auch mit jeder Pore seines Körpers zu repräsentieren und mich ständig an eine bestimmte Person aus Deutschland erinnert hat, von der auch immer wieder im negativen Zusammenhang in den deutschsprachigen Medien zu lesen ist.
Auch die Inszenierung ist sehr solide und mit Handkamera-Style, eher grob-körnigen Bildern und einigen Video-Sequenzen bewusst sehr realistisch gehalten. Das Tempo und auch die Ernsthaftigkeit werden zunehmend angezogen und gipfeln in einem wirklich gelungenen und grotesken Finale. Die Settings sind auch sehr gelungen und mit dem Städtchen Sheffield hat man auch einen Drehort gefunden, der sich scheinbar ideal als Schauplatz für die Geschichte eignet. Die Darsteller sind sehr solide und verleihen dem nicht immer überzeugenden Drehbuch dennoch das notwendige Maß an Glaubwürdigkeit, die notwendig ist.
Die Rechte an dem bereits im Vorfeld recht gehypten und teils auch etwas umstrittenen Films hat sich ja Capelight geschnappt und diese liefern den bitterbösen Leinwanderfolg nun auf Silberling, der für den Fan dann auch ein gelungenes Rundum-Paket liefert. Das Cover mit der Krähe wurde im Vorfeld in Fankreisen als das Beliebteste ermittelt, das Bonus-Material ist mit 79 Minuten auch eher üppig ausgefallen und neben zahlreichen entfernten Szenen, gibt es auch noch Interviews mit Cast & Crew, ein „Making-of“ und einen Kurzfilm des Regisseurs mit dem Titel „My Wrongs“ aus dem Jahre 2003.
Unterm Strich ist „Four Lions“ ein Film, der sich leider im Vorfeld interessanter anhört, als er sich letztendlich geworden ist und die besten Szenen bereits im kurzweiligen Trailer verbraten hat. Für mein Empfinden wurden wohl aufgrund einiger Zugeständnisse an alle Seiten doch einiges von dem eigentlichen Potential der Geschichte verschenkt und so wirkt die groteske Satire dann auch über weite Strecken etwas zu überzeichnet und bemüht, als dass man ihn als Beitrag in der Diskussion um Terrorismus und diesem schwer nachzuvollziehenden Djihad-Dingens heranziehen könnte. Aber was kann im Grunde im Leben schon optimistischer sein, als selbst der Menschen-verachtenden und brutalen Thematik des Terrorismus noch ein paar Lacher abzugewinnen? Insofern ist „Four Lion“ dann auch wieder schwer okay: 07/10
Beitrag geändert von jogiwan (28.September 2011 17:32:00)
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hmm... gar so begeistert bin ich nicht. Das Finale ist schon sehr sehenswert, aber den Beginn fand ich fast ein bissl dämlich! Da hätte man schon wesentlich mehr daraus zaubern können...
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=7987
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