project: equinoX Forum

Raimunda (Penelope Cruz) lebt mit ihrer Tochter Paula (Yohana Cobo) und ihrem nichtsnutzigen Mann Paco (Anonio de la Torre) in einem Arbeiterviertel von Madrid. Um sich über Wasser zu halten arbeitet Raimunda fast rund um die Uhr in verschiedenen Jobs, während Paco lieber zuhause vor der Glotze sitzt und ein Bier nach dem anderen kippt. Sofern es ihre Zeit erlaubt fährt Raimunda mit ihrer Schwester Sole (Lola Duenas) nach La Mancha um dort das Grab ihrer Eltern zu pflegen und bei ihrer senilen Tante Paula nach dem Rechten zu sehen. Diese wohnt seit dem Tod von Raimundas Eltern alleine in einem großen Haus und ist überraschend selbstständig für ihren verwirrten Zustand. Ab und an sieht aber auch die gutherzige Nachbarin Augustina (Blanca Portillo) nach ihr und kümmert sich liebevoll um die alte Frau.

Als Raimunda eines Tages von der Arbeit nach Hause kommt, wartet ihre völlig aufgelöste Tochter Paula an der Bushaltestelle auf sie. Diese hat Paco im Affekt mit einem Messer getötet, als sich dieser an ihr vergreifen wollte. Raimunda fasst schnell einen Plan und lässt die Leiche in der Tiefkühltruhe eines geschlossenen Restaurants eines verreisten Freundes gleich in der Nähe verschwinden und erzählt in der Nachbarschaft herum, dass sich Paco nach einem Streit aus dem Staub gemacht hat. Als Raimunda ein paar Tage darauf nach dem Leichnam sehen möchte, wird diese zufällig von einem Mann angesprochen, der auf der Suche nach Verpflegung für ein Filmteam ist. Raimunda beschließt spontan das Lokal für die jungen Menschen zu öffnen  und für das Filmteam gegen Bezahlung zu kochen.

Wenig später verstirbt auch Tante Paula und als Sole nach dem Begräbnis mit dem Auto nach Madrid zurückfährt, findet die völlig verdutzte Frau ihre vermeintlich tote Mutter Irene (Carmen Maura) versteckt im Kofferraum. Die abergläubische Sole hält Irene wie die ehemaligen Nachbarinnen für einen Geist, nimmt die todgeglaubte Mutter jedoch bei sich auf. Raimunda ist in der Zwischenzeit mit der Frage beschäftigt, was sie mit dem Leichnam des verstorbenen Gatten machen soll, bevor noch irgendjemand Verdacht schöpft und den Leichnam entdecken könnte. Spontan beschließt sie, die Kühltruhe samt toten Gatten gemeinsam mit der Nachbarin Irene, einer Prostituierten, in der Nähe ihres Heimatdorfes zu begraben. Damit ist der Ärger aber noch lange nicht vorbei, da mit dem unerwarteten Auftauchen der Mutter auch ein dunkles Familiengeheimnis wieder ins Bewusstsein rückt, dass die Familie seinerzeit zerrissen hat. Als dann auch noch Augustina an Krebs erkrankt und auf der Suche nach ihrer ebenfalls verschwundenen Mutter ins Fernsehen geht, fangen die Probleme erst so richtig an…

„Volver“ (spanisch für „Zurückkehren“) aus dem Jahre 2006 ist in vielerlei Hinsicht auch ein Zurückkehren des spanischen Regisseurs zu den Wurzeln seines Erfolges. Nicht nur, dass er eine Geschichte entwickelt hat, die geografisch auch in der ländlichen Heimat des Regisseurs spielt, es ist auch die erste Zusammenarbeit nach Jahrzehnten mit seiner ehemaligen Muse und Darstellerin zahlreicher seiner Filme Carmen Maura, mit der er sich im Zuge der Oscar-Verleihung (warum auch immer) von „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“ fürchterlich gestritten hat.

„Volver“ erinnert mich persönlich mit seinen durchaus skurrilen, aber liebenswerten Charakteren noch am ehesten an sein Drama „Womit hab ich das verdient?“ aus dem Jahre 1984. Auch hier muss eine einfache Hausfrau aus der Arbeiterklasse so allerlei Schicksalsschläge, sowie das Ableben des Gatten über sicher ergehen lassen. Doch im Gegensatz zu „Womit hab ich das verdient?“ ist „Volver“ trotz all seiner Dramatik im Grunde ein positiver Film über Frauensolidarität und wie man damit all die Widrigkeiten des Lebens überstehen kann. Natürlich wirkt der Film wie immer recht überzeichnet und auch Männer kommen generell nicht gut weg. Das die Leiche des Mannes wie selbstverständlich von allen weiblichen Beteiligten entsorgt wird, ohne sich großartig Gedanken über Moral oder dergleichen zu machen, mag ja schon etwas seltsam anmuten. Trotzdem wirkt die Geschichte über die liebenswerte und resolute Raimunda aber nie zu aufgesetzt, sondern immer noch in einer gewissen Weise nachvollziehbar. Und ehrlich gesagt, welcher Mann macht sich beim Anblick der wunderschönen Penelope Cruz noch Gedanken um irgendwelche moralischen Standards.

Sowieso ist der Film natürlich auf ganzer Linie auf sämtliche Darstellerinnen zugeschnitten, die auch vollkommen zu Recht gemeinsam in Cannes ausgezeichnet wurde. Die konnten sich wohl ebenfalls auf keine der tollen Darstellerinnen einigen und haben gleich den gesamten weiblichen Cast mit der goldenen Palme bedacht. Angesichts des fertigen Filmes wäre auch keine andere Entscheidung möglich gewesen. Denn egal, ob es sich Penelope Cruz, Lola Duenas,  um altgediente Schauspielerinnen wie Carmen Mauro oder die junge Almodovar-Debütantin Yohanna Cobo handelt – alle geben für den spanischen Meisterregisseur ihr Bestes und laufen zu absoluter Höchstform auch. Und selbst der obligatorische Kurzauftritt seines Bruders und Produzenten Augstin Almodovar darf natürlich nicht fehlen.

Die DVD aus dem Hause Universum Film bringt den Film einerseits in einer schicken Doppeledition mit allerlei Bonusmaterial, die allerdings schon längst vergriffen ist, andererseits auch als Einzel-DVD, sowie als Bestandteil der schicken Almodovar-Box, in der im letzten Jahr ja einige seiner Filme zum ersten Mal in deutscher Sprache erschienen sind. Alle drei Varianten bringen den knapp zweistündigen Film in perfekter Bild- und Tonqualität, sowie in der deutschen Synchro, sowie der spanischen Originalversion inklusive deutscher und spanischer Untertitel. Außerdem gibt es noch einen interessanten Audiokommentar von Pedro Almodovar und Penelope Cruz. Und wer das Glück hat, noch eine der Doppel-Deluxe-Editionen ergattert zu haben, kann sich an zusätzlichem Bonusmaterial mit über zwei Stunden Laufzeit erfreuen.

Unterm Strich bleibt ein kurzweiliger und unterhaltsamer Streifen, der die Verrücktheit seiner früheren Filme mit der Dramatik seiner späteren Werke verbindet und trotzdem in jeder Sekunde frisch und eigenständig bleibt. Eine tolle Geschichte, schöne Bilder, grandiose Darsteller und überraschende Wendungen über die gesamte Laufzeit machen „Volver“ für Fans des spanischen Ausnahmeregisseurs und solche, die es noch werden wollen, auch zu einem absoluten Highlight. Sicherlich ein Film, der nicht nur bei mir in regelmäßiger Folge im Player landet und trotzdem jedes Mal aufs neue begeistert. Fans und Kritiker waren jedenfalls gleichermaßen begeistert und auch der kommerzielle Erfolg gibt dem spanischen Ausnahmetalent mittlerweile recht. Und das ist wohl das schönste, das einem ehemaligen Underground-Regisseur, der sich selbst immer treu geblieben ist, passieren kann. 9/10 Punkten.