project: equinoX Forum

Für Karen (Sonja Richter) könnte es eigentlich nicht besser laufen: als erfolgreiche Modefotografin kommt sie in der Welt herum, fotografiert hübsche Menschen vor noch hübscherer Kulisse und zuhause in Dänemark wartet der fürsorgliche Ehemann Johan (Michael Nyqvist), samt Tochter Marie (Tammi Ost) im schicken Loft. Doch Karen hat jede Nacht beängstigende Träume von einem nackten Mann, der sich in einem Hotelzimmer in die Tiefe stürzt. Als sie diesem Mann eines Tages tatsächlich in einem Hotel begegnet, beginnt sie ihn zu verfolgen, was diesem auch nicht verborgen bleibt.

Der Mann stellt sich als Maciek (Marcin Dorocinski) vor, entpuppt sich als polnischer Uni-Professor auf Geschäftsreise in Frankreich und scheint doch wenig mit dem traurigen Mann aus Karens Traum gemeinsam zu haben. Dennoch ist die erfolgreiche Fotografin von der geheimnisvollen Ausstrahlung des ihr unbekannten Mannes fasziniert und beide stürzen sich noch am selben Abend in eine kurze, aber heftige Affäre, die am nächsten Tag schon wieder zu Ende scheint, als Maciek nicht zu einem vereinbarten Treffen erscheint.

Karen kehrt zurück nach Dänemark und als sie versucht, alles zu vergessen, erhält sie auf ihrem Handy eine Nachricht von Maciek, der versucht, seine Situation zu erklären. Doch Karen fertigt Mann ab und versucht die Erlebnisse in Paris zu vergessen. Wenige Tage später erhält Karen den Auftrag in Warschau in einem alten Hotel eine Modestreck zu fotografieren, was diese anfänglich ablehnen möchte. Doch ihr Mann drängt sie dazu und beschließt samt Tochter mitzureisen, um sich in Polen ein paar angenehme Tage zu machen. Anfänglich funktioniert das auch recht gut, doch Karen kann der Versuchung nicht widerstehen und nimmt neuerlich Kontakt zu Maciek auf.

Dieser ist zwar von dem Auftauchen von Karen sehr überrascht, doch beide beginnen neuerlich das Spiel mit dem Feuer. Karen erhält von Maciek den Schlüssel zu dessen Geschäftswohnung und vernachlässigt zunehmend ihren Job und die eigene Familie, während sie eine richtige Obsession gegenüber dem Uni-Professor entwickelt. Als Karen sich auch noch zunehmend in das Leben von Maciek drängt, will dieser die ganze Sache beenden. Doch Karen hat zu diesem Zeitpunkt ihr altes Leben bereits aufgegeben und ist für ihre neue Liebe nun zu allem bereit…

Mit Beziehungsdramen ist es immer so eine Sache: passiert darin zu viel, wirken sie rasch unglaubwürdig  – passiert zu wenig, schlittern sie oft an der Grenze zur gepflegten Langeweile und Belanglosigkeit entlang. In Per Fly´s 2010 entstandenem Streifen „Unter die Haut“ passiert zwar nicht viel und dennoch ist der Streifen ziemlich langweilig undteils auch noch etwas unglaubwürdig ausgefallen. In „Kvinden der drømte om en mand“ (zu Deutsch „ die Frau, die von einem Mann träumte“) helfen ja auch die tollen Darsteller, die interessanten Locations und auch die sehr stylishen Bilder nicht darüber hinweg, dass die Geschichte eigentlich ziemlich mau ausgefallen ist.

Der Streifen soll dem aufgeschlossenen Publikum wohl näher bringen, dass es Momente im Leben gibt, in denen das Gehirn aussetzt und man einfach nicht mehr klar denken kann und jegliche rationale Handlungen über Bord wirft. Auch, dass die holde Weiblichkeit in Punkto Seitensprung den Männern um nichts nachsteht und auch Frauen genauso triebgesteuert bis an die Grenze des Erträglichen und darüber hinaus agieren können. Und selbst erfolgreiche und mit beiden Beinen fest im Leben stehende Karriere-Ladys sind davor natürlich nicht gefeit, wenn des Nächtens sexuelle Träume über sie hereinbrechen, die der eigene Mann nicht zu erfüllen vermag und denen man auch nicht zu entfliehen vermag. 

Anfänglich wirkt die seltsam distanzierte Herangehensweise ja noch recht interessant und der Streifen beginnt auch recht vielversprechend. Doch dann fokussiert Per Fly die Geschichte meines Erachtens aber zu sehr auf die Hauptdarstellerin, ohne dabei irgendwelche Erklärungen abzugeben, warum Karen auf einmal bereitwillig ihr bisheriges und auch sicher nicht uninteressantes Leben aufs Spiel setzt um sich in eine Affäre mit einem unbekannten Mann zu stürzen. Das ist aber auch erst der Anfang von einer ganzen Reihe von unglaubwürdigen Handlungen inklusive Mordplänen und dem Verlassen des eigenen Kindes (!) um den unbekannten Mann ihrer Träume so unter Druck zu setzten und an sich zu binden.

Schon sehr früh wird klar, dass diese Geschichte natürlich kein Happy-End haben wird, auch wenn man natürlich nicht erahnen kann, wie die Beteiligten schlussendlich reagieren werden. Regisseur Per Fly, der auch am Drehbuch beteiligt war, hat es wohl auch nicht für wichtig erachtet, die Hauptbeteiligte dafür tiefergehender zu charakterisieren, eine Erklärung für ihr Handeln abzugeben, oder gar die Auswirkungen dieser Affäre auf deren Umfeld zu zeigen. Warum Karen zunehmend seltsam reagiert kann man ja eigentlich nur erahnen, während ihr  Seelenleben und auch das von Macian, sowie des gehörten Ehemannes größtenteils im Dunkeln bleiben und nicht näher beleuchtet werden.

Ich hab mir ja lange überlegt, was uns Per Fly mit seiner Geschichte denn überhaupt erzählen will und ob der Film einfach nur ein paar Jährchen zu spät dran ist. Im Abspann dankt der Regisseur den Frauen, die in zahlreichen Gesprächen ihr Innerstes offenbart haben. Irgendwie geht es daher wohl um verdrängte Obsessionen, sexuelle Wünsche, Unzufriedenheit und zum Teil auch Perspektivenlosigkeit. Allerdings frage ich mich, ob eine erfolgreiche Frau für einen anonymen Flirt und einen Fick in der Hauseinfahrt wirklich ihre ganze Existenz aufs Spiel setzen würde. Vor allem in Bezug auf „Unter die Haut“, da Karen ja auch nicht unglücklich scheint und mehr aus Neugier, Langweile und Spaß am Verbotenen die Affäre beginnt. Auch die Geschichte mit den wiederkehrenden Träumen fand ich seltsam bis deplatziert und hinterlassen am Ende doch einen etwas schalen Nachgeschmack.

Dabei gibt es darstellerisch wirklich nichts zu bemängeln und Sonja Richter schafft es auch ganz gut, den ambivalenten Charakter und teils auch die Unsicherheit der erfolgreichen Fotografin ohne viele Worte zu verkörpern. Leider kämpft sie aber aufgrund des verkorksten Drehbuches etwas an verlorener Front. Auch die Rolle von Michael Nyqvist („Millenium-Trilogie“) bleibt blass, eindimensional und weit hinter den Möglichkeiten des sympathischen Schauspielers zurück. Und auch Marcin Dorocinsky, der mich ständig an den jungen Jürgen Prochnow erinnert hat, ist angesichts seiner unsympathisch-angelegten Figur einfach machtlos.

Die DVD aus dem Hause Senator bringt den schön fotografierten Film wahlweise in der englischen Originalversion und der deutschen Synchronfassung. Als Bonus gibt es lediglich ein paar Trailer, wobei es sicherlich interessant gewesen wäre, was der Regisseur und die Darsteller von dem Werk halten. Bei mir „Unter die Haut“  aufgrund der sonderbaren Geschichte und der viel zu oberflächlichen Darstellung der Gefühlswelt der Charaktere irgendwie überhaupt nicht gefunzt. Aus der Drama-Ecke ist man aus dem Hause der Produktionfirma Zentropa dann auch einfach viel Besseres gewöhnt, als dieser seltsam emotionslose Trip in das von Obsessionen geprägte Seelenleben einer erfolgreichen Frau, die für einen Mann alles auf Spiel setzt: 4/10