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Pater Sang-hyun (Song Kang-ho) ist ein vorbildlicher katholischer Priester und kümmert sich in einem Krankenhaus um totkranke Patienten. Doch Sang-hyun will nicht nur mit schönen Worten Menschen vor dem Abgrund retten, sondern geht für seine Ideale sogar noch einen Schritt weiter. Er meldet sich freiwillig für ein Projekt in Afrika, bei dem ein Impfstoff für eine tödliche Krankheit gefunden werden soll, die nur Männer befällt und den Patienten qualvoll verbluten lässt. Doch das Experiment geht schief und Sang-hyun infiziert sich selber mit dem tödlichen Virus. Als er zu verbluten droht, bekommt er eine Bluttransfusion, verstirbt jedoch kurze Zeit später um danach wieder zum Leben zurückzukehren.
Doch kein christliches Wunder hat seine Heilung verursacht, sondern eine verunreinigte Blutspende, die den Pater wenig später zu einem Vampir mutieren lässt. Zurück in Südkorea sieht sich Sang-hyun nun mit einer ganz neuen Herausforderung konfrontiert. Er entwickelt übermenschliche Kräfte, gleichzeitig aber auch eine Aversion gegen Tageslicht und benötigt in regelmäßigen Abständen frisches Menschenblut für seine Regeration. Doch sein Glaube verbietet es natürlich, Menschen mutwillig zu verletzten und so trinkt Sang-hyun das Blut von Blutspendern und später von komatösen Patienten. Gleichzeitig entwickelt sich um das vermeintliche Wunder des Priesters aber auch eine Art Heiligenkult und immer mehr todkranke Patienten erwarten die Heilung durch den Priester.
Als er eines Tages im Spital auf seinen kränklichen Jugendfreund Kang-woo (Shin- Ha-kyun) trifft und durch ein Gebet dessen Heilung bewirkt, ladet ihn dessen herrische Mutter (Kim Hae-sook) zu sich nach Hause ein. Dort trifft er ebenfalls auf seine Jugendfreundin Tae-ju (Kim Ok-vin), die mittlerweile sehr unglücklich mit Kang-woo verheiratet ist und von dessen Mutter unterdrückt wird. Zwischen den Beiden entwickelt sich jedoch zunehmend eine erotische Spannung und Sang-hyun nutzt fortan jede mögliche Minute um mit Tae-ju zusammen zu sein. Die beiden stürzen sich in eine Affäre als Sang-hyun entdeckt wie unglücklich die junge Frau mit ihrem verweichlichten Gatten und ihrer dominanten Schwiegermutter ist. Tae-ju ihrerseits entdeckt das düstere Geheimnis von Sang-hyun und gemeinsam nutzen sie die Stärke des Priesters um sich des verhassten Ehemannes bzw. Nebenbuhlers zu entledigen. Als Sang-hyun seine geliebte Tae-ju von seinem Blut trinken lässt und diese zum blutgierigen Vampir mutiert, beginnen die ersten Morde…
Das Vampirbusiness boomt ja derzeit wieder ganz gehörig und auch abseits dem Popkultur-Phänomens „Twilight“, das zum Glück spurlos an mir vorüber gegangen ist, scheinen sich auch ernstzunehmende Regisseure nun wieder mehr für Blutsauger und Co zu interessieren. Nicht jedoch, ohne die Geschichte der blutsaugenden Nachtgestalt von Klischees und antiquierten Ballast zu entledigen und somit gelungen in die Neuzeit zu transferieren. Und so ist Park Chan-Wooks Film „Thirst“ neben dem schwedischen „So finster die Nacht“ schon der zweite Beitrag in diesem Genre, der sich auf sehr ungewöhnliche Weise dem Vampir-Mythos nähert und dem Zuseher ein gelungenes Endprodukt präsentiert.
Die Idee des katholischen Priesters, der durch eine verunreinigte Blutspende zum Vampir mutiert und darauf nicht nur mit seiner körperlichen Veränderung, sondern auch mit seinen christlichen Werten und dem Zölibat zu hadern beginnt, ist ja schon mehr als ungewöhnlich. Und schon wenig später verändert sich der vormals brave Pater zunehmend und wird durch seine Verwandlung zu Dingen gezwungen, die ihm vormals zutiefst zuwider waren. Als er dann auch noch auf die junge Tae-jun trifft und erstmals in seinem Leben auch ein körperliches Begehren verspürt und die beiden ihren Trieben freien Lauf lassen, werden sämtliche moralische Bedenken und die 10 Gebote über Bord geworfen und die Beiden beginnen zu morden und ihre Überlegenheit der menschlichen Rasse gegenüber auszunutzen.
Interessant ist dabei nicht nur der Charakter des Priesters, der von Song Kang-ho auch sehr wandlungsfähig gespielt wird, sondern auch der von Kim Ok-vin gespielten Tae-ju, die sich von der unterdrückten und todessehnsüchtigen Ehefrau und Schwiegertochter zu einem eiskalten Racheengel mutiert und schlussendlich auch vor brutalen Morden nicht zurückschreckt. Doch während der Pater versucht, seine Geheimnis zu verbergen und ein normales Leben zu führen, denkt die triebhafte junge Frau nicht daran und nutzt die Möglichkeiten ihrer neuen Daseinsform auch schamlos aus, bis sie schlussendlich zu weit geht und Sang-hyun für sich und seine Geliebte eine folgenschwere Entscheidung trifft.
Park Chan-wook verbindet seine ungewöhnliche Geschichte mit einer unterkühlten Bildästhetik und bluttriefenden Szenen, irgendwo zwischen Drama, abgedrehter Groteske und Vampir-Thriller. Die Optik des Streifens ist wirklich sehr gelungen und bietet neben einigen krassen Szenen auch gelungene Special-Effekts bei denen die beiden Vampire scheinbar mühelos über die Dächer einer südkoreanischen Stadt hüpfen und sich eine Verfolgungsjagd liefern, die man schon gesehen haben sollte. Ein wichtiger Punkt ist aber auch die optische Veränderung der beiden Hauptdarsteller sowie der starke Kontrast zwischen Tradition und Moderne, die mir beide allerdings erst bei der zweiten Sichtung so richtig aufgefallen sind.
Die Idee zu einem Vampir-Film hatte Regisseur Park Chan-wook ja bereits vor 10 Jahren während der Dreharbeiten zu seinem Kriegsdrama „Joint Security Area“, in dem Song Kang-ho bereits eine der Hauptrollen spielte. Der Regisseur hat ja bisher fast in allen seinen Filmen wie „Sympathy for Mr. Vengeance“ und „Oldboy“ oder auch „I´m a Cyborg, but that´s ok!“ Menschen in absoluten Ausnahmesituationen präsentiert und auch „thirst“ macht da keine Ausnahme. Ursprünglich ging es bei der Ausgangsidee um einen Priester, der sich am Scheideweg mit seinem Glauben befindet und die Vampirkiste kam erst später hinzu. Allerdings war sich Park Chan-wook schon im Jahre 2000 sicher, dass Song Kang-ho die Rolle des Paters übernehmen sollte, der auch gerne zusagte ohne zu ahnen, dass von der Idee zum Film bis zu dessen Realisierung nahezu ein Jahrzehnt vergehen musste.
Die Blu-Ray aus dem Hause MFA+ präsentiert diesen innovativen Vampirthriller aus Südkorea auch in perfekter Bildqualität in dem die stylischen Bilder auch so richtig schön zur Geltung kommen. Die Synchronisation ist ebenfalls sehr gelungen und wer möchte, kann sich das Teil auch im koreanischen Original mit optionalen Untertiteln anschauen. Das Bonus-Material von DVD und Blu-Ray dürften identisch sein und bieten ein interessantes Featurette über einen Auftritt von Park Chan-wook beim Fantasy-Film-Festival, bei dem der gute Herr auch ein nettes Geburtstagsständchen von den anwesenden Kinobesucher bekam. Anschließend stand der gute Herr noch einigen Fragen Rede und Antwort und schrieb fleißig Autogramme. Abgerundet wird das positive Gesamtbild mit allerlei Trailern zum Film und anderen empfehlenswerten Filmen aus dem Programm.
Und so bleibt unterm Strich ein doch sehr ungewöhnlicher Film des südkoreanischen Regisseurs, der sehr eindrucksvoll zeigt, was dabei herauskommt, wenn sich ein christlicher Pater von seinem Glauben abwendet und allen den Versuchungen nachgeht, die ihm vormals verboten waren. Verpackt ist die unvorhersehbare Vampir-Geschichte mit Arthouse-Flair mit tollen Bildern und einer unterkühlten Ästhetik, die den Streifen neben „So finster die Nacht“ zu den wohl interessantesten und erfrischend unkonventionellen Beiträgen des Genres der letzten Jahrzehnte machen. Hätte ja nicht gedacht, dass gleich zwei Filme dem etwas (un-)toten Vampir-Genre so derart neue Impulse verleihen können. Und daher gibt es an dieser Stelle dann auch eine eindeutige Empfehlung für diesen international bereits mehrfach ausgezeichneten Streifen: 8 von 10 Punkten
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@ Jochen,
Danke fürs Review - ich mach es entweder heute Abend oder morgen Abend mit fertig.
Kurze Frage, hast Du inzwischen "So finster die Nacht gesehen" und wie findest Du den? Ich find den ziemlich Klasse.
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@ Jochen,
sodele, Review ist nun Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=6431
Vielen Dank nochmals!!!
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