project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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In Rom wird eine junge Frau nackt mit durchschnittener Kehle aufgefunden. Um sie herum verstreut liegen Fotos, die die verheiratete Dame bei außerehelichen Vergnügen zeigen. Doch der Mann, der natürlich sofort ins Visier des ermittelten Inspektor Capuana (Farley Granger) gerät, hat ein hieb- und stichfestes Alibi. Schon wenig später landet die nächste Dame der feinen Gesellschaft mit durchschnittener Kehle im Leichenschauhaus, während die Polizei vor einem Rätsel steht. Immer mehr scheint es, als handle es sich bei dem psychopathischen Mörder um eine Art Richter, der untreue Frauen ins Jenseits befördert.
Als sich die Morde häufen und es noch immer keinerlei Anhaltspunkt auf den Mörder gibt, wendet Capuana einen Trick an, um die Aufmerksamkeit des Mörders zu erlangen. Doch als dieser prompt in die Falle tappt muss Capuana erkennen, dass der unbekannte Killer mehr über sein Leben zu wissen scheint, als dem Inspektor lieb ist. Und als er auch noch erkennen muss, dass seine geliebte Frau Barbara (Sylvia Koscina) die Nächste auf der Liste des Mörders ist, entbrennt ein Wettlauf mit der Zeit, bei dem Werte-konservative Capuana die ganze bittere Wahrheit über seine eigene Ehe erfahren muss…
„Schön, nackt und liebestoll“ von Regisseur Roberto Bianchi Montero aus dem Jahre 1972 ist nicht nur ein Streifen mit einem der wohl reißerischsten Titel der letzten 100 Jahre, sondern ein handwerklich solide Mischung aus Giallo und Poliziesco, der dem geneigten Fan natürlich das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. In „Rivelazioni di un Maniaco sessuale al Capo della Squadra Mobile“ (so der etwas sperrige Originaltitel“ bringt ja alles auf die Leinwand, was sich der aufgeschlossene Italo-Fan so wünscht. Und so gibt es in der etwas an Mario Bavas „Blutige Seide“ angelehnte Geschichte Gesichte jede Menge attraktive, wenn auch untreue Frauen, Rasiermesser, einen maskierten Killer mit schwarzen Handschuhen und jede Menge krasse Kills.
Heutzutage wird ja mittlerweile jede dritte Ehe geschieden und angesichts verfallender Moralwerte erwartet ein Realist wohl so etwas wie lebenslange Treue erst gar nicht mehr. Im Italien der frühen Siebziger Jahre war das innerhalb der sogenannten feinen Gesellschaft natürlich noch vollkommen anders. Eine Ehefrau hatte hübsch und adrett zu sein und ihren Mann natürlich weitgehend zu unterstützen und die restliche Zeit entweder im Beauty-Salon oder bei Kaffeeklatsch bei ihren Freundinnen zu sein. Oft kommen Frauen mit zu viel Tagesfreizeit aber auch auf dumme Ideen und so ist es auch wenig verwunderlich, dass sich die Frauen in „Schön, nackt und liebestoll“ neben ihren eigentlichen Ehemännern, auch bei außerehelichen Aktivitäten ihren sexuellen Ausgleich suchen.
Dummerweise gibt es jedoch einen mysteriösen Killer, der aus unerfindlichen Gründen Jagd auf diese untreuen Ehefrauen macht und diese nicht nur ermordet, sondern auch noch im Tod mit kompromittierenden Fotos bloßstellt. Das sorgt natürlich innerhalb der feinen Gesellschaft für einen handfesten Skandal nach dem anderen und die Polizei steht gehörig unter Druck endlich einen Täter zu präsentieren und dem Morden Einhalt zu gebieten. Dabei wir die Ermittlungsarbeit dadurch behindert, dass niemand in den einflussreichen Kreisen seinen guten Namen verlieren möchte und Capuana bei seiner Arbeit eher behindert wird.
Der zweite Focus in dem handwerklich gut gemachten Streifen liegt nämlich auf der Ermittlungsarbeit des Polizisten, der für italienische Verhältnisse auch überraschend vielschichtig ausgefallen ist. Capuana ist nicht der Held im Trenchcoat, der seine Gefühle zuhause gelassen hat, sondern durchaus ein zweifelnder Charakter, der im Zuge der Ermittlungen selbst an die Grenzen seiner Moralvorstellungen und sogar darüber hinaus getrieben wird. Der Killer spielt mit dem Beamten ein perfides Spiel und bevor Capuana es merkt, zieht sich die Schlinge um seinen Hals immer fester zusammen und gipfelt in einem doch sehr überraschenden Finale.
Neben der durchaus spannenden Geschichte, die angesichts neuerer Filme natürlich im Schneckentempo erzählt wird, gibt es in „Schön, nackt und liebestoll“ aber ein Wiedersehen mit ein paar der hübschesten Frauen zu der Zeit. So gibt es die liebreizende Femi Benussi in gewohnt freizügigen Szenen zu sehen und auch Spaniens attraktivster Export zu dieser Zeit und Luciano Ercoli-Gattin Nieves Navarro a.k.a. Susan Scott gibt es in einer kleineren Rolle zu sehen. Aber auch Sylvia Koscina, Krista Nell und die äußerst attraktive Annabella Incontrera sind gewohnt hübsch anzusehen und verleihen dem Streifen eine Extraportion Eleganz und Glamour.
Aber auch bei den männlichen Darstellern ist eigentlich alles richtig gemacht worden und in der Hauptrolle überzeugt der amerikanische Schauspieler Farley Granger, der in den Jahren zuvor bereits mit „Amuck!“ und „something is crawling in the dark“ einschlägige Erfahrung im italienischen Giallo-Business sammeln konnte. Er überzeugt durch vielschichtiges Spiel und die sympathische Darstellung des Inspektors. Granger war es auch, der eine amerikanische Schnittfassung namens „Penetration“ mit eingefügten HC-Szenen für den US-Markt verbieten ließ und die damalige Verleihfirma klagte, als diese den Porno mit dem Darsteller bewarben. Ihm zur Seite steht der von mir sowieso sehr geschätzte Silvano Tranquili in der Rolle als Anwalt und Italo-Ikone Luciano Rossi als soziopathischer Leichenpräparator mit Hang zu schönen und toten Dingen und Chris Avram, der ein Jahr zuvor mit Bavas „Bay of Blood“ in der Mutter aller Slasher eine Rolle hatte.
„Schön, nackt und liebestoll“ war aber bis vor kurzen nur auf VHS bzw. einer schäbigen Sicherheitskopie davon erhältlich, die noch dazu um einige Szenen erleichtert wurde. Nun gibt es den empfehlenswerten Streifen mit der flapsigen deutschen Synchro aber in einer Nonplusalwaysultra-Fassung, die auch nahezu keine Wünsche offen lässt. Camera Obscura, die in der letzten Zeit mit bloß drei schönen Veröffentlichungen bereits einen großen Platz im Herzen eines jeden DVD- Sammlers abseits von Mainstream-Filmen gefunden hat, überzeugt auch dieses Mal mit Bravour. Die Bild- und Tonqualität bietet keinerlei Anlass zur Kritik, wobei jedoch die geschnittenen Szenen aus einer schlechteren Quelle eingefügt werden mussten und untertitel wurden. Neben der italienischen Sprachfassung gibt es die legendäre deutsche Synchro, sowie Untertitel in Deutsch und Englisch über die gesamte Laufzeit. Als Bonusmaterial gibt es neben der hübschen Aufmachung ein interessantes Interview mit Musiker Giorgio Gaslini, Trailer, Audiokommentar, Bildergalerien (u.a. ein französischer Fotoroman des Films) und noch vieles mehr.
Und so bleibt unterm Strich eine ebenso hübsche wie empfehlenswerte Veröffentlichung eines etwas überdurchschnittlichen Giallos über fehlgeleitete Moralvorstellungen, der neben einer kurzweiligen Geschichte und solider Inszenierung auch mit allerlei bekannten Gesichtern glänzen kann. Die sympathischen Darsteller lassen den Streifen trotz einiger kleinen Längen jedenfalls aus der beinah unüberschaubaren Masse von italienischen Thrillern zu der Zeit herausragen und die lustige Synchronisation tut ihr übriges, dass „Schön, nackt und liebestoll“ natürlich in keiner gepflegten Sammlung fehlen sollte. Giallo-Fans können jedenfalls bedenkenlos zugreifen und auch der Rest kann durchaus einen Blick riskieren. Die DVD-VÖ von Camera Obscura würde ja eigentlich die höchste Punktezahl verdienen, der Film selbst kann da aber nicht ganz mithalten und so gebe ich als Giallo-Fan auch dank dem Mitwirken von Nieves Navarro gerne etwas subjektive 7,5 von 10 Punkten!
Beitrag geändert von jogiwan (13.May 2010 15:53:42)
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@ Jochen,
sodele, das Review ist nun Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=6517
Vielen Dank nochmals!!!
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