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Der offen homosexuelle Schaufensterdekorateur Luis Molina (William Hurt) sitzt wegen Verführung eines Minderjährigen in einem südamerikanischen Gefängnis und erzählt seinem Zellengenossen Valentin Arregui (Raoul Julia), der wegen seinem politischen Aktivismus inhaftiert wurde, aus alten Nazi-Propaganda-Filmen, die er gesehen hat. Obwohl der kämpferische Valentin anfänglich kein großes Verständnis für den sensiblen und träumerischen Luis und dessen Lebensweise aufbringt, so nutzt er dessen blumige Erzählungen dennoch, um den tristen Gefängnisalltag zu entfliehen.

Als sich Valentin trotz heftiger Folterungen weigert, die Hintermänner seiner verbotenen Vereinigung preiszugeben, fasst die Gefängnisleitung den Plan, Molina mit der Aussicht auf eine vorzeitige Bewährung anzuheuern, dass dieser den politischen Gefangenen aushorcht. Molina willigt zwar ein, aber erfährt ebenfalls keine nennenswerten Informationen. Als Valentin auch noch Gift verabreicht wird und zunehmend schwächer wird, kümmert sich Molina rührend um seinen Mitgefangenen, der in seiner Situation auch redseliger wird und erstmals von seiner großen Liebe namens Marta (Sonia Braga) und seinen revolutionären Aktivitäten erzählt.

Dennoch bewahrt der sensible Molina trotz Drohungen von Seiten der Regierung das Stillschweigen, da er sich mittlerweile in seinen Zellengenossen verliebt hat. Als er dennoch entlassen werden soll, bedankt sich Valentin auf besondere Weise von seinem Mithäftling und bittet ihn, nach seiner Entlassung eine Nachricht an seine Mitstreiter zu überbringen. Molina har zwar große Bedenken, willigt aber dennoch ein. Doch Molina wird weiterhin überwacht und als er nach ein paar Tagen tatsächlich Kontakt zu den Revolutionären aufnehmen möchte, kommt es wie erwartet zur Katastrophe…

Über „Der Kuss der Spinnenfrau“ muss man ja eigentlich nicht mehr viel sagen. Trotz einiger Querelen im Vorfeld entwickelte sich die brasilianisch-amerikanische Produktion von Regisseur Hector Babenco („Asphalt-Haie“) nach ein paar Start-Schwierigkeiten zum absoluten Kassenschlager, wurde als erster Indiependent-Film vierfach im Jahre 1986 für den Oscar nominiert, wobei William Hurt den Oscar als bester Darsteller erhielt und gilt seitdem als absoluter Klassiker des dramatischen (Schwulen-)Films und hat mit der Art und Weise seiner Finanzierung die amerikanische Indiependent-Filmlandschaft nachhaltig geprägt.

Die Leinwand-Adaption von Manuel Puigs gleichnamigen Romans ist auch sehr gelungen und präsentiert eine eigentlich universelle Geschichte über zwei inhaftierten Männer, die sich trotz unterschiedlichem Background in einer Ausnahmesituation auf Augenhöhe begegnen, einander achten und aus der nach anfänglicher Ablehnung eine tiefe Freundschaft entsteht. Dabei überzeugt nicht nur die Chemie der beiden Hauptdarsteller, sondern auch die Art und Weise der zeitlosen Inszenierung, die auch auf einen genaueren politischen Hintergrund, Raum und Zeit auch gar nicht näher eingeht und auch heutzutage noch unglaublich frisch wirkt.

Das Entstehungsjahr bemerkt man dann auch eher an der sehr ruhigen und Dialog-lastigen Inszenierung, die heutzutage vielleicht nicht mehr ganz so zeitgemäß wirkt, aber auch nicht weiter ins Gewicht fällt. Auch mit der bewusst etwas Klischee-hafte Darstellung von Wiliam Hurt werden eher 80er-Sehgewohnheiten bedient. Doch das sind dann auch die einzigen, beiden Dinge, die man dem außergewöhnlichen und vielfach ausgezeichneten Streifen vorwerfen kann. Mit zunehmender Laufzeit wird die Charakterisierung auch vertieft und beide Männer entwickeln emotionale Tiefe, die sich auch auf den Zuschauer überträgt.

Der sensible und verträumte Molina nutzt seine oberflächlichen Film-Traumwelten, von denen er seinem Zellengenossen bildhaft erzählt als Schutz vor der Realität, während Valentin bereit ist für seine Überzeugung bis zum bitteren Ende zu gehen bereit ist. Irgendwann ist aber auch er so geschwächt, dass er verstehen kann, warum sein schwuler Mithäftling der Realität entfliehen möchte, während Molina aufgrund des immer schlechter werden Gesundheitszustandes seines Schwarms, dass auch er seinem Schicksal nicht entrinnen kann. Das der titelgebende „Kuss der Spinnenfrau“ dann auch tödlich ausfallen wird, ist eigentlich für beide klar und so wird die letzte Geschichte von Molina dann auch als Sinnbild für das bittere Ende dieser ungewöhnlichen Freundschaft.

Dass der Film in dieser Form überhaupt gedreht werden konnte, ist wirklich mehreren glücklichen Faktoren zu verdanken, da Puig anfänglich überhaupt kein Interesse hatte, den Stoff von einem brasilianischen Regisseur verfilmen zu lassen. Für die Rolle des Molinas war ursprünglich Burt Lancaster vorgesehen, der dafür sogar seine eigene Fassung des Stoffes in ein Drehbuch verarbeitete, welches bei Babenco auf wenig Gegenliebe stieß. Als schlussendlich William Hurt zum Team stieß, verzichtete dieser so wie Julia sogar auf eine Gage und ließ sich dafür vertraglich eine Gewinnbeteiligung garantieren.

Der Rest ist Geschichte, die Kritiken weltweit überschlugen sich und vor allem die vielschichte Darstellung der unterschiedlichen Charaktere trug dazu bei, dass der Streifen vielfach ausgezeichnet wurde und „Der Kuss der Spinnenfrau“ ist der erste unabhängig produzierte Streifen, der mehrfach für die Oscars nominiert wurde und William Hurt der erste Schauspieler, der für die Verkörperung einer homosexuellen Rolle die begehrte Auszeichnung erhielt und so in den Achtzigerjahren sicherlich auch mehr für das Verständnis beigetragen hat.

Neben einigen Ausstrahlungen im Free-TV hat es aber sehr lange gebraucht, dass es der interessante Streifen nun auch auf Silberling geschafft hat. Concorde hat sich nun dem Streifen angenommen und dabei auch alles richtig gemacht. Die seit Juli veröffentlichte Doppel-DVD, bzw. einzelne Blu-Ray-Disc bietet den Streifen in perfekter Bild und Tonqualität und hat auch noch haufenweise Bonusmaterial an Bord. So gibt es ein mehr als interessantes Making-of, dass die turbulente Entstehung näher beleuchtet und in der auch fast alle Beteiligten zu Wort kommen, außerdem weitere Featurettes, Fotogalerien, Booklet und Postkarte, sowie ein Wendecover.

Unterm Strich ist Concorde hier wirklich tolle Veröffentlichung dieses Klassikers gelungen, der aus Fan-Sicht auch keinerlei Wünsche offen lässt und den Film auch dank des informativen Bonusmaterials in neuem Licht erstrahlen lässt. „Der Kuss der Spinnenfrau“ hat auch knapp 25 Jahre nach Erscheinen nichts von seiner emotionalen Wucht verloren und überzeugt dank seiner dramatischen Geschichte und tollen Darsteller noch immer. Sicherlich eine der schönsten Veröffentlichungen aus der Drama-Ecke des heurigen Jahres und daher gibt es an dieser Stelle auch eine dicke Empfehlung!