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Colonel Jack Knowles (Roy Scheider) wird von seinen Vorgesetzten im Winter des Jahres 1998 an die deutsch-tschechoslowakische Grenze versetzt, wo der mental etwas angeschlagene Kriegsveteran nach seiner Scheidung seine berufliche Laufbahn in Zeiten der Annäherung zwischen Ost und West ruhig ausklingen lassen soll. Doch der ehemalige Vietnam-Kämpfer und vielfach mit der Tapferkeitsmedaille ausgezeichnete Kriegsheld kommt einfach nicht damit klar, das die Zeiten für Kämpfer einfach vorbei sind und durch Gorbachov keine Helden mehr gefragt sind. Bei seinem ersten Ausflug an die Grenze wird Knowles Zeuge, wie ein Flüchtling von tschechoslowakischen Grenzssoldaten verfolgt wird und danach eiskalt erschossen wird.
Am Tage seine Geburtstages, den er mangels Freunden alleine verbringen muss, betrinkt sich Knowles und dringt am Abend unerlaubterweise auf das Terretorium der Tschechen ein und nötigt drei unerfahrene Grenzsoldaten ihm ein Geburtstagsständchen zu feiern. Doch das bleibt natürlich nicht ohne Konsequenzen und bei seinen nächsten Besuch an der Grenzen fliegt auf unerklärliche Weise der Jeep des Colonels in die Luft. Der alte Kampfgeist ist flugs wieder geweckt und Knowles holt neuerlich zum Gegenschlag aus und fackelt kurzerhand einen Beobachtungsposten der Tschechoslowaken ab. Doch die Provokation bleibt natürlich weder auf Seiten der Amerikaner noch des vermeintlichen Feindes unbemerkt und sein gegnerisches Pendant Colonel Valachev (Jürgen Prochnow) lässt die Sticheleien und Provokationen von Knowles nicht auf sich sitzen.
Als Knowles eines Tages an der Grenze Zeuge wird, wie die hübsche Elena (Lara Harris) über die Grenze flüchtet, nimmt er sich des jungen Mädchens an und versucht ihr zu helfen. In einem deutschen Gasthaus werden die beiden jedoch von Valachev entdeckt und mit Waffengewalt bedroht. Knowles dreht entgültig durch, rüstet sich zum Kampf und muss jedoch kurze Zeit später entdecken, dass er als erfahrener Stratege auf einen plumpen Trick Valachevs reingefallen ist. Er schnappt sich unerlaubterweise einige Waffen seines Stützpunktes und macht sich auf den Weg zur Grenze, wo auch die tschechoslowakische Seite bereits aufgerüstet hat. Beide Seiten sind hochgradig alarmiert und Knowles und Valachev liefern sich inmitten des verschneiten Grenzgebietes ihre persönliche und finale Schlacht...
Am 2. Mai. 1989 endete der Kalte Krieg zwischen Ost und West und beginnend von Ungarn aus wurde der songenannte eiserne Vorhang und somit die Grenze zwischen Nato-Staaten (West) und den Staaten des Warschauer Paktes (Ost) abgebaut. Die Berliner Mauer fiel am 9. November 1989 und ein paar Wochen später wurden auch die Grenzbefestigungen an der damaligen, deutsch-tschechoslowakischen Grenze abgebaut und die Grenzen geöffnet. 1992 wurde aus dem deutschen Nachbarn dann die Tschechei und Slowakien und knapp zwei Jahrzehnte danach, denkt wohl kaum ein junger Mensch bei Grenzübertritt noch daran, wie viel menschliches Leid in den Jahrzehnten davor durch die Trennung zwischen Ost und West und die unerbittlichen Standpunkte der einstmals verfeindeten Länder entstanden ist.
„Powerplay“ bzw. „the fourth war“ des amerikanischen Regisseurs John Frankenheimer aus dem Jahre 1990 spielt in Deutschland des Jahres 1998, als sich bereits die Öffnung des Ostens gegenüber dem Westen bereits abgezeichnet hat. Doch im Bewusstsein des Vietnam-Veteranen Knowles hat diese Annäherung nie stattgefunden und er beäugt die Entwicklungen im ehemaligen Feindesland mit Argusaugen. Prompt findet er auch in Valachev, der in Afghanistan an vorderster Front gekämpt hat, sein gleichwertiges Gegenüber, der sich ebenfalls nicht von alten Feindbildern lösen kann. Knowles rächt sich für die Erschießung eines Flüchtlings und Valachev benutzt das Mädchen Elena um dem amerikanischen Kriegshelden seinerseits in die Falle zu locken. Und so kommt es wie es kommen muss und die beiden Sturköpfe beginnen mit ihren rücksichtslosen Verhalten in der hochsensiblen Phase der gegenseitigen Annäherung beinahe den dritten Weltkrieg.
Über die Geschichte von „Powerplay“ sollte man sich wohl keine allzu großen Gedanken machen, da diese trotz Anlehnung an reale Begebenheiten doch aus den klischee-beladenen Gehirnwindungen eines amerikanischen Schriftstellers entstanden sind, der sich auch nach Herzenslust in Stereotypen ergeht und dabei nichts auslässt, was irgendwie mit dieser Thematik zu tun hat. Da wäre einerseits der zutiefst amerikanische Veteran und Patriot Knowles, der sonnengebräunt mit Gewinner-Lächeln und mit Ray Ban-Brille und schicken Sportwagen durch die Gegend fährt und nicht damit klar kommt, dass er seine Ehe aufgrund seines militärischen Drills auf den Gewissen hat und sich auch von seinen Kindern entfremdet hat. Im Gegenüber steht Colonel Valachev als russische Kampfmaschine, der sich zwar gerne an westlichen Errungenschaften erfreut, ansonsten nur böse kuckt, aber nichts mit dem Gegner zu tun haben möchte.
Doch über die Story muss man ja dankenswerterweise ohnehin nicht großartig nachdenken, da Frankenheimer in seinem politisch nicht mehr zeitgemäßen Werk ein moderates Tempo vorgibt, dass den Zuschauer auch ständig bei Laune hält. Weiters verfügt der Film – ob bewusst oder nicht – über eine seltsame Art von Humor, den ich mir in einem Streifen aus der Action-Kiste wohl nicht vermutet hätte. So ist es auch eigentlich ein herrlicher Spaß, wenn die beiden Männer mit kleinen Feindseeligkeiten aufeinander losgehen und sich beide mit zunehmender Laufzeit immer verbissener zeigen, bis eine persönlich Konfrontation unvermeidbar scheint. Die gibt es zwar dann auch im Finale, dass ich mir persönlich vielleicht eine Spur augenzwinkernder gewünscht hätte.
Das der Streifen aber nicht ständig in die Lächerlichkeit abdriftet liegt wohl zweifelsfrei an den beiden Hauptdarstellern Roy Schneider und Jürgen Prochnow, die auch beide ohne mit der Wimper zu zucken den nötigen Ernst für ihre Rollen an den Tag legen. Roy Scheider schafft es auch, seiner Rolle als Kriegsveteran, der seine besten Tage weit hinter sich hat und im normalen Alltag nie wieder Fuß fassen konnte, auch überraschend vielschichtig. Jürgen Prochnow gibt wieder einmal mit voller Inbrunst den russischen Bösewicht und auch bei den anderen Darstellern gibt es das ein- und andere bekannte Gesicht zu bewundern.
Die Inszenierung des Kleinkrieges an der deutsch-tschechischen Grenze ist ebenfalls sehr routiniert in Szene gesetzt, auch wenn sich der Action-Anteil doch etwas zurückhält. Ab und an werden Autos und Kontrolltürme in die Luft gejagt, aber ansonsten hält sich der Film eher zurück. Nur am Ende gibt es dann einen erbitterten Zweikampf in eisigen Gefilden, bei dem die Darsteller sicherlich nicht zu beneiden waren. Auch wenn es den Anschein hat, dass der Streifen in Deutschland gedreht wurde, so fanden die tatsächlichen Dreharbeiten in Kanada statt. Die deutsch wirkenden Drehorte waren wohl aufgrund der zahlreichen Auswanderer schon so vorhanden, dass sie wohl nicht extra aufgebaut werden mussten.
Die DVD aus dem Hause Evolution bringt den Streifen als DVD-Premiere in der englischen Originalfassung bzw. der deutschen Synchronisation, wobei die russisch- oder tschechisch gesprochenen Szenen englisch untertitelt und ins Bild integriert worden sind. Seltsamerweise sind Prochnows Dialoge zusätzlich eingedeutscht worden, sodass der dann mit seinen Leuten zweisprachige Dialoge führt. Weiters verwunderlich ist das Artwork des Covers, dass aufgrund seiner Gestaltung (und einem Bild, das im Streifen nicht vorkommt) nicht unbedingt auf einen Actionstreifen aus den späten Achzigern bzw. Neunzigern schließen lässt, sondern eher an einen ernsten Kriegsfilm mit aktuellem Entstehungsjahr schließen lässt. Zusätzlich gibt es noch ein paar Texttafeln zu den beiden Hauptdarstellern und dem Regisseur, jedoch kein weiteres Bonusmaterial.
Unterm Strich bleibt ein nicht ganz ernstzunehmender Actionstreifen über eine Thematik, die sich natürlich schon längst überholt hat und in mehrfacher Hinsicht nicht mehr zeitgemäß ist. „Powerplay“ ist aber überraschend kurzweilig geraten, routiniert inszeniert und wirkt aufgrund seines messerdick aufgetragenen Heldenpathos auch eher erheiternd, wobei ich mir nicht sicher bin, ob das auch die tatsächliche Intention des Autors war. Roy Schneider und Jürgen Prochnow sind wie immer eine Bank und verleihen dem Film den nötigen Ernst, um den Zuschauer auch bei der Stange zu halten. Und auch wenn das Finale für meinen persönlichen Geschmack nicht ganz so gelungen scheint, so ist der Unterhaltungswert des blutarmen Werkes selbst für den action-resistenten Zuschauer doch sehr hoch. 6-7/10 Punkte
Beitrag geändert von jogiwan (09.July 2010 09:11:47)
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review - ist nun schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=6691
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