project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Der tausendjährige und unsterbliche Dr. Parnassus (Christopher Plummer) reist mit seinem kleinen und heruntergekommenen Revue-Theater durch das London der Gegenwart. Begleitet wird er dabei von seiner fünfzehnjährigen Tochter Valentina (Lily Cole), dem treuen Zwerg Percy (Verne Troyer) und dem jungen und naiven Anton (Andrew Garfield). Doch die antiquierte Show der illustren Truppe kommt im hippen London alles andere als gut beim Publikum an und so finden die täglichen Aufführungen auf Parkplätzen vor Supermärkten und Clubs beinah unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Dabei besitzt Dr. Parnassus die Möglichkeit, seine Besucher durch einen magischen Spiegel in die Welt der Träume und Wünsche zu entführen.
Doch Dr. Parnassus ist müde geworden und hat die Lust am fahrenden Gewerbe und den Glauben an die Menschheit längst verloren und auch seine Tochter sehnt sich nach einem bürgerlichen Heim. Doch das ist dem Dr. verwehrt, als er einst seine Seele an den Teufel (Tom Waits) verlor, als er sich in eine sterbliche Frau verliebte. Und auch Valentina Seele ist gefährdet, da diese an ihrem kurz bevorstehenden und sechzehnten Geburtstag ebenfalls dem Teufel in die Hände fallen soll. Doch davon weiß die junge Valentina nichts und reagiert auf die zunehmende Depression ihres Vaters mit Unverständnis.
Eines Nachts, als die Truppe wieder einmal von einer schlecht besuchten Vorstellung durch die Straßen der Millionenmetropole kutschiert, retten Valentina und Anton den unter einer Brücke an einem Strick baumelnden Tony (Heath Ledger). Doch der vermeintliche Erhängte hat zwar seine Erinnerung verloren, ist aber schon kurze Zeit wieder quicklebendig und hilft mit seiner gewinnenden Art und exaltieren Wesen den Umsätzen der abgehalfterten Truppe ordentlich auf die Sprünge. Valentina ist von dem eloquenten Mann begeistert, der auch bisher unbekannte Publikumsschichten anspricht und mit einem aufgemotzten Programm auch ordentlich Kohle scheffelt.
Der zunehmende Erfolg der neuen Show ruft aber neuerlich den Teufel auf den Plan, der Dr. Parnassus neuerlich zu einer Wette überredet. Wenn er schneller als er fünf Seelen sammelt, kann Parnassus die Seele seiner Tochter Valentina retten. Parnassus willigt ein und scheint dieses Mal auch auf der Gewinnerseite. Anton fühlt sich durch Tony jedoch zurückgesetzt und auch Valentina kann sich nicht zwischen den beiden Männern, die um ihre Gunst buhlen, entscheiden. Doch einer von den beiden treibt ein falsches Spiel und als sich auch noch unerlaubterweise der Teufel in das Spiel einmischt, kommt alles anders als geplant…
Mit den Filmen von Terry Gilliam ist es ja immer so eine Sache. Einerseits von seinen Fans frenetisch verehrst, sind seine eher sperrigen Werke doch trotz namhafter Stars nach ein paar Erfolgen in den Achtziger und Neunzigern nie mehr so richtig durchgestartet. Auch wenn viele seine Filme, wie z.B. „Twelve Monkeys“, „Brazil“ oder auch „Fear and loathing in Las Vegas“ absoluten Kultstatus besitzen, so waren sie wirtschaftlich gesehen doch nicht unbedingt rentabel. Irgendwie hat der vom Pech verfolgte Gilliam auch bei der Realisierung seiner Filme immer wieder mit unerwarteten Katastrophen, desaströsen Dreharbeitern, rechtlichen Problemen und unwilligen Geldgebern zu kämpfen. So gibt es zahlreiche Filme, die von dem Mitbegründer der legendären Monty Phytons nie realisieren oder fertig stellen konnte und auch die Dreharbeiten zu „Das Kabinett des Doktor Parnassus“ standen nicht unbedingt unter einem guten Stern.
Während den Dreharbeiter verstarb bekanntermaßen der Hauptdarsteller Heath Ledger an einem Medikamentencocktail zu einem Zeitpunkt, an dem ein Großteil seiner Szenen bereits im Kasten war. Anstatt aber alles nachzudrehen, entschied sich Gilliam die noch ausständigen Traumsequenzen mit Johny Depp, Colin Farell und Jude Law zu drehen, die angeblich dafür sogar auf eine Gage verzichtet haben. Da der Streifen ohnehin auf mehreren Realitätsebenen spielt, fällt der Wechsel dann auch gar nicht sonderlich ins Gewicht und Gilliam konnte seine Geschichte über den doch sehr sonderlichen Dr. Parnassus auf diese Weise beenden.
Leicht macht des der Regie-Exzentriker dem Publikum aber nicht und auf den ersten Blick wirkt „Das Kabinett des Doktor Parnassus“ auch hoffnungslos überladen, sperrig und ziemlich konfus. Ich muss auch ehrlich gestehen, dass ich bei der ersten Sichtung eigentlich ziemlich herb enttäuscht war. Die Geschichte wirkt wie ein Flickwerk und auch alles andere als herzlich. Die Figuren sind für meinen Geschmack alles etwas lieblos gezeichnet, die Dialoge fand ich anstrengend und auch die optische Umsetzung aus dem Rechner erinnerte eher an grausame Airbrush-Plakate, als an fantastische Welten, wie ich sie mir eigentlich erwartet hätte. Nach der zweiten Sichtung hat sich das zwar etwas gebessert, aber ein guter Film ist Terry Gilliam bei aller Liebe leider nicht gelungen.
An anderer Stelle wird ja schon wieder fleißig abgefeiert, dass Gilliam langsam wieder zu alter Stärke aufläuft, aber ich muss ehrlich gestehen, dass ich das doch etwas anders sehe. Die größte Schwäche von „Das Kabinett des Doktor Parnassus“ ist seine Geschichte, die mir irgendwie überhaupt nicht gefallen hat. An sich wäre die Story über Gut und Böse vielleicht auch gar nicht so schlecht, würde sich Gilliam nicht zusätzlich noch ständig verzetteln und anstatt sich auf ein, oder zwei Figuren zu konzentrieren, den Fokus ständig von einer Figur zur nächsten lenkt, ohne dabei besonders auf die Gesamtheit seines Filmes zu achten. Sicherlich stecken pro zehn Minuten Laufzeit bei Gilliam noch immer mehr Ideen als gesamt in jedem durchschnittlichen Hollywood-Werk, doch Gilliam schafft es meines Erachtens leider nicht, das Publikum auf Dauer zu fesseln und die volle Aufmerksamkeit für sein knapp zweistündiges Werk zu erreichen.
Die Darsteller sind angesichts des chaotischen Drehbuches, dass auch auf aufgrund des Ablebens von Ledger umgeschrieben werden musste, dann auch irgendwie auf verlorenen Posten. Der eigentlich von mir geschätzte Christopher Plummer wirkt irgendwie verloren und schafft es auch nicht, dem ambivalenten Charakter des Dr. Parnassus glaubwürdig auf die Leinwand zu bringen und auch das verkitschte Ende passt irgendwie nicht zum Rest des Streifens. Die größte Überraschung ist sicher Lily Cole als Valentina bzw. deren Mutter. Die Frau, die eigentlich im Modelbusiness gut zuhause ist, überragt nicht nur mit ihrer Körpergröße den Rest vom Cast und neben dem interessante Gesicht verblassen selbst tolle Darsteller wie Heath Ledger und Johny Depp und überschätze Akteure wie Jude Law und Colin Farell.
Die Doppel-DVD aus dem Hause Concorde bringt den Streifen ungekürzt und mit einer FSK12-Freigabe versehenen Streifen in gewohnt sehr guter Bild- und Tonqualität. Neben der Originalfassung gibt es natürlich die deutsche Synchronfassung, sowie zwei optionale Untertitelspuren in Deutsch, sowie auch in Deutsch für Hörgeschädigte. Auf einem zweiten Silberling hat sich das das Bonusmaterial versammelt, welches sich größtenteils um Herrn Ledger dreht. Weiters gibt’s es zahlreiche Making-Of´s, sowie eine Handvoll entfernter Szenen, die im Film keine Verwendung fanden. Abgerundet wird das Ganze dann noch mit einer hübschen Verpackung.
Und so bleibt unterm Strich ein etwas chaotisches, hoffnungslos überladenes und auch etwas unschlüssiges Werk aus dem Geiste eines Kinomagiers, der irgendwie im Laufe der Jahrzehnte im Vergleich zu Tim Burton, der mittlerweile soch in einer anderen Liga agiert, immer ein bisschen das Nachsehen hatte und zusätzlich auch noch vom Pech verfolgt scheint. „Das Kabinett des Doktor Parnassus“ ist eine Sammelsurium aus abstrusen Ideen, verkitschten Realitätsebenen, skurrilen Charakteren und unerwarteten Entwicklungen, dass sich bei der ersten Sichtung leider nicht vollkommen erschließt und das leider auch wenig Lust auf eine zweite Sichtung macht. Die ist aber dringend empfohlen, um sich in der verworrenen Geschichte wenigstens ein bisschen auszukennen. Für Gilliam-Fans natürlich Pflicht, alle anderen könnten trotz namhafter Akteure und einem Effekt- und CGI-Feuerwerk doch etwas enttäuscht sein. 5/10 Punkten
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review - ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=6692
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