project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Der junge Thailänder Mon hat den Traum, in einer offiziellen Mannschaft Volleyball zu spielen. Da er jedoch offensichtlich schwul ist, wird er bei jeder Auswahl übergangen und ist kurz davor entnervt seinen Plan zu verwerfen. Durch seinen Freund Jung, dem seine gleichgeschlechtliche Neigung vom toupierten Haar bis zu den manikürten Zehennägel anzusehen ist, erfährt er vom Plan seines Bezirks für einen landesweiten Bewerb eine neue Mannschaft zusammenzustellen. Als die beiden Spieler bei den Testbewerben die lesbische Trainerin Bee von ihrem Können überzeugen und von ihr in die Mannschaft genommen werden, tritt der Rest der Spieler mit Ausnahme des jungen Chai geschlossen zurück.
Doch die Trainerin und ihre drei Jungs lassen sich nicht so leicht entmutigen und Mon und Jung treiben für eine neue Kampfmannschaft flugs ein paar alte Bekannte auf, mit denen sie zu Schulzeiten ebenfalls Volleyball gespielt haben. Und so stoßen neben dem sensiblen Kraftprotz und Soldaten Nong und der Transsexuellen Pia die mittlerweile eigentlich in einer Travestie-Show arbeitet, auch der schüchterne Wit zu der Mannschaft, der von seinen Eltern trotz Homosexualität zu einer Hochzeit mit einer Frau gedrängt wird. Auch Coach Bee hat mit ihren Freunden April, May und June aus einem vorangegangenen Team drei skurrile Spieler am Start, die das neue Team aus Homos, Heteros und Transsexuellen komplettieren.
Bei den ersten Qualifikationsspielen wird die auf „Iron Ladies“ getaufte Truppe noch belächelt. Als sie aber die ersten Bewerbe gewinnen werden auch die Zuschauer und die Medien auf die bunte Truppe aufmerksam und die Spiele der Mannschaft werden zu richtigen Happenings. Allerdings sind nicht alle Personen des Wettkampfs der Mannschaft wohlgesonnen und auch innerhalb gibt der Truppe gibt es Spannungen zwischen Mon und Chai, der von dem exzentrischen und oberflächlichen Gehabe seiner Teammitglieder zunehmend genervt ist. Doch die Truppe reisst sich zusammen und schafft es trotz einiger Widrigkeiten bis ins Finale des Turniers. Als jedoch am Abend davor ein Streit eskaliert und auch Will von seinen zornigen Eltern zum Verlassen der Mannschaft genötigt wird, rückt der große Traum das Turnier zu gewinnen in weite Ferne…
In Thailand leben über 60 Millionen Menschen, wobei 53 % der Bevölkerung weiblich und 46 % männlich sind. Aufmerksame Leser bemerken ja nicht nur den weiblichen Überschuss, sondern auch das fehlende 1 %, das sich wohl offensichtlich nicht so recht entscheiden kann. Das liegt zum Teil auch daran, dass man es in Thailand mit dem Geschlecht wohl ohnehin nicht so genau nimmt und auch Homosexualität durchaus als fröhliche Spielerei der Natur angesehen wird, die man nicht unter dem Deckmantel scheinheiliger Religionen bekämpft werden müssen. Und so fühlen sich die Lesben, Schwulen, Transen und Transsexuellen des Landes auch sehr wohl und bieten mit ihrem farbenfrohen Erscheinungsbild einen fixen Bestandteil der Tradition des Tourismus-orientierten Landes.
Und dann passiert es doch tatsächlich, dass sich im Jahre 1996 ein buntes Team aus Hetero- und Homosexuellen, Transen und Transsexuellen im Verlauf eines nationalen Volleyball-Turnieres in die Herzen von Zuschauer und Medien spielen und das Turnier letztendlich sogar noch gewinnen. Das ist selbst in Thailand eine mittlere Sensation und ist die reale Vorlage des humorvollen und komplett überdrehten Volleyball-Sportfilms „Iron Ladies“ aus dem Jahre 2001, der mittlerweile nicht nur zum kommerziell zweit-erfolgreichsten Streifen des Landes avanciert ist, sondern auch international allerlei Preise abgeräumt hat und zu Recht Kultstatus besitzt. In einem europäischen Land wäre die Teilnahme einer derartigen Truppe bei einem offiziellen Bewerb wohl undenkbar und auch die „Iron Ladies“ im Film haben natürlich mit allerlei Intoleranz zu kämpfen.
Aber im Grunde geht es dem Zuschauer wie der schlussendlich zahlreich einfindendem Publikum – er braucht eine Weile bis er die skurrilen Charaktere in sein Herz geschlossen hat. Während Mon ja noch halbwegs zurückhaltend erscheint, ist Jung mit seinem superschwuchteligen Gekröse ja zu Beginn des Filmes schon ein bisschen arg „over the top“. Zumindest wenn man die ganze Sache nach unterkühlten Euro-Standards bewerten würde. Aber gerade Jung ist ja auch mit seinem grenzenlosen Optimismus für die Moral und dem Erfolg der Truppe maßgeblich verantwortlich.
Und hat man die zahlreichen Charaktere erst einmal in sein Herz geschlossen, muss man sie auch einfach lieb haben und man fiebert zwangsläufig mit ihnen mit, egal ob Pia Liebeskummer hat oder Wit durch das konservative Verhalten seiner Eltern zu leiden hat. Auch Chai und seine Rolle als einziger Hetero in der Runde ist genauso nachvollziehbar wie der sensible Kraftprotz Nong, der trotz seines Einsatzes am Spielfeld schon auch mal seinen manikürten Fingernägeln nachheult. Aber neben seinem ganzen Gay-related Inhalt ist „Iron Ladies“ ja auch noch ein verdammt guter Sportfilm geworden, der ein relativ hohes Tempo verlegt und ein paar spannende Matches zu bieten hat. Das Ende ist dann natürlich wie der gesamte Film etwas augenzwinkernd ausgefallen, was aber hervorragend zu dem lebensfrohen und bunten Streifen passt.
Dass „Iron Ladies“ ja landauf und landab so gut beim Publikum ankommt ist auch wenig verwunderlich, da der kurzweilige Streifen einfach die Lacher und Sympathien auf seiner Seite hat. Die Geschichte ist herzerwärmend und bietet für leisere Untertöne genauso Platz wie für grobe Kalauer und egal ob hetero, schwul, bi oder was auch immer – der Film rockt einfach die Hütte und die gute Laune überträgt sich auf den Zuschauer. Die Darsteller sind dabei allesamt sehr passend gewählt und es ist eine wahre Freude den Leuten beim Agieren zuzusehen. Auch wenn man es kaum glauben mag, so ist unter den sechs Hauptdarstellern gerade mal einer tatsächlich homosexuell und wer glaubt, dass das Verhalten der Personen übertrieben ist, wird im Abspann des Filmes eines Besseren belehrt, wenn die tatsächlichen „Iron Ladies“ ausschnittsweise in einer Fernsehshow präsentiert werden, bei denen man die Ähnlichkeit zu den Darstellern ersehen kann.
Das erste Mal hab ich den Streifen ja im Jahre 2006 auf Arte gesehen, wo der Streifen um 20:40 gelaufen ist. Das wäre vermutlich gar nicht mehr möglich, da die FSK den harmlosen Streifen mit einer FSK16er-Freigabe bedacht hat. Die ist nicht nur nicht nachvollziehbar, sondern eigentlich ziemlich ärgerlich und auch nicht das erste Mal, dass bei Filmen mit schwuler Thematik so vorgegangen wird. Die harmlose Komödie hätte ja locker auch mit einer niedrigeren Freigabe veröffentlich werden können. Sei es drum, die DVD aus dem Hause CMV-Laservision ist hingegen natürlich klasse und bietet den Streifen in guter Bild- und Tonqualität, wobei man darauf achten sollte, dass auch die deutsche Untertitelspur aktiviert ist, da man ansonsten am Ende blöd bzw. unwissend aus der Röhre guckt. Neben der gelungenen, aber für Hetero- und auch schwule Ohren sicherlich etwas gewöhnungsbedürftige Synchronisation mit Kreischfaktor 1000 gibt es auch die thailändische Originalfassung samt optionaler Untertiteln in Deutsch und Englisch, sowie eine Handvoll entfallener Szenen, dem Original-Trailer zum Film, sowie einer kleinen Trailershow.
Unterm Strich ist „Iron Ladies“ eine witzige und hysterische Komödie aus Thailand, bei dem neben viel Humor die klassische Story von sportlichen Underdogs in grelles Rosa und viel Tüll gehüllt wird und der auch von der ersten bis zur letzten Sekunde absolut unterhaltsam ausgefallen ist. Sympathische Darsteller, eine durchgehend flotte Inszenierung samt herzerwärmender Geschichte mit leisen Untertönen machen „Iron Ladies“ zu einem ungewöhnlich-schrillen Filmvergnügen, dass man als aufgeschlossener Filmkonsument auch gesehen haben sollte. Einen grelleren, unterhaltsameren und schwul-schwuchteligeren Sportfilm wird man so schnell wohl auch nicht zu Gesicht bekommen. 9/10 Punkten plus einen Sympathiepunkt extra!
Beitrag geändert von jogiwan (26.April 2011 17:37:17)
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=7657
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