project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Die beiden zwölfjährigen Zwillingen Rudy und Jacob könnten unterschiedlicher nicht sein. Während Rudy der Liebling seiner Eltern ist und sich selbstbewusst den jugendlichen Schlägern Jeff und Kenny gegenübertritt, versteckt der von einem Feuermal gezeichnete Jacob sein Gesicht vor seiner Umwelt hinter einer Eishockeymaske. Gemeinsam mit ihren Freuden, dem stark übergewichtigen Leonard (Jesse Camacho) und der frühreifen Malee (Zoe Weizenbaum) spielen die beiden fast tagtäglich in einem Baumhaus in der Nähe ihrer Elternhäuser.
Eines Tages legt sich Rudy wieder einmal mit den beiden Schlägern an und diese schwören bittere Rache. In der Nacht zünden beide das Baumhaus der Jugendlichen an, unwissend, dass sich darin der schlafende Rudy und Leonard befinden. Während Letzterer noch in letzter Sekunden den Flammen entkommen kann und vom dem geschockten Kenny aus dem Gefahrenbereich gezogen wird, verbrennt Rudy hilflos im Baumhaus und lässt einen geschockten Jacob zurück, der fortan auf das Tragen seiner Maske verzichtet.
Das tragische Erlebnis hat jedoch Auswirkungen auf alle Beteiligten und während Jacobs Eltern sich in Trauer ergehen, beschließt Malee ihre aufkeimende Sexualität auszuleben und verliebt sich Hals über Kopf in Gus, einem Therapiepatienten ihrer Mutter, der aufgrund eines traumatischen Erlebnisses von Geistern der Vergangenheit verfolgt wird. Doch diese sind Malee egal und das Verhalten der jungen Frau nimmt zwanghaftes Verhalten an. Sie bricht in seine Wohnung an und versteckt seine Waffe, da sie Angst hat, dass sich Gus aufgrund seiner Probleme etwas antun könnte, während sie ihre Mutter dafür verantwortlich macht, dass sie ohne Vater heranwachsen muss.
In der Zwischenzeit wird Leonard von ganz anderen Problemen geplagt. In der verhängnisvollen Nacht hat er durch den Sturz vom Baumhaus seinen Geschmacksinn verloren und sieht das Essverhalten seiner ebenfalls übergewichtigen Familie mit anderen Augen. Seine Versuche an die Vernunft seiner Eltern zu appellieren schlagen aber fehl und werden von seiner Mutter sogar boykottiert. Doch Leonard ist durch die Motivation seines Turnlehrers und den Hänseleinen seiner Mitschüler fix überzeugt in die Football-Mannschaft zu kommen und beginnt erstmalig in seinem Leben mit Sport. Als er aus „Strafe“ nicht an einem Familienurlaub teilnehmen darf und er mit seiner Mutter alleine im Haus bleibt, greift er zu drastischen Mitteln um seine Mutter von einer gesunden Lebensweise zu überzeugen.
Jacob beginnt ohne Wissen seiner Eltern die verurteilten Kenny und Jeff im Gefängnis zu besuchen und bedroht in seiner Trauer beide mit dem Tod. Nachdem Jeff jedoch in seiner Zelle Selbstmord begeht, freundet er sich langsam mit dem Jungen aus dem schwierigen, sozialem Umfeld an. Als seine Eltern aber auch noch einen gleichaltrigen Jungen adoptieren und Kenny wegen guter Führung aus der Jugend-Haft entlassen werde soll, wirft es den Jungen komplett aus der Bahn und in einer regnerischen Nacht steuert alles einem tragischen Höhepunkt entgegen.
Das Drama „12 and holding – das Ende der Unschuld“ des amerikanischen Regisseur Michael Cuesta beschreibt das Leben von drei, eigentlich sehr unterschiedlichen Zwölfjährigen, deren Leben durch den Tod des gleichaltrigen Rudy auf sehr unterschiedliche Art und Weise beeinflusst werden. Dabei behandelt der sehr interessante, aber auch etwas kontroverse Streifen Themen wie Freundschaft, Trauer, die erste Liebe, aber auch die Loslösung vom Elternhaus, bzw. die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit aus dem vorgegebenen Umfeld.
Während der entstellte Jacob nach dem Tod seines Zwillingsbruders erstmalig aus dessen übergroßen Schatten tritt, in den er sich selbst gestellt hat und dessen Bestrebungen von seinen Eltern gleich wieder einen Dämpfer erhalten, nimmt Malee den Tod ihres Freundes und das Eintreten ihrer ersten Menstruation zum Anlass, sich mit ihrer Sexualität auseinander zu setzten. Prompt verliebt sie sich in den ersten Mann der ihr unterkommt und beginnt diesen zu stalken. Leonard hingegen nimmt den Verlust seines Geschmackssinnes zum Anlass, sein Leben grundlegend zu ändern und die Ernährungsgewohnheiten seines Elternhauses zu hinterfragen.
Das Drehbuch von Anthony Cipriano ist durchaus gelungen, wenngleich die Ereignisse schon etwas überspitzt dargestellt werden und sich die Jugendlichen nicht so verhalten, wie es die Erwachsenen vielleicht von ihnen erwarten. Das dramatische und unschöne Ende stößt ebenfalls nicht überall auf Gegenliebe und hat dem Film, der sich unter anderem schon auch an ein jüngeres Publikum richtet eine FSK-16er-Freigabe beschert. Trotzdem bewahrt sich „12 and holding – das Ende der Unschuld“ immer noch einen gewissen Grad von Glaubwürdigkeit und ist zum Glück von plakativen und konstruierten Werken eines Larry Clark und Edward Lachman („Ken Park“, „Kids“) meilenweit entfernt.
„12 and holding – das Ende der Unschuld“ ist aber auch ein Werk, dass vor allem durch seine glaubwürdigen Darsteller so gut funktioniert. Conor Donovan ist in seiner Doppelrolle als Jacob und Rudy absolut glaubwürdig und auch sein innerlicher Konflikt, sich mit dem vermeintlichen Mörder seines Bruders anzufreunden ist absolut glaubwürdig. Zoe Weizenbaum als frühreife Malee, die ohne Vater heranwachsen musst und sich in dem Bauarbeiter Gus eine Ersatz legt ebenfalls eine beeindruckende Performance hin und auch Jesse Camacho, der mitsamt seiner Filmfamilie eher für die humoristischen Momente des Filmes zuständig ist, nimmt man seine Rolle als gehänselter und übergewichtiger Leonard gerne ab.
Regisseur Michael Cuesta, der mit seinen Regie-Debüt „L.I.E.“ aus dem Jahre 2001 gleich einen sehr kontroversen „Coming-of-Age“-Streifen hingelegt hat, kennt man hierzulande wohl noch am ehesten von seinem 2009 enstandenen Mystery-Thriller „Das schwarze Herz“, in dem Josh Lucas dank Herztransplantation einem Mord auf die Spur kommt. Ansonsten ist der aufstrebende Regisseur wohl eher Serienfreunden bekannt. So hat Cuesta nicht nur einige Episoden der vielfach ausgezeichnenten Serie „Six feet under“ inszeniert, auch einige Teile der doppelbödigen Serial-Killer-Soap „Dexter“ wurden von ihm in Szene gesetzt.
Die DVD aus dem Hause CMV-Laservision ist bereits die zweite Veröffentlichung innerhalb kürzerer Zeit und bringt den interessanten Streifen neben der englischsprachigen Originalversion auch in einer gelungenen deutschen Synchro. Die Bild- und Tonqualität ist für einen amerikanischen Indie-Film sehr gelungen und bietet keinen Anlass zur Kritik. Neben einem Audiokommentar mit Regisseur Michael Cuesta bietet die Scheibe auch noch den Originaltrailer, sowie entfallene Szenen mit optionalen Kommentar des Regisseurs, sowie den Trailer zu dem ebenfalls entfehlenswerten Feelgood-Movie „Queens“ bzw. „My big fat gay wedding“ des spanischen Regisseurs Manuel Gómez Pereira.
Unterm Strich bleibt ein mutiger und auch sicher polarisierender Film über Heranwachsende, der eine ungewöhnliche und strittige Geschichte erzählt, der verständlicherweise nicht überall auf Gegenliebe stößt. Selbstjustiz unter Minderjährigen und erwachende Sexualität sind auch sicherlich keine Themen für den Mainstream und das „12 and Holding“ teils auf wüste Ablehnung stößt, ist wenig verwunderlich. Mir hat der 2005 entstandene Streifen mit kleineren Einschränkungen jedoch gut gefallen und aufgeschlossenen Zuschauern, die auch vor unbequemen Themen in Verbindung mit Teenie-Thematik nicht zurückschrecken ist der Streifen sicherlich empfehlenswert: 8/10
Beitrag geändert von jogiwan (03.January 2011 11:56:15)
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review - ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=7189
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