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Bei einem brutalen Raubüberfall in Leonards Wohnung wird dessen Frau von zwei Einbrechern vergewaltigt und ermordet. Der Versicherungsdetektiv versucht zwar seine Frau zu retten und erschießt einen der Eindringlinge, wird jedoch von dem zweiten Verbrecher überrascht und brutal zusammengeschlagen. Als er wieder zur Besinnung kommt, hat er aufgrund seiner Kopfverletzung und dem traumatischen Erlebnis sein Kurzzeitgedächtnis verloren und ist fortan nicht mehr fähig, sich Dinge länger als ein paar Minuten zu merken. Trotz seines Handicaps hat er jedoch den festen Willen, den zweiten Verbrecher zu finden und ihn zu töten.
Damit Leonard seinen Auftrag nicht aus den Augen verliert, katalogisiert er fortan sein Leben, macht sich Notizen, fotografiert wichtige Dinge mit seiner Polaroid-Kamera und lässt sich die wichtigsten Hinweise seiner Recherchen auf seinen Körper tättowieren. Doch schon bald gerät er an Menschen, die versuchen, das Handicap des rachsüchtigen Mannes für ihre Zwecke ausnutzen. Leonard ist sich nicht mehr sicher, welcher Person in seinem Umfeld er überhaupt noch vertrauen kann und verstrickt sich immer weiter in einem Rätsel aus zahlreichen Hinweisen und Vermutungen. Und wenig später lockt er den vermeintlichen Täter in ein abgelegenes Haus am Stadtrand...
Über den Independent-Thriller „Memento“ von Regisseur Christopher Nolan muss wohl ohnehin nicht mehr viel gesagt werden. Seit seiner Premiere auf den Filmfestspielen in Venedig im Jahre 2000, wo der Film „standing ovations“ bekam, hat der ungewöhnliche Streifen dank positiver Mundpropaganda seinen weltweiten Siegeszug angetreten, zählt zu den erfolgreichsten Indie-Produktionen und hat seinen Regisseur auch in die 1. Liga der Regisseure in Hollywood aufsteigen lassen, wo dieser seitdem einen Blockbuster nach dem anderen produziert, ohne dabei die Qualität der verfilmten Stoffe zu vernachlässigen.
Die doppelbödige Geschichte von „Memento“ ist ja an sich schon originell und spannend und wird durch die ungewöhnliche Erzählweise dann zu einem absoluten Highlight der Kinogeschichte. So wird die eigentliche Geschichte in Episoden, die das Erinnerungsvermögen von Leonard repräsentieren rückwärts erzählt und durch einen zweiten linearen Handlungsstrang unterbrochen, der ebenfalls weitere Hintergründe der Geschichte offenbart. Dabei weiß weder der Protagonist und der Zuschauer, was wirklich hinter der ganzen Geschichte steckt und welcher Person im Umfeld von Leonard zu trauen ist. Und was am Anfang logisch erscheint, verkommt immer mehr zu einem trickreichen Puzzle, bei dem am Ende nichts mehr so ist, wie es auf den ersten Blick eigentlich hätte sein sollte.
Wie auch die Geschichte des Filmes, war auch der Weg in die Kinos kein geradlinige Story. Obwohl der Film auf zahlreichen Festivals gelaufen ist und sehr gute Kritiken erntete, empfanden die Studiobosse nach Test-Screenings die Geschichte als zu wirr, komplex oder zu anspruchsvoll um die breite Masse anzusprechen. Erst nachdem Regisseur Steven Sonderbergh den Film sah und fleißig die Werbetrommel rührte, sicherte sich „Newmarket“ die Rechte und brachte den Film mit hohem finanziellen Risiko in die Kinos. Dort mauserte sich der Indie-Film auch dank Oscar-Nominierung für das beste Drehbuch zum Überraschungshit und spielte schlussendlich über 25 Mio. Dollar ein, was für einen Film aus dieser Vertriebsschiene schlichtweg sensationell war.
Andererseits muss aber auch gesagt werden, dass „Memento“ wahrlich kein leicht zu konsumierender Film ist und die episodenhafte Geschichte auch hundert Prozent Aufmerksamkeit vom Zuschauer verlangt, was in Zeiten von Popcorn-Effektkino sicherlich nicht den üblichen Sehgewohnheiten entspricht. Die Inszenierung des knapp zweistündigen Films ist eher ruhig und lässt den Zuschauer bewusst über einen sehr langen Zeitraum im Dunkeln. Und selbst dann, wenn man glaubt zu erahnen, wie der Film ausgehen könnte, wird jedes Mal geschickt ein Haken geschlagen, sodass sich der Zuschauer bei der intriganten Geschichte auch nie in Sicherheit wiegen kann.
Während der Streifen bereits mehrfach in unterschiedlichen Varianten auf DVD veröffentlicht wurde, hat eine VÖ auf Blu-Ray-Disc auf sich warten lassen. Doch das ist nun mit der Scheibe aus dem Hause Ascot-Elite vorbei. Diese bringen den knapp zweistündigen Streifen in sehr guter Bild- und Tonqualität sowie zahlreichen Bonusmaterial, wie ein Audiokommentar von Regisseur Christopher Nolan, ein Making-of einer Einstellung und ein 24minütiges Interview mit dem Regisseur. Ein fairer Preis, Bildergalerien und Textafeln, sowie Trailer zu anderen Filmen aus unterschiedlichsten Genres runden das Gesamtbild harmonisch ab.
Unterm Strich bleibt ein ungewöhnlich-verkopfter Indie-Thriller, der nicht zu Unrecht seit über einem Jahrzehnt seine Zuschauer begeistert und seinen Regisseur zu einem absoluten Star gemacht hat, der mittlerweile sogar Massen-unkompatible Geschichten mit Stars und Überlänge realisieren kann und trotzdem jeden Cent wert ist. „Memento“ ist dank seiner doppelbödigen Geschichte und unkonventioneller Erzählstrukturen absolut Kult und sollte daher auch in keiner gepflegten Sammlung fehlen. Und auch dank der eindrucksvollen Leistung von Guy Pearce kann es an dieser Stelle auch nur die Höchstwertung geben: 10/10 Punkten!
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@Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch endlich Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=7400
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