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Graham (Jon Foster) ist der Sohn des erfolgreichen Filmproduzenten William (Billy Bob Thornton) und der tablettensüchtigen Laura (Kim Basinger), die kurz vor einer Scheidung stehen, weil der umtriebige und selbstsüchtige William für eine heftige Affäre mit der Nachrichtensprecherin Cheryl (Winona Ryder) seine labile Frau verlassen hat. Doch das stört den smarten jungen Mann gar nicht, der seine Tage im Los Angeles des Jahres 1983 lieber mit Musik, Drogendeals und schnellen Sex mit seiner Freundin Christie (Amber Heard) und seinem Freund, dem Videoclip-Regisseur Martin (Austin Nichols), als mit irgendwelchen Problemen anderer Leute verbringt.
Als eines Tages Bruce, ein Bekannter von Graham auf einer Party von einem Auto überfahren wird, trifft er sich mit seiner Clique bei der Totenwache in einem luxuriösen Hotel und erfährt, dass sich seine Eltern sehr zum Missfallen seiner Schwester wieder versöhnen wollen. Doch der Tod seines Freundes scheint den jungen Mann ohnehin nicht sonderlich zu stören, da er den Jet-Setter offensichtlich ohnehin nicht gut gekannt hat und seine Gedanken auch eher bei dem anstehenden Konzert der New Wave-Truppe „The Informers“ sind, dass er mit Christie besuchen möchte. Auch seinen anderen Freunde sind von dem Unfalltod von Bruce scheinbar nicht sonderlich betroffen und sind eher genervt, bei einer derartigen Veranstaltung anwesend sein zu müssen.
Wenig später trifft auch dessen exzentrische und gefeierte Sänger der Band Bryan Metro (Mel Raido) und sein Manager Roger (Rhys Ifans) in der Millionenmetropole ein, der seine Karriere mit einem von Grahams Vater produzierten Musikfilm wieder auf Vordermann bringen und sich gleichzeitig in L.A. mit seiner Ex-Frau und dem gemeinsamen Kind wieder aussöhnen möchte. Doch der Superstar Bryan ist von seiner jahrelangen Sucht bereits arg gezeichnet und hat dadurch auch den Bezug zur Realität und zu anderen Menschen längst verloren. Innerlich längst leer hat Bryan auch nicht mehr die Kraft nüchtern und ohne Drogen sein Leben als Bühnenstar leben und wirkt immer entrückter.
Zur gleichen Zeit startet Les (Chris Isaak) der geschiedene Vater von Tim (Lou Taylor Pucci) einen letzten Versuch, die Beziehung zu seinem über die Jahre entfremdeten Sohn zu retten, in dem er mit ihm gemeinsam auf Urlaub nach Hawaii fährt. Doch dort ist der junge Mann vom Verhalten und der Alkoholabhängigkeit seines Vaters eher genervt und auch seine Versuche ständig dem weiblichen Geschlecht zu imponieren sind dem eigentlich sensiblen Tim äußerst zuwider. Als er jedoch ein junges Mädchen kennen lernt, scheint sich seine Stimmung kurzfristig zu bessern, doch schon wenig später eskaliert die Situation bei einem gemeinsamen Abendessen und Les versucht, seinen Sohn zur Rede zu stellen, was jedoch gründlich in die Hose geht.
Graham beginnt zunehmend sein Leben, dass scheinbar nur aus Party, Drogen, Alkohol und Sex besteht zu überdenken und versucht mit Christie eine ernsthafte Beziehung zu führen, die jedoch wenig später ihre Zeit mit der Ex-Frau von Metro verbringt und mit einer schlimmen Diagnose konfrontiert wird. Bei der Suche nach dem Sinn des Lebens landet er jedoch wieder Martin und einem Mädchen im Bett und trifft wenig später im Apartment-Block auf den Portier Jack (Brad Renfro), der sich ebenfalls schon längst von seinem Traum Schauspieler zu werden verabschieden musste und von seinem Onkel Peter (Mickey Rourke) in eine ganz schlimme Sache verwickelt wird.
„The Informers“ bzw. “Die Informanten”, das Nachfolgebuch von Bret Easton Ellis zu dem heftig umstrittenen und polarisiertem Roman „American Psycho“ zeichnet der Autor in zwölf ineinander verwobenen Geschichten das Bild einer oberflächlichen Welt im Los Angeles der frühen Achtziger Jahre. In dem ursprünglich 1994 veröffentlichten Buch vertreiben sich gelangweilte Jugendliche aus gut-situiertem Hause ihre Zeit mit Drogen, Partys und Alkohol und ihre Suche nach dem tieferen Sinn des Lebens haben diese Menschen zugunsten eines hedonistischen und egoistischen Lebensstils längst aufgegeben. Stattdessen begibt man sich mit der elterlichen Kreditkarte in der Tasche ständig auf die Suche nach dem nächsten Kick und lebt ohne größere Ziele, Job oder Beziehung in den Tag hinein und vertreibt sich die Zeit am Strand, Shopping, Konzerte auf Partys oder im Nobel-Restaurant.
Vor einiger Zeit habe ich in dem Review zu „Mammut“ geschrieben, dass die große Zeit der Episodenfilme ja eigentlich schon lange vorbei ist und auch „The Informers“ aus dem Jahre 2008 zählt da schon eher zu den Nachzüglern des Genres. Dabei ist der Streifen des australischen Regisseurs Gregor Jordan („Ned Kelley) aber durchaus interessant ausgefallen und „The Informers“ unterscheidet sich ja aufgrund der literarischen Vorlage auch etwas von Filmen wie „Babel“, „L.A. Crash“ oder „Short Cuts“. So sind die Figuren von Ellis allesamt aalglatte, oberflächliche und eigentlich zutiefst unsympathische Charaktere, denen auch bewusst jegliche Tiefe fehlt und zu der auch aufgrund der losen Erzählweise, die ständig zwischen den zahlreichen Darstellern hin- und herspringt und weder über Ende noch Anfang verfügt, kaum ein Zuschauer eine Bindung aufbauen kann.
Den Figuren fehlt scheinbar jegliche Richtung im Leben und vor allem die jungen Charaktere vegetieren scheinbar emotionslos in Saus und Braus in den Tag hinein, ohne sich Gedanken um sich selbst oder gar andere Personen oder die Auswirkungen ihrer Taten zu machen. Auch der hemmungslos genossene Sex ist in Zeiten vor Aids ein bloßer Zeitvertreib und jeder scheint es mit jedem zu treiben. Selbst die Eltern sind in „The Informers“ aber keinen Deut besser und stehen dem orientierungslosen Nachwuchs um nichts nach. Diese Figuren sind allesamt entweder egoistisch, abhängig oder ohnehin kriminell und scheinen sich ebenfalls nicht um ihr Handeln zu kümmern. Die Millionenmetropole wird von Ellis als hedonistischer Ort dargestellt, in dem man sich nur um sich selbst kümmern darf, um nur nicht gemeinsam mit der Masse der „Schwachen“ unter die Räder zu kommen.
Interessant ist dabei auch die Optik des Streifens, der trotz abgründiger Thematik mit seinen schicken und stylishen Bildern von hübschen und modebewussten Menschen in In-Lokalen und Hot-Spots der Stadt (die übrigens in Uruguay gedreht wurden) dann auch eher an einen Werbefilm erinnert, würde es hinter der Schickimicki-Fassade nicht so derartig bröckeln. Und überraschenderweise funktioniert der Film auch gänzlich ohne positive Identifikationsfiguren auch sehr gut und das Portrait ganzer Generationen von selbstsüchtigen Menschen berührt den Zuschauer dennoch auf eine sehr eigenartige Weise. „The Informers“ regt wohl dadurch zum Nachdenken an, weil er ein Leben präsentiert, das wohl niemand von uns führen möchten, von dem wir in unserer Leistungsgesellschaft aber dennoch gar nicht mal soweit entfernt sind.
Darstellerisch bietet „The Informers“ dann eigentlich sehr hochrangige Namen, auch wenn sich die Rollen von Schauspielern wie Billy Bob Thornton, Kim Basinger, Mickey Rourke Winona Ryder und Rhys Ifans und Chris Isaak dann eher auf Nebenrollen beschränken, die dennoch in Erinnerung bleiben. Auch Jon Foster und Austin Nichols glänzen als seelenlose Yuppies, so wie auch Amber Heard in ihrer sehr freizügigen Rolle als Christie, deren tragisches Schicksal den Zuschauer wohl im Besonderen berühren wird. Für Ex-Kinderdarsteller Brad Renfro war die Rolle als Portier Jack jedoch auch seine letzte, bevor er im Alter von 26 Jahren an einer Überdosis verstarb. Generell ist der Cast bis auf die kleinste Rolle gut besetzt und bietet keinen Anlass zur Kritik.
Die DVD und Blu-Ray aus dem Hause Universum bringt den durchaus interessanten, wenn auch etwas gewöhnungsbedürftigen Streifen in sehr guter Bild- und Tonqualität, bei der auch der tolle 80er-Soundtrack mit Gary Newman und Konsorten gut zur Geltung kommt. Leider hat es außer dem Film-Trailer kein weitere Bonusmaterial zu dem Film auf die Silberlinge geschafft, was angesichts der Thematik, den Dreharbeiten im Ausland und auch der literarischen Vorlage sicherlich interessant gewesen wäre. Abgerundet wird das dennoch positive Bild mit fünf Trailers aus dem Programm des Hauses Universum.
Unterm Strich ist „The Informer“ ein eigentümlich-emotionsloser Film über noch emotionslosere Charaktere, die ihre Suche nach dem tieferen Sinn des Lebens in der glitzernden Scheinwelt der Filmmetropole Los Angeles längst aufgegeben werden. Tolle Darsteller, hübsche Hochglanz-Bilder und eine tiefschwarz-satirische Vorlage machen „The Informer“ zum interessanten Sittenbild einer Zeit, in der Moral und Verantwortung keine Rolle spielt und die Protagonisten trotz Sex, Drogen und Alkohol immer mehr in ihrer Leere vergehen. Ein seltsamer Streifen nach Vorlage des Skandal-Autors Bret Easton Ellis, der trotz bewusster Distanz jedoch wider Erwarten bestens funktioniert und Freunden von ungewöhnlichen Vertretern aus der Arthouse-Kiste dann natürlich auch empfohlen werden kann. 8/10
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch endlich Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=7540
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