project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Am 6. Oktober 1998 lernt der offen schwule Student Matthew Shepard in einer Bar auf dem Campus-Areal einer Uni in Wyoming James McKinney und Russel Henderson kennen. McKinney und Henderson geben sich auf der Toilette des Lokals ebenfalls als Homosexuelle zu erkennen und locken den zierlichen Matthew mit sexueller Absicht und dem Angebot ihn nach Hause zu bringen in ihr Auto. Dort wird er jedoch überfallen und mit dem Lauf einer Pistole mehrfach ins Gesicht geschlagen. Anschließend binden die beiden Verbrecher den jungen Mann mit seinen Schnürsenkeln im Nirgendwo an einen Zaun und lassen ihn so zurück. Achtzehn Stunden später wird er von beiden Radfahrern entdeckt, die den grausam zugerichteten Matthew zuerst für eine Vogelscheuche halten. Am 12. Oktober 1998 erliegt Shepard seinen Verletzungen ohne wieder das Bewusstsein zu erreichen.
Der sinnlose Tod des 21jährigen Studenten löste weltweit entsetzen aus, da der homosexuelle Matthew von seinen beiden heterosexuellen Tätern gezielt ausgesucht wurde, da dieser offen schwul war. Während der Verhandlung gaben die beiden Täter zu Protokoll, dass sie sich von der Homosexualität Matthews bedroht gefühlt haben und ihnen daher gar nichts anderes übrig blieb, als den körperlich unterlegenen Mann zu töten. Dieses wurde jedoch von Gericht nicht anerkannt und McKinney wurde nur deswegen nicht zu Tode verurteilt, weil die Eltern von Matthew einem Deal zustimmten, die den Täter zu zweimal lebenslänglich ohne Aussicht auf Bewährung verurteilte.
Weltweit löste diese grausige Tat und der Prozess, der von unappetitlichen Protesten der homophoben Westboro Baptist Church begleitet wurde, jedoch Entsetzen heraus und das große Medieninteresse sorgte u.a. dafür dass sich Prominente öffentlich zu ihrer Homosexualität bekannten, um homosexuelle Jugendliche zu bestärken und sogenannte Hass-Verbrechen zu verhindern. Die Tat führte im Jahre 2009 auch dazu, dass die amerikanische Gesetzgebung dahingehend geändert, dass Hass-motivierte Verbrechen gegen Homosexuelle strenger bestraft werden können. Der sogenannte „Matthew Shepard and James Byrd, Jr. Hate Crimes Prevention Act“ wurde von Barak Obama am 28.10.2009 knapp 11 Jahre nach der Tat unterzeichnet.
Die US-TV-Produktion „Die Matthew Shepard Story“ von Regisseur Roger Spottiswoode behandelt diese tragische Begebenheit aus dem Blickwinkel seiner Eltern, die sich im Frühjahr 1999 gerade mitten im Prozess gegen die beiden Täter befinden. Da es bei der Verurteilung des Haupttäters vor dem Geschworenen-Gericht um die Todesstrafe geht, werden beiden von der Verteidigung dazu bewogen, sich in einer Rede während der Verhandlung sehr emotional über die Geschichte ihres Sohnes zu äußern. Und zu dessen Vorbereitung werden anhand von verschiedener Erinnerungen der Eltern und auch von Freunden das Leben des introvertierten Studenten aufgerollt, dessen Leben im Jahre 1998 so traurig enden musste.
Doch während der Verhandlung kommen vor allem bei Matthews Mutter zunehmend Zweifel auf, ob die Todesstrafe im Sinne ihres Sohnes sei, der sich zeitlebens auf die Seite der Schwachen gestellt hat. Als Judy Shepard von ihrem Anwalt erfährt, dass die Gegenseite einen Deal plant um deren Mandanten vor dem elektrischen Stuhl zu bewahren, stellt sie sich zuerst gegen ihren Mann, der den Mörder seinen Sohnes lieber tot als lebendig sehen möchte. Doch als die Zweifel an der Sinnhaftigkeit eines weiteres Todes immer größer werden, stimmen beide Eltern nach langen Diskussionen dem Deal zu. Mit der Begründung „Wir schenken ihm Leben in Erinnerungen an jemanden, der nicht mehr lebt.“ wird McKinney zu zweimal Lebenslänglich ohne Aussicht auf Bewährung verurteilt.
Der Streifen ist dabei sehr eindringlich ausgefallen und auch wenn auf zu plakative Effekte verzichtet wird und auch das abscheuliche Verbrechen nur in optisch-verfremdeter Art und Weise gezeigt wird. Der ganze Streifen ist wie auch das Verhalten der Eltern Matthews eher ruhig und besonnen und ist auch gar nicht dazu gedacht, den Zuschauer in irgendeiner Form seine Meinung aufzudrängen. Trotz seiner eher zurückhaltenden Inszenierung verfehlt der Streifen seine Wirkung jedoch nicht und ist neben seinem Aufruf zu mehr Toleranz gegenüber der homosexuellen Minderheit auch gleichzeitig ein eindringliches Plädoyer gegen die Todesstrafe.
Neben der soliden Inszenierung von Roger Spottiswoode („James Bond – der Morgen stirbt nie“) überzeugt vor allem Stockard Channing in der Rolle als Judy Shepard, die für ihre Leistung auch mit einem Emmy ausgezeichnet wurde. Aber auch Shane Meier als zweifelnder Matthew hat auf einschlägigen Festivals zahlreiche Preise abgeräumt und überzeugt wie der Rest vom Cast ebenfalls. Das Einzige, dass man dem Streifen eventuell etwas ankreiden könnte ist die Tatsache, dass er insgesamt doch etwas altbacken daherkommt, schon auch wie eine TV-Produktion aussieht und auch nicht ohne gängige Klischees auskommt. Doch das sind nur kleinere Schönheitsfehler im Vergleich zum positiven Rest.
Die DVD aus dem Hause CMV-Laservision bietet den interessanten Streifen nun auf DVD und hat dafür sogar eine gelungene, deutsche Synchro in Auftrag gegeben. Aufgrund der unbequemen Thematik ist das natürlich umso lobenswerter. Die Bild- und Tonqualität ist wie üblich sehr gut und bietet keinerlei Anlass zur Kritik. Etwas schade finde ich nur, dass auf dem Silberling neben einigen Trailern aus dem Programm des Berliner Labels und einer Bildergalerie kein weiteres Bonusmaterial zu finden ist, was angesichts der interessanten, wenn auch traurigen Thematik sicher wünschenswert gewesen wäre.
Und so bleibt unterm Strich ein trauriger Film über eine furchtbare Begebenheit, die aufgrund ihrer Brutalität international für Aufsehen gesorgt. Der Mord an Matthew Shepard aus Hass auf Homosexuelle hat das Bewusstsein der Menschen für Gewalt gegenüber Minderheit auf der ganzen Welt geschärft und in den USA schlussendlich dafür gesorgt, dass diese sogenannten „Hate-Crimes“ seit 2009 härter bestraft werden können. Wer sich im Umkreis der Geschichte für die Rolle der amerikanischen Kirche zu diesem Thema beschäftigen möchte, dem sei auch die Doku „Im Namen der Bibel“ dringend ans Herz gelegt, der ebenfalls vor kurzem auf DVD veröffentlicht wurde. 8/10
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=7216
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