project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Wenig Stunden nachdem Sarah (Shauna Macdonald) das unterirdische Höhlenlabyrinth verlassen konnte, liegt sie leicht verletzt, schwer traumatisiert und ohne jegliches Erinnerungsvermögen an die grausigen Geschehnisse im Krankenhaus von Hyett County. Von ihren fünf Begleiterinnen fehlt jegliche Spur und auch die herbeigerufenen Suchtrupps finden in den weitverzweigten Höhlen keinerlei Hinweise auf den Verbleib der restlichen fünf Höhlenkletterinnen. Da die Zeit für eine Rettung immer knapper wird und sich unter den Frauen auch Juno, die Tochter eines Senators befand, sind sogleich kritische Medien zur Stelle und auch der örtliche Sheriff Vaines (Gavan O´Herlihy) hat ein nicht unerhebliches Interesse am Verbleib der restlichen Frauen.
Da der Verdacht nahe liegt, dass die Frauen eigentlich in ein anderes Höhlensystem eingestiegen sind, hat Sheriff Vaines kurzerhand die Idee, mit seinem Deputy Rios (Krysten Cummings) und einem Suchteam, bestehend aus den Kollegen Dan, Greg und Cath kurzerhand an einer anderen Stelle in die Höhlen einzudringen um nach Überlebenden zu suchen. Da Sarah, die bei ihrem Auffinden mit blutgetränkten Klamotten bekleidet war, die einzige Zeugin eines eventuellen Verbrechens sein könnte, wird sie entgegen allen Gesetzen der Logik und Bedenken von Medizinern von dem Ordnungshüter dazu genötigt, den Suchtrupp zu begleiten um ihre Freundinnen zu suchen.
Kurze Zeit darauf dringen die sechs Personen mit ihrer Ausrüstung in einer stillgelegten Mine in ein bisher unerforschtes Höhlensystem ein, dass von den örtlichen Minenarbeitern seinerzeit als „die Hölle“ bezeichnet wurde. Und schon wenig später wird der unfreundliche Ort auch schon seiner Bezeichnung gerecht, als eine Leiche der Frauen mit aufgerissenen Brustkorb gefunden wird. Und auch die tatsächliche Bedrohung in Form von degenerierten Wesen unter Tage lässt nicht lange auf sich warten und macht schon bald Jagd auf die sechs Höhlenbewohner. Durch ein unglücklichen Unfall wird die Truppe schon bald getrennt und auch Sarah muss abermals mit allen Mitteln darum kämpfen, am Leben zu bleiben und den Weg ans Tageslicht zu finden.
Im Jahre 2005 schuf der englische Regisseur Neil Marshall mit kleinem Budget, relativ unbekannten Schauspielerinnen, handgemachten Effekten und einem guten Skript einen fiesen Klaustrophobie-Schocker namens „The Descent“, der sich trotz gepflegter Härte rasch zum Überraschungshit mauserte und Kultstatus erlangte. Die Geschichte von einer Handvoll sympathischer Freundinnen, die eine Höhlentour absolvieren und dabei unter Tage auf grausige, blinde aber umso wütendere Wesen stoßen und reihenweise dezimiert werden ist grimmig, brutal und konfrontiert den Zuschauer geschickt mit der Angst von Enge, Dunkelheit und dem Unbekannten. Und da der Streifen auch äußert erfolgreich gelaufen ist, war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis zu Teil zwei, bei dem jedoch der Cutter von Teil eins, Jon Harris im Regiestuhl Platz nahm, während Neil Marshall die Rolle des Produzenten übernahm.
Doch mit Fortsetzungen ist es immer so eine Sache und in den seltendsten Fällen vermag ein zweiter Teil der Geschichte seines Vorgängers neue Impulse zu verschaffen und leider ist es oft der Fall, das ein Neuaufguss auch gleichzeitig ein gehöriger Schuss in den Ofen ist, der dank uninspirierter Machart auch noch seinen Vorgänger in den Dreck zieht. Bei „Descent II“ ist man aber dankenswerterweise den Weg gegangen, den auch schon Eli Roth für seinen zweiten Teil seines Folterhorrors „Hostel“ gewählt hat. Man verlässt sich auf die Qualität der Ursprungsstory, erzählt die Geschichte mit alten Bekannten und neuen Gesichtern einfach nochmals, nimmt geringfügige Änderungen vor und hofft auf die wohlwollige Aufnahme des Stammpublikums.
Über die Geschichte sollte man ja bei aller Liebe nicht großartig nachdenken. Da das Original dem Zuschauer mit seinem offenen Ende über den Verbleib einiger Charaktere im Dunkeln lässt, wird das von den Drehbuchautoren dazu genutzt, zwei Figuren aus dem Ursprungs-Cast zu reaktivieren. Sarah hat den Ausflug überlegt und liegt schwer traumatisiert im Krankenbett, was den Sheriff jedoch nicht daran hindert, die gute Damen gleich nochmals auf einen Trip durch das Höhlensystem zu schicken, an dem offensichtlich jeder teilnehmen kann. Die restlichen Figuren bleiben relativ blass und einzig Deputy Rios wird ein bisschen mehr Raum für die Charakterisierung eingeräumt. Der Sheriff ist natürlich unsympathisch und bekommt dafür im Lauf der Geschichte auch prompt die Rechnung präsentiert, während die restlichen drei Höhlenkletterer doch relativ blass bleiben.
Doch die Stärken des Film liegen ja auch nicht bei den Charakteren, sondern in Sachen krasser Schocks und klaustrophobischer Spannung und hier kann Jon Harris auch seine Trümpfe ausspielen. Aufgrund eines höheren Budgets wirken auch die Settings wesentlich abwechslungsreicher und sind auch sehr authentisch geraten. Der Überraschungseffekt der Kreaturen kann nicht mehr genutzt werden, sodass es auch relativ rasch mit dem Gemetzel losgeht, bei denen die Make-up-Artists und FX-Künstler auch vollen Einsatz zeigen. Der Härtegrad ist relativ hoch und steht dem Erstling (mit Ausnahme der gekürzten Kaufhaus-Version) auch wenig nach und auch die Dunkel- und Abgeschiedenheit unter Tage, sowie die minimale Ausleuchtung wird maximal genutzt um den Zuschauer gehörig zu erschrecken.
Die klaustrophobische Spannung des Erstlings bleibt natürlich unerreicht, auch wenn einige Szenen aus dem Original geschickt variiert werden und nochmals verbraten werden. Ist es im ersten Teil eine der Kletterinnen, die in einer engen Höhle stecken bleibt und eine Panikattacke erleidet, bleibt im zweiten Teil eine der Expeditionsteilnehmer in einer Gerölllawine stecken und muss beinah bewegungslos ihrer Rettung harren muss. Die Viecher bzw. „Crawler“ wirken im Nachfolger fast noch gruseliger als im Original und sind auch öfters vor der Kamera zu sehen. Das Ende ist zwar in irgendeiner Form zwar schon zu erahnen, ist aber trotzdem als gelungen anzusehen.
Bei den Darstellern kann man ebenfalls nicht großartig meckern. Shauna Macdonald und Natalie Mendoza kennt man ja bereits aus dem ersten Teil und auch die restlichen Damen des Vorgängers haben im Sequel kurze Auftritte. Krysten Cummings als Rios wirkt ebenfalls so sympathisch, dass man als Zuschauer gerne mit ihr mitfiebert. Gavan O´Herlihy ist als skeptischer Sheriff und Waffenfan als Quoten-Unsympath auch recht passabel und auch die restlichen Darsteller machen ihre Sachen für Horrorverhältnisse auch ganz gut. Das Tempo des Streifens passt ebenfalls, auch wenn sich der Streifen für meine Verhältnisse doch etwas zu sehr auf Schrecksekunden, als auf atmosphärische Spannung verlässt.
Die Blu Ray aus dem Hause Universum bringt den englischen Horrorstreifen ungekürzt in gestochen scharfer Bildqualität. Vor allem in den dunkleren Höhlenszenen kann das Format so richtig seine Qualitäten ausspielen und jeder noch so kleine Wassertropfen ist detailreich zu bewundern. Neben der deutschen Synchro gibt es auch noch die englische Originalversion und ein Audiokommentar mit Cast & Crew. Neben einer dreiminütigen Featurette gibt es ausführlicheres Making-Of, sowie eine Handvoll Interviews mit dem Regisseur, seinem Team und den Darstellern. Ein Wendecover, die B-Roll und eine Trailershow runden die ganze Sache harmonisch ab.
Und so bleibt unterm Strich ein gelungener und auch sehr blutiger Nachfolger des Überraschungshits aus dem Jahre 2005, der wohl kaum einen Fan des ersten Teiles enttäuschen wird. Und auch wenn der Streifen jegliche Innovation vermissen lässt, so ist er doch ungemein effektiv und spielt so wie der Vorgänger geschickt mit menschlichen Urängsten. „The Descent II“ ist ehrlicher und vor allem handgemachter Horror aus Europa, der ein paar fiese Szenen beinhaltet und von der ersten bis zur letzten Minuten gut zu unterhalten weiß. Und auch wenn auf den großen Überraschungseffekt des ersten Teiles nicht mehr zurückgegriffen werden kann, so überzeugt doch auch der Nachfolger größtenteils mit hohem Tempo und lässt dem Zuschauer nahezu keine Luft zum Durchatmen. Jon Harris hat seine Sache für ein Sequel zweifelsfrei gut gemacht und aus allen beschränkten Möglichkeiten eines Nachfolgers das Maximum herausgeholt. Ich bin ja schon gespannt, was von dem Herrn noch so alles kommen wird. 7/10 Punkten.
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review!!!
Ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=6564
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