project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Hector (Karra Elejalde) renoviert gemeinsam mit seiner Frau Clara (Candela Ferndandez) ein kleines Häuschen, das abgelegen auf dem Lande liegt. An einem Samstag kommt der Durchschnittsbürger erschöpft vom Baumarkt nach Hause, legt sich aufs Ohr und wird kurze Zeit später von einem mysteriösen Anruf geweckt. Als er es sich danach im Garten im Liegestuhl gemütlich macht, beobachtet er mit seinem Fernglas eine junge Frau (Barbara Goenaga), die sich einige hundert Meter entfernt in einem Wald entkleidet. Als Clara nochmals in die Stadt fährt, beschließt Hector aus Neugier der Sache auf den Grund zu gehen, übersteigt einen Zaun und findet die junge Frau schließlich bewusstlos am Boden liegend vor. Als er dem ohnmächtigen Mädchen helfen möchte wird er scheinbar grundlos von einem bandagierten Mann mit einer Schere attackiert und am Arm verletzt.
Vollkommen in Panik flüchtet Hector, bricht in ein nahe gelegenes Haus ein und findet dort ein menschenleeres Forschungslabor, sowie endlich einen Forscher (Nacho Vigalondo) als Ansprechpartner am anderen Ende eines Funkgerätes. Dieser erzählt dem panischen Mann, dass der mysteriöse Mann noch immer hinter ihm her ist und rät Hector zu einem anderen Gebäude auf einem Hügel zu flüchten, dass dem verletzten Mann Schutz bieten würde. Als der mittlerweile entkräftete Hector sich auf den Weg macht um so schnell als möglich das Gebäude am Hügel zu erreichen, wird er neuerlich verfolgt und nur mit einiger Mühe kann Hector das vermeintlich sichere Versteck erreichen. Doch auch der Forscher scheint nicht mit offenen Karten zu spielen und wenig später ist in Hectors einstmals beschaulichen Leben nichts mehr wie es war…
Ja es gibt sie noch, die kleinen und feinen Filme, die es trotz geringem Budget und eher unbekannten Darstellern schaffen, den aufgeschlossenen Zuschauer in Verzückung zu bringen. Nacho Vigalondos Streifen „Los Cronoscrimenes“ aus dem Jahre 2007 ist ja eines dieser kleinen Genre-Juwele, über dessen Inhalt man eigentlich so wenig wie möglich verraten möchte, um nicht den Spaß an der Sichtung zu schmälern. „Time Crimes“ ist jedenfalls ein toller Film, der sogar der doch etwas ausgelutschten Zeitreise-Thematik neue Impulse verleihen kann und trotz eher ruhiger Inszenierung und zurückhaltender Action absolut spannend ausgefallen ist und der sich hinter höher-budgetierten Werken aus der gleichen Ecke wie „Donnie Darko“, „Butterfly Effect“ und „Triangle“ (bei dem „Time Crimes“ wohl ohnehin Pate stand) gar nicht zu verstecken braucht.
Mit Filmen, die Zeitreisen behandeln ist es ja immer so eine Sache. Entweder man findet sie gut, oder eben nicht und zwangsläufig gibt es im Zuge dessen natürlich die unvermeidliche Diskussionen über Henne und Ei und auch das „Großvater-Paradoxon“ ist immer schnell zur Hand, wenn es darum geht, die generelle Unmöglichkeit dieses Unterfangens zu erörtern. Dennoch scheint gerade diese Thematik Filmemacher und Zuschauer gleichermaßen zu faszinieren, was die doch relativ hohe Zahl von Filmen aus dieser Kiste in den unterschiedlichsten Genres erklärt.
Im Gegensatz zu vergleichbaren Werken legt Vigalondo den Focus seiner Geschichte zum Glück aber weniger auf den technischen Aspekt von Zeitreisen, sondern auf einen eigentlich sehr durchschnittlichen Mann, der sich nach einer unfreiwilligen Zeitreise auf einmal mit Kopien seiner selbst und den damit verbundenen Konsequenzen herumschlagen muss. Und so geht es in „Time Crimes“ dann auch hauptsächlich darum, dass Hector schlicht und ergreifend nur wieder sein altes Leben an der Seite seiner liebenden Gattin in einem ruhigen Umfeld zurückhaben möchte. Das dieses jedoch nicht so einfach ist, wenn eine Kopie von sich selbst herumläuft, liegt da natürlich auf der Hand und nach dem ruhigen Auftakt steigert der Film die Spannung mit zunehmender Laufzeit und bietet auch noch den ein- oder anderen überraschenden Twist, ohne dabei zu sehr in unglaubwürdige Gefilde abzudriften.
Sicherlich müssen aber manche Dinge in Vigalondos Streifen einfach als gegeben angenommen werden und einige Fragen bleiben auch noch nach dreifacher Sichtung des Streifens einfach ungeklärt. Der spanische Regisseur legt aber bei seinem Langfilm-Debüt ein derart spannendes und atmosphärisches Werk vor, dass zwar die Gehirnwindungen durchaus zum rotieren bringen kann, aber dennoch fesselnd ausgefallen ist. Vor allem gegen Ende kann man schon mal kurzfristig die Orientierung verlieren und Szenen, die man zuvor bereits gesehen hat, erscheinen auf einmal in einem anderen Licht. Aber wenn erst einmal die End-Credits über den Bildschirm laufen, hat man große Lust, sich den Streifen gleich nochmals anzusehen.
Neben seiner tollen und ungewöhnlichen Geschichte bietet der Streifen aber auch gelungene Settings, bei denen man auch gar nicht merkt, dass der Streifen knapp 1,8 Millionen Euro verschlungen hat. Vigalondo, der auch eine Rolle in seinem Streifen übernommen hat und auch darin überzeugt, zeigt ja ganz eindrucksvoll, dass eine gute Geschichte auch keine sündteuren Effekte oder bekannte Namen benötigt um hervorragend zu funktionieren. Auch Karra Elejalde, den man aus Streifen wie „Action Mutante“ oder auch „The Nameless“ kennt, ist hier auch absolut passend besetzt und spielt den verzweifelten Mann, der aus der Bahn geworfen wird auch absolute glaubwürdig. Die restlichen beiden weiblichen Darsteller sind ebenfalls gut gewählt und machen aus dem spanischen Streifen ein Stück Film, dass in keiner Sammlung fehlen sollte.
Bei den Leutchen von „Koch Media“ ist der packende Zeitreise-Thriller dann auch in besten Händen und die VÖ bietet sowohl in der preisgünstigen Einzel-Edition, wie auch in der Collectors-Edition mit Bonus-Disc keinerlei Anlass zur Kritik. Die Bildqualität ist okay, auch wenn die Blu-Ray-Disc hier aufgrund der kostengünstigen Inszenierung sicher nicht ihre Vorzüge ausspielen kann. Die Synchro ist jedenfalls sehr gelungen und wer sich den spanischen Streifen lieber im Original ansehen möchte, kann das dank Untertitel auch machen. Die Collectors-Edition hat am zweiten Silberling außerdem noch ein paar Interviews, einen Kurzfilm und den Streifen in chronologischer Reihenfolge in der Originalfassung.
Unterm Strich bleibt ein kleiner, aber feiner spanischer Zeitreise-Thriller, der dank solider Inszenierung und Darsteller auch absolut gelungen ist und nicht zu Unrecht auf zahlreichen Festivals ordentlich abgefeiert wurde. Nacho Vigalondo macht in seinem Spielfilmdebüt einfach alles richtig und überzeugt mit einer starken Geschichte, die mit fortschreitender Laufzeit zunehmend spannender wird, den Zuschauer verwirrt und dennoch begeistert zurücklässt. Den zahlreichen positiven Stimmen ist dann auch gar nicht viel hinzuzufügen, und wer gerne ungewöhnliche Genre-Streifen sieht, die auch schon mal die Gehirnwindungen etwas fordern, der kann mit dem empfehlenswerten Streifen auch nichts falsch machen: 8,5/10 Punkten
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=7702
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