project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Pablo Quintero (Eusebio Poncelo) ist ein erfolgreicher Regisseur und Autor, der mit seiner Schwester, der Transsexuellen Tina (Carmen Maura) in Madrid lebt. Doch während der schwule Pablo beruflich einen Höhenflug nach dem anderen erlebt, gleicht sein Gefühlsleben eher einer Katastrophe. Er ist verliebt in den jungen Juan, der seine Liebe jedoch aufgrund seiner besitzergreifend-destruktiven Art nicht erwidern möchte. Als Juan über den Sommer zu seiner Schwester ans Meer fährt, um dort zu arbeiten, sucht Pablo Abwechslung mit anderen Männern und landet mit dem jungen Antonio (Antonio Banderas) im Bett, der ihm bereits seit einiger Zeit auf den Fersen ist.
Antonio entwickelt eine seltsame Obsession für den Regisseur und versucht seiner Vorstellung eines idealen Partners zu entsprechen. Doch trotz aller Bemühungen schafft es der Junge nicht, den Regisseur an sich zu binden. Als er entdeckt, dass Pablo immer noch in Juan verliebt ist, sucht er diesen auf und stürzt ihn im Streit über die Klippen. Als Pablo vom Tod seines Freundes erfährt, ahnt er bereits, dass Antonio mit der Sache etwas zu tun haben könnte. Doch eher er den Jungen zur Rechenschaft ziehen kann, verliert er aufgrund eines Verkehrsunfalles sein Gedächtnis und gerät selbst in Tatverdacht.
Während Pablo im Krankenhaus mit seiner Genesung kämpft, macht sich der durchgeknallte Antonio an dessen Schwester Tina heran und schafft es auch, das Vertrauen der Frau und deren Pflegetochter Ada (Manuela Velasco) zu erlangen. Wenig später konfrontiert Tina den Verletzten mit der eigenen Vergangenheit und schafft es, dass Pablo sich wieder an das Geschehene erinnert. Als er von einem Polizisten erfährt, dass Antonio mit seiner Schwester zusammen ist, versucht er seine Schwester zu warnen. Doch Antonio wird stutzig und nimmt Tina als Geisel und erpresst Pablo zu einem letzten, gemeinsamen Treffen…
Zwei Jahre vor seinem Oscar-Erfolg mit „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“ drehte Pedro Almodovar mit „Das Gesetz der Begierde“ einen Film, der sowohl künstlerisch als auch kommerziell ein großes Risiko darstellte. Im Jahre 1987 waren die Zeiten ja noch vollkommen anders und niemand war sich sicher, ob Almodovar das Publikum mit einer offen schwulen Liebesgeschichte nicht überfordern würde. Als Regisseur, der sich zunehmend vom Underground Richtung Arthouse bewegte, war die Realisierung dieses doch sehr schwulen Streifens sicherlich ein großes Risiko und auch die Finanzierung musste der spanische Regisseur mittels Kredit und der von ihm und seinen Bruder ins Leben gerufenen Produktionsfirma „El Deseo“ selbst übernehmen.
Trotz schlechter Kritiken, die dem spanischen Regisseur vorwarf, mit „widerlichen Details“ zu arbeiten, lief der Film sehr erfolgreich auf Festivals und kam nicht nur beim lesbischwulen Publikum sehr gut an. Der Film war kommerziell erfolgreich und ermöglichte Almodovar fortan finanziell unabhängig seine Visionen mit Freunden vor und hinter der Kamera in die Tat umzusetzen. „Das Gesetz der Begierde“ war auch der erste Streifen des spanischen Regisseurs, der es seinerzeit mit einer doch etwas fragwürdigen FSK-18 Freigabe in die deutschen Kinos geschafft hat und es ist auch nicht zu übersehen, wie sehr dieser Streifen seine nachfolgenden Filme beeinflusste. Mit „Zerissene Umarmungen“ hat Pedro Almodovar knapp 22 Jahre danach einen weiteren Film gedreht, der sehr an den 1987 entstandenen Film erinnert und neuerlich von einer unglücklichen Dreiecksbeziehung mit tragischen Ausgang berichtet.
Heutzutage sind schwule Charaktere ja vollkommen normal und gängig, aber es ist schon gut vorstellbar, dass Almodovar mit seiner offenen und auch sehr freizügigen Darstellung von Homosexuellen im katholischen Spanien einen gehörigen Skandal verursachte. Die deutsche Freigabe wurde aber mittlerweile auf 16 Jahre reduziert, was auch eher den gezeigten Tatsachen enstpricht. Schon in der Eröffnungsszene spielt Almodovar aber wie schon so oft mit unterschiedlichen Realitäten und zeigt eine sehr sexuelle Sequenz, in dem ein Junge von einem älteren Herrn für Geld dazu aufgefordert wird, sich selbst zu befriedigen. Doch schon wenig später entpuppt sich diese Szene als Postproduktion des letzten Filmes des schwulen Regisseurs und wird mit einer Nachsynchronisation ironisch gebrochen. Und das ist erst der Beginn von sehr turbulenten Entwicklungen aus der Feder von Pablo Quintero, die dem Kontroll-Freak jedoch zunehmend entgleiten.
Pablo versucht, sich seine eigene Realität zu schaffen, in dem er Briefe verfasst, die sein Umfeld dann unterschrieben zu retournieren hat. Er nimmt das tragische Schicksal seiner Schwester als Vorlage für ein Drehbuch, was dieser jedoch äußerst missfällt. Immer dient die Schreibmaschine als eine Art Waffe, anderen Menschen weh zu tun. Auch sorgen Briefe unter einer weiteren Identität dafür, dass Pablo zum Schluss selbst unter Mordverdacht gerät. Und so ist es auch wenig verwunderlich, dass Pablo in der Schlussszene des Filmes die verhasste Schreibmaschine aus dem Fenster wirft um damit auch die Dämonen in seinem Leben zu vertreiben.
Dabei erzählt der Film mit seinen drei sehr unterschiedlichen Hauptdarstellern Pablo, Tina und Antonio eine doch sehr ungewöhnliche und bizarre Geschichte von Macht und Abhängigkeit, über Begierde und Sex, Drogen, Mord und Inzest. Doch entgegen dieser Schlagworte ist „Das Gesetz der Begierde“ alles andere als ein destruktiver Film geworden, sondern ist teilweise bewusst so derart überzeichnet, dass man sich das Lachen einfach nicht verkneifen kann. Bei anderen Regisseuren wäre das Endprodukt sicherlich ganz anders ausgefallen, aber Almodovar ist wieder einmal ein grellbunt-überzeichneter Film gelungen, der auch sehr augenzwinkernd mit seinen doch sehr ernsten Themen spielt.
Doch neben der eigentlichen Story gibt es immer noch genügend Raum, sich auch auf die interessanten Charaktere zu konzentrieren, wobei Carmen Maura als transsexuelle Tina die wohl interessanteste Rolle ihres Lebens spielt. Vom eigenen Vater in der Kindheit missbraucht hat diese ihm zuliebe das Geschlecht gewechselt und wurde trotzdem verlassen. Im Gegensatz zu ihrem Bruder hat sie sich jedoch mit ihrem Schicksal abgefunden und kümmert sich rührend um ihren Bruder und der kleinen Ada, deren leibliche Mutter als Model in der Weltgeschichte herumreist. In einer der schönsten Szenen des Films lässt sie Almodovar in einer an „das verflixte 7. Jahr“ angelegten Szene wie einst Marylin Monroe als Sinnbild für sexuelle Begierde agieren und sie von oben bis unten mit einem Wasserschlauch nassspritzen.
„Das Gesetz der Begierde“ bietet aber auch vom Ensemble her eigentlich nur bekannte Gesichter. Hauptdarsteller Eusebio Poncela kennt man aus dem Vorgänger „Matador“, sowie aus aktuelleren Filmen wie „800 Bullets“, „Black Serenade“ und „Eyes of Crystal“. Über die ehemalige Almodovar-Muse Carmen Maura muss wohl, wie auch über Antonio Banderas nicht viel gesagt werden. In Nebenrollen gibt es die 50/60/70ies B-Movie-Ikone Helga Liné, sowie Fernando Guillen, der wiederum aus „Aktion Mutante“ bekannt ist. Neben kurzen Auftritten von Rossy de Palma, Victoria Abril und Bibi Fernandez, gibt es den obligatorischen Auftritt von Bruder Augustin Almodovar als besorgter Anwalt, sowie einen der raren Auftritte des Meisters himself. Selbst die damals zwölfjährige Manuela Velasco als Ada spielt mittlerweile in der großen Liga und war zuletzt in der Hauptrolle des spanischen Realtime-Horror-Schockers „[rec]“ zu sehen.
Das Frühwerk von Pedro Almodovar war bis zum Jahre 2009 in der deutschen Fassung nur schwer erhältlich, vor allem, weil die seinerzeitge VHS- wie bereits erwähnt - mit einer 18er Freigabe bedacht wurde. Mittlerweile gibt es den empfehlenswerten Streifen dank Universum Film ungekürzt mit einer FSK 16-Freigabe. Die Bild- und Tonqualität ist erwartungsgemäß 1a und bietet keinerlei Anlass zur Kritik. Der Film kommt neben einer gelungenen deutschen Synchro auch in der spanischen Originalversion mit optionalen Untertiteln. Und auch wenn das Bonusmaterial dürftig ausgefallen ist, so darf man angesichts der hübschen Aufmachung inklusive interessanten Begleittext eigentlich gar nicht meckern.
„Das Gesetz der Begierde“ ist ein sehr persönlicher Film Almodovars, der auch eine Schlüsselposition in seiner Karriere einnimmt. Ein Werk, das er trotz aller Widrigkeiten im Vorfeld in seinem später für ihn so typischen Stil inszenierte und das mit seinen komplexen Erzählstrukturen und seiner ungewöhnlichen Charaktere auch erstmals auf ein größeres Publikumsinteresse stieß. Eine mehr als gelungene Mischung aus Komödie, Drama und Thriller, der mich persönlich auch sehr an seinen neuesten Film „Zerrissene Umarmungen“ erinnert und der Fans des spanischen Regisseurs auch keinesfalls enttäuschen wird. Auf meiner persönlichen Liste der Lieblingsfilme rangiert „Das Gesetz der Begierde“ dank einer umwerfenden Carmen Maura, seiner ungewöhnlichen Geschichte und seiner freizügigen Inszenierung jedenfalls ganz weit oben. Und auch wenn der Film mit seiner schwulen Thematik nicht uneingeschränkt jedem gefallen wird, so ist er neben „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“ und „Alles über meine Mutter“ wohl einer der wichtigsten Filme in der Karriere des spanischen Ausnahmetalents: 8/10 Punkten.
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Hab die Zeit noch ein bissl genutzt, um einen weiteren Almodovar zu machen. Bilder folgen dann in Kürze. Jetzt fehlen ja nur ein paar... Ich muss aber ehrlich gestehen, dass mir die Texte eigentlich sehr schwer fallen, weil es für mich schwer ist, halbwegs objektiv zu bleiben. Auch das "Gesetz der Begierde" ist ein immens wichtiger Film und die 8 Punkte sind eigentlich angesichts des Einflusses von dem Dingens auch viel zu gering. Aber naja... ist halt schwer...
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@ Jochen,
super - vielen Dank!!!
Ich muss ja gestehen, dass ich seit 3 Jahren (!!!) die britische DVD zu diesem Film habe, hab es aber immer noch nicht geschafft, ihn mir anzusehen.
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@ Jochen,
sodele, Review ist nun Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=6422
Vielen Dank für das 11. Almodovar-Review!!!!
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