project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
Sie sind nicht angemeldet.
An einem Samstag Vormittag treffen in einem Wald am Rande der beschaulichen Stadt Graz die beiden Frauen Zilli (Stefanie Kammerhofer) und Bärbel (Christine Vrijs) beim Laufen zufällig aufeinander. Noch ehe sich die beiden sportlichen Läuferinnen so richtig registrieren, wird die ruhige Stimmung im Wald von gellenden Schreien zerrissen. Nach einer Schrecksekunde wagen es die beiden Frauen trotz Neugier nicht, der Ursache der Schreie auf den Grund zu gehen und die Wege von Zilli und Bärbel trennen sich wieder. Doch schon wenig später bekommt die resolute Zilli Gewissenbisse und ist sich nicht mehr sicher, ob sie kurz zuvor im Wald auch richtig reagiert hat. Auch Bärbel, die ihre Schlüssel verloren hat und nicht mehr in ihre Wohnung kommt, lässt das zuvor erlebte im Wald keine Ruhe und sie kehrt wie Zilli an den Stadtrand zurück.
Die beiden Frauen treffen daher neuerlich aufeinander und entdecken nach einem kurzen Gespräch über das gemeinsame Erlebnis auch rasch eine Gemeinsamkeit. Zilli ist erst vor Kurzem mit ihrem Freund Oliver (Markus Hausmann) zusammengezogen und auch Bärbel hat ebenfalls erst vor einer Woche ihre kleine Wohnung im Herzen von Graz bezogen. Beide Frauen scheinen mit ihrer derzeitigen Situation jedoch nicht ganz zufrieden und während sich Bärbel nach dem Ende einer Beziehung in der neuen Stadt einsam fühlt, ist Zilli durch das Zusammenziehen mit ihrem Freund und dessen Vorstellungen über eine gemeinsame Zukunft schlichtweg überfordert.
Als Zilli am Waldboden die verlorene Gürteltasche eines jungen Mädchens entdeckt, dass auch deren Impfpass, Adresse und Handy beinhaltet, treffen die beiden Läuferinnen auch auf einen Mann, der im Wald nach etwas zu suchen scheint. Die beiden alarmierten Frauen flüchten und gehen von dem schlimmen Verdacht aus, dass kurz zuvor im Wald ein Verbrechen geschehen sein muss. Wieder zuhause angekommen wird auch Oliver in den Geschehnisse des Vormittages eingeweiht, der jedoch eine weit rationalere Sichtweise zu dem Ganzen an den Tag legt. Er versucht zwar die Frauen zu beruhigen, doch die lässt das gemeinschaftliche Erlebnis weiter keine Ruhe. Am nächsten Tag bedrängt Zilli ihren Freund, zu der Adresse des Mädchens zu fahren, um dort zu sehen, ob sich die Besitzerin der Gürteltasche noch bester Gesundheit erfreut und so führt es die drei Hobby-Detektive geradewegs in das kleine Dorf Geistthal in die tiefste Steiermark...
Die idyllische Steiermark und deren beschauliche Hauptstadt Graz ist ja bisher auf der Landkarte des internationalen Films nur eher bescheiden in Erscheinung getreten. Mit Indie-Produktionen wie der trashigen Gay-Detektiv-Sci-Fi-Komödie „Das Flüstern des Mondes“ von Michael Satzinger mit meinem Ex-Nachbarn (!) in der Hauptrolle, dem dokumetarischen Film „Sechs Tage und die Mopedfrau“ von Alfred Schwarzenberger und auch der unterhaltsame und kommerziell erfolgreiche „Nacktschnecken“ über die Schwierigkeiten der Porno-Produktion mit dem Ensemble des Grazer „Theater am Bahnhof“ gab es zwar kleinere Erfolge, die jedoch eher lokal bis Österreichweit begrenzt war. Junge und ambitionierte Regisseure wie Jakob M. Erwa hat es nach ersten Erfolgen auch ins Ausland gezogen und so ist es um rein-steirische Produktionen in letzter Zeit trotz dem jährlich stattfindenden Filmfestival namens „Diagonale“, bei denen österreichische Produktionen präsentiert und ausgezeichnet werden, doch eher ruhig geworden.
Mit „Licht in leeren Häusern“ meldet sich die junge steirische Filmszene jetzt mit einem kräftigen, wenn auch mit einem etwas zwiespältigen Lebenszeichen zu Wort und überrascht den aufgeschlossenen Zuschauer mit einer ungewöhnlichen und auch unvorhersehbaren Geschichte, die irgendwo zwischen Wald- und Wiesen-Krimi, Komödie, und jugendlichen Beziehungsdrama mit sehr lokalem Bezug angesiedelt ist. Denn ob es in den Andritzer Wäldern an diesem eingangs beschriebenen Samstag Vormittag auch tatsächlich zu einem Verbrechen gekommen ist, sich dieses nur in der lebhaften Fantasie der beiden Frauen in ihren jeweiligen Ausnahmesituationen zugetragen hat, oder gar ganz banale Ursachen hat, wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten.
Der Film beginnt eigentlich auch recht spannend und mit dem Schreien im Wald und den beiden erschrockenen Frauen beginnt der Independent-Thriller auch sehr vielversprechend. Doch dann tut irgendwie keiner der Beteiligten mehr dass, was man von ihm erwarten würde, was einerseits zwar sicher interessant ist, andererseits in spannende Ausgangsidee mit der Zeit etwas verpuffen lässt. Was als Thriller beginnt, wird im Mittelteil auch eher zu einem Beziehungsdrama, in dem das Augenmerk der Geschichte auch eher auf die etwas seltsame Beziehung von den frisch zusammengezogenen Zilli und Oliver gelegt wird, die sich darin äußert, den Partner zurückzuweisen und Beleidigungen an den Kopf zu werfen, um damit zu signalisieren, dass man ihn eigentlich liebt. Und auch die ruhige und introvertierte Bärbel ist nach dem Ende ihrer Beziehung und dem Neustart in einer anderen Start eigentlich gar nicht so traurig über die Abwechslung in ihrem etwas höhepunktlosen Alltag.
Die Geschichte von „Das Licht in leeren Häusern“ hat mich persönlich ja doch entfernt etwas an „Blow up“ von Michelangelo Antonioni erinnert, bei dem ein Modefotograf Zeuge eines (vermeintlichen) Verbrechens wird und im Laufe des Film die Krimihandlung immer mehr in den Hintergrund tritt und Antonioni nebenher eine ganze Beat-Generation und deren Lebensumstände und Musik portraitiert. Auch in „Licht in leeren Häusern“ dient die Kriminalhandlung auch dazu, die bisweilen etwas verzwickten Lebensumstände der drei Hauptdarsteller, insbesondere deren Beziehungsprobleme näher zu beleuchten. Während dem Zuschauer in „Blow up“ jedoch eine Lösung verwehrt bleibt, gibt es bei dem steirischen Film aber eine Auflösung.
Natürlich möchte man als steirischer Zuseher den Streifen mit seinen bekannten Drehorten, wie zum Beispiel die Feuerbachgasse und den Wäldern in Andritz natürlich gut finden, allerdings krankt es bei dem Low-Budget-Werk und Erstlingswerk von Nachwuchs-Regisseur Martin Kroissenbrunner doch an einigen Ende. Handwerklich ist der Streifen wirklich sehr solide gemacht und die Szenen im Wald stehen denen aus vergleichsweise teureren Werken wie Jessica Hausners „Hotel“ aus dem Jahre 2004 auch nicht wirklich nach. In diesem Dingen muss man auch neidlos zugestehen, dass hier sicher einiges an Potential vorhanden ist, welches auch gut genutzt wurde. Leider ist die von Kroissenbrunner verfasste Geschichte doch etwas unausgegoren und das auf die Erwartungshaltung des Zuschauers keine Rücksicht genommen wird, geschieht hier anscheinend teils wohl leider auch aus dem Unvermögen heraus, die Spannung der Ursprungsidee auf die Dauer von 90 Minuten zu halten.
Während die ersten 45 Minuten auch wie im Fluge vergehen, wirkt die zweite Halbzweit auch etwas bemüht und hält auch bei weitem nicht das Level des Beginns. Einige Szenen, wie z.B. die Begegnung mit Herbert und die nähere Begründung des Filmtitels, wirken eher wie Fremdkörper und tragen auch zur Handlung nur wenig bei. Gänzlich lächerlich wird es leider bei der Sache mit den „Frauenproblemen“ und auch die finale Auflösung ist meines Erachtens nicht gänzlich geglückt. Das größte Manko des Streifens sind allerdings die mehr als seltsamen Dialoge, die für meine Ohren teilweise haarsträubend gestelzt daherkommen und vor allem die Art und Weise wie Zilli und Oliver miteinander kommunizieren, wirkt meines Erachtens sehr unglaubwürdig. Im Bonusmaterial der DVD verrät Stefanie Kammerhofer, dass diese oft und lange geprobt wurden. Trotzdem wirken sie teilweise arg improvisiert und aufgesetzt und es auch hilft wenig, dass die drei Hauptdarsteller aus Authentizitätsgründen ständig zwischen Hochdeutsch und Grazer- bzw. tief-steirischen Dialekt hin- und herwechseln.
Darstellerisch hingegen ist „Licht in leeren Häusern“ eigentlich für Low-Budget-Verhältnisse vollends im grünen Bereich und die zahlreichen Darsteller standen allesamt unentgeltlich aber dafür sehr engagiert vor der Kamera. Stefanie Kammerhofer wirkt über weite Strecken sehr sympathisch und es würde mich nicht wundern, wenn uns das Temperamentbündel noch in weiteren Filmen über den Weg laufen würde. Christine Vrijs als Bärbel kommt aus der Theaterecke und musste sich für die Dreharbeiten für ihre Verhältnisse auch eher zurücknehmen und agierte auf Regieanweisung Kroissenbrunners auch sehr zurückhaltend. Markus Hausmann als Dritter im Bunde bzw. als Fels in der Brandung macht seine Sache trotz etwas gewöhnungsbedürftiger Haarpracht auch sehr gut und agiert ebenfalls mehr als passabel.
Nach rund dreijähriger Produktion hat es „Licht in leeren Häusern“ am 26. Februar 2010 dann auch in die Grazer Kinos geschafft, wobei der Streifen damals aufgrund meiner Kinophobie irgendwie spurlos an mir vorüber gegangen ist. Von der Existenz des Streifens hab ich daher auch erstmals eher durch Zufall in der Filiale eines großes Elektromarktes in einem Grazer Einkaufszentrum erfahren, wo mir der Streifen zufällig beim Kauf eines anderes Ösi-Streifens unter die Finger gekommen ist. Die DVD bietet neben einem geschmackvollen Cover den Streifen in eigentlich guter Bild- und Tonqualität, englische Untertitel und auch noch einer Handvoll an Bonusmaterial, wie Bonusmaterial und kurzen Interviews mit Cast und Crew.
Unterm Strich ist „Licht in leeren Häusern“ ein ambitioniertes und teils auch gelungenes Projekt von Grazer Nachwuchsfilmern, dass mit einer interessanten Ausgangsidee und jeder Menge Lokalkolorit punkten kann, bei dem aber auch wieder der beliebte Fehler begangen wurde, möglichst viele Genres in das Regie-Debüt zu packen, die untereinander vielleicht nicht so wirklich so harmonieren. Die Dialoge wirken etwas hölzern und auch die ein oder andere Szene hätte man vielleicht sparen, oder etwas besser machen können. Trotzdem muss man den Filmemachern zugute halten, dass doch einiges an Potential und eigener Handschrift zu erkennen ist. Das der Film auch noch ohne Förderung und in Eigenregie entstanden ist, darf man ebenfalls nicht vergessen. Wer bei den Worten „Low-Budget“ und „Dialekt-Thriller-Beziehungsdramödie“ nicht gleich Ausschlag bekommt, kann auch als Nicht-Grazer durchaus einen Blick riskieren, die preisgünstige DVD erstehen oder sich zumindest auf der Homepage (www.lilh.at) über das sympathische Indie-Projekt informieren.
Beitrag geändert von jogiwan (10.August 2010 16:56:53)
Offline
hier die Infos zur DVD von Hoanzl - die in der OFDB noch nicht eingetragen ist:
http://www.hoanzl.at/licht-in-leeren-hausern.html
Bilder folgen dann in Kürze!
Offline
@ Jochen,
Danke fürs Review - mache ich am Mittwoch mit fertig, komme eher nicht mehr dazu.
Könntest Du mir eventuell das Cover einscannen? Das auf der Seite von Hoanzl ist zu klein.
Danke Dir!!!
Offline
@ Jochen,
super, vielen Dank! Ich mache heute die beiden anderen fertig und bereute dieses mal vor.
Schönen Abend noch
cu Sven
Offline
@ Jochen,
ist da, mache das Review nun mit fertig .
Danke Dir!!!
Offline
@ Jochen,
vielen Dank nochmals fürs Review - ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=6858
Offline
hehe, danke sehr! Ein sterischer Thriller hier auf dieser Seite... hätte mir das jemand vor 2 Wochen erzählt - ich hätte es ihm nicht geglaubt...
Offline
Japp, finde ich auch cool sowas. Kannst ja vielleicht über die Webseite den Link jemanden von der Crew schicken, vielleicht ist da ja für die Interessant.
Offline