project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Durch eine Gesetzesänderung im Jahre 2005 ist es den Homosexuellen in Spanien erstmals möglich zu heiraten. Zu diesem Zweck ist in dem Madrider Hotel Mayerling, dass sich an ein schwules Klientel richtet, eine medienwirksame Massenhochzeit mit zwanzig Paaren geplant. Unter den Paaren befindet sich auch der argentinische Fitnesstrainer Oscar (Daniel Hendler) und Miguel (Unax Ugalde), der Sohn der umtriebigen Hotelchefin Magda (Carmen Maura), die mitten im Vorbereitungsstress auf einmal mit der Ofelia (Betiana Blum), ihrem argentinischen und optimistischen Gegenstück samt Sack und Pack und viel zu großen Hund konfrontiert wird. Da Hunde im Hotel jedoch nicht erlaubt sind, wird Ofelia kurzerhand bei Oscar und Miguel einquartiert, was bei den ohnehin angespannten Männern für zusätzlich Zündstoff sorgt.
Aber auch bei anderen Paaren liegen kurz vor der Hochzeit die Nerven etwas blank und Rafa (Raul Garcia), der Sohn der berühmten Schauspielerin Reyes (Marisa Paredes) hat ein Essen geplant, bei dem die umjubelte Diva Jacinto (Lluis Homar), den Vater seines Freundes Jonas (Hugo Silva) endlich näher kennen lernen soll, der für sie bereits seit 15 Jahren als Gärtner beschäftigt ist. Doch bei dem gut gemeinten Treffen prallen Welten aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten und das als Familienzusammenführung geplante Dinner eskaliert, als Reyes und Jacinto aufgrund ihrer Kinder in Streit geraten und Jacinto wutentbrannt auch gleich seinen Job kündigt.
Und auch bei dem dritten Paar Narcisio (Paco Leon) und Hugo (Gustavo Salmeron) hängt der Haussegen kurz vor der geplanten Trauung etwas schief, da sich zum Freudentag auch Narcisios Mutter Nuria (Veronica Forque) angekündigt hat, die wegen ihrer nymphomanischen Veranlagung in therapeutischer Behandlung ist und bei ihrer Ankunft ihrem zukünftigen Schwiegersohn auch prompt an die Wäsche geht. Hugos Mutter Helena (Mercedes Sampietro) hingegen ist Richterin und von dem Medienspektakel bei dem ein Kollege die Trauung durchführen soll, wenig begeistert. Als dieser auch noch ausfällt bekommt Helena von ihrem Vorgesetzten den Auftrag, die Massentrauung durchzuführen, was der guten Dame gar nicht behagt.
Kurz vor dem großen Tag überschlagen sich jedoch die Ereignisse. Miguel setzt den ungeliebten Hund von Ofelia in der Stadt aus und zieht sich durch sein Verhalten den Unmut seines Freundes und Schwiegermutter zu. Magda sieht sich auf einmal mit streikenden Hotelpersonal mit ihrem Geliebten als Rädelsführer auseinandergesetzt, die mit ihrem Verhalten die Feier platzen lassen wollen. Aber auch Ofelia war zu ihrem Schwiegerkindern nicht ganz ehrlich und hat nicht vor, Madrid und ihren geliebten Sohn so schnell wieder zu verlassen. Reyes und Jacinto finden endlich zueinander und Nuria setzt mit ihrem schamlosen Verhalten fast die Beziehung ihres Sohnes aufs Spiel, der seinerseits in der Vergangenheit nicht ganz ehrlich zu seinem Hugo war. Und bis die finalen Ja-Wörter gesprochen werden können, ereignen sich noch so manch turbulente Dinge im sonnigen Madrid.
Mit schwulen Filmen ist es ja immer so eine Sache. Entweder sind sie extrem dramatisch inklusive obligatorischen Todesfall am Ende, oder sie sind so klamaukig und klischeelastig ausgefallen, dass dem Zuschauer ebenfalls viel Toleranz abverlangt wird. Dass es aber auch anders geht, zeigen uns wieder einmal die Spanier bzw. Regisseur Manuel Gomez Pereira, der mit „Reinas“ aus dem Jahre 2005 einen herzerwärmenden und humorvollen Streifen geschaffen hat, der mit Leichtigkeit Komödie und Drama verbindet, dabei nie zu sehr in eine der jeweiligen Richtungen tendiert und einen erfrischen kurzweiligen Gute-Laune-Film mit dem nötigen Anspruch zu schaffen, den man sich immer wieder gerne anschaut.
Ein Blick auf die Handlung und auch auf die Darstellerinnen lässt es sofort erahnen, dass „Schwule Mütter ohne Nerven“ (so der ursprüngliche Titel) ist ja eine Hommage an die Filme des Pedro Almodovar, der wohl für das ganze Projekt in mehrfacher Form Pate stand. Die Geschichte über die fünf Mütter am Rande des Nervenzusammenbruchs könnte ja genauso gut aus einem Endachtziger-Werk des spanischen Meisterregisseurs entsprungen sein und auch die Art und Weise wie die ganze Geschichte inszeniert wurde, erinnert an die typische und farbenfrohe Handschrift meines absoluten Lieblingsregisseurs in seiner mittleren Schaffensperiode. Und weil das alles noch nicht reicht hat man mit Carmen Maura, Veronica Forqué und Marisa Paredes auch noch drei Diven an Bord, die auch mit Almodovar zusammengearbeitet haben.
Schade nur, dass Victoria Abril nicht auch noch auf die Anfrage des Regisseurs positiv geantwortet hat und irgendwie hätte ich ja auch noch gerne Cecilia Roth in dem 2005 enstandenen Streifen gesehen, aber auch so ist die Besetzung ja ein Traum für jeden Fan des spanischen Kinos und Manuel Gómez Pereira hat für den sympathischen Streifen auch allerlei Diven und männliche Jungstars zusammengetrommelt, die offensichtlich bei den Dreharbeiten auch ordentlich Spass hatten.
Die Geschichte über die schwulen Pärchen und die anstehende Massenhochzeit ist dann ja eigentlich auch nur der Aufhänger um die fünf Mütter zu präsentieren, die unterschiedlicher auch nicht sein könnten. Die warmherzige Übermutter Ofelia trifft auf die unterkühlte und geschäftstüchtige Magda und auch die Schauspiel-Diva Reyes und ihr Gärtner Jacinto, sowie die hochseriöse Helena und die nymphomane Nuria sind grundverschieden. Und natürlich kommt es im Zuge des Kennenlernens dann bis zum Happy-Ende auch zu allerlei grotesken Situationen und humorvollen Entwicklungen,
Das große Plus des Streifens ist ja sicher die launige (und leicht übertriebene) Geschichte und die luftig-leichte und episodenhafte Erzählweise, die dennoch nie in zu seichten oder unrealistischen Gewässern schifft. In dem selbstironischen Streifen werden aber auch Themen wie Vorurteile nicht außer Acht gelassen und jedem tragischen Moment steht ein lustiger gegenüber. Die Charaktere sind eine Art Best-of Almodovar und als Fan all seiner Werke kann man in vielerlei Hinsicht Parallelen zu dessen Werken ziehen. Und wenn in der lustigsten Szene des Films dann auch noch Marisa Paredes mit Carmen Maura verwechselt wird, bleibt sowieso kein Auge mehr trocken.
Man kann es anhand meiner begeisternden Worte schon erahnen: „My big fat gay wedding“ ist einfach ein spaßiger Streifen, der Fans von spanischen Komödien nicht enttäuschen wird. Die Darsteller können wie die routinierte Inszenierung, den netten Soundtrack und die kurzweilige Geschichte voller unerwarteten Wendungen nur gelobt werden und sowieso und überhaupt wurde in dem Film einfach alles richtig gemacht. Verwunderlich ist ja nur die Tatsache, dass der Film nicht ohnehin schon viel bekannter ist und sich die Existenz des Streifens so lange vor mir verbogen halten konnte.
Der Streifen, der offensichtlich nicht in den deutschen Kinos gelaufen ist, aber dafür schon im deutschen Fernsehen unter dem Titel „Schwule Mütter ohne Nerven“ gelaufen ist und vor einiger Zeit auch unter selben Titel auf DVD veröffentlicht wurde, kommt jetzt aber auch aus dem Hause CMV-Laservision, die diesen Streifen unter dem (meines Erachtens nicht ganz passenden) Titel „My Big Fat Gay Wedding – Fünf Frauen und ein Nervenzusammenbruch“ auf den Markt bringen. Die Qualität ist natürlich super und zum Glück hat es auch noch die spanische Originalversion inklusive optionaler Untertitel auf den Silberling geschafft. Abgerundet wird das positive Gesamtbild dann noch mit zahlreichen Trailer und der obligatorischen Bildergalerie.
Was soll ich großartig sagen: Endlich mal ein Film, der alles vereint, was ich an europäischen Kino so mag. Eine humorvolle Geschichte mit zeitgemäßem Thema, die irgendwo zwischen Komödie und Drama angesiedelt ist und nebenher auch noch eine Handvoll der charismatischsten Schauspielerinnen vereint, die Europa derzeit zu bieten. Besser hätte „My Big Fat Gay Wedding“ dann wohl nur noch Pedro Almodovar hinbekommen – und das ist wohl das größte Kompliment, das man diesem Streifen machen kann. Subjektiv würde der sympathische Streifen dann auch alle Punkte dieser Welt bekommen, aber selbst objektiv reicht es immer noch für 8 – 9 von 10 Punkten!
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review - ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=7186
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