project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Paul (Daniel Robinson) und Eddie (Joey Dudding) sind für die Hauptrollen an einem Off-Broadway-Musicals namens „Adam & Steve – Just the way God made ´em“ engagiert, das die Schöpfungsgeschichte in einer etwas anderen und auch wesentlich unterhaltsameren Weise erzählt. So hat Gott (Steve Hayes) nach dem Apfel-Debakel von Adam und Eva (Celina Carvajal) ein weiteres Pärchen namens Adam & Steve geschaffen, die lange Zeit in glücklicher Homo-Eintracht im Paradies lebten. Doch die eifersüchtige Eva schaffte es, durch eine Schmähschrift namens „Breeder's Informational Book of Living Examples“ (Heterosexuelles Informationsbuch für ideale Lebensweise) kurz „B.i.b.l.e.“ dass die beiden ebenfalls aus dem Paradies vertrieben wurden und der Eindruck entstand, dass Gott die Schwulen hassen würde.
Zur gleichen Zeit haben Paul und Eddie aber auch im Privaten mit einigen Problemen zu kämpfen. Eddie ist vom Lande nach New York gekommen, noch Jungfrau und hat sich nie vor seinen religiösen Eltern geoutet. Als sich diese für die Premiere des „Big Gay Musicals“ ankündigen um ihren talentierten Sohn vor Ort zu unterstützen, muss er wohl oder übel Farbe über seine Neigung bekennen. Paul hingegen ist gerade von seinem Freund verlassen worden und dementsprechend am Boden zerstört. Da eine monogame Beziehung unter Schwulen scheinbar unmöglich scheint, beschließt er spontan, eine Schlampe zu werden und sämtliche Möglichkeiten des schwulen Lifestyles auszukosten.
Und während Adam und Steve im Musical getrennt werden um trotz fanatischer Fernsehprediger und christlichem Umerziehungscamp in einem furiosen Finale wieder zu einander zu finden, ist auch der Weg von Eddie und Paul bis zu ihrem Happy End mit allerlei Steinen gepflastert. Der verzweifelte Single Paul experimentiert derweil in Saunas, mit Internet-Dating und Strichern, was natürlich prompt daneben geht und übersieht dabei fast, dass er den Mann seines Lebens schon längst getroffen hat. Und auch Eddie entschließt sich zu seinem schwersten Schritt und outet sich vor seinen Eltern. Die sind naturgemäß wenig darüber erfreut und am Tage der Premiere sind daher alle sichtlich nervös...
Es gibt ja wenige Dinge in unserem Universum, die so dermaßen schwul besetzt sind, wie die schillernde, bunte und fröhliche Welt des Musicals. Egal ob im Zuschauerraum oder auf der Bühne, die Dichte an homosexuellen Menschen ist liegt immer weit, weit über dem Durchschnitt und dürfte sogar jede Friseur-Messe, Madonna-CD-Präsentation, Dolce & Gabbana-Modenschau und jedes Barbara-Streisand-Konzert mühelos in den Schatten stellen. Keine Ahnung warum, aber wenn irgendwo auf der Welt ein Musical aufgeführt wird, sind auch die Schwulen sofort zur Stelle um sich für mehrere Stunden in eine fremde Welt voller Herzschmerz und Happy-End entführen zu lassen.
Und eben diese Dinge werden in Casper Andreas´ und Fred M. Carusos 2009 entstandenen „The Big Gay Musical“ auch bis zu Exzess und darüber hinaus zelebriert. Hier wird ohne Rücksicht auf Verluste in 90 unterhaltsamen Minuten jegliches Klischee abgehandelt, dass jemals das Licht der schwulen Welt erblickt hat. Aufhänger für die kurzweilige Erlebnisse aus der Welt der gleichgeschlechtlichen Liebe ist ja ein schwules Musical namens „Adam & Steve – Just the way God made ´em“, in dem die Schöpfungsgeschichte der Welt auf alternative Weise erzählt und langweilige Heteropaar Adam und Eva von Gott himself einfach durch lustige Gays ersetzt wird. Das beschwingte und augenzwinkernde Musical mit bösen Texten ist aber nur ein Teil der Geschichte und bietet den Aufhänger für allerlei episodenhafte Erlebnisse der Akteure, die natürlich ebenfalls kein Klischee des schwulen Lifestyles auslassen.
Normalerweise müsste ich an dieser Stelle ja eigentlich bemängeln, dass die Geschichte und die Figuren natürlich vollkommen klischee- und schablonenhaft ausgefallen sind. Doch bei „The Big Gay Musical“ ist das natürlich beabsichtigt und wird gleichzeitig so selbstironisch auf die Spitze getrieben, dass man den Machern des Werkes eigentlich nicht böse sein kann. In der Welt von Fred M. Caruso sind alle Schwulen natürlich hübsch, attraktiv, gutherzig und durchtrainiert und wachen auch nach durchzechter Nacht mit reichlich Alkohol noch in Model-Optik auf. Mit seiner auf Oberflächlichkeit bedachten Inszenierung ist der Film ja natürlich auch zu hundert Prozent auf ein schwules Musical-Publikum zugeschnitten und die Zielgruppe wird angesichts zahlreicher Gesangsnummern, Tanzeinlagen, nackter Tatsachen und Insidergags natürlich auch nicht enttäuscht. Gesungen wird eigentlich von Anfang bis Ende und der Zuschauer muss bis zum tränendrüsigen Happy-End über zwanzig Gesangsnummer über sich ergehen lassen.
Der Film ist generell sehr witzig ausgefallen und zahlreiche homophobe Vereinigungen, Christen mit eingeschränkter Nächstenliebe und militante TV-Prediger bekommen im Lauf der Geschichte auch ordentlich ihr Fett ab. Es hat mich aber fast ein bisschen überrascht, wie treffsicher, bösartig und pointiert die Dialoge für amerikanische Verhältnisse daherkommen. Auch die freizügige Art und Weise wie in „The big Gay Musical“ mit sexuellen und religiösen Themen umgegangen wird, hat mich doch etwas verwundert. Dabei bietet der Film neben Homophobie mit Themen wie Aids und Outing-Problematik auch ein paar ernstere Untertöne, welche jedoch nur soweit verfolgt werden, als dass der Unterhaltungswert nicht zu sehr geschmälert wird. Dem im Gegensatz zu den sonstigen Werken aus der Homo-Kiste wird im Musical-Genre auf allzu dramatische Komponenten, Mord und Totschlag sowieso verzichtet und selbstverständlich gibt es das obligate Happy-End für (fast) alle Beteiligten. Ganz so, wie man es in einem Musical halt sehen möchte.
Bei den Darstellern hat man ein gutes Handchen bewiesen und hauptsächlich auf Musical-Sänger und professionelle Tänzer zurückgegriffen. Daniel Robinson als Paul bzw. Adam ist nicht nur äußerst attraktiv und ein richtiger Sympathieträger, sondern verfügt neben einer eindrucksvollen Körper auch über eine ausdrucksstarke Stimme. Joey Dudding wirkt ebenfalls sehr sympathisch, auch wenn seine Rolle für meinen Geschmack doch etwas zu naiv ausgefallen ist. Bei den restlichen Darstellern stechen vor allem Liz McCartney und Marty Thomas als „Dorothy“ hervor, die ihrerseits überzeugende Gesangsnummer abliefern, die wohl jedes Musical-Herz höher schlagen lassen werden. Und in einer kleinen Nebenrolle als Stricher gibt es auch noch Brent Corrigan, der seines Zeichens ein ziemlich bekannter Porno-Darsteller ist.
Die DVD aus dem Hause CMV-Laservision bringt dieses amüsante Werk in der englischen Originalvariante mit optionalen deutschen und englischen (!) Untertiteln. Leider lassen sich nicht sämtliche Gags so einfach übersetzten, sodass ein paar erweiterte Englischkenntnisse für den vollen Genuss des Filmes nicht schaden könnten. Die Bild- und Tonqualität ist sehr gut und auch das Bonusmaterial kann sich durchaus sehen lassen. So gibt es neben einem ausführlichen Audiokommentar noch ein kurzes Interview mit Regisseur Caspar Andreas, der über seine vergangenen und zukünftigen Projekte plaudert. Ein kurzes Behind-the-Scenes, sowie noch ein paar Trailer runden das Gesamtbild harmonisch ab.
„The Big Gay Musical“ ist ein herrlich überzeichnetes, humorvolles, kitschig-sentimentales und vor allem kurzweiliges Musical, dass sämtlichen Klischees und Aspekten des schwulen Lebens auch vollkommen gerecht wird. Eine wilde Mischung aus blasphemischen Musiktheater und „Queer as folk“, bei dem nebenher auch noch allerlei Seitenhiebe in Richtung religiöser Fanatiker ausgeteilt wird. Tolle Darsteller, viel Gesang und jede Menge nackter Männerhaut in engen Höschen mit einer Extraportion Kitsch und Zuckerguss machen dieses sympathische Werk zu eigentlich unverzichtbaren Party- und Wohlfühlfilm, denn man sich zuhause gleich neben die „Mamma mia!“-DVD stellen sollte. Prädikat: besonders gay-a-shake-a-delic! 8/10 Punkten
Beitrag geändert von jogiwan (30.June 2010 16:46:30)
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review - ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=6577
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